Montag, 26. November 2012

Kindergesundheitsstudie: Die meisten Kinder fühlen sich glücklich.

Für eine repräsentative Studie ("Elefanten-Kindergesundheitsstudie 2011 - Große Ohren für kleine Leute") hat das PROSOZ-Institut für Sozialforschung in Kooperation mit dem Deutschen Kinderschutzbund im Jahr 2011 fast 5.000 Kinder zwischen 7 und 9 Jahren befragt. Die Ergebnisse wurden kürzlich veröffentlicht. Für mich war vor allem folgender Teil von Interesse:

"Das subjektive, allgemeine Wohlbefinden der Kinder wurde anhand einer fünfstufigen Skala von 1=„sehr schlecht“ bis 5=„sehr gut“ abgefragt und ist, insgesamt betrachtet, gut (M=4,1). 79 % der Kinder geben an, sich meistens „gut“ oder „sehr gut“ zu fühlen, 86 % der Kinder sind „oft“ oder „sehr oft“ glücklich. Dennoch gibt es einen, wenn auch geringen, Anteil von Kindern (5 %), die sich meistens „schlecht“ oder sogar „sehr schlecht“ fühlen, 6 % der Kinder sind nach eigener Aussage „nie“ oder „selten“ glücklich. Es zeigt sich, dass die verschiedenen Angaben zum seelischen und körperlichen Wohlbefinden in engem Zusammenhang miteinander stehen: Kinder, die sich meistens gut fühlen, fühlen sich zudem eher ganz gesund (r=.39), sind häufiger glücklich (r=.29) und zeichnen sich durch ein höheres körperliches Wohlbefinden11 aus (r=.16)." /S. 27) Ergänzend noch das Mittelfeld: 16 % der Kinder fühlen sich meisten "mittelmäßig". 9 % fühlen sich "manchmal" glücklich.

3 % der Kinder fühlen sich durch Gewalterfahrungen "gestresst". Wobei hier nicht weiter ins Detail gegangen wurde und auch kein großes Augenmerk auf Gewalt bestand. Spezialisierte Gewaltstudien werden erfahrungsgemäß höhere Werte nachweisen.

Alles in allem zeigen diese ausgewählten Daten, dass es den meisten Kindern in Deutschland aktuell gut geht. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden die 5-6 % der Kinder, denen es besonders schlecht geht, zu Hause erheblichen Belastungen (vermutlich auch Misshandlungen und schweren Gewaltformen) ausgesetzt sein. Das Mittelfeld wird entsprechend ebenfalls belastet sein, wenn auch weniger, als die Kinder, denen es besonders schlecht geht.

Ergänzend siehe auch:

- "Geboren 2012 = weitgehend gewaltfreies Aufwachsen, zumindest in Deutschland"

- neue KFN-Gewaltstudie

Donnerstag, 15. November 2012

Breivik. Als Kleinkind von der Mutter geschlagen.

Der norwegische Autor Aage Storm Borchgrevink hat wie bereits in einem Beitrag erwähnt ein Buch („En norsk tragedie“) veröffentlicht, dass Breiviks Leben und seine Kindheit nachzeichnet. Bisher ist das Buch leider nur in norwegischer Sprache erschienen, es wurde aber in den Medien besprochen. „The Telegraph“ (07.10.2012) schildert, dass Breiviks Mutter ihren Sohn bereits im Alter von vier Jahren „sexualisierte“ (vor allem in ihrer Sprache dem Kind gegenüber; Nachbarn berichteten allerdings auch, dass sie sexuelle Handlungen mitbekamen, obwohl  die Kinder anwesend waren.). Außerdem schlug sie ihren kleinen Sohn und äußerte ihm vielfach gegenüber, dass sie seinen Tod wünsche.  (Nebenbei bemerkt befassen sich vor allem englisch sprachige und norwegische Medien mit dem Buch von Borchgrevink und der Kindheit von Breivik. Hierzulande hat bisher nach meinem Wissen nur bild.de von dem Buch berichtet. Dies verwundert insofern wenig, da bisher nach meinen Recherchen Breiviks Kindheit in den deutschen Medien so gut wie keine Rolle gespielt hat. )

Die Info, dass Breivik auch körperliche Gewalt erfahren hat, ist für mich neu (obwohl ich dies von Anfang an vermutet habe). Laut dem Telegraph reagierte der vierjährige Breivik auf die Schläge mit der neckischen Bemerkung, dass ihm diese nicht weh täten. Dabei lächelte er. Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass Breivik schon in sehr frühen Jahren seine Gefühle und sein Schmerzempfinden abspalten musste.

