Mittwoch, 10. September 2025

MAGA-Bewegung, Trump-Besessenheit und die Suche nach der fehlenden Liebe aus der Kindheit.

Im SPIEGEL (07.09.2025: »Ich dachte, ich tue das für mein Land«) wurde aktuell über Jason Riddle berichtet. Das Interview mit ihm läuft im Grunde nur nebenbei und geht in der täglich wechselnden Berichterstattung des SPIEGEL unter. Ich halte dieses Interview dagegen für enorm wichtig und ein zentrales Puzzleteil zur Erklärung des „Phänomens-Trump“! 

Riddle war MAGA-Anhänger, absoluter Trump-Fan und stürmte am 6. Januar 2021 das Kapitol. Für seine Beteilung bei der Capitol-Erstürmung wurde er später inhaftiert.

Schon als Jugendlicher war er alkoholabhängig. Im Rückblick auf seine Trump-Besessenheit spricht er von einer „zerstörerischen Aufmerksamkeitssuche“. 

Damals, am 06. Januar, hatte er gerade seinen Job geschmissen (sein Freund und Mitstreiter Paul ebenfalls) und sei voller Frust gewesen: „(…) keiner von uns kam auf die Idee, sich selbst die Schuld dafür zu geben. Stattdessen waren wir wütend auf alles und jeden (…)“.

Am 06. Januar hatte Trump, wie so oft bei seinen Kundgebungen, zu seinen Anhängern gesagt: „Ich liebe euch“. 

Riddle dazu: „Ich suchte mir in seinen Reden immer einen Moment heraus und rief: »Ich liebe dich!« Fast jedes Mal antwortete er sofort: »Ich liebe dich auch.« Für mich war das damals ein Ritual, auf das ich stolz war. Doch im Kern ist es nichts anderes als reine Gefühlspolitik. Es geht nicht um Argumente oder Verstand, sondern nur um Emotionen – um Wut und um Liebe. Trump weiß das genau. Er spricht gezielt zu einer Anhängerschaft, die ihn ungesund verehrt und ihm blind folgt.“

An einer Stelle des Interviews sagt Riddle noch sehr konkret:
Meine Begeisterung für ihn war rein emotional, völlig irrational.“

Heute ist er quasi ein Aussteiger und hat sich von der Bewegung gelöst. 

Frühe Alkoholabhängigkeit (man denke auch an die allgemeine Drogensuchtwelle in den USA), Frust, Scheitern, Wut, starkes Bedürfnis nach Liebe, Aufmerksamkeit und Zugehörigkeit, dass politisch destruktive Prozesse sehr häufig emotional zu erklären sind, ist DAS zentrale Element der Psychohistorie. In diesem Interview wird dies überdeutlich. 

Was in dem Interview fehlt ist der Blick auf die Kindheit von Jason Riddle.

Über seine Kindheit wurde ich allerdings im Internet schnell fündig. Er selbst schreibt: „My parents got divorced when I was pretty young. My father was an alcoholic; he had two forms of parenting: Either he was mad or he was absent. In fact, there were a lot of heavy drinkers on his side of the family” (Jason Riddle - Leaving MAGA)

Wir sehen hier ganz klassisch die Verbindung zwischen belastenden Kindheitserfahrungen (Adverse Childhood Experiences - ACEs) und Extremismus. 

Die USA sind ein hoch traumatisiertes Land. In keinem westlichen Land findet sich ein derart großes Ausmaß von ACEs. Jeder 5.-6. US-Amerikaner hat einen ACEs-Score von vier oder mehr (siehe dazu meinen Blogbeitrag "Alarming study: Adverse Childhood Experiences are increasing in the US!").

Was weithin fehlt ist eine große, mediale Aufarbeitung dieser Zusammenhänge. Es wird so was von Zeit, dafür ein großes Bewusstsein zu schaffen. 

Im Titel oben schreibe ich ja "...die Suche nach der fehlenden Liebe aus der Kindheit." Aus Platzgründen fehlt das Wort "Wut". Es geht um "Wut und um Liebe", wie Riddle sagt.

Wo die Liebe fehlte, wächst die Wut. Jeder, der sich mit traumatisierten Kinder befasst, weiß das. Diese Wut bleibt oft unerlaubt, weil die Verletzungen oftmals von den eigenen Eltern ausgehen. Politische, extremistische Bewegungen sind immer auch Wut-Bewegungen. Das kennen wir aus Deutschland natürlich extrem aus der NS-Zeit, aber aktuell auch mit Blick auf die AfD. 

