Freitag, 9. April 2010

Afghanistan-Krieg. Das Märchen von den ökonomischen Ursachen

Mein aktueller Beitrag zum Töten von Zivilisten hat mich noch mal motiviert, etwas zum Afghanistan-Krieg zu schreiben.

Die Nato hat selbsterklärt militärisch in Afghanistan interveniert, weil al-Qaida von dort aus die Attentate des 11. September plante. Dieser offizielle Kriegsgrund ist derart absurd und geradezu peinlich, dass es erstaunlich ist, wie offen er genannt wurde. Um es mal überspitzt zu formulieren: Die Nato hätte sich dann ja auch in Hamburg-Harburg - einem sozialen Brennpunkt - etwas in die Stadtteilpolitik einmischen müssen – Bomben über Harburg wären gegenüber einem Verbündeten ja nicht angemessen - , wohnte und plante doch der Attentäter Mohammed Atta von dort aus… Realistischer: Die Welt ist ziemlich groß, überall gibt es Orte, wo kaum Kontrolle und Demokratie herrscht. Al-Qaida wird den Terror planen und durchführen, wenn nicht aus Afghanistan, dann halt aus einem anderen Ort heraus (derzeit wohl vor allem aus Pakistan). Einen souveränen Staat - mit derzeit 100.000 Soldaten -zu besetzen, weil eine relativ kleine Gruppe (aktuell wurde vom US Geheimdienst geschätzt, dass derzeit noch ca. 100 al-Qaida Kämpfer in Afghanistan sind, abcnews) aus diesem heraus Terror plante, das kann man sich gar nicht ausdenken, so etwas passiert nur in der Realität. Wohlgemerkt: Al-Qaida verfügt ja nicht über Langstreckenraketen oder ähnliches, mit denen die USA aus Afghanistan beschossen wurde. Sie bauten dort auch keine Armee auf, mit der sie die USA besetzen wollten. (beides hätte allerdings auch keine unmittelbare Gefahr für die USA dargestellt, liegt Afghanistan doch am anderen Ende der Welt) Rein die Planung und Organisation fand dort statt (wird uns zumindest gesagt). Selbst die Ausbildung für die Terroranschläge vom 11. September fand ja im Grunde in westlichen Ländern statt, in Form von Pilotenlehrgängen… Vergessen wir das also mit al-Qaida als Kriegsgrund, dummes Zeug.

Die meisten Diskussionen sind davon bestimmt und viele würden wohl der These zustimmen, dass die „geheimen“ Ursachen des Afghanistan Krieges militärstrategischer und mehr noch wirtschaftlicher Natur sind. Es ginge um Ressourcen und Märkte, vor allem um Pipelines, Öl und Erdgas. Auf Grund der geographischen Lage sei es vor allem für die USA zudem wichtig, militärisch vor Ort präsent zu sein. Manch einer schreibt gar, es ginge um die Sicherung des Opium-Anbaus, weil West-Menschen ja gerne mal was nehmen…?! Das klingt grundsätzlich erst mal logisch, also die ersten beiden Punkte. Geld verdienen wollen ist ja auch nichts Schlechtes.

Grundinfo: Das Pentagon bezifferte die Ausgaben speziell zum Afghanistan-Einsatz der US-Armee auf 78,1 Milliarden Dollar – für sechs Jahre Krieg seit 2001. (vgl. stern.de, 12.10.2007, Einsatzkosten Afghanistan "Dingos, Drohnen und Auslandszulagen") – Stand 2007.
Im US-amerikanischen Etat für das Jahr 2010 sind schon alleine 65 Milliarden Dollar für Afghanistan eingeplant, im Etatjahr 2009 waren es 47 Milliarden Dollar für den Afghanistankrieg. (diepresse.com,08.05.2009, „US-Militärkosten: Afghanistan erstmals teurer als Irak“)
(Und Deutschland wird für den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr alleine im Jahr 2010 voraussichtlich 785 Millionen Euro ausgeben. (DIE ZEIT, 25.11.2009, „Kosten für Afghanistan-Einsatz steigen enorm an“) )

Ich gehe an solche Sachen mit einem ganz einfachen Gedanken heran. 78,1 Milliarden für 2001-2007, 2008 habe ich nicht gefunden, schätze also mal auf Grund der Zahl 2009 auf ca. 30 Milliarden, plus 2009 47 Mrd. + 2010 65 Mrd. = 220 Milliarden US Dollar für den Krieg. Dazu kommen die Milliarden der amerikanischen Verbündeten.
Das afghanische Pro-Kopf Bruttoinlandsprodukt (Stand 2008) beträgt 758 US-Dollar, zudem ist das Land für seine Korruptionsstruktur bekannt.

Wenn ich US-Präsident wäre, der mit allen möglichen Leuten aus der Ölindustrie verbandelt ist usw., wenn ich Hunger nach Geld hätte und zudem ein wenig kriminelle Energie, ich würde ein paar Milliarden nehmen (aber nicht annähernd 220 Mrd.) und die wichtigen Leute in Afghanistan „schmieren“ …äh beschenken. Man, mit so viel Geld könnte ich jeden Warlord kaufen und meinen Freund nennen. (Schmiergeldzahlungen im Ausland waren bis vor gar nicht all zu langer Zeit zumindest in Deutschland sogar steuerlich absetzbar. Könnte man ohne diese doch in vielen Ländern nicht wirtschaftlich aktiv sein...) Und dann würde ich Handel treiben, Pipelines bauen usw. Ich würde viel Geld verdienen, die Afghanen würden viel Geld verdienen, wir hätten keinen Krieg, keiner meiner Leute müsste sterben, wenn mir jemand mit meiner Pipeline Probleme macht, rufe ich meine Freunde die Warlords an, meine nächste Wiederwahl wäre nicht bedroht, weil ich mein Land durch einen Krieg ruiniere, alles wäre ganz toll. Zu Hause würde ich Dollarnoten rauchen und mit den Ölbossen essen gehen.
Afghanistan hat ca. 25 Millionen Einwohner. Wenn ich denn unbedingt 220 Mrd. ausgeben möchte, hätte ich natürlich auch jeden einzelnen Afghanen mit 8.800 US-Dollar beschenken können. Das entspräche dem 11-12fachen Pro-Kopf Bruttoinlandsprodukt. Ich glaube, dann hätte ich 25 Millionen Freunde.

