Einleitend ein
Betroffenenbericht von „Mona“:
„Das Gesicht meiner Mutter ist ganz nah. ‚Du weinst doch nicht?‘ Sie schlägt meinen Kopf auf den Boden und wiederholt freundlich: ‚Du weinst doch nicht, oder?‘ Es ging ihr nicht darum, mir das Weinen zu verbieten. Sie wollte, dass ich Schmerzen litt und nicht mehr wusste, dass es mir weh tat. Ich sollte lachen, während sie mich quälte. Ich sollte verrückt werden. Das ist ein Stück aus dem Alltag mit meiner grossen Feindin, meiner Mutter. Das ist Teil der sexuellen Ausbeutung. Vor niemandem hatte ich so maßlose Angst wie vor meiner Mutter. Sie kannte mich viel besser. Sie besaß mehr Druckmittel. Sie konnte viel weiter gehen. Sie gab mir zu essen oder verweigerte es mir. Sie wusch mich oder tauchte mir den Kopf ins Wasser. Sie brachte mich ins Bett oder sperrte mich aus der Wohnung. Darüber hinaus war sie den ganzen Tag mit mir allein. Sie konnte mich schlagen, mir Brandwunden zufügen, mich in den Schrank sperren, mich zwingen, stundenlang still zu stehen, und sie konnte mich jederzeit berühren. Sie hatte Zeit. Sie hatte Zeit, zu warten bis meine Kraft nachliess; Zeit ihre Drohungen auszukosten. Ich fühlte mich wie ein Tier auf dem Sprung. Der Tag war eine graue Masse: warten auf den Mittag, warten auf den Abend, warten auf den Morgen, warten bis jemand hereinkam, dann war ich sicher.“ (Bundesverein zur Prävention von sexuellem Missbrauch an Mädchen und Jungen e.V., 2/2004, S. 9)
„Das Gesicht meiner Mutter ist ganz nah. ‚Du weinst doch nicht?‘ Sie schlägt meinen Kopf auf den Boden und wiederholt freundlich: ‚Du weinst doch nicht, oder?‘ Es ging ihr nicht darum, mir das Weinen zu verbieten. Sie wollte, dass ich Schmerzen litt und nicht mehr wusste, dass es mir weh tat. Ich sollte lachen, während sie mich quälte. Ich sollte verrückt werden. Das ist ein Stück aus dem Alltag mit meiner grossen Feindin, meiner Mutter. Das ist Teil der sexuellen Ausbeutung. Vor niemandem hatte ich so maßlose Angst wie vor meiner Mutter. Sie kannte mich viel besser. Sie besaß mehr Druckmittel. Sie konnte viel weiter gehen. Sie gab mir zu essen oder verweigerte es mir. Sie wusch mich oder tauchte mir den Kopf ins Wasser. Sie brachte mich ins Bett oder sperrte mich aus der Wohnung. Darüber hinaus war sie den ganzen Tag mit mir allein. Sie konnte mich schlagen, mir Brandwunden zufügen, mich in den Schrank sperren, mich zwingen, stundenlang still zu stehen, und sie konnte mich jederzeit berühren. Sie hatte Zeit. Sie hatte Zeit, zu warten bis meine Kraft nachliess; Zeit ihre Drohungen auszukosten. Ich fühlte mich wie ein Tier auf dem Sprung. Der Tag war eine graue Masse: warten auf den Mittag, warten auf den Abend, warten auf den Morgen, warten bis jemand hereinkam, dann war ich sicher.“ (Bundesverein zur Prävention von sexuellem Missbrauch an Mädchen und Jungen e.V., 2/2004, S. 9)
Mir fiel in der
Vergangenheit immer wieder auf, dass viele Menschen keine realistische
Vorstellung davon haben, in wie weit Frauen (bzw. vor allem Mütter/Stiefmütter)
an der Misshandlung von Kindern beteiligt sind und auch historisch waren. Erst
kürzlich bekam ich nach einer Onlinediskussion die Einschätzung präsentiert,
dass das Zahlenverhältnis ca. 10:1 männliche gegenüber weiblichen TäterInnen
bei Kindesmisshandlung sei. Auch im Internet findet man recht wenig zum
Thema. Wenn man entsprechende Suchbegriffe eingibt, erhält man i.d.R. Infotexte
über weibliche Täterschaft bei sexuellem Missbrauch (was derzeit immer mehr von
öffentlichem Interesse zu werden scheint) oder Texte mit stark ideologischem
Hintergrund (vor allem aus der radikalen Männerbewegung). Klassisch sind auch
sachliche Kommentare wie der vom Schriftsteller Bruno Preisendörfer. Er schrieb
einen Artikel über erzieherische Gewalt und kam auch auf das Bürgerliche
Gesetzbuch zu sprechen, in dem im Jahr 1896 noch im § 1631 stand: "Kraft
Erziehungsrechts darf der Vater angemessene Zuchtmittel gegen das Kind
anwenden." Preisendörfer kommentiert: „Der Vater, nicht die Mutter! Der
Mutter war es beschieden, die Kinder zur Brust zu nehmen und ihnen ins Gewissen
zu reden, den Gürtel von der Hose schnallen konnte und durfte nur der Vater.
