Montag, 8. April 2019

Rechte Politiker, rechte Wähler und Kindheit


Der australische, rechte Senator Fraser Anning hatte im März 2019 nach einer Ei-Attacke auf ihn durch einen 17-Jährigen diesen zweimal geohrfeigt (der Fall ging durch viele Medien) und wäre wahrscheinlich noch weiter auf ihn losgegangen, wenn er nicht von einigen Männern (wohl seine Mitarbeiter) gestoppt worden wäre. Das alleine spricht schon Bände, wenn ein gestandener, großer Mann derart auf einen "kleinen" 17Jährigen (dieser war eher schmächtig) losgeht.
Im Rückblick sagte Anning: "Der Typ kam von hinten. Das war dumm. Da hat er eben eine Ohrfeige bekommen. Die hätte ihm seine Mutter schon viel früher verpassen sollen." (ca. Minute 5:18, ARD-Weltspiegel vom 24.03.2019, "Neuseeland/Australien: Suche nach Wurzeln für den Rassismus?")

Wenn solche Menschen sich aufregen und sich im Recht fühlen, dann verraten sie manchmal mehr über sich, als ihnen wohl lieb sein dürfte. Anning wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit selbst als Kind durch Elternteile geschlagen worden sein und hat dies ganz offensichtlich als „positiv“ innerlich verdreht und sich mit dem Aggressor identifiziert. Gewalt gegen Kinder würde diese zu besseren Menschen machen, die sich dann später im Leben benehmen könnten und nicht einfach Eier auf Politiker werfen, so könnte man seine Aussage interpretieren. Wer solche Ansichten verinnerlicht hat, wird nicht automatisch zum rechten Politiker. Aber rechte Politiker als solche zeigen auffällig häufig durch Ihr Verhalten und ihr Reden (und auch ihre Ausstrahlung), wie sehr sie mit autoritärem Denken identifiziert sind. Je rechter oder besser gesagt je rechtsextremer Menschen sind, desto deutlicher können auch destruktive Kindheitserfahrungen in wissenschaftlichen Befragungen nachgewiesen werden (ich habe dazu mehrere Studien in meinem Buch besprochen und einige davon auch hier im Blog besprochen).

Es gibt noch mehr Fälle, die ähnlich gelagert sind:

Stephen Bannon, der extrem rechte, ehemalige Berater von Donald Trump, hat 2016 erklärt, dass psychische Gesundheitsprobleme durch ein Mehr an Schlägen gegenüber Kindern zu „heilen“ wären. “I’ve got a cure for mental health issue[s],”, sagte Bannon: “Spank your children more.” (huffpost.com, 15.11.2016, „Steve Bannon’s Cure For Mental Illness? 'Spank Your Children More'. Are we surprised?“ - von Lindsay Holmes und Daniel Marans) Überdeutlich zeigt sich hier, wie solche extrem destruktiven Akteure mit der Macht und dem Aggressor identifiziert sind und wie ihnen jegliches Mitgefühl fehlt.

Der ultrakonservative „Teaparty“-Anhänger Ted Cruz hat während des Wahlkampfes 2016 (er selbst trat als Präsidentschaftskandidat an) ohne Hemmungen öffentlichen erklärt, dass er seine 5jährige Tochter schlägt, wenn diese ihn z.B. anlügt. Mehr noch: Er hat diese „Straf-Erziehungsform“ auf die Politik übertragen und dazu aufgerufen, Hillary Clinton genauso abzustrafen:
„We do know Hillary told her daughter Chelsea, well gosh, I knew it was a terrorist attack, while we were out telling the American people it wasn't. You know I'll tell you, in my house, if my daughter Catherine, the five-year-old, says something she knows to be false, she gets a spanking." Und er fügte an: "Well, in America, the voters have a way of administering a spanking," (The Washington Post, 08.01.2016, „Cruz: I spank my daughter when she lies — voters can ‘administer…a spanking’ to Hillary Clinton“ - von Karen Tumulty)
Die Wähler sollten Hillary Clinton symbolisch körperlich dafür bestrafen (in diesem Fall durch Nicht-Wahl von ihr), dass sie in den Augen von Cruz gelogen (es ging dabei um den Bengasi-Anschlag 2012) habe. Man muss diesen Fall wohl nicht weiter kommentieren, er spricht für sich.

Grundsätzlich zeigen sich in den USA Zusammenhänge zwischen Zustimmungsraten zu Körperstrafen gegen Kinder und Mehrheiten für die Republikaner (klassisch in den südlichen Staaten) bzw. Trump Wählern (siehe dazu z.B. „Americans’ Opinions On Spanking Vary By Party, Race, Region And Religion“ oder „Millennials like to spank their kids just as much as their parents did“). Zufall?  Der Kinderarzt Herbert Renz-Polster hat dazu viel in seinem aktuellen Buch „Erziehung prägt Gesinnung“ geschrieben, das ich demnächst besprechen werde. Politik und Kindheit, Kindheit und Politik, diese Dinge müssen in ihrer Verzahnung dringend weiter analysiert werden.

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