Der Fall Breivik bestätigt in vielerlei Hinsicht meine hier oft geäußerten und auch belegten Gedanken und Thesen. Die Tat eines Menschen verrät bereits etwas über die Kindheit, die der Täter durchlitten hat. Je grausamer die Tat, desto grausamer die Kindheit. Klassisch für einen Massenmörder ist auch, dass er mehrere Formen von Gewalt erlebte (Vernachlässigung, sexuellen Missbrauch, psychische Gewalt und körperliche Gewalt + Trennung von einem Elternteil) und dass dies bereits ab der frühen Kindheit erlebt wurde.

Übrigens möchte ich noch auf etwas hinweisen, das für mich eigentlich selbstverständlich ist. Sich mit der Kindheit von Breivik zu befassen, bedeutet nicht, dass ich ihn aus seiner Verantwortung und Schuld entlasten möchte. Der erwachsene Mann und Täter Breivik ist ein gefährlicher und eiskalter Mensch, vor dem die Gesellschaft geschützt werden muss. Ich begrüße das Urteil gegen ihn, in dem klar gemacht wurde, dass man seine psychischen Auffälligkeiten sehr wohl wahrgenommen hat, ihn aber für voll zurechnungsfähig und schuldfähig hält. Nur das Kind, das dieser Mann einst war, verdient unser Mitgefühl. Seine Kindheit erklärt seinen Hass. Entschuldigen tut sie gar nichts.

- siehe ergänzend: Attentäter Breivik: Natural born Killer?

Freitag, 9. November 2012

Kindheit von Hermann Göring


Hermann Wilhelm Göring (ein führender NS-Täter) wurde am 12.01.1893 geboren. Seine Mutter war für die Geburt extra aus der Karibik angereist, wo sich ihr Mann und ihre weiteren Kinder aufhielten. Sechs Wochen nach der Geburt überließ sie den Säugling einer Freundin (über deren Umgang mit dem Säugling man nichts in der Quelle erfährt) und reiste zurück zu Mann und Kindern.
 In den folgenden drei ersten Jahren seines Lebens bekam Hermann weder sie noch seine Geschwister, noch seinen Vater zu Gesicht. Als die Eltern ihn nach der Rückkehr zu sich holten und die Mutter sich zum ersten Mal zu ihm hinabbeugte, schlug der Dreijährige ihr mit den kleinen Fäusten ins Gesicht. Es sei dies seine erste Kindheitserinnerung, erklärte Göring später im Gefängnis dem amerikanischen Gerichtspsychologen Gustave Gilbert.“ (Knopp 2007: 13) Knopp zitiert den erwachsenen Göring mit den Worten: „Das Grausamste, was einem Kind passieren kann, ist die Trennung von der Mutter in den ersten Lebensjahren.“ (ebd.) 

Hermann Göring wuchs ab seinem dritten Lebensjahr im Kreis von neun Geschwistern und Halbgeschwistern auf. Man kann sich vorstellen, dass bei einer solchen Geschwisterzahl nicht viel Zeit und Aufmerksamkeit für das einzelne Kind da war. Sein Vater war bei seiner Rückkehr nach Deutschland bereits 58 Jahre alt und nicht bei gutem Gesundheitszustand. Ab 1898 lebten die Görings in einer mittelalterlichen Burg, die ihnen von Hermanns Patenonkel Epenstein (reicher Sohn einer zum evangelischen Glauben konvertierten jüdischen Familie) kostenlos zur Verfügung gestellt wurde. Das Ganze nicht ohne Hintergedanken.
Mehr oder minder offiziell lebte Franziska Göring in den nächsten anderthalb Jahrzehnten als Geliebte Epensteins – unter stillschweigender Duldung ihres Ehemanns. Von dem tatkräftigen Kolonialbeamten, der Deutsch-Südwestafrika mit aufgebaut hatte, war wenig geblieben. Kränkelnd und vorzeitig gealtert, fand Hermanns Vater sich mit einem Schattendasein als gehörnter Ehemann an der Seite seiner jüngeren Gemahlin ab. Erst als die Liebe zwischen dem »Ritter« und dem »Burgfräulein« verebbte, kam es nach Zwistigkeiten zum schroffen Bruch. Im Streit mit dem einstigen Wohltäter verließ das Ehepaar Göring gemeinsam Burg Veldenstein und siedelte 1912 nach München über.“ (S. 18) Ein Jahr darauf starb Heinrich Göring – Hermanns Vater. Knopp schreibt, dass der kränkelnde Vater für Hermann kein Leitbild war, sondern der “prunksüchtige Lebemann Epenstein, der die ihm durch Reichtum verliehene Macht in vollen Zügen genoss“ und mit dem er bis zu dessen Tod 1934 im Kontakt blieb. (S. 18)