Zeitlich ziemlich genau in der Mitte zwischen dieser Festschreibung des
väterlichen Züchtigungsrechtes 1896 und der Festschreibung des kindlichen
Rechts auf gewaltfreie Erziehung im Jahr 2000 hatte das väterliche
Züchtigungsrecht wegen der mütterlichen Gleichberechtigung seine Exklusivität
eingebüßt. Das Gleichstellungsgesetz vom Juli 1958 drückte auch den Müttern den
Stock in die Hand. Doch blieben die meisten von ihnen bei der nachhaltigeren
Methode des Liebesentzugs. Erst wenn das nicht fruchtete, behalfen sich die
Mütter mit der Androhung der Strafe, die dann der Vater zu vollstrecken hatte.
"Warte nur, bis Papa nach Hause kommt" - wer aus meiner Generation
kann von sich behaupten, dies nie aus dem Mund der Mutter gehört zu haben.“ (LE
MONDE diplomatique, 09.04.2010)
Dass Väter
rechtlich und von der patriarchalen Sitte her in der Geschichte die Machthaber
in den Familien waren, ist unbestritten. Doch aus diesem Recht und dieser Macht
kann man nicht ableiten, dass Frauen bzw. Mütter keine oder sehr viel weniger
Gewalt gegen ihre Kinder ausübten oder gar erst damit angefangen haben, nachdem
sie rechtlich einigermaßen gleichgestellt wurden. Der Autor irrt komplett
mit seiner Einschätzung. Die Sozialwissenschaftlerin Claudia Heyne hat
ein ganzes Buch zum Thema Täterinnen geschrieben. Nach ihren Recherchen
schwanken in der Literatur die Zahlen über den Anteil der Täterinnen bei der körperlichen
Kindesmisshandlung zwischen 40 % und 70 %. (vgl. Heyne, 1993, S. 257) Unten im
Text werde ich Studien vorstellen, die ich zum Thema gefunden habe. Mütter
verfügten stets über Macht gegenüber ihrem Kind, auch wenn der Vater ihnen
historisch vorgestellt war, einfach weil das Machtverhältnis hier lautet:
Erwachsener-Kind.
Interessant ist in diesem Kontext auch eine aktuelle UNICEF Kampagne zum Thema Gewalt gegen Kinder. Eine Werbeagentur hat für UNICEF ein 49 Sekunden langes Video gedreht. Zu sehen ist ein Junge in seinem Kinderzimmer, der sich eilig aus Pappe einen "Schutzmantel" bastelt. Nachdem ein Geräusch an der Tür zu hören ist, ist Angst in den Augen des Jungen zu sehen und der Schutzmantel verwandelt sich in eine echt aussehende Kommode. Mit Druck wird die Tür aufgerissen und herein kommt der Vater, der offensichtlich seinen Sohn verprügeln möchte und diesen nicht findet. Man schaue sich das selbe Video an und stelle sich vor, dass an Stelle des Vaters die Mutter hereinkommen würde. Die Wirkung des Videos wäre vermutlich nicht die selbe, weil wir kulturell vermittelt gar nicht auf ihre Täterrolle gegenüber Kindern vorbereitet sind.
Interessant ist in diesem Kontext auch eine aktuelle UNICEF Kampagne zum Thema Gewalt gegen Kinder. Eine Werbeagentur hat für UNICEF ein 49 Sekunden langes Video gedreht. Zu sehen ist ein Junge in seinem Kinderzimmer, der sich eilig aus Pappe einen "Schutzmantel" bastelt. Nachdem ein Geräusch an der Tür zu hören ist, ist Angst in den Augen des Jungen zu sehen und der Schutzmantel verwandelt sich in eine echt aussehende Kommode. Mit Druck wird die Tür aufgerissen und herein kommt der Vater, der offensichtlich seinen Sohn verprügeln möchte und diesen nicht findet. Man schaue sich das selbe Video an und stelle sich vor, dass an Stelle des Vaters die Mutter hereinkommen würde. Die Wirkung des Videos wäre vermutlich nicht die selbe, weil wir kulturell vermittelt gar nicht auf ihre Täterrolle gegenüber Kindern vorbereitet sind.
