Das weltweite, enorme Ausmaß vielfältiger Gewalt gegen Kinder und die An- oder auch Abwesenheit von Mitgefühl sind für mich zentrale Aspekte der Kriegsursachen-/Extremismusforschung, denen ich hier nachgehen möchte. Meine Grundfrage lautet: Wie politisch war und ist Kindheit?
Freitag, 16. Dezember 2011
Emotionale Gruppenprozesse: Feinde und Bedrohungen in Gestalt von Kraken und Meeresbestien
1. Bild: Vietnam Cartoon von Gib Crockett, veröffentlicht im Washington Star am 27.04.1965 während des Vietnam Krieges. Der Kopf des Kraken ist der von Ho Chi Minh.
2. Bild: Veröffentlicht in "Palestinian daily Al Hayat Al Jadida" auf Grund des Todes der Söhne von Saddam Hussein Uday and Qusay, die durch US-Truppen getötet wurden.
3. Bild: John Bull and his Friends - A Serio-Comic Map of Europe (1900)
4. Bild: Der chinesische Kommunismus als Krake. Veröffentlicht im November 1950 im New Zealand Herald
Die Darstellung von gefährlichen Frauen ist im Zusammenhang von Krieg - so Lloyd deMause - derart häufig, „(…) dass ein Außerirdischer bei einem Besuch auf unserem Planeten fälschlicherweise daraus schließen könnte, das Weibliche wäre das kriegslüsterne Geschlecht. Von Athene bis Freyja, von Marianne bis Britannia sind furchterregende Frauen als Kriegsgöttinnen dargestellt worden, verschlingend, vergewaltigend und ihre Kinder zerfetzend.“ (deMause, 2005, S. 50) Lloyd deMause fand bei seinen Sammlungen von Cartoons und anderen Bildern über Kriegsfeinde heraus, dass ein Bild noch verbreiteter war, als dass von einer gefährlichen Frau/Mutter. „Es war das einer Meeresbestie, oftmals mit vielen Köpfen und Armen dargestellt, ein Drache, eine Hydra, eine große und giftige Schlange oder ein Oktopus, der der Nation drohte, ihr Blut zu vergiften.“ (ebd., S. 54; siehe auch in englisch online hier) Die tieferen Ursprünge für dieses Bild sieht deMause in dem, was er „fötales Drama“ nennt. Wenn die Mutter, raucht, Drogen nimmt, verletzt ist (eigene Anmerkung: Oder auch Gewalt durch den Partner erlebt) oder starke Ängste hat, entfernt die Plazenta die Giftstoffe nicht aus dem fötalen Blut, das folglich verunreinigt und ohne Sauerstoff ist. „Unter diesen stressvollen Bedingungen erlebt der hilflose Fötus eine erstickende Giftige Plazenta, das Urbild für alle späteren Hassbeziehungen, inklusive der mordenden Mutter, des kastrierenden Vaters und der gefährlichen Feinde.“ (ebd., S. 55) Die Darstellungen von Feinden als Meeresbestien und Kraken etc. sind für deMause Ausdruck des fötalen Kampfes gegen die giftige Plazenta.
So ungewohnt solche Überlegungen für viele sein mögen, es ist wahrscheinlich und wissenschaftlich immer mehr im Blickpunkt (deMause beschreibt ab Seite 56 auch Ergebnisse aus der Fötalpsychologie), dass sich entsprechende belastende Faktoren während der Schwangerschaft sowohl auf den Fötus als auch auf das spätere Kind und den Erwachsenen auswirken können. Dass diese frühen Erfahrungen eher im Symbolischen und Bildlichen ihren Ausdruck finden, ist ebenso naheliegend, da sie natürlich nicht konkret erinnert werden können.
