Auch bei Donald Trump finden sich deutliche destruktive Kindheitshintergründe. Das dürfte viele Leser und Leserinnen hier kaum überraschen. Vielleicht hat sich manch einer eher gewundert, warum ich bisher weder im Blog, noch in meinem Buch die Kindheit von Donald Trump besprochen habe.
Erstens: Ich dachte mir, dass jemand wie Trump sich und sein Verhalten letztlich von selbst erklärt. Warum sollte ich mir also die Mühe machen?
Zweitens: Ich war es so was von leid (was wahrscheinlich sein politischer Vorteil ist, weil viele Leute einfach nicht mehr aushalten, was er so macht und sagt…), mich mit Trump zu befassen! Da aber bald der nächste Präsidentschaftswahlkampf ansteht, komme ich an ihm jetzt wohl kaum vorbei.
Drittens: In meinem Hinterkopf hatte ich irgendwie fantasiert, dass es jemand wie Trump doch narzisstisch sehr kränken müsste, wenn ich alle möglichen politischen Führer (und speziell auch in meinem Buch amerikanische Präsidenten) bespreche und nun gerade IHN auslasse. Nun, dies war meine gehässige Fantasie ;-), real wird er sich natürlich eh nicht mit dem befassen, was ich hier schreibe.
Wer sich mit dem Werden von Donald Trump befasst, der kommt nicht an seinen Vater, Fred Trump, vorbei. Fred Trump war „ein pingeliger, förmlicher Mann, der auch zu Hause ein Jackett und eine Krawatte trug. Er war oft mürrisch und fühlte sich in Gesellschaft unwohl“ (Kranish & Fisher 2016, S. 60). Kranish & Fisher berichten zudem von pedantischem Verhalten des Multimillionärs. Fred Trump habe z.B. bei seinen Bauprojekten unbenutzte Nägel eingesammelt und sie den Zimmerleuten gebracht. D`Antonio schreibt, dass Fred Trump es nicht ertragen konnte, wenn auch nur ein einziger Cent verschwendet wurde (D`Antonio 2016, S. 108).
„Fred Trump kompensierte seine Mängel im zwischenmenschlichen Kontakt durch extrem harte Arbeit. Er verbrachte selten einen Tag, ohne in irgendeiner Form geschäftlich tätig zu sein, und er arbeitete auch zu Hause, am Telefon, so gut wie jeden Abend. Ein Sohn oder eine Tochter, der oder die sich ein wenig Zeit mit ihm wünschte, begleitete ihn bei einem Wochenendausflug ins Büro oder bei einem Besuch von Baustellen. (…) Unterwegs bekamen sie dann Vorträge über die Bedeutung von Ehrgeiz, Disziplin und harter Arbeit zu hören. (…) Nach dem Familienkodex waren unflätige Wörter und kleine Snacks zwischendurch tabu, darüber hinaus verlangte er Gehorsam und Loyalität. Verstöße jeglicher Art wurden jeden Abend bei Freds Heimkehr gemeldet, und er verhängte dann die entsprechende Strafe“ (D`Antonio 2016, S. 79f). Der Biograf Michael D`Antonio beschreibt das Aufwachsen der Trump-Kinder als ungewöhnliche Kombination aus strenger Disziplin, Luxus und Überlegenheitsgefühl, auf das alle Kinder unterschiedlich reagierten.
Fred war, ebenso wie seine Frau, ein strenger Erzieher: „Fred und Mary führten ein strenges Regiment, sie verbaten ihren Kindern, sich gegenseitig mit Spitznamen anzureden, Lippenstift zu tragen oder länger als ausgemacht aufzubleiben. Jeden Abend erkundigten die Trumps sich bei ihren Kindern nach ihren Hausaufgaben und verlangten, dass sie ihren Haushaltspflichten nachkamen. Genau wie in der Schule rebellierte Donald gegen die Regeln und stritt sich deswegen mit seinem Vater. Trotzdem sagte Fred seinem Sohn stets, er sei ein `König` und müsse ein `Killer` werden in allem, was er tue“ (Kranish & Fisher 2016, S. 60).
An anderer Stelle gibt D`Antonio einen Einblick in das, was man wohl unter Strafen im Hause Trump u.a. verstand: nämlich auch körperliche Gewalt. Der ältere Bruder von Donald, Freddy, hatte Schwierigkeiten, die Ansprüche seines Vaters zu erfüllen. „Donald wünschte sich, dass Freddy sich etwas mehr Mühe gegeben hätte (…). Außerdem wurde von einem männlichen Trump erwartet, hart zu sein, selbst im Umgang untereinander; aber als der Vater Freddy eine Ohrfeige verpasste, war der so verletzt, dass er körperlich zu schrumpfen schien. Es war schwer zu ertragen, das mit anzusehen. Donald zog seine Lehren aus dem, was er beobachtete, und beschloss, sich gegen jeden zu wehren, der ihn herausforderte – auch gegen seinen Vater. Viele Jahre später sagte er einmal: `Ich habe mich immer gewehrt. Mein Vater war ein richtig harter Knochen.`“ (D`Antonio 2016, S. 108f). Freddy Trump wurde übrigens zum Alkoholiker und starb 1981 im Alter von 41 Jahren an den Folgen seiner Alkoholsucht (Welt – Online 2017).