Aktueller Auslöser
für einen Beitrag in diese Richtung waren bei mir zusätzlich auch zwei Dinge:
Erstens das Buch „20 Europäische Diktatoren“ von Johann Benos, in dem der Autor
allen untersuchten Diktatoren eine besonders liebevolle Mutter unterstellt,
worauf ich bereits in einem Beitrag ingegangen bin. Alleine schon die Zahlen über das Ausmaß der Gewalt gegen
Kinder und das Wissen um den Anteil an weiblichen Täterinnen hätten hier beim
Autor Zweifel aufkommen lassen müssen, ob diese seine Einschätzung denn nun
gerade auf besonders kaltblütige Männer zutreffen könnte. Zweitens der kürzlich
erschienene erschütternde Welt-Artikel "Als Frau in Afghanistan lernst du, dich zu hassen" (05.06.2012), in dem ein
Mädchen beschrieben wird, dass vom eigenen Bruder an eine andere Familie
verkauft und dort schwer gefoltert wurde, nachdem sie sich geweigert hatte,
sich zu prostituieren. Ein Onkel ruft schließlich die Polizei. Während man sie
im Rollstuhl ins Krankenhaus bringt, wollen die Polizisten wissen, wer sie so
zugerichtet habe. „Sahar antwortet mit schwacher Stimme: "Mein
Schwiegervater, meine Schwiegermutter, meine Schwägerin, mein Schwager und mein
Ehemann." „ Auch die Schwiegermutter und Schwägerin hatten sich direkt an
den Folterungen beteiligt, ohne jegliche Skrupel. Insofern leite ich an dieser
Stelle gleich über zur Beleuchtung des Ausmaßes weiblicher Täterschaft bei
Kindesmisshandlung:
Eine Studie, für
die 287 Schulkinder aus Kabul (Afghanistan) befragt wurden, ergab, dass 41,6%
der Kinder von ihrem Vater geschlagen werden und 59,9% berichteten, von ihrer
Mutter geschlagen zu werden. (vgl. Bette, 2006, S. 54)
Eine repräsentative
Studie aus Indien (siehe auch ausführliche Besprechung hier)
kam zu dem Ergebnis, dass 50.9% der gewaltbetroffenen Kinder körperliche Gewalt durch ihre Mutter
erfahren haben, 37,6 % erlebten Gewalt durch den Vater. (Ministry of Women
and Child Development. Government of India, 2007, S. 49)
„Save
the Children Sweden“ hat eine vergleichende Studie bzgl. der Gewalterfahrungen
von Kindern für den Pazifik und südostasiatischen Raum durchgeführt. In Fidschi
wurden Mütter 2 Prozentpunkte öfter als Täterinnen genannt, wie Väter. In
Kambodscha wurden die Mütter 6 Prozentpunkte öfter als Täterninnen genannt. Ein
sehr hohes Ausmaß an mütterlicher Gewalt wurde in Vietnam festgestellt.
62 % der befragten 298 vietnamesischen Kinder berichteten, dass die Gewalt von
der Mutter ausging, 38 % ging vom Vater aus. Die vietnamesischen Mütter
benutzten beim Strafen 4 Prozentpunkte öfter einen Stock als die Väter und
griffen ihre Kinder zudem doppelt so oft verbal an.. Die Daten aus der Mongolei
zeigten, dass 40 % der Ohrfeigen durch Mütter ausgeteilt wurden, 27 % durch
Väter; Schläge mit der Faust gingen ebenfalls in 40 % der Fälle von Müttern
aus, in 32 % von Vätern; Misshandlungen/Tritte gingen jeweils zu 31 % von den
Müttern und zu 25 % von den Vätern aus. (vgl. Save the Children Sweden, 2005,
S. 143-146)
Im Rahmen einer repräsentative Studie in Guatemala gaben 28 % der Mütter zu, ihre Kinder körperlich zu züchtigen, Väter räumten dies zu 21,8 % ein. 26,1 % der Mütter gaben außerdem Misshandlungen zu, dagegen 20,3 % der Väter. (vgl. Speizer , Goodwin , Samandari , Kim , Clyde, 2008, S. 254; siehe auch Besprechung der Studie hier)
Im Rahmen einer repräsentative Studie in Guatemala gaben 28 % der Mütter zu, ihre Kinder körperlich zu züchtigen, Väter räumten dies zu 21,8 % ein. 26,1 % der Mütter gaben außerdem Misshandlungen zu, dagegen 20,3 % der Väter. (vgl. Speizer , Goodwin , Samandari , Kim , Clyde, 2008, S. 254; siehe auch Besprechung der Studie hier)
Ein Studie aus
Tansania ergab ein ausgeglichenes Bild: 36,9 % der befragten weiblichen
Kinder und Jugendlichen erlebten körperliche Gewalt durch den Vater, 49,3 %
durch die Mutter; fast genau umgedreht sieht es bei den männlichen Befragten
aus: 50,9 % gaben den Vater als Täter an, 36 % die Mutter. (vgl. United
Republic of Tanzania, 2011, S. 21)
Bei einer Befragung
von jungen Frauen in Kenia, Uganda und Äthiopien kam bzgl. diverser
körperlicher Übergriffe heraus, dass Mütter/Stiefmütter häufig als Täterinnen
genannt wurden. Z.B. erlebten Schläge mit einem Gegenstand in Kenia 23,5 %
durch die Mutter / 13,3 % durch den Vater; in Uganda 42,9 % durch die
Mutter (+ 14 % durch die Stiefmutter), und in 43,4 % durch den Vater; Äthiopien
45,2 % durch Mutter. 39,1 % durch ihren Vater. (vgl. The African
Child Policy Forum, 2006, S. 18)
Eine ähnliche
Befragung junger Frauen wurde einige Jahre später für weitere afrikanische
Länder durchgeführt. Haupttäterinnen bei der körperlichen Gewalt waren die
Mütter: Burkina Faso 85 %, Nigeria 60 %, Cameroon 71 %, DRC 70 %, Senegal 70 %;
gefolgt von Vätern: Burkina Faso 61 %, Nigeria 45 %, Cameroon 64 %, DRC 45 %,
Senegal 58 %. (vgl. The African Child Policy Forum, 2010, S. 9+10)
Wetzels (1997, S.