Trotzdem teile ich die Auffassung von deMause nur bedingt. Zunächst einmal glaube ich, dass Kinder grundsätzlich in der Lage sind, entsprechende Belastungen im Mutterleib später auszugleichen und sich trotzdem gut entwickeln können. Werden sie liebevoll empfangen und versorgt, werden sie später kaum das Bedürfnis haben, andere Menschen zu opfern und Angstszenarien vor Vergiftungen durch Fremde und Feinde zu entwerfen. Mütter können nicht immer auch dem Fötus ein optimales Aufwachsen ermöglichen, auch wenn sie dies eigentlich wollen. Kriegs- und Gewalterfahrungen kommen von außen, ebenso Umweltgifte, Hunger, Schicksalsschläge oder Unfälle etc. Solche Mütter können dem geborenen Kind trotzdem Liebe und Geborgenheit schenken und seine Entwicklung fördern, wenn sie dem Kind gegenüber positiv eingestellt sind. Handlungen wie Rauchen, Alkohol- und Drogenkonsum während der Schwangerschaft, ggf. auch die Beziehung zu einem misshandelnden Ehemann sprechen dagegen bereits dafür, dass die Mutter entsprechend destruktiv strukturiert ist. Es ist insofern wahrscheinlicher, dass auch das geborene Kind in entsprechend destruktiven Verhältnissen aufwächst. Die späteren Angstbilder kommen dann eben nicht nur auf Grund des „fötalen Dramas“ zu Tage, sondern auch auf Grund realer Gewalt- und/oder Vernachlässigungserfahrungen.
Ein Beispiel: Die Mutter von Saddam Hussein versuchte diesen während der Schwangerschaft abzutreiben und lehnte ihr ungeborenes Kind ab. Der Fötus erlebte entsprechend das „fötale Drama“. Doch auch die Kindheit des geborenen Saddam war von extremer Destruktivität und Gewalt geprägt und das über Jahre (siehe ausführlich hier). Solche Menschen entwickeln ihren Hass auf Feinde und ihre Ängste auf Grund einer Vielzahl von gewaltvollen Erfahrungen, die sich dann auch symbolisch ausdrücken (Stichwort z.B. Saddams bildlicher Ausspruch „Mutter aller Schlachten“). Im Grunde weiß deMause ja auch darum und beschreibt an anderen Stellen immer wieder deutlich den Einfluss kindlicher Gewalterfahrungen auf das spätere Verhalten des Erwachsenen. Doch mir geht es in diesem Text eben besonders um symbolische Angstbilder. Diese beschreibt deMause leider zu einseitig im Zusammenhang mit fötalen Erfahrungen, wie ich finde.
Meine These ist, dass die hier behandelnden Angstbilder vor allem mit der klassischen Kombination „abwesender und wenn anwesend destruktiver und strafender Vater“ auf der einen Seite und einer „anwesenden, das Kind vereinnahmenden, emotional missbrauchenden, vor allem auch die Söhne als Partnerersatz und als Hoffnungsträger/Delegierter für eigene Entbehrungen und geschlechtsspezifische, kulturell determinierte Grenzen der eigenen Entfaltungsmöglichkeiten gebrauchende , ggf. auch offen gewalttätigen Mutter“ (Nachtrag: Bzgl. Letzterem zeigen Studien, dass Mütter sehr oft auch körperlich gewalttätig gegen Kinder sind) zusammenhängen. Destruktive Väter tragen ihre Gewalt oftmals und „traditionell“ offen aus, brüllen, schlagen, sind abwesend. Destruktive Mütter agieren oftmals und „traditionell“ verdeckter, schleichender, psychologischer, eben wie eine Schlange oder eine Krake, die langsam ihr Opfer umschlingt. Die Bilder von kriegerischen Frauen/Müttern und vor allem die verschlingenden, umschlingenden, vergiftenden Kraken- und Schlangenwesen in Kriegs- und Vorkriegszeiten oder grundsätzlich in Bezug auf Gefahren und Feinde sprechen dafür, dass hier bildlich vor allem der (meist) emotionale mütterliche Missbrauch seinen Ausdruck findet, (gepaart natürlich mit dem abwesenden Vater, der seinen wesentlichen Teil beiträgt) Zu diesen Belastungen mag dann auch das „fötale Drama“ seine ergänzende Wirkung entfalten und so eine kritische Masse bilden. In früheren Zeiten wie auch in der heutigen Zeit waren und sind zudem Karikaturisten meist Männer. Es sind vor allem männliche (Angst)Fantasiebilder, die wir im historischen Rückblick sehen können. Wenn in diesen Bildern verschlingende, gefährliche Frauen und Meeresbestien auftauchen, dann spricht dies einmal mehr dafür, dass eine destruktive, missbrauchende Mutter eine wichtige Rolle bei der Entstehung dieser Bilder spielt.
