Die aktuellen Wirtschaftskrisen sind vor allem emotionale Krisen. Dieser Eindruck drängt sich mir immer mehr auf, wenn ich mir insbesondere die letzten 2-3 Jahre (Lebensmittelkrise, Schweinegrippe, Weltwirtschaftskrise, Bankenpleiten, Staatspleiten, Kriege, dazu monatelange Berichte über sexuellen Missbrauch und misshandelte Heimkinder) vor Augen führe.
Das Bruttoinlandsprodukt ist in Deutschland – mit Ausnahme einiger kleiner Ausrutscher nach unten – stetig gewachsen, was folgende Tabelle eindrücklich zeigt: http://www.pdwb.de/w_biprei.htm
Noch im Mai 2008 wurde berichtet, dass Deutschland das stärkstes Wirtschaftswachstum seit zwölf Jahren erlebt. http://www.nzz.ch/nachrichten/wirtschaft/aktuell/staerkstes_wirtschaftswachstum_seit_zwoelf_jahren_in_deutschland_1.743811.html#
Den Aufwärtstrend kann man sich auch hier wunderbar anschauen.
Für das Jahr 2010 sind die Prognosen zur Entwicklung des deutschen BIP durchaus positiv.
Auch von einer "Kreditklemme" kann Anfang 2010 nicht mehr die Rede sein. Der deutschen Wirtschaft drohen keine flächendeckende Probleme mit der Kreditversorgung mitten in der konjunkturellen Erholung, wie die Finacial Times Deutschland schreibt.
Ebenso sank die Zahl der Arbeitslosen zwischen 2006 und 2008 stetig und stieg dann 2009 wieder etwas (nicht in einem "krisenhaften" Ausmass) an.
„Urlaubslust statt Krisenfrust“ titelt die repräsentative 26. Deutschen Tourismusanalyse und zeigt, dass die Reiselust der Deutschen auch im Jahr 2010 ungebremst ist. Ähnliche Ergebnisse brachte eine andere Studie aus dem Jahr 2009. Demnach wollten 56 Prozent der Bundesbürger im Sommer 2009 in den Urlaub fahren. Das war nur ein Prozent weniger als im Vorjahr.
Einher mit dem stetigen Wachstum geht die Angst und die Panik und natürlich Kriege in fernen Ländern. Lloyd deMause hat auf das Phänomen „Wachstumspanik“ und „Interne-Opfer-Lösung“ hingewiesen, um das Wachstum und damit verbundene Ängste abzuschwächen. Dazu habe ich ein wenig etwas hier geschrieben. (weiter unten im Text)
Aktuell erleben wir die „EURO-Krise“. Angela Merkel – geübt darin, Angst zu verbreiten – hat in einer aktuellen Regierungserklärung am Mittwoch von einer "existenziellen Bewährungsprobe für Europa" gesprochen. "Scheitert der Euro, dann scheitert Europa.", warnte sie. "Die gegenwärtige Krise des Euros ist die größte Bewährungsprobe, die Europa seit der Unterzeichnung der Römischen Verträge im Jahre 1957 zu bestehen hat." Wir haben ein Bedrohungsszenario und wir haben irrationale, total abgehobene politische Entscheidungen, wie mal eben 750 Mrd. Kredite zu verteilen, finanziert, richtig, natürlich durch Kreditaufnahmen...
Auch der EURO befand sich im Übrigen seit Jahren nur im Höhenflug. http://www.ross-trading.de/a/technische-chartanalysen/chartanalyse-euro.htm Seit dem Jahr 2001 erklomm die Währung einen Rekordwert nach dem anderen! Da hätten die Amerikaner mit ihrem schwachen Dollar ja im Grunde jedes Jahr Rettungsschirme für ihre Währung aufspannen müssen, aber, wie wir wissen, waren und sind sie ja etwas abgelenkt, weil sie den ein und den anderen Krieg führen…
Ist es eine existenzielle Bedrohung für uns, wenn der Euro vielleicht auf das Niveau von 2000 zurückfällt? Ging es uns damals so viel schlechter als heute? Wissen wir nicht auch aus Erfahrung, dass kurzfristige starke Kursschwankungen relativ normal sind, wenn "bad news" anstehen und in ein paar Wochen der Markt schon wieder ganz anders denken könnte, wenn neue andere Nachrichten anstehen? Und haben wir nicht auch alle in der Schule gelernt, dass eine eigene schwache Währung auch positive Effekte für den eigenen Außenhandel haben kann? Gerade auch für den Exportmeister Deutschland?