37) bespricht die sogenannte Studie „Family Violence Survey“ aus dem Jahr 1975,
die repräsentativ in den USA durch geführt wurde. 67,8 % der befragten Mütter
und 57,9 % der Väter gaben an, körperliche Gewalt innerhalb von 12 Monate
vor der Befragung gegen ihr Kind /ihre Kinder angewandt zu haben. Schwere
Gewalt gaben 4,4 % der Mütter und 2,7 % der Väter zu. 17,7 % der Mütter und
10,1 % der Väter schlugen ihre Kinder mit einem Gegenstand.
In den USA
bestätigt sogar das Hellfeld (vgl. CPS Report 2003 zit. nach Child Welfare
Information Gateway, 2006 ), dass Mütter öfter als Täterinnen in Erscheinung
treten. Väter waren in 36,8 % der gemeldeten Fälle von Kindesmisshandlung
beteiligt, Mütter dagegen zu 64 % (nur beim sexuellen Missbrauch sind die Väter
in den meisten Fällen die Täter)
Auch bei der Kindestötung traten Mütter in den USA häufig als Täterinnen in Erscheinung. 78 % aller Kindestötungen in den USA wurden 2003 durch die leiblichen Eltern verübt; dabei 39 % durch Mütter (entweder alleine oder zusammen mit einem nicht-leiblichen Elternteil), 19 % durch Väter (entweder alleine oder zusammen mit einem nicht-leiblichen Elternteil) und 20 % durch beide Elternteile. (vgl. Finkelhor / Douglas, 2005)
Auch bei der Kindestötung traten Mütter in den USA häufig als Täterinnen in Erscheinung. 78 % aller Kindestötungen in den USA wurden 2003 durch die leiblichen Eltern verübt; dabei 39 % durch Mütter (entweder alleine oder zusammen mit einem nicht-leiblichen Elternteil), 19 % durch Väter (entweder alleine oder zusammen mit einem nicht-leiblichen Elternteil) und 20 % durch beide Elternteile. (vgl. Finkelhor / Douglas, 2005)
Auch kleiner Studien mit speziellen Fragestellungen ergeben ein deutliches Bild zulasten von Müttern. Für eine qualitative Untersuchung (Mantell, 1978) wurde u.a . die Kindheit und Familienstruktur von 25 Kriegsfreiwilligen (für den Vietnamkrieg) der US-Spezialeinheit Green Berets analysiert.
21 (84 %) berichteten über körperliche Strafen seitens der Väter und 23 (92 %) über Körperstrafen seitens der Mutter. (vgl. S. 400) Diese Oberflächendaten ergeben erst einmal kaum Unterschiede. Schaut man aber in die Tiefe, kristallisieren sich signifikante Unterschiede bzgl. der Häufigkeit des Gewalthandelns heraus. 32 % berichteten, dass sie einmal in der Woche bis zweimal im Monat von ihren Vätern geschlagen wurden. Die Mehrzahl gab hingegen an, dass ihre Väter sie entweder zwei- bis dreimal im Jahr oder überhaupt nur zwei- bis dreimal geschlagen hatten. (vgl. S. 51) Die Mehrzahl der Väter (72 %) verwendete dabei auch Gegenstände wie Gürtel, Stöcke und Peitschen; fast die Hälfte fuhr mit den Schlägen dort, wenn ihre Söhne anfingen zu weinen, drei Väter verstärkten dann sogar die Schläge. (S. 52)
Die Mütter wandten dagegen weit aus häufiger Gewalt an. Mehr als zwei Drittel schlug ihre Söhne einmal im Monat oder öfter, bis weit in ihre frühe Adoleszenz hinein. (vgl. S. 72) 68 % der Mütter verwendeten (ähnlich viele wie die Väter) dabei Gegenstände wie Gürtel, Stöcke, Peitschen und Riemen. 32 % nahmen, wenn sie wütend waren, irgendwelche Gegenstände, die ihnen in die Hand kam. Die Mehrzahl der Mütter fuhr fort ihre Söhne zu schlagen, wenn diese ihren Schmerz zeigten.