Ich habe in diesem Blog bereits zwei Beiträge zu solchen möglichen Zusammenhängen geschrieben: „Medusas Söhne“ und „Medusas Kinder in der Antike“. Das Schlangenmoster Medusa, deren Blick zu Stein werden lässt und die in der Psychoanalyse eindeutig als Mutterfigur ausgemacht wurde, sprach früher, wie auch heute noch vor allem Männer an, die wohl in der o.g. Konstellation aufgewachsen sind.
Ein Paradebespiel für entsprechende Angstbilder ist auch Russland, das in der Geschichte häufig als eine gefährliche Krake dargestellt wurde. Russland wird historisch sowohl von sich selbst als auch von anderen Nationen als „Mütterchen Russland“ personifiziert und hat in der Fantasie der Menschen somit eine feste Familienrolle eingenommen. In einem englischen Blog habe ich eine Auflistung einiger solcher Bilder von Russland gefunden, die für sich spricht: http://bigthink.com/ideas/39146?page=all
Aber der gefährliche Krake taucht auch in vielen anderen Kontexten auf. Wenn man im Internet recherchiert, findet man bei entsprechenden Stichwörtern schnell Bilder, die z.B. die Juden/Israel als verschlingende Krake darstellen oder man findet den Iran als Krake, der seine Nachbarn umschlingt. Ebenso findet man Unternehmen wie z.B. Goldman Sachs als Krake dargestellt. Aber auch die EURO-Krise ließ den Kraken wieder auftauchen, er findet sich die Welt umschlingend zusammen mit Euro Zeichen und Griechenlandfahne wieder. Eine arabische Karikatur zeigt den Terrorismus als Krake, der die Welt umschlingt. Usw. usf. Darstellungen von Feinden und Bedrohungen als Krakenmonster findet man letztlich in allen möglichen Kontexten. Eine eindrucksvolle Sammlung von entsprechenden historischen Bildern fand ich hier: http://vulgararmy.com/. (Man kann dort auch nach Jahreszahlen entsprechende Bilder suchen)
Derzeit tauchen gar Schlangen und Kraken in Zusammenhang mit der EURO Krise in der SZ auf. Siehe hier und hier.
Kommentiert wurden beide Karikaturen unter der Rubrik „Nachrichten vom Niedergang der politischen Karikatur“ (hier und hier) von zwei Bloggern, von denen einer u.a. Kinderpsychiater ist. Ja, einen Kinderpsychiater wie wohl auch viele andere Menschen werden solche Bilder heute in Deutschland kaum noch ansprechen. Missbrauch und Gewalt gegen Kinder gehen hierzulande immer mehr zurück. Wahrscheinlich werden auch die Karikaturen von Bestien zukünftig ins Reich der Märchen und Fabeln zurückkehren müssen und kaum noch einen Platz in den modernen Medien finden.
Historisch bleiben die Meeresbestien weiterhin interessant, ebenso aktuell, wenn es um Nationen geht, in denen weiterhin eine große Mehrheit der Kinder missbraucht und misshandelt wird. Die ganzen bekannten psychohistorischen Analysemethoden von Bildern und Cartoons stellen den Teil dieser Forschungen dar, der mich persönlich beim erstmaligen Durchlesen am meisten irritiert hat. Ich war zwar offen für neues, dachte aber im ersten Moment: „Was soll der Quatsch denn jetzt? „ Da werden haufenweise Cartoons und politische Bilder gesammelt und die emotionale Lage der Nation analysiert, teils sogar Zukunftsprognosen daraus abgeleitet. Je mehr ich allerdings dazu gelesen habe und vor allem je mehr ich selbst den Blick offen habe, für emotionale Aussagen von Bildern und Mediendarstellungen und je mehr ich auch historische Bilder angesehen habe, desto mehr bestätigt sich für mich, dass diese Methoden durchaus kein Quatsch sind, sondern Sinn machen. Bzgl. einzelnen Patienten ist es heute durchaus anerkannt, wenn Träume und Bilder therapeutisch analysiert und durchgearbeitet werden, um der Person zu helfen und Prozesse bewusst zu machen. Eine Gesellschaft besteht logischerweise auch aus Menschen, alle haben ihre Emotionen und ihre Psyche. Und natürlich landen auch hier Bilder, Träume und Fantasien auf der gesellschaftlichen Bühne. Dieser Beitrag soll die hier Lesenden mit diesem ganzen „Quatsch“ konfrontieren. Und vielleicht wird der ein oder andere auch zukünftig feststellen, dass ungewohnte Ideen und Methoden manchmal auch neue Erkenntnisse bringen.
