Sonntag, 3. April 2011

Kindererziehungspraxis in Afrika (Ghana) - Bilder von "bösen Mamis"

Afrika ist ein Kontinent, über dessen Kindererziehungspraxis ich bisher sehr wenig gefunden habe. Bzgl. Nordafrika gibt es einige erschreckende Zahlen was Kindesmisshandlung angeht. In Südafrika liegen vor allem Zahlen bzgl. der sehr weit verbreiteten sexuellen Gewalt gegen Kinder und Frauen vor. Dazu kommen Berichte über die weit verbreitete Genitalienverstümmelung an Mädchen (teils auch an Jungen) und grausame Initiationsriten. Wirklich repräsentative Studien bzgl. Gewalt in der Familie für diverse afrikanische Länder habe ich bisher nicht gefunden. Mir scheinen hier aussagekräftige Zahlen zu fehlen.

In der Süddeutschen Zeitung wurde aktuell über eine Ausstellung ("Deadly and Brutal - Filmplakate aus Ghana" Die neue Sammlung - The International Design Museum Munich. Pinakothek der Moderne) berichtet, in der 70 Filmplakate (aus den 80er Jahren) aus Ghana gezeigt werden. (Artikel dazu: "Kunst der naiven Grausamkeit") Die online gestellten Bilder zeigen eine deutliche Symbolik: misshandelnde und missbrauchende „böse“ Mütter. Man sieht z.B. auf Bild 1 "Mami Water" - ein afrikanischer Wassergeist –, diese „Mami“ hat einen Schlangenkörper und ist von Schlangen umgeben (ein Bild, dass in ähnlicher Art und Weise vor allem Lloyd deMause in allen Regionen der Welt gefunden hat und in Zusammenhang mit leidvollen Kindheitsgeschichten bringt.). Auf Bild 2 schlägt die übergroße „Mami“ mit einem Knüppel auf ihre „Tochter“ ein. Bild 3 zeigt den Film „Bad Woman“, aus deren monströsen Gesicht bzw. Mund eine riesige Schlangenzunge schnellt, während der Kopf eines jungen Mannes in einem Topf voller Blut zu sehen ist. Unter dem Titel „I hate my village“ (Ich hasse mein Dorf) sind zwei Kannibalen zu sehen, die Menschenteile verzehren. Unter dem Titel „The God to serve“ sind auf Bild 10 drei Frauen zu sehen, aus deren Augen „böse“ Blitze schießen. Vor ihnen befindet sich ein großer Topf voller Blut. Eine der Frauen trägt dabei zwei Babys im Arm. Auch andere Bilder zeigen Spiele mit Leichenteilen.

Mir fällt an dieser Stelle wieder ein Zitat ein. Die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Barbara Diepold (1998, S. 136) beschrieb bildlich und wahrlich erschreckend die innere Welt schwer traumatisierter Kinder. „Die innere Welt traumatisierter Kinder ist so, wie Hieronymus Bosch sie gemalt und Dante sie in seinem „Inferno“ beschrieben hat, oder der Mythos der Medusa sie erzählt: Gespenster und Geister, brennendes Feuer, Eiseskälte, Leichenstarre, von Kopf bis Fuss gespaltene Menschen, deren Fragmente sich zu ganzen Menschen zusammensetzen, Menschenleere und Einsamkeit, Spiele mit Leichenteilen, Unfälle und mörderische Aggressivität.“ (ebd., S. 136) Diese inneren Bilder finden sich in den oben aufgeführten Kinoplakaten deutlich wieder.

Wegen der verzerrten Perspektive und falschen Größenverhältnissen, wirken die knallbunten Motive trotz aller Blutrünstigkeit naiv - fast so, als wären sie von Kindern selbst gemalt worden“, schreibt der Autor der Süddeutschen unter ein Bild. Und er spricht damit einen sehr wahren Kern an (ohne ihn richtig zu deuten): Die Bilder scheinen aus der leidvollen Kindheitsgeschichte ihrer Maler zu stammen und wirken insofern kindlich. Offensichtlich erfreuten sich diese Darstellungen in Ghana großer Beliebtheit. Es liegt auf der Hand, hier zu vermuten, dass in Ghana Gewalt und Missbrauch von Müttern ausgehend gegenüber ihren Babys und Kindern vor den 80er Jahren (heute?) weit verbreitet war.
Leider ist Afrika eine „Black Box“ was Studien über Gewalt in der Familie angeht. Der Auftrag an die Forschung wäre hier, etwas mehr Licht in diese Region zu bringen. Da in Afrika vor allem Frauen für die Kindererziehung zuständig sind, sollte hier vor allem auch ohne Scheuklappen geforscht werden. Vielen Menschen ist gar nicht bewusst und bekannt, dass Frauengewalt (neben der Männergewalt) gegen Kinder sehr weit verbreitet ist . Erst wenn dies überhaupt bekannt ist, kann auch ein genaueres Hinsehen folgen. Sehr wahrscheinlich würden wir dann auf die tieferen Ursachen der oftmals gewaltvollen Konflikte in dieser Region stoßen. Spannend wäre hier, mögliche Unterschiede in der Kindererziehungspraxis zwischen afrikanischen Ländern herauszuarbeiten, die in der Vergangenheit oder auch aktuell blutige Konflikte und Diktaturen erlebt haben/erleben und den Ländern, die weniger oder keine blutigen Unruhen erlebt haben.

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