In Deutschland
zeigt sich aktuell folgendes Bild. Im „Datenreport zur Gleichstellung von
Frauen und Männern in der Bundesrepublik Deutschland“ aus dem Jahr 2005 steht:
„Die meisten Studien der Familiengewaltforschung kommen zu dem Ergebnis, dass
Mütter in gleich hohem oder höherem wie Väter Ausmaß elterliche körperliche
Gewalt gegenüber ihren Kindern ausüben. Auch eine geschlechtsspezifische
Auswertung von Bussmann (2002) zeigt für Deutschland ein durchweg leicht
höheres Sanktionsniveau auf Seiten der Mütter auf; bei schwereren Gewaltformen
gleichen sich die Erziehungsstile zwischen den Geschlechtern allerdings
an.“ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2005,
S. 656)
Eine Einzelstudie möchte ich dabei vorstellen. Die Daten von 44.610 Jugendlichen wurden im Rahmen eines KFN-Forschungsprojektes ausgewertet. (vgl. Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachen, 2009, S. 53) 46,2 % gaben an, körperliche Gewalt durch den Vater erlebt zu haben; 46,3 % durch die Mutter. Die Väter griffen dabei etwas häufiger zu schweren Gewaltformen, was 10,7 % der Befragten berichteten; Mütter dagegen zu 9,6 %.
Eine Einzelstudie möchte ich dabei vorstellen. Die Daten von 44.610 Jugendlichen wurden im Rahmen eines KFN-Forschungsprojektes ausgewertet. (vgl. Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachen, 2009, S. 53) 46,2 % gaben an, körperliche Gewalt durch den Vater erlebt zu haben; 46,3 % durch die Mutter. Die Väter griffen dabei etwas häufiger zu schweren Gewaltformen, was 10,7 % der Befragten berichteten; Mütter dagegen zu 9,6 %.
Deutlich als Täterinnen traten auch in früheren Zeiten die Mütter hervor. Anfang der 50er Jahre wurden deutsche Jugendliche nach ihren Erziehungserfahrungen in der Familie befragt (siehe ausführliche Besprechung der Studie hier). Bei 46,2 % der Jugendlichen wurden Strafen (und Strafen waren nach Angaben der Befragten vor allem Körperstrafen) durch die Mutter vollzogen, 33,4 % durch den Vater und bei 13,7 % durch beide Elternteile. (vgl. Pipping, Abshagen, Brauneck, 1954, S. 166)
Der Volkskundler Walter Hävernick hat in den 60er Jahren sowohl junge Menschen
, als auch Erwachsene nach ihren Kindheitserfahrungen bzgl. Körperstrafen
befragt. (siehe ausführliche Besprechung der Studie hier)
Je nach befragter Gruppe betrug der Anteil der Mütter an den Körperstrafen
zwischen 60 und 69 %. Hävernick selbst zitiert auch Pipping (1954) (siehe oben)
und rundet den Anteil der Mütter als Strafende auf ca. 60 % ab. Er erwähnt
auch, dass Mütter den Rohrstock genauso oft benutzten, wie die Väter und er
keine im Verhältnis zum Vater milderen Straffformen beim weiblichen Geschlecht
erkennen konnte. (vgl. Hävernick, 1970, S. 100+101)
Auch der Blick in
die Geschichte zeigt, dass Frauen im erheblichen Umfang Kinder als „Giftcontainer“
für ihre Gefühle benutzten. DeMause hat darauf hingewiesen, dass bis zur
Moderne vor allem Frauen (als Mütter, Großmütter, Tanten, Ammen, weibliche
Dienerschaft, Hebammen usw.) für Kinder verantwortlich waren und Männer beim
Heranziehen der Kinder meist gar keine Rolle spielten. Der Psychohistoriker
zeigt an Hand einer Fülle von Beispielen auf, wie Frauen in der Geschichte
routinemäßig ihre Kinder getötet, vernachlässigt, missbraucht und misshandelt
haben. Diese Gewalt gegen die Kinder stand wiederum im engen Verhältnis zu
eigenen, erheblichen Gewalterfahrungen der Frauen. (vgl. deMause, 2005,
S.212-255)
Abschließend möchte
ich noch auf einen Punkt hinweisen, der schon kurz in der Einleitung in einem
Zitat von Bruno Preisendörfer angerissen wurde. „ "Warte nur, bis Papa
nach Hause kommt" - wer aus meiner Generation kann von sich behaupten,
dies nie aus dem Mund der Mutter gehört zu haben.“, schreibt der Autor. Dieser
Satz ist nach meinem Empfinden quasi Sprachallgemeingut in Deutschland und
jeder weiß auch heute noch, was damit gemeint ist. Bei amazon fand ich sogar ein Kinder-T-Shirt, das mit dem genannten Satz als Aufdruck
versehen ist und dort zum Verkauf steht...
Ingrid Müller-Münch
(2012) hat für ihr Buch „Die geprügelte Generation“ ein Interview mit dem Autor
Tilmann Röhring über dessen Kindheit geführt (siehe Kapitel 6). An einer Stelle
sagte Röhring: „Ich kam aus der Schule. Und die Stiefmutter sagte, heute Abend
bekommst du Prügel. Ich hatte gar nichts gemacht. Also fragte ich, wieso,
warum, um Himmelswillen? Damit du nicht über die Stränge schlägst, wurde mir
erklärt. Können sie sich ein Kind vorstellen, was den ganzen Nachmittag
zittert? Und dann kommt der Vater nach Hause. Man empfängt ihn draußen an der
Garage. Er ist fröhlich, lacht und streichelt einen vielleicht sogar, geht ins
Haus und eine halbe Stunde später wird man reingerufen, und man kriegt eine
Tracht Prügel. Also, das ist furchtbar.“ Tilman Röhring wurde vom Vater mit
einer Reitpeitsche durchgeprügelt und übrigens nicht nur auf Anweisung der
Stiefmutter geschlagen, sondern zusätzlich auch aus eigenem Antrieb des Vaters.