Ich möchte auf folgenden Leserbrief verweisen: Gewalt gegen Säuglinge, vom 22. Oktober 2005 und Warum nur so wenige, vom 20. Juni 2006, auf alice-miller.com, sowie auf das Flugblatt Wie entsteht emotionale Blindheit -hier (nicht nur) Punkt Nr. 17.
AntwortenLöschenGenau: da die Traumatisierungen und die Vereinahmungen (Umschlingen - Krake) in einem so frühen Stadium stattfinden und stattfanden, gab es nur diese Möglichkeit der non-verbalen Sympolisierung, weil der Körper zwar alles gespeichert hat, es dem/den Menschen aber nicht bewusst ist und war. -eben weil vorsprachlich und BEVOR das Bewusstsein ausgereift war.
(Ich kann sogar ein Beispiel aus meinem eigenen Leben nennen: ich habe mir mal ein kleines Schäfchen (Handgröße), so mit Sand gefüllt- und dadurch ganz beweglich und niedlich gekauft, was ich eben deswegen sehr niedlich fand, obwohl ich aus dem Alter schon längst heraus war (36 J), mir solch ein Schäfchen zu kaufen -ich hatte gezögert, eben deswegen. Jahre Später entdeckte ich in alten Kinderfotos, dass ich als Kind solch ein Schäfchen hatte, selbstgestrickt und mit Watte gefüllt. -ich hatte es vergessen, aber mein Körper (Gehirn-Gedächtnis-Unterbewusstsein) wusste es noch.)
Es sind die Männer, die die Frauen misshandeln - unterdrücken (sich an ihnen rächen) und die Frauen, die ihre Babys misshandeln - unterdrücken (sich an ihnen rächen), wobei für ein Baby Ignoranz oder Zwang (Töpfchen etc.) eine Misshandlung ist.
Wir werden die Welt so lange nicht ändern, bis der Hass auf die Eltern der Kindheit endlich sein darf. -dann braucht er nämlich nicht mehr auf Unschuldige verschoben zu werden.
Leider haben die/wir Menschen im Erkennen ihrer/unsere eigenen non-verbalen Sprache (Handeln und Unterlassen) noch ein erhebliches Defizit. Deswegen möchte ich abschließend auf diesen Artikel hinweisen:
Der längste Weg auf alice-miller.com - Artikel.
Mit freundlichem, traurigem Gruß
borderline44
Ein interessantes Projekt mit Forum...
AntwortenLöschen"Die geschlagene Generation"
http://kritikundkunst.wordpress.com/2011/12/18/die-geprugelte-generation-ii/
@Anonym ich zitiere mal aus dem "interessantem Projekt":
AntwortenLöschen>>> Ich möchte mich nicht zum Opfer stilisieren – erstens, weil mir das Opferspiel im Diskurs grundsätzlich missbehagt. Kein Nicht-geprügelter muss jetzt etwa ein schlechtes Gewissen haben oder dergl. Zum zweiten, weil ich mich nicht auf diesen Aspekt reduzieren lassen möchte. Zum dritten gehöre ich mit diesen Erfahrungen, wie bereits gesagt, einfach zur großen mehrheit meiner Generation. <<< Zitat-Ende
Diese Aussage macht das "interessante Projekt" für mich völlig uninteressant und sehr gefährlich, mit Verweis auf Alice Miller Artikel Empörung als Vehikel der Therapie ( http://www.alice-miller.com/artikel_de.php?lang=de&nid=35&grp=11 ) - Zitat:
>>> So bleiben diese Schmerzen sehr häufig hinter eisernen Türen im Keller ihrer Seele eingesperrt. Und wehe, wenn jemand an diesen Türen rütteln sollte: Lieber Depressionen erleiden, lieber Medikamente, lieber Drogen nehmen, lieber sterben, als an die alte Folter erinnert zu werden. Also tauft man die Folter mit dem wohlklingenden Namen "Erziehung" und muss die Schmerzen nicht spüren. Diese Menschen sind der Empörung nicht fähig, solange sie verleugnen, dass sie als Kinder selbst Opfer waren. Nur wenige stellen sich den Fakten ihres Lebens und fühlen sich dadurch jedoch oft isoliert. Denn sie leben in einer Gesellschaft, in der sich aufgeschlossene Menschen zwar ganz ehrlich über manches Unrecht empören können, wie z. B. über Kinderarbeit in Asien, nur nicht über das Unrecht, dessen Opfer sie selbst gewesen sind. <<< © 2011 Alice Miller
Insofern würde das "Projekt" für mich erst dann "interssant" wenn der Verfasser sich als Opfer empfinden und BEZEICHNEN würde und keine Flucht in die Kunst (siehe nicht nur Nr. 17 in Alice Miller Flugblatt Wie entsteht emotionale Blindheit http://www.alice-miller.com/flugblatter_de.php?page=4 ) bräuchte.
