Montag, 12. August 2019

Massenmord in El Paso und Dayton. Die Kindheit der Täter und Kindheitshintergründe in über 150 weiteren Fällen


Nach den Massenmorden in El Paso und Dayton in den USA haben die beiden Forscher Jillian Peterson and James Densley einen Artikel in der Los Angels Times (04.08.2019, "Op-Ed: We have studied every mass shooting since 1966. Here’s what we’ve learned about the shooters") veröffentlicht, in dem Sie wesentliche Ergebnisse ihrer Studie von Massenmorden in den USA vorweg erläutern. Das Forschungsprojekt – „The Violence Project Mass Shooter“ (siehe dazu auch hier) – wird vom National Institute of Justice finanziert. Die Gesamtergebnisse werden erst Anfang 2020 veröffentlicht.

Untersucht wurden mehr als 150 öffentliche Massenmorde in den USA zwischen 1966 und 2018. Dies ist somit das bisher größte mir bekannte wissenschaftliche Projekt zur Erforschung von öffentlichem Massenmord!

Vier Gemeinsamkeiten verbindet die Massenmörder: 

Der Erste Punkt ist der für mich wichtigste:
„The vast majority of mass shooters in our study experienced early childhood trauma and exposure to violence at a young age. The nature of their exposure included parental suicide, physical or sexual abuse, neglect, domestic violence, and/or severe bullying. The trauma was often a precursor to mental health concerns, including depression, anxiety, thought disorders or suicidality.“ (L.A.-Times siehe oben)
Somit wurde hier eindrucksvoll nachgewiesen, dass als Kind unbelastet aufgewachsene Menschen i.d.R. keine Massenmorde begehen! Und für die deutliche Minderheit, wo sich keine Kindheitsbelastungen nachweisen ließen, sind Belastungen selbstverständlich nicht ausgeschlossen. In Kapitel 11 meines Buches habe ich ausführlich – auch an Hand von Studien - die Probleme beschrieben, die ganze Wahrheit des Kindheitsleids von Gewalttätern aufzudecken. Trotz dieser Widerstände haben die o.g. Forscher offensichtlich deutliche Hinweise auf Kindheitsbelastungen gefunden. Wohl nicht ohne Grund wurde von den Forschern der Punkt „Kindheitsbelastungen“ zuerst genannt.

Der zweite Punkt ist eine persönliche Krise (eine Art Auslöser), die den Taten in den Wochen oder Monaten vorher vorausging. Diese Krise zeigte sich oft auch Dritten, durch deutliche Verhaltensänderungen, Suizidgedanken usw.

Der dritte Punkt: Die meisten Massenmörder haben sich vorher mit Taten anderer Massenmörder befasst und sie wohl als Vorbild genommen.

Der vierte Punkt: Alle Massenmörder hatten die Mittel, um ihre Taten auszuführen. Dabei vor allem Zugang zu Waffen.

Einen wichtigen fünften Punkt haben die Forscher übrigens nicht erwähnt: Fast alle Täter waren männlich! 

Über die beiden Täter Patrick Crusius (Massenmord in El Paso) und Connor Betts (Massenmord in Dayton) habe ich bisher nur kurz recherchiert. In beiden Fällen fand ich relativ schnell Hinweise auf destruktive Kindheitserfahrungen.

Über die Kindheit von Patrick Crusius schreibt die Washington Post:
His childhood had challenges: His parents divorced in 2011, and his father chronicled a four-decade drug addiction in a self-published memoir. (…) In a 2014 self-published book, “Life Enthusiasm: A Path to Purpose Beyond Recovery,” the elder Crusius described how he and his wife, Lori, had been essentially estranged for years before they divorced in 2011. The elder Crusius wrote that he long abused drugs and alcohol, including pills most commonly associated with attention deficit/hyperactivity disorder. After the divorce `any semblance or pretense of stability crumbled,` he wrote.“ (The Washington Post, 04.08.2019, „El Paso shooting suspect could face federal hate crime charges“ )
Eine Ex-Freundin von Connor Betts sagte kurz etwas zu mentalen Problemen von Conor und über seine Kindheit: „She says Betts didn’t like his parents, there were issues during his childhood she wouldn’t go into.“ (10tv, 07.08.2019, „Ex-girlfriend of Dayton shooter: There were warning signs“)

Es wird wohl deutlich, dass beide Täter ziemlich gut in das Raster passen, dass Jillian Peterson and James Densley entwickelt haben, das gilt insbesondere für die Kindheit, aber auch für die drei anderen Punkte (die sich abzeichnen, wenn man sich mit den beiden Fällen weiter befasst).

1 Kommentar:

  1. Michael Thomas Kumpmann15. August 2019 um 12:47

    Dazu würde auch passen, dass mindestens einer der beiden sich als Ökofaschist bezeichnete. Ökofaschismus ist meist nur das Ergebnis davon, dass man seine eigene Menschenfeindlichkeit gut hinter einigen ökologischen Ideen verstecken und durch diese Verpackung sich selbst als moralisch gut darstellen kann.

    Insbesondere Dinge wie die Gaia Theorie können gut Sprüche wie "Die Menschheit muss verschwinden um die Natur zu retten", rechtfertigen. Das kann man heute ungestraft sagen und noch applaus kriegen.

    Das erklärt dann auch so personen wie Pentii Linkola, der quasi sagte, man müsse dem Menschen richtig Leid aufbürgen, um die Natur zu retten. (Linkola wirst Du wahrscheinlich nicht kennen, aber der war eines der Vorbilder für Anders Breivik.)

    Ich vermute sehr stark, dass solche Attentäter wie der von El Paso ihre persönlichen Rachefantasien in Ideologie und angeblich heiliger Mission tarnen. So dass man nicht mehr sagen kann "Ich bring dich auf Grund meiner persönlichen egoistischen Kränkung um", sondern "der Mord sei angeblich eine heilige Notwendigkeit um die Welt zu retten. (Und Ideologien, welche schon die bloße Existenz eines Menschen als solche problematisieren, sind dafür dann ideal.)

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