Hermann Göring wurde ab seinem elften Lebensjahr von seinem Vater auf ein Internat geschickt und somit erneut von seiner Familie getrennt (er verbrachte also insgesamt nur ca. acht Jahre bei seiner Familie!!), worauf er rebellisch reagierte. Nach einem Jahr mussten ihn die Eltern von der Schule nehmen und er wurde in einer Kadettenanstalt  in Karlsruhe untergebracht.  Hier war er noch weiter von Veldenstein entfernt, die Erziehung noch strenger, aber es ging dabei militärisch zu. Ziel der Anstalt war, zukünftige Berufsoffiziere heranzubilden.“ (S. 19) Hermann scheint sich dort wohl gefühlt zu haben, denn er liebte alles Militärische, schreibt Knopp.  Robust und selbstbewusst, wie er war, scheinen ihn die üblichen Rohheiten des Kadettenlebens, mit denen ältere Schülerdie ihnen anvertrauten jüngeren »Schützlinge« abzurichten und nicht selten zu quälen pflegten, wenig angetan zu haben. Offenbar ohne Widerwillen ertrug er die strenge Schuldisziplin.“ (S. 20) Und in der Tat wurde Hermann zum Musterkadetten und später zum überzeugten Soldaten, der bei Kampfeinsätzen u.a. als Pilot und Fliegerass im Ersten Weltkrieg mitwirkte. 

Ich teile Knopps Ansicht allerdings nicht, dass sich Hermann als Kadett wohl fühlte. Für mich ergibt sich eher das Bild eines Kindes/Jugendlichen, das/der gelernt hat, Schmerzen, Entbehrungen und Demütigungen auszuhalten, zu funktionieren und entsprechende Gefühle beiseitezuschieben (abzuspalten). Schon sechs Wochen nach seiner Geburt musste er aushalten und drei Jahre auf seine Familie warten, die er dann mit Aggressionen begrüßte. Hermann Göring wurde früh klar gemacht, dass er nichts zählte, dass seine Bedürfnisse nicht zählten. Auch die merkwürdige (offene) Dreiecksbeziehung seiner Eltern wird Spuren bei ihm hinterlassen haben. Für mich ergibt sich das Bild einer Kindheit, die von Trennungen und Schmerzen geprägt war. Hermann fantasierte sich – darüber berichtete auch Knopp - in eine Welt, die Macht, Heldentum und Ritterlichkeit (auch unter Einfluss seines Patenonkels) zum Ideal hatte. 

Über den alltäglichen Umgang der Eltern, ihren Erziehungsstil, offener Gewalt als Disziplinierungsmaßnahme usw. erfährt man nichts in der Quelle (und auch nicht im Internet). Aber: Wer etwas Fantasie hat und sich einfühlen kann, wird an Hand o.g. Darstellungen schnell zu dem Schluss kommen, dass Görings Eltern emotional kalte Personen waren. Was sind das für Eltern, die ihr Neugeborenes drei Jahre bei einer Freundin unterbringen, obwohl sie alle Möglichkeiten dazu hatten, das Kind bei sich aufzunehmen? Es sind grausame Eltern, die sich nicht darum scheren, wie es dem Kind ergeht. Solche Eltern sind nicht auf der einen Seite zu solchen Handlungen fähig und dann auf der anderen Seite später herzlich und emotional zu ihren Kindern. Solche Eltern werden auch im Erziehungsalltag die Bedürfnisse ihrer Kinder übersehen und überhören, solche Eltern werden ihre Kälte auch im Alltag an allen möglichen Stellen und in allen möglichen Situationen unter Beweis gestellt haben, von denen wir nie etwas erfahren werden, weil es keine Zeugnisse davon gibt.

Verwendete Quelle:

Knopp, Guido (2007:): Göring. Eine Karriere. Goldmann Verlag, München.