Dieses "interessante Projekt" triggert mich eher, aufgrund der Aussagen, i.S. Opfer-Verleugnung, als dass es mich interessieren könnte. Ich bilde da leider eine Aussnahme, denn diese Opfer-Verleugnung, Verleugnung des eigenen Opfer-seins ist ja das Dilemma in unserer Gesellschaft und der Grund, warum ich so isoliert in dieser un-menschlichen Gesellschaft bin. Erst wenn das eigene Opfer-sein erkannt ist, kann Nr. 21 in Wie entsteht emotionale Blindheit (s.o.) erfolgen.
Mit traurigem Gruß
borderline44
Aber die Alice Miller wird z.B. auch von Arno Gruen kritisiert, da sie ihren Patienten einen Freischein für ein lebenslanges passives Opferdasein ausstellen würde und diese damit in der Vergangenheit stecken bleiben!
AntwortenLöschenIch habe schon in der Therapie Menschen erlebt, die mit 60 und zahlreichen Therapien immer noch ihre Eltern anklagen und in der Vergangenheit leben...
...also ich weiß ja nicht, was das bringen soll...
Ich denke, dass es notwendig ist, das eigene Leid anzusehen (bestenfalls im geschützten Rahmen der Therapie) und auch offen Wut und ggf. auch Hass gegen die Eltern auszudrücken (ob nun im therapeutischen Gespräch, der Fantasie oder zusätzlich auch in der Realität) und zu fühlen. Dieses „Ansehen“ stößt manchmal allerdings auch an Grenzen, vor allem dann, wenn die Betroffenen schwere Gewalt oder folterähnliche Erfahrungen in ihren Familien erlitten haben. Ich selbst habe in meiner Zivildienstzeit jemanden erlebt, der durch Therapie sehr nah an seine Kindheitsgeschichte heran kam, er verabschiedete sich dann in eine Psychose (wohl zum Selbstschutz), stand plötzlich mit einem Messer vor anderen Klienten usw. und ging dann freiwillig in eine Psychiatrie.
AntwortenLöschenIch denke, dass es Menschen gibt, die niemals alles, was ihnen widerfuhr, anschauen und die entsprechenden Gefühle dazu zulassen können (wozu ich übrigens auch Alice Miller zähle). Therapeuten müssen da sensibel sein, wo individuelle Grenzen liegen.
Ich finde es allerdings wünschenswert für alle, die ihre Geschichte einigermaßen durcharbeiten konnten, Gefühle zurückerobert haben usw. ihre Geschichte auch irgendwann als Geschichte zu akzeptieren, aus der Selbstdefinition als „Opfer“ herauszutreten. Was nicht heißt, diese Geschichte wieder zu verleugnen, einen offenen Umgang (gerade mit engen Freunden und Familie) finde ich immer wichtig. Das wichtigste Ziel ist doch letztlich, ein glücklicher, selbstbestimmter Mensch zu sein.
