Westerwelle bekommt derzeit starke Kritik auf Grund seiner Äußerungen zu den aktuellen „Erfolgen“ der „Rebellen“ in Libyen. Der Außenminister hat sich in der Tat ungeschickt geäußert. Ich hätte mir gewünscht, dass er einfach gesagt hätte: „Wir stehen zu unserer Entscheidung der Enthaltung.“ Punkt.
Besorgniserregend finde ich viel mehr eine andere Entwicklung, die durch den heutigen Artikel „Prügel für Westerwelle“ in der Basler Zeitung deutlich rüberkommt: Krieg wird als notwendiges und erfolgreiches Mittel der westlichen Politik gefeiert. Länder und Politiker, die da nicht mitmachen, sind „Weicheier“ und verdienen (symbolisch) „Prügel“. Eine solche Tendenz und Symbolik verrät viel über tiefere, emotionale Beweggründe.
In den letzten Tagen sah man eine ganze Reihe von Fotos von den „Rebellen“, i.d.R. hatten sie Waffen in der Hand, standen siegessicher und feiernd vor zerbombten Gebäuden, brennenden Autos usw. Diese Leute wirken auf mich nicht weniger bedrohlich, als die Leute des Diktators. Sie wirken auf mich unberechenbar. „Einheiten der Aufständischen seien für Plünderungen, Brandstiftungen und Gewalt gegen Zivilisten verantwortlich“, erklärte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) im Juli (siehe hier). Diese Kurzmeldung las man hier und da. Bisher habe ich nicht wahrgenommen, dass in den Medien ein wirkliches Interesse daran besteht, die „Rebellen“ kritisch zu betrachten und Nachforschungen anzustellen.
Die hohen Opfer- und Flüchtlingszahlen scheinen auch schon vergessen. (siehe dazu Der Libyeneinsatz war bisher ein "voller Erfolg") Mehr noch, man meint, der NATO Einsatz hätte Menschenleben gerettet. Wie immer werden bei westlichen Kriegen die „Kollateralschäden“ gegen mögliche gerettet Menschenleben aufgerechnet. Man darf so und so viel Menschen opfern um so und so viel Menschen zu retten. Das ist eine Einstellung, die in allen anderen Bereichen des westlichen Lebens absolut undenkbar wäre! Nur im Krieg gegen "das Böse" außerhalb unserer Grenzen gilt diese Regel nicht mehr.
Gut und Böse wurden mal wieder sauber getrennt. Die Realität der weiteren Entwicklung unter einer möglichen Herrschaft der „Rebellen“ wird zeigen, ob dieses Bild so stimmt. Sofern sich der Westen nach der Bombardierung des Landes, Aufrüstung einer „Rebellenarmee“, Verdrängens dessen, dass man Diktator Gaddafi einst hofierte und selbst aufrüstete und einer nun gewonnen selbstherrlichen Sieges-/Machtdemonstration überhaupt noch für die Lebenssituation der Bevölkerung dort interessiert.
Info-Anhang: Seit Beginn des NATO Angriffs am 31.03.2011 hat das westliche Bündnis 20.121 Einsätze in Libyen durchgeführt, davon waren 7.587 Kampfeinsätze, also im Schnitt ca. 50 Kampfeinsätze pro Tag! (vgl. NATO Bericht vom 24.08.11)
Aktuell berichtet die ZEIT über Menschenrechtsverletzungen sowohl durch Gadhafi-Anhänger als auch durch die "Rebellen": http://www.zeit.de/politik/ausland/2011-08/libyen-menschenrechte-folter
AntwortenLöschen