Montag, 21. März 2022

Mein Online-Vortrag in Kanada: "Childhood Origins of Political Violence"

Ich bin seit 20 Jahren im Internet aktiv bzgl. des Themas Kindesmisshandlung und Folgen (vor meinem Blog hatte ich lange Jahre eine Homepage zum Thema). Ich war immer sehr vorsichtig mit meinen Daten, speziell auch Fotos von mir. 

Ich habe aber auch festgestellt, dass es mir am Herzen liegt, das Thema in dieser von mir recherchierten/ausgearbeiteten Form international bekannter zu machen (erst recht auch nach den aktuellen Ereignissen in der Ukraine). Denn auch international wird viel zu selten auf die politischen Folgen geschaut. Dafür muss man auch "Gesicht" zeigen.

In diesem Sinne hatte ich einer Anfrage zugesagt und habe am 18.03. live einen Online-Vortrag für das Projekt "No Violence for Kids Canada" gehalten. Ich musste mir dafür einen Ruck geben, weil mein Englisch begrenzt ist. Dennoch, ich konnte mich und mein Anliegen verständlich machen.

Der Vortrag ist online einsehbar: Facebook oder Youtube.

Hier der Link zu den Folien.



Donnerstag, 17. März 2022

Doku „Diktatoren - Wurzeln des Terrors“ und einige Anmerkungen dazu

 „Hitler, Mussolini, Stalin, Mao, Pol Pot, Saddam Hussein, Kim Jong Un: Alle dieser Diktatoren waren einst Kinder und Teenager, bevor sie zu Tyrannen wurden. Die Dokumentation blickt in die Kindheit und die Jugendzeit der schrecklichsten Diktatoren im 20. und 21. Jahrhundert. Die Porträts dieser Jugendlichen begeben sich auf die Spur nach den Wurzeln des Wesens dieser Männer, die später absolute Macht anstrebten.

So wurde die französische TV-Doku „Diktatoren - Wurzeln des Terrors“ (2021 vom Regisseur François Chayé; original Titel „A la source de la tyrannie“) angekündigt, was mich natürlich extrem neugierig machte. Aktuell kann die Doku noch (mit Werbeblöcken) hier gestreamt werden. 

Die Doku ist in verschiedene Kapitel unterteilt. Ein Kapitel heißt: „Gewalttätige Kindheit“!

Ich wundere mich ehrlich gesagt schon länger, dass es bisher meines Wissens nach keine Doku gab, die die destruktiven Kindheiten von Diktatoren in den Blick nimmt. Jetzt also das! Das ist ein wirklich großer und wichtiger Schritt. 

Zwischendrin kamen mir allerdings erste Zweifel, ob die Doko in eine für mich zufriedenstellende Richtung geht. Z.B. als über die Mutter von Adolf Hitler gesagt wird, dass sie für ihn „emotionale Sicherheit“ bot, etwas, das ich deutlich anders sehe. 

Es tauchten aber auch erste vielversprechende Kommentare auf. Beispielsweise als dieser Satz fällt: „Für Hitler verschmolzen sein Vater und das Kaiserreich zu einem Hasssymbol“. Diese Stelle wurde nicht gesondert kommentiert, sie zeigt aber deutlich die Verschmelzung von Kindheit (Gewalt durch den Vater und Hass auf den Vater) und Gesellschaft bzw. Übertragung von Hass aus der Kindheit auf Vaterfiguren/“Vaterstaat“/“das Alte“. 

Unter dem o.g. Kapiteltitel geht es dann wirklich in die Tiefe der Kindheitsabgründe: Maos Vater sei alles andere als liebevoll gewesen und habe nicht gezögert, seinen Sohn zu schlagen. Mao habe seinen Vater gehasst.
Saddam Hussein sei in extremer Armut aufgewachsen. Es habe „wenig Liebe“ in seiner Kindheit gegeben und er galt „als Bastard“. Und: „Der Stiefvater war gewalttätig und schlug ihn fast täglich.“ Über den Alkoholismus des Vaters von Stalin und dessen Gewaltverhalten wird ebenso berichtet, wie über all die Demütigungen und Entbehrungen, die Stalin in einem Priesterseminar erlitten hat.
Über die häufige väterliche Gewalt, die auch Mussolini erlitten hat, wurde leider nichts berichtet, obwohl dieser Diktator Thema war. 