Um zum Thema des Blogs zurückzukommen: Für mich sind TherapeutInnen immer auch Friedensarbeiter. Aber natürlich ist auch jeder Mensch, der sich selbst engagiert in Therapie begibt, ein Friedensarbeiter an sich selbst. Ich glaube, dass ein gewisser Teil der bahnbrechenden emotionalen Fortschritte der letzten Jahrzehnte in Deutschland u.a. auf die Angebote und Fortschritte therapeutischer Maßnahmen zurückgehen.
@anonym 22. Dezember 2011 09:47 -zu Arno Gruen siehe meine Kritik auf: http://www.borderline44.homepage.t-online.de/281322.html
AntwortenLöschenIch kann nicht nachvollziehen, warum Du so ein Problem hast, Opfer als Opfer anzuerkennen. -und warum Du das Leid von Opfer bagatellisiert und sie damit re-traumatisierst, sie gerade in das drängst, was Du beklagst.
Opfer werden immer Opfer sein. Du hast ein falsches Bild vom Opfer-sein. Jedes Opfer wurde deswegen Opfer, weil es hilflos ausgeliefert war und oder weil es (Vertrauens-) missbraucht wurde. -sonst könnte Mensch doch niemals Opfer werden. Das kannst Du drehen und wenden, wie Du magst und der Vorwurf an den Täter bleibt. -immer. -ein Leben lang. -es sei denn, er ist in der Lage sich zu entschuldigen und das angetane Leid anzuerkennen und wieder gut zu machen, so gut es geht. -erst recht, wenn man bedenkt, welche Verantwortung Eltern ihren Kindern gegenüber haben, im Wissen, WIE das Gehirn eines Menschen sich entwickelt und welche Auswirkung es für das spätere Leben hat.
Ich zitiere mal Alice Miller:
"Wir helfen einander nicht, wenn Täter und Opfer blind bleiben."
Die Menschen, die Du zitierst, die "immer noch" klagen "trotz zahlreicher Therapien" und "immer noch in der Vergangenheit verharren" haben auch allen Grund dazu. Das wird so lange geschehen, bis die Wahrheit endlich anerkennt wird/wurde, denn der Körper besteht auf die Anerkennung der Wahrheit, auch wenn es nicht anders als mit, wie Du es nennst "immer noch Klagen" zum Ausdruck gebracht werden kann, weil dem Opfer andere Ausdrucksform/en fehlen.
So lange Therapeuten nicht erkennen, dass ihre traumatisierten Klienten einen Grund zum Klagen haben und die Opfer keine andere Ausdrucksform finden können, WEIL ein Wissender Zeuge, WIE Alice Miller fehlt
( http://www.borderline44.homepage.t-online.de/40602/310101.html ),
ist das völlig verständlich, aus Opfer-Sicht und biologischer Sicht erst recht und beweist die Unprofessionalität der Therapeuten (-das ist übrigens auch der Drehtüreffekt, in der Psychiatrie).
Denn das Trauma IST JA, dass das Trauma von anderen GELEUGNET WIRD. -und das Leugnen und Bagatellisieren und unempathische Begleiten ändert ja nichts an der Tatsache, sondern hält sie aufrecht!
Wie erkenne ich wer recht hat: http://www.alice-miller.com/leserpost_de.php?lang=de&nid=932&grp=1006
Vortrag Kindesmisshandlung: http://www.alice-miller.com/courrier_fr.php?lang=fr&nid=1933&grp=0408
Wie entsteht emotionale Blindheit:
Video: http://youtu.be/vm_sQ-jEjKI
Flugblatt: http://www.alice-miller.com/flugblatter_de.php?page=4
Alice Miller ihre Bücher: http://youtu.be/YjdP-8nz2DI - Website: http://www.alice-miller.com/bucher_de.php
Wer die Inhalte zur Kenntnis nimmt, findet doch alle Anworten auf seine Fragen und Zweifel. -es ist doch alles beantwortet. Jedes Thema ist angesprochen. -aber es muss natürlich zur Kenntnis genommen werden wollen. -nur das hilft, die Ignoranz nicht.
Alice Miller ihre Website ist doch voll von Beweisen und Antworten. -und zeigt im Übrigen auch die Entwicklung von Alice Miller selbst auf.
Es ist immer wieder so, dass alles getan wird, um die Fakten, aus niederen Beweggründen, zu bagatellisieren:
aus eigener Befangenheit.