Wenn ich so manche AfD-Politiker reden und gestikulieren sehe, dann quillt die Wut ja geradezu aus denen heraus. Das ist genau die Emotion, die entsprechende Anhänger anspricht: "Endlich ist die Wut erlaubt, gibt es keine Sprechverbote mehr". Das Erfolgsrezept extremer Bewegungen, wie wir sie seit Jahren auf der ganzen Welt beobachten können, ist ein emotionales. Die demokratische Politik wird kaum Wege finden, diese Bewegungen erfolgreich einzudämmen, wenn das nicht verstanden wird. 




1 Kommentar:

Michael Kumpmann hat gesagt…

Erstmal. Gerade halte ich die, die sich so diebisch über die Ermordung Charlie Kirks freuen für weitaus erbärmlicher als alle MAGA Leute. Und ganz ehrlich. Die Leute würden mich eher zu mehr Trump unterstützung überzeugen. Einfach um denen zu zeigen, dass die mit so nem Verhalten nicht durchkommen.

Jetzt aber mal zum Thema selbst.

Ich WAR (mit betonung auf WAR. Bin ziemlich enttäuscht von dem) ein riesiger Trump Fan. Das lag ehrlich gesagt vor Allem daran, dass Trump zuerst sowohl von den Kriegsgeilen Neocons als auch von den allergrößten Psychos auf der linksliberalen Seite gehasst wurde. Und je mehr die Neocons damals vor Trump gewarnt hatten, umso Symphatischer wurde der mir. Denn ich kann die Kriegsgeilen Neocons nicht leiden. Nur irgendwo tauchen bei Trump dann immer wieder ständig selbst Neocons wie John Bolton , Lindsey Graham etc. auf, die den unter Kontrolle halten. Da hat uns Trump leider ziemlich verarscht.

Aber tut mir leid. Man durfte auch die Hoffnung haben, dass Trump die Interessen seiner Wähler nicht an Netanyahu verhökert. Obwohl Trump diese Hoffnung leider enttäuscht hat. (Dass ich Netanyahu mittlerweile für den gruseligsten Politiker des Westens halte steht auf einem anderen Blatt.)

Und Obama hat ja genau das selbe wie Trump gemacht und die Neocon Kriegspolitik eiskalt fortgesetzt obwohl dessen Wahlkampf ja vor Allem darin bestand, zu versprechen, nicht wie Bush zu sein. Scheinbar kann in den USA an die Macht kommen wer will, die Kriegstreiberei geht weiter.. seufz..

Und mit verlaub. Die Democrats in den USA sind mega fragwürdig. Die tun so als seien sie der Hort von Toleranz und Menschlichkeit. Aber wie die das Attentat auf Charlie Kirk oder die Attentate auf Donald Trump abfeiern, das spricht Bände und ist ein Offenbarungseid. Und ganz ehrlich. Bin ja autist. Die Democrats und alle die deren Politik kopieren (wie die Grünen) nutzen Minderheiten doch nur als Parteisoldaten und Stimmvieh aus. Und sobald man es wagt denen in irgendwas zu widersprechen ist man bei denen Vogelfrei und wird gnadenlos nieder gemacht. Und teilweise kommen die echt so rüber a la "Wir wissen deutlich mehr was du in deinem Leben brauchst als du selbst".

Und irgendwo war es halt so, dass die aus der Linksliberalen Bubble, die einen besonders geringschätzig und herablassend behandelt haben, die haben Trump massiv gehasst.

Deshalb war es so, dass dann 2016 von genau den politischen Fraktionen gehasst wurde, die ich nicht ausstehen kann. (Und das mit gutem Grund.) Und deshalb entstand die Hoffnung, dass Trump vielleicht doch echten Wandel bringen könnte. Denn die, die man nicht mehr wollte, die hassten den Kerl.

Und dann letztes Jahr, als dann Elon Musk dann versprach die Bürokratie auf das absolut notwendigste runter zu kürzen und für mehr Freiheit wieder zu sorgen, und die gängelnde Bürokratie abzuschaffen. Das erzeugte halt wieder Hoffnung in Trump. Leider hat Trump dann Elon Musk komplett verraten. Aber das konnte man zuerst nicht ahnen.