Zum Schluss hin kommt dann diese Aussage:

Bei einigen Diktatoren liegen die Wurzeln ihres Handelns in einer besonders traumatischen Kindheit. Die prägenderen Faktoren für ihre kriminelle Entwicklung liegen jedoch meist im historischen, sozialen und politischen Umfeld, in Kombination mit einer blutigen Ideologie schaffen die Despoten dann den Aufstieg an die Macht.“

Nach dieser Stelle war den vorherigen Ausführungen zur Kindheit schon einmal deutlich der Wind aus den Segeln genommen. Glaubt es mir oder nicht, ich ahnte schon, welcher Nachsatz noch kommen würde und er kam auch, von dem Historiker Johann Chapoutot:

 „Es besteht kein Zweifel daran, dass Hitler eine unglückliche Kindheit hatte. Die Beziehung zu seinem Vater war katastrophal und bereitete ihm große psychische und physische Schmerzen. (…) Doch im 19. Jahrhundert gab es viele Kinder, die Opfer von Misshandlungen wurden und sie wurden nicht alle zu Massenmördern. Den Gewaltherrschern ist auf ihrem Lebensweg noch etwas anderes passiert. Hitler verstand es, auf die Erwartungen der damaligen Gesellschaft zu reagieren. Diese wollte eine klare Identität und Hitler vermittelte durch den Nationalsozialismus und die deutsch-völkische Ideologie das Gefühl, dass man etwas darstellt.“ 

Da ist er wieder, dieser klassische Satz:Aber nicht alle traumatisierten Kinder werden zu…“.
Die Ursachenkette zwischen destruktiver Kindheit und politischer Gewalt wird durch diesen Satz sofort zerrrissen. Bereits in dem zuvor zitierten Part wurde der Blick von der Kindheit weg in Richtung anderer „prägenderen“ Faktoren („historischen, sozialen und politischen Umfeld, in Kombination mit einer blutigen Ideologie“) gelenkt. 

Es ist selbstverständlich, dass es keinen einfachen Link zwischen destruktiver Kindheit hier und Diktatoren dort gibt. Selbstverständlich bedarf es weiterer Einflussfaktoren, wovon der größte natürlich das Streben nach und das Erreichen von Macht ist. Diese Leute müssen zudem redegewandt und intelligent sein. Sie müssen männlich sein. Sie müssen zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein usw. usf.  

Was mich so ungemein stört, wenn Kindheitseinflüsse gering geredet werden, ist, dass nie die umgedrehte Frage gestellt wird: Wären Hitler, Mussolini, Stalin, Mao und Saddam Hussein auch zu solchen Diktatoren und Massenmördern geworden, wenn sie eine liebevolle und weitgehend unbelastete Kindheit gehabt hätten? Diese Frage taucht einfach nicht auf!

Der zweite Punkt ist, dass der Satz „doch im 19. Jahrhundert gab es viele Kinder, die Opfer von Misshandlungen wurden und sie wurden nicht alle zu Massenmördern“ mit Blick auf das Werden eines Diktators im Grunde bereits die Lösung des Rätsels mit enthält. Nur ein einziger Mensch kann logischer Weise in einer Diktatur zum Diktator werden. Wenn doch aber eine destruktive Kindheit in einem deutlichen Zusammenhang zu menschlicher Destruktivität und Gewaltverhalten und auch „Ohnmachtsverhalten“ steht (was wir heute einfach auf Grund wissenschaftlicher Befunde wissen), dann erklärt sich doch gerade aus der Feststellung „doch im 19. Jahrhundert gab es viele Kinder, die Opfer von Misshandlungen wurden“ die Entwicklungen hin zu einer Diktatur! 