Das ist die traurige Wahrheit und die muss gesagt werden. -weil es zu wichtig ist, diese Zusammenhänge den Menschen vorzuenthalten. -weil wir sonst an unserer Ignoranz zugrunde gehen. -Geschichte sich wiederholt.
Der Körper hat die Wahrheit (Unterbewusstsein u. jede Körperzelle, Gehirn) gespeichert. -egal wie sehr sie vom Bewusstsein geleugnet wird. -der Körper besteht auf die Anerkennung der Wahrheit.
-und wenn es "immer noch" ist, aufgrund eines Opfer-seins. -um so schlimmer, dann.
Der Körper lässt sich nicht betrügen.
Mit traurigem Gruß
borderline44
Ich kenne die Bücher und die Website von Alice Miller...
AntwortenLöschen...aber ich werde nicht mein Leben lang gegen Windmühlen kämpfen und Leiden, weil ich mich mit meiner Geschichte überidentifiziere !!!
Ich lebe im Hier und Jetzt und nicht in einer nebulösen Vergangenheit oder Zukunft.
@Anonym Du hast Deinen Grund, warum Du Alice Miller und mich fehlinterpretierst. Du musst damit rechnen, dass Du mir (und Menschen, mit denen Du so umgehst) damit weh tust. -ich möchte Dich nicht drängen, Deine Haltung zu ändern, aber ich weise Dich darauf hin, dass sie dazu beiträgt, dass Menchen wie ich ihre Traumatisierungen nicht verarbeiten können, nur sehr schwer und in der Regel alleine, weil Menschen wie Du alles tun, Menschen wie mich durch Bagatellisierung und Verleugnung von Leid, Wahrheit und Zusammenhängen, zu retraumatisieren.
AntwortenLöschenDu bist genau, wie die Eltern der Kindheit: erst handeln (traumatisieren) und dann mit der Reaktion auf das Handeln (Traumatisieren) unzufrieden sein. Das ist die Potenzierung der Ignoranz.
Mein neuer Blogeintrag veruscht erneut die dargestellten Zusammenhänge von Sven Fuchs und Alice Milller aufzuzeigen:
http://www.borderline44.homepage.t-online.de/45031.html?entry_id=0382f50d024c392007a23aac295582ad#blogstart
Ignoranz jedenfalls ist kein guter Begleiter. Wie viele Beweise brauchen wir noch!?
@borderline44
AntwortenLöschenDu bist sehr nah dran, von mir zensiert zu werden!
Ich bin grundsätzlich für ein Laufenlassen von Diskussionen, auch wenn ich es schade finde, dass mein Beitrag, der ganz andere Dinge beinhaltet, als sie in den bisherigen Kommentaren besprochen wurden, hier in den Hintergrund gedrängt wird.
Die Drohungen von Betroffene, "Opfern", wie auch immer, dass Äußerungen sie triggern, gar retraumatisieren ist klassisch und gängig, gerade auch im Internet und gerade auch von Borderlinern. Doch wenn man die Äußerungen von "anonym" objektiv ließt, ist er/sie weit ab davon, dich in irgendeiner Weise demütigen oder gar retraumatisieren zu wollen. Hier wurde einfach eine persönliche Sicht auf die Dinge geäußert. Und ganz schnell wird hier jemand von Dir, borderline44, zum bösen Feind, sogar gleichgesetzt mit strafenden Eltern. Hallo, gehts noch!?!
Ich kenne Dich nicht, aber ich glaube kaum, dass Menschen wie "anonym" Dich davon abhalten können, deine Traumatisierungen zu verarbeiten. Jeder kann Traumatsierungen angehen und auch z.T. verarbeiten, aber nicht alleine, sondern mit Hilfe von Therapeuten.
Lass Deine Gefühle zukünftig bei Dir und tob Dich hier nicht auf den Rücken anderer aus! Ähnliche Kommentare werden zukünftig von mir gelöscht!
SPIEGEL-Online hat auf eine Bilderserie über Putin anläßlich dessen geburtstags hingwiesen. darin ist auch ein Bild zu sehen, dass der SPIEGEL so beschreibt: "Auf einem anderen kämpft er mit dem Schwert gegen eine vielhäuptige Hydra, ein Kopf des Ungeheuers mit amerikanischer Fahne liegt bereits abgeschlagen zu Füßen des Helden ("Putin bekämpft die westlichen Sanktionen")."