Rund drei Viertel der Ausfuhren von Waren "Made in Germany" wurden allerdings 2009 in europäische Länder geliefert. Der Anteil der Waren, die in die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gingen, betrug 63%, schreibt das statistische Bundesamt. Die Importe Deutschlands kamen ebenfalls zu einem großen Teil aus Europa (71%). Ich bin kein Wirtschaftsexperte (kenne mich aber mit handfesten Wirtschaftsprozessen und der realen Wirtschaft aus, in der ich beruflich sehr aktiv bin). Aber im Ernst, wenn man diese Zahlen ließt, dann ist der EURO doch weiterhin für alle ein Segen! Kursschwankungen traktieren uns weniger, wenn wir letztlich hauptsächlich mit einer Gemeinschaftswährung handeln. Das war ja auch u.a. das Ziel von der Einführung des EURO. Warum sagt das keiner?
Warum sagt eigentlich niemand: "Sicher, wir müssen uns verbesssern, wir haben einige Probleme und Herausforderungen, aber Leute, eigentlich geht es uns doch ganz gut, wir packen das schon!" Jeder, der in der Wirtschaft zu tun hat, weiß, dass nur Motivation und Zusprache hilft, wenn es Probleme gibt. Dies ist vor allem die Aufgabe von Führungskräften. Doch wie es scheint, will die Nation sich schlecht fühlen....
Die aktuellen Krisen scheinen mir vor allem psychologische, emotionale Krisen zu sein. Kindheitserfahrungen könnten ihre Ursache sein, wie die Psychohistorie nachzuweisen versucht. Dem muss weiter nachgegangen werden.
Das weltweite, enorme Ausmaß vielfältiger Gewalt gegen Kinder und die An- oder auch Abwesenheit von Mitgefühl sind für mich zentrale Aspekte der Kriegsursachen-/Extremismusforschung, denen ich hier nachgehen möchte. Meine Grundfrage lautet: Wie politisch war und ist Kindheit?
Donnerstag, 20. Mai 2010
Samstag, 15. Mai 2010
Massenvergewaltigungen und das vererbte Trauma
In der aktuellen EMMA findet sich ein interessanter Artikel (EMMA, Frühjahr 2010: „Das vererbte Trauma“, S. 92ff) über die Auswirkungen der Massenvergewaltigungen deutscher Mädchen und Frauen 1944/45 auf die nächste Generation. Im Folgeartikel (von Ingo von Münch) wird geschätzt, dass ca. 180.000 Frauen und Mädchen bei Vergewaltigungen oder deren Folgen gestorben sind. Mindestens zwei Millionen Frauen wurden allein in Deutschland vergewaltigt. Nur für die Stadt Wien liegt die Zahl der 1945 vergewaltigten Frauen zwischen 70.000 und 200.000. Ein Projekt erforschte genauere Zahlen: Im Durschnitt erlebten die untersuchten Frauen 17 mal Vergewaltigungen, eine befragte Frau erlitt dies 70 mal…
Wenn die zwei Millionen Frauen im Schnitt zwei Kinder bekommen haben, dann hätten wir mindesten 4 Millionen Menschen, die von dem Trauma mit betroffen sein könnten. Wir wirkte sich dies auf die Gesellschaft aus? Das scheint kaum erforscht zu sein, wie man dem Artikel entnehmen kann. Ich frage mich auch, wie viele Kinder auf Grund der Vergewaltigungen geboren wurden? Und wie gingen dann die Mütter damit und mit ihren Kindern (der Täter) um?