Diese Szene zeigt allerdings überdeutlich das ganze Grauen, dass diese
angekündigte, delegierte „Züchtigung“ beim Kind auslöste. Den Schlägen ging die
seelische Folter voran, stundenlang musste das Kind in dem Wissen leben, dass
es abends Schläge erhalten würde. Diese Stiefmutter wäre in einer quantitativen
Studienbefragung ziemlich sicher als „nicht-misshandelnder Elterneteil“
eingestuft worden. Dass sie die Gewalt delegierte und somit der
„Auftragsschläger“ war, wäre nicht zur Sprache gekommen. Die Frage ist nur, wie
viele Frauen früher (oder auch noch heute) körperliche Gewalt an den Vater
delegierten?
Übrigens hat
Müller-Münch im Kommentarbereich auf ihrer Homepage eine Umfrage eingerichtet, die die BesucherInnen nach
den TäterInnen befragt. 629 BesucherInnen gaben als Täterin die eigene
Mutter an, 555 BesucherInnen nannten den Vater als Täter. (Stand
09.06.2012) Auch hier wird das Bild bestätigt, dass ich in diesem Text
ausgemalt habe.
Die gezeigten Daten
und Fakten sind Realität und zeigen ein hohes Ausmaß von körperlicher Gewalt
durch Mütter gegenüber ihren Kindern. Oft werden diese Zahlen dahingehend kommentiert,
dass Frauen ja auch mehr Erziehungsaufgaben übernehmen würden und daher so
häufig als Täterinnen in Erscheinung treten. Im Umkehrschluss wird damit quasi
unterstellt, dass Väter weit aus häufiger als Täter auftreten würden, wenn sie
in gleichem oder sogar in einem höheren Maß Anteil an der Erziehung nehmen
würden. Dieser Hinweis übersieht, dass auch Väter jeden Tag die Gelegenheit
haben, ihre Kinder zu schlagen (und sei es nur abends und am Wochenende). Und in
noch früheren Zeiten waren sie quasi die „Besitzer“ von Frau und Kindern,
konnten schalten und wallten wie es ihnen beliebt. Väter hatten historisch
jederzeit die Machtmittel und auch Gelegenheit dazu, ebenso zuzuschlagen, wie
die Frauen und häufig machten sie davon auch Gebrauch. Insofern halte ich
diese Einwände nicht für weiterführend. Dazu kommt, dass Gewalt gegen Kinder im Grunde wenig bis gar nichts mit Erziehung zu tun hat. Eltern haben die gesamte Geschichte hindurch behauptet, dass die Gewalt gegen Kinder "Erziehung", "Liebe" und "Fürsorge" wäre und nur "zum Besten" des Kindes geschehen würde. Im Kapitel 7 ihre Buches schrieb Müller-Münch (2012): Ich kann mir nicht vorstellen, "dass wir Kinder der 50er und 60er Jahre aus lauter Liebe und Fürsorge derart geschunden wurden. (...) Denn die mit Hilfe von Handfegern, Kochlöffeln, Teppichklopfern, Reitgerten, Peitschen und Rohrstöcken verabreichten Hiebe fühlten sich meiner Erinnerung nach so gar nicht nach Zuwendung und Zuneigung an." Vielmehr wissen wir heute u.a. dank AutorInnen wie Alice Miller, dass Gewalt gegen Kinder vielmehr eine Wiederaufführung eigener Kindheitserlebnisse darstellt. Die Kinder werden als Blitzableiter, "Giftcontainer" und Sündenböcke missbraucht, um sich kurzfristig erleichter und gut zu fühlen, um eigene Ohnmachtserfahrungen an ihnen auszuagieren. Diesen Zweck erfüllten die Kinder in der Geschichte durchgängig für beide Elternteile.
Auch der Hinweis auf Überforderung in der Erziehung, da Frauen diese zum größten Teil leisten, ist nicht erkenntnisgewinnbringend. Hohe Anforderungen und Stress in der Kindererziehung sind ganz normal. Führt dies zu einer derartigen Überforderung, dass Gewalt Anwendung findet, so ist dies letztlich bereits ein Zeichen mangelnder (emotionaler) Reife der Elternfigur und von fehlenden Fähigkeiten, sich Hilfe zu holen. Kürzlich las ich von einem Fall, in dem die Mutter und der Stiefvater - nach eigenen Angaben - aus "Überforderung" ihren sieben Jahre alten Sohn (oftmals auch nackt) über ein Jahr lang (!) in einen Keller gesperrt haben. Der Junge berichtet: "Mama hat mir Essen in den Keller geworfen und gesagt: Sonst verreckt er uns ja." (vgl. sueddeutsche.de, 06.04.2012) Nein, Eltern misshandeln nicht aus Überforderung, sondern auf Grund eigener emotionaler Defizit und vor allem eigenen Gewalterfahrungen.