Auch in einer anderen Quelle wird belegt, dass Fred Trump seine Kinder schlug: "When Fred came home at night, Mary gave him a report on who had done what to whom during the day, and he would mete out the consequences. Depending on the seriousness of what had occured, malefactors might be grounded for a few days; according to the children`s friends, occasionally wrongdoers were also paddled with a wooden spoon" (Blair 2000, S. 228). Hier wird auch deutlich, dass die Mutter Strafen an den Vater delegierte!
1948 bekam sie ihr fünftes und letztes Kind. Die Geburt war schwierig. Schwerwiegende Blutungen und Infektionen machten eine Reihe von Operationen nötig. „Es war nicht sicher, ob Mary Trump überleben würde. An diesem Wendepunkt war Donald Trump zwei Jahre alt und musste den Beinahetod seiner Mutter miterleben. Wie mag ihn das geprägt haben?“ (Kruse 2017).
D`Antonio beschreibt Mary Trump wie folgt: „Sie war auf ihre stillere Art ebenso hart, stur und ehrgeizig wie ihr Mann. (…) Sie liebte außerdem jene Art von Überfluss, wie er von der britischen Monarchie repräsentiert wurde“ (D`Antonio 2016, S. 75).
In dem Artikel „Was für einen Sohn habe ich erschaffen?“ wurde zentral dem Einfluss von Mary Trump auf das Werden von Donald Trump nachgegangen. Der Autor schreibt zusammenfassend, dass die Mutter von Donald „geisterhaft abwesend“ erscheint und die Beziehung zwischen Mutter und Sohn offensichtlich von Distanz geprägt war (Kruse 2017).
Ein weiteres Ereignis in der Kindheit von Donald Trump ist von zentraler Bedeutung! Gegen Ende der siebten Klasse, Donald war damals 13 Jahre alt, entdeckte Fred Trump, dass sein Sohn mit seinem besten Freund heimlich Ausflüge nach New York gemacht hatte. Fred war sehr wütend (ergänzend kamen wohl auch vorherige Probleme mit Disziplin in der Schule dazu) und beschloss, seinen Sohn auf ein Militärinternat zu schicken. Donald konnte sich nur am Telefon von seinem besten Freund, der ziemlich vor den Kopf gestoßen war, verabschieden (Kranish & Fisher 2016, S. 61f).
Die Devise im Internat war, die Zöglinge erst zu brechen und hinterher wiederaufzubauen. Körperliche Brutalität und verbaler Missbrauch wurden toleriert und gefördert. Neulinge mussten Aufnahmerituale über sich ergehen lassen, wozu z.B. Prügel mit Besenstielen durch ältere Schüler und der Zwang, in dampfgefüllten Duschen bis zur Ohnmacht zu stehen, gehörten. Geschlafen wurde in Baracken, jeden Morgen wurden die Schüler mit Trompetenlauten geweckt (Kranish & Fisher 2016, S. 62-65). D`Antonio schreibt, dass die Schüler dort einer „Kultur“, der „Herrschaft, Gewalt und Subversionen von Autoritäten“ ausgesetzt wurden (D`Antonio 2016, S. 83).
Donalds Erzieher in diesem Militärinternat war Theodore Dobias (genannt auch Doby), ein Kriegsveteran der US Army. Dobias war ein ruppiger Mann und er schlug die Schüler mit der offenen Hand, wenn sie nicht gehorchten. „Zwei Nachmittage pro Woche stellte er einen Boxring auf und befahl Kadetten mit schlechten Noten und denen, die Probleme mit der Disziplin hatten, gegeneinander zu kämpfen, ob sie wollten oder nicht. `Er konnte ein verdammtes Arschloch sein`, erinnerte sich Trump einmal. `Richtig fertigmachen konnte der einen. Man musste lernen zu überleben.` Doby anzustarren oder nur den leichtesten Sarkasmus anzudeuten, so Trump, veranlasste den Drill Sergeant, `auf mich loszugehen, dass man gar nicht wusste, wie einem geschieht`. Ob seine Schüler nun die Söhne von Klempnern oder von Millionären waren, das war Dobias egal.“ (Kranish & Fisher 2016, S. 63). „Damals prügelte man einen noch grün und blau. (…) Er vermöbelte uns gnadenlos.“, sagte Donald Trump später mit Blick auf diese Zeit im Internat (D`Antonio 2016, S. 84). Es macht sehr hellhörig, dass gerade dieser brutale Ausbilder und Erzieher später über das Vater-Sohn-Verhältnis zwischen Donald und Fred sagte: „Der Vater behandelte den Jungen wirklich streng. (…) Er war sehr deutsch. (…) er war sehr hart“ (D`Antonio 2016, S. 85).