AntwortenLöschenDie Sanktionen werden also vom Maler des Bildes als symbolische Umschlingung durch eine Hydra empfunden. Der emotionale gehlat des Bildes ist überdeutlich. Die Frage ist, wie viele Menschen in Russland diese Emotionen teilen?
Hier der Artikel: http://www.spiegel.de/politik/ausland/wladimir-putin-hat-geburtstag-und-fans-feiern-mit-a-995764.html
Beeindruckender Artikel.
AntwortenLöschenIrgendwie erinnert mich das Beschriebene auffällig stark an die Alien Angreifer aus meinem Horrorfilm (den ich dieses Jahr produzierte). Ich habe keine Tentakel benutzt, weil ich das für Ausgelutscht und Dämlich hielt, und weil ich die Assoziation mit dem Hentai Genre lieber vermeiden wollte.
Aber meine Aliens sind beschrieben als: "Sie können überall auftauchen und jederzeit angreifen. Daneben verseuchen und vergiften sie alles, selbst wenn sie nicht angreifen. Niemand kann verstehen, warum sie das tun, und das Irritierende, dieses absolut böse Monster ist in Wahrheit ein Mensch". Das Element des Umschlingens hatte ich auch drin. In einigen Szenen kamen viele Arme aus dem Boden, die ihre Opfer umschlangen und zu sich zogen.
Im Film werden diese Kreaturen mit dem Begriff Terrorismus belegt, also im Sinne eines politischen Feindes, obwohl alle Figuren selbst dieses Bild absurd finden. (Passt also wieder in das Schema dieser Karikaturen.) Manche Figuren meinen auch, dies sei ein von der Regierung erschaffenes Bild, um den Leuten Angst vor einem imaginären Feind zu machen.
Ich habe nie auf diese Krakenbilder sonderlich geachtet, aber die Ähnlichkeit ist frappierend.
Und was auch sehr seltsam ist, im Film gibt es zwar eine menschliche Figur, wo man sagen kann, sie würde meinen Vater repräsentieren. (Unter Umständen sogar 2 Figuren, eine Gute und eine Böse.) Aber scheinbar ist kein Bild meiner Mutter vorhanden, im Film. (Eine Figur hat zwar sehr viele mütterliche Eigenschaften, aber die entspricht definitiv nicht meiner Mutter. Die hat zufälligerweise eher Ähnlichkeiten mit einer Person in meinem Umfeld, die eine Rolle ausübte, die hier auf der Seite als "helfender Zeuge" benannt wurde. "Zufälligerweise" hat diese Figur im Film die Rolle, das Alienmonster zu vertreiben. (Ich gebe es zu, ich habe da beim Schreiben hauptsächlich an Ellen Ripley gedacht, aber irgendwie mochte ich die Vorstellung sehr stark, von einer großen, starken Frau gegen Alienkreaturen beschützt zu werden. Seltsam.) )
Irgendwie tun sich zu dieser Theorie und meinem Horrorfilm jetzt einige erschreckende Parallelen auf. Und ich glaube, meine Geschichte ist nicht in erster Linie politische Allegorie auf die Angst, sondern könnte einige verdrängte Aspekte meiner Kindheit behandeln. Unheimlich, wenn ich gerade darüber nachdenke.
Aber auch sehr interessant.
Das Andere, was mir bei dem Artikel in den Sinn kommt, ist die Figur Jenova aus Final Fantasy 7, die manipulative "Mutter" des Antagonisten, die als halb nackte Frau/ halb ausserirdisches Monstrum dargestellt wird, aus dem Tentakel wachsen. (Interessanterweise genau aus der Gegend der "Fortpflanzungsorgane")
AntwortenLöschenhttp://de.finalfantasy.wikia.com/wiki/Jenova
(was mir auch einfällt ist, dass ich mal las, dass Timothy Leary meinte, H.R. Giger hätte sich in seinen Bildern mit seiner Mutter (und dem Thema Schwangerschaft) auseinandergesetzt.) Der Facehugger von Giger kann auch als eine Art umschlingendes Tentakelmonster gesehen werden.