Auch der Hinweis auf Überforderung in der Erziehung, da Frauen diese zum größten Teil leisten, ist nicht erkenntnisgewinnbringend. Hohe Anforderungen und Stress in der Kindererziehung sind ganz normal. Führt dies zu einer derartigen Überforderung, dass Gewalt Anwendung findet, so ist dies letztlich bereits ein Zeichen mangelnder (emotionaler) Reife der Elternfigur und von fehlenden Fähigkeiten, sich Hilfe zu holen. Kürzlich las ich von einem Fall, in dem die Mutter und der Stiefvater - nach eigenen Angaben - aus "Überforderung" ihren sieben Jahre alten Sohn (oftmals auch nackt) über ein Jahr lang (!) in einen Keller gesperrt haben. Der Junge berichtet: "Mama hat mir Essen in den Keller geworfen und gesagt: Sonst verreckt er uns ja." (vgl. sueddeutsche.de, 06.04.2012) Nein, Eltern misshandeln nicht aus Überforderung, sondern auf Grund eigener emotionaler Defizit und vor allem eigenen Gewalterfahrungen.
(Abschließend noch
der Hinweis, dass Mütter auch in den Bereichen Vernachlässigung, emotionale
Gewalt/emotionaler Missbrauch auch sehr häufig beteiligt sind, vermutlich sogar
durchaus öfter als Väter. Vielleicht finde ich irgendwann die Zeit, auch
dazu Zahlen zu recherchieren.)
Verwendete Quellen:
Bette, J.-P. L. F. (2006): PTBS, häuslicheGewalt und Kinderarbeit - eine Epidemiologische Untersuchung von Schulkindernin Kabul, Afghanistan. Diplomarbeit im Fachbereich Psychologie der Universität
Konstanz.
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2005): Datenreport zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesrepublik Deutschland.
Bundesverein zur Prävention von sexuellem Missbrauch an
Mädchen und Jungen e.V. (Hrsg.), Fachzeitschrift
„prävention", 2/2004: Mädchen und Frauen alsTäterinnen
Child Welfare Information Gateway (2006): The Importance of Fathers in the Healthy Development of Children
deMause, Loyd (2005): Das emotionale Leben der Nationen. Drava Verlag, Klagenfurt/Celovec. (siehe entsprechenden Text auch online in englisch)
Finkelhor, David / Douglas, Emily D. 2005: Child Maltreatment Fatalities Fact Sheet. (veröffentlicht für das "Crime against Children Research Center")
Hävernick, Walter (1970): „Schläge“ als Strafe. Ein Bestandteil der heutigen Familiensitte in volkskundlicher Sicht. Museum für Hamburgische Geschichte. Hamburg.
Heyne, Claudia (1993): Täterinnen: offene und verdeckte Aggressionen von Frauen. Kreuz Verlag, Zürich.
Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachen (2009): Jugendliche in Deutschland als Opfer und Täter von Gewalt. Forschungsbericht Nr. 107. Hannover.
LE MONDE diplomatique, 09.04.2010, „Erzieherische Gewalt“ (von Bruno Preisendörfer)
Mantell, D. M. (1978): Familie und Aggression. Zur Einübung von Gewalt und Gewaltlosigkeit. Eine empirische Untersuchung. Fischer Verlag, Frankfurt a.M.
Ministry of Women and Child Development. Government of India (2007): Study on Child Abuse: India 2007.. New Delhi.
Müller-Münch, Ingrid (2012): Die geprügelte Generation. Cotta`sche Buchhandlung, Stuttgart.
Pipping, Knut / Abshagen, Rudolf / Brauneck, Anne-Eva (1954): Gespräche mit der Deutschen Jugend. Ein Beitrag zum Autoritätsproblem. Helsingfords.
Save the Children Sweden (2005): What children say: Results of comparative researchon the physical and emotional punishment of children in Southeast Asia and thePacific
Speizer IS, Goodwin MM, Samandari G, Kim SY, Clyde M. (2008): Dimensions of child punishment in two Central American countries: Guatemala and El Salvador. Rev Panam Salud Publica.
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sueddeutsche.de, 06.04.2012, "Mama hat mir Essen in den Keller geworfen"
The African Child Policy Forum (2006): Violence Against Girls in Africa: ARetrospective Survey in Ethiopia, Kenya and Uganda. Ethiopia. (Hauptautorin:
Joanna Stavropoulos)
The African Child Policy Forum (2010): Childhood scars in Africa: a retrospective study on Violence against girls in Burkina Faso,
Cameroon, Democratic Republic of Congo, Nigeria and Senegal.
United Republic of Tanzania, (2011): Violence Against Children in Tanzania. Findings from aNational Survey 2009. (Durchgeführt unter der Mithilfe von United Nations Children’s Fund, U.S. Centers for Disease Control and Prevention, Muhimbili University of Health and Allied Sciences)
Welt-Online, 05.06.2012, "Als Frau in Afghanistan lernst du, dich zuhassen"
Wetzels, Peter (1997): Gewalterfahrungen in der Kindheit - Sexueller Missbrauch, körperliche Misshandlung und deren langfristige Konsequenzen. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden.