Donald passte sich allerdings schnell an und entwickelte den Ehrgeiz, der Beste im Internat zu sein. Er fing an, Wettbewerbe und Auszeichnungen zu lieben. Als Oberstufenschüler befahl Donald seinerseits Gewalt gegen einen Kadetten oder ging auch selbst auf einen Schüler los, nachdem dieser ihn provoziert und geschlagen hatte. Er versuchte damals, den entsprechenden Schüler aus dem ersten Stock zu schmeißen, was nur durch die Intervention zweier Kadetten verhindert werden konnte (Kranish & Fisher 2016, S. 66f).
Nicht jeder, der eine solche Kindheit und Jugend erlitten hat, wird zu einer Persönlichkeit wie Donald Trump (aber manche werden in anderen Bereich auffällig, siehe z.B. das Leben seines älteren Bruders Freddy). Aber: Persönlichkeiten wie Donald Trump haben auffällig häufig eine solche oder ähnliche destruktive Kindheit und Jugend erlitten. Und: Hätte Donald Trump eine fürsorgliche, liebevolle und gewaltfreie Kindheit und Jugend erlebt, dann wäre aus ihm niemals ein rechtspopulistischer Hassredner und Menschenfeind geworden, davon bin ich überzeugt. Entschuldigen tut dies alles nichts! Aber es erklärt einiges und zeigt auf, wie sich menschliche Destruktivität von Grund auf verhindern lässt.
Siehe ergänzend unbedingt: "Too Much and Never Enough": Die Kindheit von Donald Trump!!
Siehe bei Interesse ergänzend auch das psychologische Profil von Donald Trump: The Mind of Donald Trump (extern)
Verwendete Quellen:
Blair, Gwenda (2000): The Trumps: Three Generations of Builders and a President. Simon & Schuster, New York. Kindle E-Book Edition.
D'Antonio, M. (2016): Die Wahrheit über Donald Trump. Econ Verlag, Berlin.
Kranish, M. & Fisher, M. (2016): Die Wahrheit über Trump: Die Biografie des 45. Präsidenten. Plassen Verlag, Kulmbach.
Kruse, M. (2017, 21. Nov.): „Was für einen Sohn habe ich erschaffen?“ Welt-Online.
Spontanien, den 31.07.2019
AntwortenLöschenErkennt die Welt noch die Augen derer wieder, die
im entscheidenden Augenblick sehenden Auges n i c h t sehen !!?
( Cassandra Blindgänger )
AntwortenLöschenInteresanter Artikel, der einen zum Nachdenken anregt. Trotzdem bin ich damit nicht einverstanden, dass Herr Trump ein rechtspopulitischer Hassredner und Menschenfeind sein soll. Meiner Ansicht nach ist er ein liebevoller Mensch, der sein Herz am rechten Fleck trägt und das Beste für sein Land und für seine amerikanische Bevölkerung will, der seine Familie, vor allem seine Kinder und seine Enkelkinder über alles liebt, und der seine Meinung unverblümt sagt.
Ich habe heute den Blogbeitrag um eine wichtige Info ergänzt. Fred Trump hat nachweisbar seine Kinder mit einem Holzstock geschlagen! "Depending on the seriousness of what had occured, malefactors might be grounded for a few days; according to the children`s friends, occasionally wrongdoers were also paddled with a wooden spoon" (Blair 2000, S. 228).
AntwortenLöschenBlair, Gwenda (2000): The Trumps: Three Generations of Builders and a President. Simon & Schuster, New York. Kindle E-Book Edition
Am 28.07. wird ein neues Buch über die Familie und Kindheit von Donald Trump veröffentlicht: „Too Much and Never Enough. How My Family Created the World’s Most Dangerous Man“ von Mary L. Trump. Die Trump-Nichte beschreibt darin laut Verlag "einen Alptraum von Traumata, zerstörerischen Beziehungen und eine tragische Kombination von Vernachlässigung und Missbrauch".
AntwortenLöschenhttps://www.simonandschuster.com/books/Too-Much-and-Never-Enough/Mary-L-Trump/9781982141462
https://www.theguardian.com/commentisfree/2022/jul/26/why-are-the-younger-trumps-so-awful-did-you-hear-the-speeches-at-ivanas-funeral
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