Montag, 13. Juli 2015

Breiviks Vater gibt ein langes, aufschlussreiches Interview

Der Vater von Anders Behring Breivik, Jens Breivik, hat kürzlich für das Süddeutsche Zeitung Magazin (Heft 26/2015, „»Ich hätte gerufen: Erschieß mich zuerst!«) ein langes Interview gegeben. Das Bild, das wir über Anders Kindheit erhalten, wird somit immer komplexer. (Letztlich fehlt nur noch die Aussage der Schwester von Anders) Der Vater selbst fährt im Interview keine klare Linie bzgl. der Frage, warum sein Sohn zum Massenmörder wurde. Er sagt z.B. auf die Frage, ob das Böse Anders "eher wie ein Virus befallen" hätte oder ob eher "eine lange Entwicklung" dahinter stünde, dass niemand daraus schlau wurde, auch die im Prozess beauftragten Psychiater nicht.

Im Interview bestätigt er viele Details, über die vereinzelnd schon berichtet wurde. Z.B. dass er 1983 von einer Nachbarin seiner Ex-Frau angerufen wurde, weil „seltsame Dinge in dieser Wohnung“ geschähen (Streit, laute Stimmen, viel Männerbesuch und das Anders und seine Schwester oft alleine zu Hause waren, auch nachts.). Oder dass Psychologen des Jugendamtes ihn angeschrieben hatten. Nach dem Aufenthalt in einer psychiatrischen Einrichtung war empfohlen worden, Anders von seiner Mutter zu trennen. Jens Breivik versuchte dann das Sorgerecht zu erstreiten, verlor aber den Prozess.

Für mich besonders interessant ist, dass Jens Breivik auch etwas über die Zeit erzählt, wo Anders noch Baby war (diese bekam er ja einige Monate mit, danach trennte er sich von seiner Frau).  Anders Mutter sei kühl gewesen. „Sie war nicht fürsorglich. Als er ein Baby war, tat sie nur, was getan werden musste, wechselte die Windeln, badete ihn.“ Sie habe ihn nicht in den Arm genommen oder gesagt „Ich hab Dich lieb.“
Jens Breivik deutet auch an, dass seine Frau unbedingt ein Kind wollte, es aber alleine großziehen wollte und für sich beanspruchte. Er bestätigt auch, dass seine Ex-Frau zwei Gesichter hatte und sehr wechsellaunig war.
Aber auch Jens Breivik scheint - "Ich bin kein Gefühlsmensch."- kein besonders emotionaler Mensch zu sein und offenbart auch deutlich väterliche Erwartungen an das Kind Anders, die eher erfolgs- und leistungsbezogen sind, etwas, was Anders nie erfüllte.  Er sei als Vater nie stolz auf seinen Sohn gewesen.

Etwas später sagt er: „Seine Kindheit mag traurig gewesen sein, aber keine Katastrophe.“  Was Aage Borchgrevink über Breiviks Kindheit herausgefunden hat und was sich letztlich auch im Interview mit Jens Breivik zeigt ist, dass diese Kindheit ein einziger Alptraum, eine einzige Katastrophe war! Letztlich wird Jens Breivik am Ende des Gespräches überdeutlich. Er wurde gefragt:  „Wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten an einen beliebigen Zeitpunkt seit Anders’ Geburt: Wohin?“ Seine Antwort: "Nach 1983. Ich würde alles unternehmen, damit er kein Terrorist wird, und sofort von Paris nach Oslo zurückziehen, in seine Nähe.


2 Kommentare:

  1. Ich finde besonders erschreckend, dass Anders glaubt, er hätte ein gutes Verhältnis zu seinem Vater gehabt und der wäre ein guter Vater gewesen - dabei ist er seinem Vater vollkommen egal. Diese absolute Gleichgültigkeit, die aus Jens Breivik spricht, finde ich entsetzlich. :-((

    Ute

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  2. Hallo Ute,

    der Vater ist auch kalt, ja. Vom Gefühl her würde ich aber sagen, dass er in Anders Fall die bessere Alternative gewesen wäre. Anders Mutter war ja auch gleichgültig aber ergänzend auch mit Vernichtungswünschen gegen ihren Sohn ausgestattet. Ach wie auch immer... die ganze Geschichte ist unglaublich abgründig und tragisch.

    Ich bin gespannt, ob das Interview auch wieder medial in Deutschland ignoriert wird oder ob auch andere große Medien berichten.

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