Psychologen, die sich mit dem Thema aktuell u.a. im Projekt Lebenstagesbuch mit dem Thema befassen, stellten erstaunt fest, dass sich nicht nur betroffene Frauen bei ihnen meldeten, sondern viel öfter noch deren Töchter – und manchmal auch die Söhne. „Diese schrecklichen Erlebnisse haben sie selbst sowie ihre Ehe und ihre Beziehungen zu uns Kindern zeitlebens belastet“, schreibt die Tochter einer Mutter, die auf der Flucht Opfer von russischen Soldaten wurde. Eine Schwiegertochter berichtet über ihre Schwiegermutter: „(…) Sie war ständig psychosomatisch krank, wurde tablettenabhängig, viele depressive Schübe belasteten die Partnerschaft und das familiäre Zusammenleben. Eine liebevolle Zuwendung zum Ehemann und die damit verbundene Sexualität fiel ihr sehr schwer, auch das Verhältnis zu den Kindern bestand in der Hauptsache aus der sich gehöhrenden Versorgung, aber eine innige liebvolle, über Körperkontakt zugewandte Annäherung an die beiden Kinder war ihr nur sehr schwer möglich.“
Die Folgen für die nächste Generation werden auch an Hand folgender Symptome der Kriegsgeneration deutlich: „Das Erlebnis der Vergewaltigung zieht sich durch das ganze Leben unserer Patientinnen (…) Viele der Frauen leiden bis heute unter Depressionen, Alpträumen oder sogenannten Flashbacks, also dem Wiedererleben der Tat. (…)“
Die TherapeutInnen berichten über entsprechende Probleme der Kinder der Kriegsgeneration, vor allem von Beziehungsstörungen. „Häufig können sie keine Nähe zulassen, weil sie sie zwischen den Eltern nicht erlebt haben, aber auch von der traumatisierten Mutter nicht bekommen haben. Und oft haben sie sich als Kind selbst die Schuld daran gegeben, wenn die Mutter kühl war“, schreibt eine Therapeutin. Vielen dieser Töchter würde langsam klar, dass sie das Erbe ihrer traumatisierten und zum Schweigen verdammten Mütter angetreten haben. Entsprechend häufen sich die Anfragen für therapeutische Hilfe für die zweite Generation.
Mit den Auswirkungen von Krieg auf die nächste Generation habe ich mich auch hier beschäftigt:
- Die Kriegskinder
- Die Kinder von Holocaust-Überlebenden
Wenn die zwei Millionen Frauen im Schnitt zwei Kinder bekommen haben, dann hätten wir mindesten 4 Millionen Menschen, die von dem Trauma mit betroffen sein könnten. Wir wirkte sich dies auf die Gesellschaft aus? Das scheint kaum erforscht zu sein, wie man dem Artikel entnehmen kann. Ich frage mich auch, wie viele Kinder auf Grund der Vergewaltigungen geboren wurden? Und wie gingen dann die Mütter damit und mit ihren Kindern (der Täter) um?
Psychologen, die sich mit dem Thema aktuell u.a. im Projekt Lebenstagesbuch mit dem Thema befassen, stellten erstaunt fest, dass sich nicht nur betroffene Frauen bei ihnen meldeten, sondern viel öfter noch deren Töchter – und manchmal auch die Söhne. „Diese schrecklichen Erlebnisse haben sie selbst sowie ihre Ehe und ihre Beziehungen zu uns Kindern zeitlebens belastet“, schreibt die Tochter einer Mutter, die auf der Flucht Opfer von russischen Soldaten wurde. Eine Schwiegertochter berichtet über ihre Schwiegermutter: „(…) Sie war ständig psychosomatisch krank, wurde tablettenabhängig, viele depressive Schübe belasteten die Partnerschaft und das familiäre Zusammenleben. Eine liebevolle Zuwendung zum Ehemann und die damit verbundene Sexualität fiel ihr sehr schwer, auch das Verhältnis zu den Kindern bestand in der Hauptsache aus der sich gehöhrenden Versorgung, aber eine innige liebvolle, über Körperkontakt zugewandte Annäherung an die beiden Kinder war ihr nur sehr schwer möglich.“
Die Folgen für die nächste Generation werden auch an Hand folgender Symptome der Kriegsgeneration deutlich: „Das Erlebnis der Vergewaltigung zieht sich durch das ganze Leben unserer Patientinnen (…) Viele der Frauen leiden bis heute unter Depressionen, Alpträumen oder sogenannten Flashbacks, also dem Wiedererleben der Tat. (…)“
Die TherapeutInnen berichten über entsprechende Probleme der Kinder der Kriegsgeneration, vor allem von Beziehungsstörungen. „Häufig können sie keine Nähe zulassen, weil sie sie zwischen den Eltern nicht erlebt haben, aber auch von der traumatisierten Mutter nicht bekommen haben. Und oft haben sie sich als Kind selbst die Schuld daran gegeben, wenn die Mutter kühl war“, schreibt eine Therapeutin. Vielen dieser Töchter würde langsam klar, dass sie das Erbe ihrer traumatisierten und zum Schweigen verdammten Mütter angetreten haben. Entsprechend häufen sich die Anfragen für therapeutische Hilfe für die zweite Generation.