Samstag, 3. November 2012

Dany Levys: "Mein Führer - Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler"

Durch einen Kommentar bin ich auf den Film „Mein Führer – Die wirklich wahrste Wahrheit über Adolf Hitler von Dany Levy (mit Helge Schneider als Hitler) aufmerksam geworden, der mich vorher nicht wirklich interessiert hatte. Der Kommentator hat einige Passagen/Dialoge aus dem Film aufgeschrieben (was
ich hier übernehme) und diese im Kommentarbereich (29.10.12) der Homepage „Die geprügelte
Generation“ gepostet.


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Adolf Grünbaum zu Adolf Hitler: „Gehen Sie noch einmal in das Glückgefühl, das Sie gestern gefunden hatten. Sie denken erneut an ihren Vater, der Ihnen die Steinschleuder gab. Ihr geliebter Vater legt seine Hand auf ihre Schulter…“
Adolf Hitler: „Nein! Fassen sie mich nicht an, Herr Vater! Er darf mich nicht anfassen, sagen Sie ihm das! Er soll damit aufhören! Sagen Sie es ihm! Sagen Sie es ihm!“
A.G.: „Bitte fassen sie ihren Sohn nicht an!“
A.H.: „Wissen Sie, wie oft er mich geschlagen hat, mein Vater?“
A.G.: „Nein, das weiss ich nicht.“
A.H.: „Täglich!“
A.H. (mit der Stimme seines Vaters): „Adolf komm!“
A.H. (mit der Stimme des kleinen Adolf): „Ich habe nichts getan, Herr Vater!“
A.H. (mit der Stimme seines Vaters): „35!… und zählen, los!“
A.H. (mit der Stimme des kleinen Adolf): „Eins, zwei…
…(er beginnt zu schluchzen, zu weinen..), drei, vier, fünf, sechs…, dann fasst er sich wieder und meint: Was gibt’s?“
A.G.: „Das tut mir so leid, Herr Hitler.“
A.H.: „Ihr Mitleid können Sie sich am Arsch abwischen! Mein Vater Adolf hat mich versucht zu brechen, aber es ist ihm nicht gelungen! Seine Prügel, seine Ungerechtigkeit, seine Willkür, haben mich nur gestählt, haben mich zu dem gemacht, der ich heute bin!
A.G.: „Dann hat Sie Ihr Vater geliebt!“
A.H.: „Mein Vater…, der war eine kümmerliche Natur, ein armseliger Wurm, der nichts Anderes konnte, als ein wehrloses Kind zu schlagen! Die Gene, mein lieber, ihre Gene…
A.G.: „Meine Gene?“
A.H.: „Das Jüdische! Der Vater meines Vaters soll Jude gewesen sein! Das Heimtückische, Jüdische, Verkommene sprang von meinem Großvater auf meinen Vater über! Aber, Grünbaum, nehmen Sie das nicht persönlich, ich habe nichts gegen die Juden, wenn sie mich in Ruhe lassen.“


Später im Film…
A.H.: „Mein Wut gegen das Kranke, Minderwertige, gegen diese lächerlichen Kreaturen… Mein Vater schlug mich nicht nur, wenn ich etwas Verbrochen hatte, – und ich war ein frecher Lausbub -, nein, er schlug mich völlig unberechenbar und willkürlich, jederzeit, auch mitten in der Nacht konnte das passieren! Einmal hörte ich Vater die Treppe herauf poltern, ich floh aus dem Fenster, wollte aus dem kleinen Fenster fliehen…, doch das Fenster war so eng sodass ich mich meiner Kleider entledigen musste, um nackt hindurch zu kriechen, doch ich blieb stecken, Als mein Vater kam, bedeckte ich meine Blöße mit einem kleinen Tuch…, und mein Vater lachte mich laut aus und rief meine Mutter! Das Gefühl dieser Lächerlichkeit war schlimmer als tausend Schläge.
A.G.: „Das Kind ist nie lächerlich, Herr Hitler. Der Vater ist es! Ein wehrloses Kind zu schlagen ist immer feige und lächerlich!
A.H.: „Sie haben recht! Mein Vater ist der Lächerliche! Wehrlose Menschen hinterrücks zu überfallen ist charakterlos!“
A.G.: „Mein Volk wurde hinterrücks überfallen und wehrlos in die Lager getrieben! Ist das die deutsche Charakterstärke? Oder spielen sie da nicht die Rolle ihres Vaters nach?“
A.H. steht regungslos da und schweigt nachdenklich…