Johann Chapoutot hat es oben nach seiner kritischen Anmerkung bzgl. Kindheitseinflüssen im Grunde bereits gesagt: „Hitler verstand es, auf die Erwartungen der damaligen Gesellschaft zu reagieren. Diese wollte eine klare Identität“. Ein als Kind traumatisierter Führer stand in Resonanz mit der als Kind traumatisierten Bevölkerung, die sich eine Identität wünschte (Identitätsprobleme sind eine klassische Folge von Kindesmisshandlung!). Warum wurde hier nicht der Einfluss von Kindheit erkannt?

Vergessen werden darf außerdem auch nicht, dass die vielen Kinder des 19. Jahrhunderts, die Opfer von Misshandlungen wurden, zwar nicht alle zu Massenmördern und Diktatoren wurden, aber viele (vor allem männliche) Kinder wurden zu "Diktatoren im Kleinen", in der Familie. Das war ihr Einfluss- und Machtbereich! Historische Berichte über tyrannische Väter finden sich haufenweise. Sie „mordeten“ die Seelen ihrer untergeordneten Familienmitglieder. Und ja, beim genaueren Hinsehen finden wir im historischen Rückblick auch haufenweise Mütter (+ Großmütter, Dienerinnen, Ammen), die sich gegenüber Kindern wie Diktatoren und Menschenschinder verhielten, obwohl sie nach außen hin (der patriarchalen Sitte/Struktur nach) nicht die absolute Macht in der Familie inne hatten. 

Der andere Weg, Hass auszudrücken, ist der Weg nach innen: Selbsthass, Krankheit, Suizid, Depressionen, sich in Ohnmachtsbeziehungen ergeben usw. usf. Auch das wird gerne unterschlagen, wenn es heißt, dass nicht alle als Kind misshandelten Menschen zu "ihr wisst schon was" werden. 

Doch im 19. Jahrhundert gab es viele Kinder, die Opfer von Misshandlungen wurden und sie wurden nicht alle zu Massenmördern“. Dieser Satz ist schlicht unterkomplex, obwohl das erklärte Ziel des Satzes ja gerade war, die Komplexität von Menschen und Gesellschaften zu beachten. 

Im Grunde liegt hier stets auch das gleiche Problem zu Grunde: Historiker sind nun einmal keine Psychologen und Experten für Traumafolgen. Ihnen fehlt entsprechend das Wissen um die komplexen Folgen von Kindesmisshandlung, die sich in unzähligen Formen ausdrücken können.

Die Doku war ansonsten gut und auch wichtig! Es wird sicher der Tag kommen, an dem in einem ähnlichen Format selbstbewusst die These formuliert wird, dass destruktive Kindheiten das Fundament für Diktaturen bilden können. 

Die Doku "Diktatoren - Wurzeln des Terrors" lief am 15.03. in der Zeit zwischen 02:20 - 03:00 Uhr auf N-TV

Ist schon irgendwie symbolisch, dass das Thema gesendet wird, wenn alle schlafen...


siehe ergänzend auch meinen Blogbeitrag: "Eine lieblose Kindheit haben viele erlebt und werden trotzdem nicht zu Mördern"



Donnerstag, 3. März 2022

Kindheit von SoldatInnen (auch mit Blick auf den aktuellen Krieg in der Ukraine)

Bei der besonderen Gruppe der Soldaten und Soldatinnen findet die Forschung regelmäßig ein sehr hohes Ausmaß von belastenden Kindheitserfahrungen (Adverse Childhood Experiences, ACEs). In meinem Buch habe ich zu dem Thema ein eigenes Kapitel verfasst! 

Die aktuelle Kriegssituation in der Ukraine bringt das Thema „Soldatentum“ und „Befehl + Gehorsam“ mit einem bösen Paukenschlag auf die Tagesordnung. Ohne tausende SoldatenInnen, die auf Befehl Putins in den Krieg ziehen (trotz wohl auch nicht selten innerer Widerstände, laut Medienberichten), wäre Putin eine reine Lachnummer. 

Ich habe aktuell eine weitere Studie gefunden, die ein hohes Ausmaß von ACEs bei Militärs fand. 

Gottschall, S., Lee, J. E. C. & McCuaig Edge, H. J. (2022). Adverse childhood experiences and mental health in military recruits: Exploring gender as a moderator. Journal of Traumatic Stress

50.603 kanadische Rekruten / Offizieranwärter wurden befragt. 