Mit den Auswirkungen von Krieg auf die nächste Generation habe ich mich auch hier beschäftigt:
- Die Kriegskinder
- Die Kinder von Holocaust-Überlebenden
Freitag, 14. Mai 2010
Das Angstgebilde „al-Qaida“ oder "Wie baue ich mir einen Feind?"
Nach dem jüngsten gescheiterten Anschlagversuch am New Yorker Times Square, deren Drahtzieher pakistanische Taliban sein sollen, zu denen der stellvertretende Sicherheitsberater im Weißen Haus, John Brennan, feststellte „Diese Gruppe hat enge Verbindungen mit al-Qaida. Das ist etwas, was wir sehr ernstnehmen" (vgl. http://www.sueddeutsche.de/politik/574/510690/text/) und darauf der Oberbefehlshaber der internationalen Afghanistan-Truppen, US-General Stanley McChrystal, anregte, man solle nun schneller mit dem Töten von pakistanischen Taliban und al-Qaida Kämpfern in Nord-Waziristanich beginnen, muss ich etwas zum Thema „al-Qaida“ schreiben.
„Wie baue ich mir einen Feind?“ Dies scheint die zentrale Frage vor allem in den USA nach dem Zusammenbruch des Feindbildes „Ostblock“ zu sein. Dazu habe ich kürzlich einiges bzgl. des Feindbildes „Irak“ und „Saddam Hussein“ geschrieben. Nun, Saddam ist tot, hunderttausende Iraker auch…, so etwas wie „Terror“ und vor allem „al-Qaida“ bleibt als Bedrohungsszenario. (Schaut man sich beispielsweise die Daten auf wikipedia an, dann beginnen die der Terrorgruppe „al-Qaida“ zugeschriebenen Anschläge im Jahr 1993, drei Jahre nach dem Zusammenbruch des Ostblocks und zwei Jahre, nach dem zweiten Golfkrieg gegen Saddam Hussein) Denn ohne „Feind“ scheint es nicht zu gehen, droht innerer Zusammenbruch.