Aber was machte George W. Bush und was führt Obama fort? Sie führen Krieg, töten Menschen, verbreiten Chaos und Schrecken, bomben das Land in die Steinzeit, ruinieren ihren demokratischen Ruf und ihre Wirtschaft, schaffen einen Konfliktherd in Afghanistan, wie er vor der Invasion nicht bestand und sie werden so wohl nie Geld mit Öl vor Ort machen, weil jetzt alles noch viel unsicherer ist und sein wird. Die beteiligten westlichen Länder sind aktuell auf dem besten Wege, sich 25 Millionen Feinde zu machen. Sehr schlechte Voraussetzungen für wirtschaftlichen Erfolg....

Meine Gedanken scheinen sehr simpel, vielleicht ist dies dem ein oder anderen zu naiv, drum herum mag es noch viel dafür oder dagegen zu sagen geben. Der Kern des Ganzen, das Offensichtliche scheint mir allerdings wirklich simpel. Der Einsatz macht rational einfach keinen Sinn, seine tieferen Ursachen müssen also emotionaler Natur sein!

Man könnte jetzt auf den Gedanken kommen, dass die politischen Entscheidungsträger einfach dumm sind, wenn sie dergleichen destruktive, undurchdachte Feldzüge starten, die ihnen ein großes Minus einbringen. Das glaube ich allerdings nicht. Diese Leute sind relativ intelligent. Doch wenn es um Krieg geht, schaltet der Verstand offensichtlich ab. Auch die amerikanischen Soldaten, die ein Dutzend Zivilisten töteten (siehe vorherigen Beitrag), obwohl diese offensichtlich keine Gefahr waren, dachten nicht nach. Sie wollten einfach töten, Punkt. Genauso scheint es auch im Großen zu sein. Die PolitikerInnen wollen Afghanen töten, sie brauchen ein Feindbild, deshalb sind die Truppen vor Ort. Und die PolikerInnen werden dabei eifrig vom Volk gestützt, aus dem die SoldatenInnen und WählerInnen stammen.
Niemand würde dies in eine Kamera sagen, die meisten denken wohl wirklich, sie handeln, um Mädchenschulen in Afghanistan zu gründen und freie Wahlen zu ermöglichen. Der Wunsch zu töten und einen Feind zu haben ist sicherlich auch innerlich sehr verdeckt, aber er ist da. Ich glaube den PolitikernInnen sogar ein wenig, dass sie erschüttert sind, wenn Zivilisten starben. Wer schon mal mit psychisch Kranken zu tun hatte, wird es vielleicht kennen. Diese Menschen laufen immer wieder in die gleiche Sackgasse, treten in die gleichen Fettnäpfchen, immer und immer wieder. Sie suchen sich wieder einen Partner, der sie schlägt, sie bringen sich wieder in Situationen, die ihr Leben in einen Alptraum verwandeln, Glück wird unmöglich, weil sie wirklich alles tun, damit ihr Leben eine Katastrophe wird. Trotzdem leiden sie darunter, wollen es anders, können rational Ziele formulieren, wie es anders gehen könnte, schaffen es aber nicht ohne fremde Hilfe und Therapie. Auch Kriege sind Wünsche, sie sind gewollt, trotzdem der Verstand immer wieder sagt: "Nein, das wollen wir nicht." Trotzdem tun wir alles, um in einen Krieg zu geraten. Warum dies so ist, das ist Thema dieses Blogs.

Ich verweise an dieser Stelle auf einige Beiträge:

„Lösungen für Afghanistan“
„Die Irrationalität des Krieges“
Oder ergänzend auch „Nahostkonflikt: Krieg in Gaza – eine Ursachensuche“
"Kindheit von George W. Bush"
"Barack Obama, Friedensnobelpreis & imaginäre Feinde"

1 Kommentar:

  1. gute Überlegungen! es geht ja eigentlich um die gleiche Frage warum Jungen sich oft prügeln. also klar weil sie geprügelt wurden, bei Prügeleien gibt es ja auch keinen ökonomischen Gewinn.
    Ursache dieses Krieges ist wohl die Kindheit der Veranwortlichen sowie die Folgen der gleichen.
    Auch Kokainkonsum bei Politikern und Kriegsmanagern kann zu Psychosen führen die in Gewalt enden.
    Könnte mir aber auch vorstellen dass mit Krieg bewusst im "Innern"(der USA, BRD..) manipuliert wird. Siehe die toten Soldaten und wie Angela Merkel ihre Opfer huldigt. Also Angst machen um Wählerpotenziale nicht zu verlieren.
    Die Nation verhält sich dabei wie ein -Individuum.
    Innere, größtenteils unbewusste Spannungen werden durch Kriege versucht aufzulösen gleichzeitg werden die Spannungen auf die Bevölkerung übertragen. Die Strategie der Spannung, ich denke durch ThinkTanks teils auch bewusst den Politkern empfohlen,

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