Belastende Kindheitserfahrungen (ACEs) / Ergebnis für die Männer:

  • psychisch misshandelt: 58,1%
  • körperlich misshandelt: 37,2 %
  • sexuell misshandelt: 2,5%
  • Miterleben von häuslicher Gewalt: 21,9%
  • Haushaltsmitglied depressiv oder psychisch krank: 15,4%
  • Haushaltsmitglied Alkoholmissbrauch oder Alkoholiker: 14,6%
  • irgendeine dieser Belastungen: 70%

Belastende Kindheitserfahrungen (ACEs) / Ergebnis für die Frauen:

  • psychisch misshandelt: 56,5%
  • körperlich misshandelt: 36,1%
  • sexuell misshandelt: 10%
  • Miterleben von häuslicher Gewalt: 25,5%
  • Haushaltsmitglied depressiv oder psychisch krank: 21,7%
  • Haushaltsmitglied Alkoholmissbrauch oder Alkoholiker: 19,5%
  • irgendeine dieser Belastungen: 71%

Befragungen von US-Kriegsveteranen zeigten sogar noch höheren Misshandlungsraten, wie hier im Blog bereits besprochen. 

Auch andere Studien zeigten ein enorm hohes Ausmaß von Kindesmisshandlung bzw. ACEs bei Militärs:

Studien aus Russland liegen dazu nicht vor. Aber es ist naheliegend, ähnliche Zahlen in dieser Population zu finden. 

Zugespitzt lässt sich sagen, dass das Militär vor allem als Kind gedemütigte und verletzte Seelen in seinen Bann zieht. Das kann kein Zufall sein! In sich schlummernde Hass- und Rachegefühle, fehlendes Empathievermögen, geringeres Selbstbewusstsein, Neigung zu Schwarz-Weiß-Denken, Neigung zu Verdrängung oder Abspaltung von belastenden Erlebnissen usw. all dies sind mögliche Folgen von belastenden Kindheitserfahrungen. Auf eine Art „passen“ diese Folgen zu dem Soldatenberuf und dessen besondere Anforderungen. 

Wir sehen also mal wieder: Die Kindheit ist politisch!


Mittwoch, 2. März 2022

Studienergebnis: Vergleichsweise unbelastete Kindheit von Terroristen? VORSICHT!

Für diesen Text beziehe ich mich auf die Studie:
Clemmow, C., Schumann, S., Salman, N. L., & Gill, P. (2020). The Base Rate Study: Developing Base Rates for Risk Factors and Indicators for Engagement in Violent Extremism. Journal of Forensic Sciences. Vol. 65, No. 3, S. 865-881. 

Es ist nicht das erste Mal, dass ich eine Studie finde, in der dargestellt wird, dass Terroristen eine verhältnismäßig unbelastete Kindheit hatten (siehe dazu meinen Beitrag „Neue Studie zeigt: IS-Terroristen sind extrem selten als Kind belastet. Warum dies nicht stimmen kann!“).
Clemmow et al. (2020, S. 877) schreiben in ihrer Zusammenfassung bzgl. dem Vergleich von 125 “lone-actor terrorists” und 2.108 Befragten aus der Allgemeinbevölkerung: „The general population were significantly more likely to experience a range of distal stressors such as growing up in an abusive home, being a victim of bullying, and experiencing chronic stress.” 

Solche Studien/Ergebnisse sind selten, aber es gibt sie. Also muss ich auch darauf antworten und eingehen. 

Wie schon bei meiner Kritik an der Studie von Speckhard & Ellenberg (2020) (siehe Link oben!) zeigt sich sehr schnell die Lösung des Rätsels, wenn man sich die Methodik genau anschaut. 

Vorher aber noch ein Auszug aus den Ergebnissen der Studie von Clemmow et al. (2020): 

(Blau steht für die Allgemeinbevölkerung, die andere Farbe für die Terroristen!)


Die Ergebnisse sind hoch signifikant: Terroristen haben demnach deutlich weniger Misshandlungen in der Kindheit erlitten, als die Allgemeinbevölkerung. Das gleiche gilt für Mobbingerfahrungen. 