United Republic of Tanzania, (2011): Violence Against Children in Tanzania. Findings from aNational Survey 2009. (Durchgeführt unter der Mithilfe von United Nations Children’s Fund, U.S. Centers for Disease Control and Prevention, Muhimbili University of Health and Allied Sciences)
Welt-Online, 05.06.2012, "Als Frau in Afghanistan lernst du, dich zuhassen"
Wetzels, Peter (1997): Gewalterfahrungen in der Kindheit - Sexueller Missbrauch, körperliche Misshandlung und deren langfristige Konsequenzen. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden.
Ein erschütternder Bericht: http://www.sueddeutsche.de/leben/kindesmisshandlung-meine-mutter-die-sau-1.2468806-2
AntwortenLöschenEs ist schade, dass nicht näher darauf eingegangen wird, dass die Frauen, die diese Gewalt ausüben meistens in einer absolut abhängigen Situation stecken. Hat man eigentlich schon mal untersucht, ob Frauen, die finanziell unabhängig von ihrem Lebenspartner sind und Kinder haben , diese ebenso häufig misshandelt, wie Frauen, die aus Gründen des allgemeinen Standards in Deutschland, verheirat sind, Hausfrauen sind, oder max. Teilzeit arbeiten und die Kindererziehung zum größten Teil übernehmen? Wenn du dich nicht frei fühlst und nicht die Möglichkeit hast, die Aufgaben auch mal abgeben zu können, baut sich ein innerlicher Stress auf, der durch die Anfordernisse der Gesellschaft nicht gerade gemindert wird. Vielleicht sollten wir alle mal ein wenig Luft holen und den Perfektionismus und die Ordentlichkeit mal hinten an stellen und dafür ein wenig mehr Zeit mit unseren Kindern verbringen und uns anhören, was sie gerne möchten. Meistens reicht es ihnen schon, wenn einer für sie ansprechbar ist und in Fällen hilft, wenn das Kind um Hilfe bittet, jedoch nicht andauernd. Unsere Kinder sind nicht doof und auch nicht minderbemittelt, sondern einfach noch nicht so erfahren im Umgang mit dem Umfeld, so dass eine Hand in Reichweite auch gerne angenommen wird, wenn sie benötigt wird.
AntwortenLöschenHallo Anonym,
AntwortenLöschenich halte von diesem Ansatz nicht viel. Insbesondere nicht in Bezug auf Deutschland, wo Frauen im internationalen Vergleich sehr viele Freiheiten und Rechte genießen.
Der "Kreislauf der Gewalt" im Sinne von "selbst erlittene Gewalt wird an den Kindern wieder-aufgeführt" scheint mir in Kombination mit der enormen Macht, die Mütter über Kinder haben, die wichtigste Erklärung für mütterliche Gewalt zu sein.
Was den sozioökonomischen Status angeht, so gibt es in der Tat deutliche Hinweise darauf, dass häufiger körperliche Gewalt gegen Kinder in den schwachen/unteren Schichten der Bevölkerung ausgeübt wird (das gilt aber sowohl für Väter als auch für Mütter).
Ich selbst bin der Überzeugung, dass als Kind geliebte und gewaltfrei aufgewachsene Menschen ihre eigenen Kinder ganz selbstverständlich nicht schlagen werden. Wenn diese Menschen also z.B. gesellschaftlich abrutschen und/oder alleinerziehend sind, werden sie vielleicht mal hier und da in Stresssituationen ungerecht sein können, aber sie werden keine Gewalt als grundsätzliches Erziehungsmittel ihrer Kinder anwenden.
Umgekehrt glaube ich, dass viele einst gedemütigte/misshandelte Kinder später auf Grund der Folgeschäden gesellschaftlich abrutschen bzw. nicht aufsteigen (oder sich in destruktive Beziehungen und schädliche Abhängigkeiten begeben, eigens erlebte Gewalt in der Kindheit ist z.B. der größte Risikofaktor für Frauen, später häusliche Gewalt in der Ehe zu erleben). Ebenso ist es auf Grund von Bindungsstörungen wahrscheinlicher, dass sie Beziehungsprobleme bekommen und dann plötzlich alleinerziehend sind. Die höheren Gewaltraten in sozial schwachen Familien sind dann weniger eine Ursache der sozialen schwierigen Situation, sondern die schwierige soziale Situation ist mit eine Folge der Folgeschäden aus der Kindheit. (das selbe gilt auch für ganze Gesellschaften, die sich schwer sozial entwickeln, weil die meisten kinder furchtbar behandelt werden)
"Die höheren Gewaltraten in sozial schwachen Familien sind dann weniger eine Ursache der sozialen schwierigen Situation,"
AntwortenLöschenIch meinte natürlich: Die höheren Gewaltraten in sozial schwachen Familien sind dann weniger eine FOLGE der sozialen schwierigen Situation,....
https://twitter.com/SvenFuchs15/status/1689143438216736768
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