In der Schlussrede sagt Adolf Hitler (die Rede hält, versteckt unter dem Rednerpult, Adolf Grünbaum!).:
„Ich danke Euch für Euer blindes Vertrauen in mich, treu und deutsch seid ihr mir gefolgt, um die Welt zu Sauerkraut zu machen! Heute liegt unser geliebtes Vaterland in Schutt und Asche! Ihr seid alle arisch blond und blauäugig, ausser mir, und trotzdem jubelt ihr mir zu?! … Heil mir selbst!
Warum tut ihr das? Ich bin Bettnässer, drogenabhängig, ich kriege keine Erektion, ich wurde vom Vater so oft geprügelt, bis meine Gefühle verstummt waren, und so quäle ich das Wehrlose, wie ich einst wehrlos gequält wurde! Ich räche mich an den Juden, den Schwulen und den Kranken in ganz Europa für die Qualen und Demütigungen in meinem Kinderzimmer! Jedes ungeliebte, hasserfüllte Würstchen kann die Welt erobern, wenn Millionen ihn…. Schüsse fallen, A.G., der für A.H. spricht, wird von einem treuen Nazi erschossen… doch er sagt zum Schluss noch… „Heilt Euch selbst!“
Das Volk ruft wiederholt: „Heil dich selbst! Heil dich selbst!“


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Ich habe den Film kürzlich gesehen. Wirklich angesprochen hat er mich nicht. Ich finde es aber interessant und auch mutig, dass der Regisseur Levy im Grunde eine Botschaft (die wirklich wahrste Wahrheit) unters Volk bringen wollte: Einer wie Hitler konnte nur ein misshandeltes, gedemütigtes Kind sein. Einer wie Hitler war eigentlich schwach, krank und hilflos, tarnte sich aber und setzte eine hoch wirksame Maske auf.

Im Kino soll der Film von 780.000 Zuschauern gesehen worden sein und kam zudem noch als DVD raus. Ich glaube nicht, dass die meisten Zuschauer den realen Hintergrund und die Botschaft wirklich verstanden haben. Der Film ist sehr satirisch. Die Geschichte über Hitlers Kindheit wirkt im Film entsprechend ebenfalls ausgedacht, obwohl sie ganz offensichtlich auf historische Quellen zurückgreift. (da hätte man vielleicht im Abspann Alice Miller zitieren können) In Interviews (z.B. SPIEGEL, FAZ, Stern) war Levy nachträglich bemüht, diesen realistischen Hintergrund deutlich zu machen. Das Buch „Am Anfang war Erziehung“ von Alice Miller hatte ihn u.a. sehr inspiriert, diesen Film in dieser Art und Weise zu drehen.

Levy hat auf Kritik u.a. in einen Brief reagiert. Ein Auszug, der für mich sehr bedeutsam ist:
Es war für mich sehr erhellend zu lesen, mit welcher Rigorosität und Vehemenz der Ansatz der Psychoanalytikerin Alice Miller vom Tisch gefegt wird. Wie eine Litanei wird in auffällig vielen Kritiken runtergebetet, man könne doch Hitler „nicht mit seiner schweren Kindheit entschuldigen“. Dieser Satz steckt ungebrochen in den deutschen Köpfen. Ich glaube, damit verweigern Sie sich einem ziemlich substanziellen Ursachenverständnis von Faschismus. Die „Schwarze Pädagogik“, mit der Millionen Deutsche zu gehorsamen, gewaltbereiten und unempathischen Befehlsempfängern zurechtgeprügelt wurden, hat den Nationalsozialismus entscheidend mitgeschaffen. Wollen wir nicht lieber darüber streiten, anstatt es einfach zuignorieren?"

Hitler wurde von Levy in der Tat vom Sockel des „Dämon“ und „absoluten Bösen“ heruntergeholt und zum Menschen gemacht. Ob dies nun besonders gut gelungen ist, darüber lässt sich streiten. Aber dass er es tat, dafür zolle ich ihm Respekt. Erst wenn man Hitler zum Menschen macht, sich auf seine psychische Situation einlässt, sich mit dem Kind befasst, das er einst war, dann kann man dadurch auch etwas erklären.  

Die deutsche Öffentlichkeit war dazu im Jahr 2007 wohl noch nicht bereit. Es wird irgendwann eine neue Gelegenheit kommen, ein neuer Film, eine Medientitelstory und ähnliches, wo das Thema erneut aufgreifen wird. Und irgendwann werden die Menschen verstehen, dass geliebte Kinder nicht zu NS-Mördern hätten werden können.