Das Fatale an solchen Studien: In Zusammenfassungen von verschiedenen Ursacheanalyse-Ansätzen neigen WissenschaftlerInnen dazu, Studien kurz hintereinander aufzuführen und dann zentrale Ergebnisse zu nennen. Klassisch wäre z.B. der Verweis auf einzelne Studien, die ein hohes Ausmaß von belastenden Kindheitserfahrungen aufzeigen und dann in etwa so etwas anzuhängen: „Allerdings sind die Ergebnisse durchaus nicht einheitlich. Clemmow et al. (2020) fanden z.B., dass Terroristen deutlich weniger in der Kindheit belastet sind, als die Allgemeinbevölkerung.“ (Gedankenbeispiel) Und wenn sie dann ausreichend recherchiert haben, könnten sie dem noch anhängen: „Auch die Daten von Speckhard & Ellenberg (2020) zeigen kaum Auffälligkeiten in der Kindheit von Terroristen“ (Gedankenbeispiel). 

Die Message wäre klar: Wir wissen nicht wirklich, was die Ursachen von Terror sind, denn auch bzgl. Kindheitserfahrungen gibt es in der Wissenschaft ein uneinheitliches Bild! Platz für einen genaueren Blick auf solche Studien ist in solchen wissenschaftlichen Zusammenfassungen i.d.R. nicht. 

Des „Rätsels Lösung“ bzgl. der - für mich auf Grund unzähliger anderer Ergebnisse und Daten bzgl. Kindheitserfahrungen von Terroristen/Extremisten erstaunlichen – Ergebnisse von Clemmow et al. (2020) zeigt der Blick auf die Methodik! 

Die Befragten aus der Allgemeinbevölkerung entstammen aus einem online Panel, d.h., sie wurden mehrfach ausführlich direkt befragt. Die 125 Terroristen wurden nicht befragt (manche lebten auch gar nicht mehr, weil sie bei Anschlägen umkamen, das nur nebenbei): „The data were compiled from open sources, including sworn affidavits, court reports, first-hand accounts, and news reports obtained predominantly via LexisNexis searches. Additional sources such as biographies and scholarly articles were used where available and relevant” (Clemmow et al. 2020, S. 868). 

Die Herangehensweise der WissenschaftlerInnen ist grundsätzlich logisch und auch sinnvoll. Objektive Daten wie z.B. Familienstand, Ausbildung, Alter, Geschlecht, Beruf, Religionszugehörigkeit usw. lassen sich so einigermaßen gut vergleichen. Es macht allerdings gänzlich keinen Sinn, so etwas wie Misshandlungen in der Kindheit zu vergleichen. Hier geht es um ein höchst schambesetztes Themenfeld, über das i.d.R. geschwiegen wird (oder das sogar nicht mehr bewusst erinnert werden kann). Oft gilt dieses Schweigen sogar, wenn die Betroffenen direkt befragt werden (hier wäre es wichtig, dass die Studiendesigner traumainformiert sind!). Die Ergebnisse zu Traumaerfahrungen wären nur direkt vergleichbar gewesen, wenn beide Gruppen (also die Terroristen und die Allgemeinbevölkerung) den gleichen direkten Befragungen ausgesetzt gewesen wären, was nicht der Fall war. Insofern halte ich die Ergebnisse bzgl. der Terroristen für diesen Bereich für gänzlich nicht aussagekräftig! Punkt!

Andere Ergebnisse der Studie zeigen allerdings auch für mich aufschlussreiche und gewinnbringende Ergebnisse. So waren z.B. 48,6 % der Terroristen vorher kriminell eingestellt, dagegen nur 2,5 % der Allgemeinbevölkerung. 26,4 % der Terroristen wurden schon einmal inhaftiert, dagegen 0,4% der Allgemeinbevölkerung. Zu Suchtmittelmissbrauch neigten 26,4% der Terroristen, dagegen 9,5% der Allgemeinbevölkerung. Suchtmittelmissbrauch und kriminelles Verhalten sind in der Forschung deutlich mit dem Erleben von belastenden Kindheitserfahrungen „verlinkt“. Wir landen also abgleitet auch hier wieder beim Thema Kindheit...