Al-Qaida hier al-Qaida dort, ich kann es nicht mehr hören! Ich glaube nicht an das Zentralorgan „al-Qaida“, das natürlich auch einen bösen Kopf a la Osama Bin Laden braucht. „Al-Qaida, das sind viele Organisationen. (…) Am besten beschrieben ist al-Qaida heute als ein terroristisches Franchise-Unternehmen.“, schreibt die ZEIT in einem sehr guten Artikel über das Thema. Osama bin Ladens Zeit als Gründer und Manager der ersten Generation von al-Qaida sei längst abgelaufen, schreibt die ZEIT weiter. „Die zweite (Mohammed-Atta-)Generation mag von bin Laden als Geld- und Ideengeber profitiert haben. Mittlerweile aber ist die globale Mission gegen die Ungläubigen ein Selbstläufer. (…) Für die jüngste, dritte Generation von Glaubenskämpfern, die sich vor allem aus jungen arbeitslosen Nordafrikanern speist, ist »Scheich Osama« nur noch eine Inspirationsfigur. Ihnen mag er noch Impulse geben, kontrollieren kann er sie nicht. An die Stelle der alten, vertikal organisierten al-Qaida ist ein loses, horizontales Netzwerk aus Netzen getreten.“
Trotz dieser Feststellung lässt der ZEIT-Autor allerdings nicht von dem Wort „al-Qaida“ los, sondern formuliert Sätze wie „Wird al-Qaida Deutschland verschonen? Wahrscheinlich nein.“ Genauso gut hätte er auch schreiben können „Wird es Terroranschläge in Deutschland geben? Wahrscheinlich ja. Durch welche Gruppierung, durch welchen Einzeltäter, das wird sich zeigen.“
Überall auf der Welt gibt es Anschläge (die meisten davon finden dabei nicht im Westen statt, sondern in den Entwicklungsgesellschaften) und meistens wird „al-Qaida“ dahinter vermutet. Ich übersetze für mich schon länger „al-Qaida“ mit „Hass“ oder „Hasser“. „Der „Hass“/ Die „Hasser“ war/waren verantwortlich für den jüngsten Anschlag. „, das ist meine Übersetzung von Mediennachrichten, die mir mehr Sinn zu machen scheint. Die Terroristen sind Hasser, Frauenhasser, Kinderhasser, Selbsthasser, Staatshassser, Modernehasser, Fortschrittshasser. Sie sind vor allem Produkte einer Atmosphäre von Gewalt in ihren Familien, die leider in vielen muslimischen Ländern herrscht, stärker noch als im Westen. Und in der Folge dieser Erfahrungen sind es Menschen, die mit dem aktuellen modernen Fortschritt in allen Teilen der Welt überfordert sind (siehe dazu weitere Anmerkungen hier). Wenn man diesen Hassern ein Feindbild bietet, nehmen sie es nur zu gerne an. Die globalisierte Welt bringt die Ressourcen mit, durch die sich auch der Hass globalisieren kann, der sich früher vor allem auf andere Bahnen entlud (familiäre Gewalt, Frauenunterdrückung, Bürgerkriege, regionale Warlordkämpfe usw. usf.). (Die globalisierte Welt ist aber nicht die Ursache des Hasses.)
Vor allem die USA ist dabei meisterlich darin, sich zum Feindbild zu machen. Ihre ganze Außenpolitik ist seit Jahrzehnten nicht auf echte Sicherheit bedacht, sondern auf Eskalation und darauf, dass die USA als Feindbild bereit steht, für die Hassser dieser Welt. Und wir Europäer haben uns zu einem Teil mit vor den Karren spannen lassen. Wir züchten uns den Hass selbst, lenken ihn auf uns, um dann die Hasser eifrig mit unserer überlegenen Technik zu bekämpfen. Nur echte Hasser lassen sich gut bekämpfen, denn irgendwie braucht unsere Psyche schon einen oberflächlichen „guten Grund“ dafür, dass Menschen sterben sollen. Menschen, die nicht zurückschreien, nicht mit Gewalt und Hass und Drohungen antworten, sind nämlich keine guten Feinde.
Das Wort „al-Qaida“ dient im Grunde einem großen Ziel, der Verbreitung von Angst vor einem großen, realen Feind. Das ist nicht der Verdienst von Osama bin Laden, sondern dieses Angstgebilde haben wir uns in der westlichen Welt selbst aufgebaut, weil wir Angst haben wollen, weil wir die Angst vor einem äußeren Feind brauchen. Denn ohne dieses Außen, drohen die tyrannischen Eltern aus unserer Kindheit wieder in unseren Kopf zu gelangen. Doch diese sehr realen Aggressoren dürfen nicht erkannt werden, müssen verschont bleiben. Also suchen wir uns andere, die wir bestrafen können. Wäre der Afghanistankrieg mit von uns Europäern getragen worden, wenn es so etwas wie das Angstgebilde „al-Qaida“ (das angeblich alles lenkt) nicht gegeben hätte? Wohl kaum. Das Wort „al-Qaida“ sollte entsprechend gestrichen werden. Wenn man es durch „Hasser“ austauscht, wird man näher an die Ursachen kommen und weniger Feindbildgefühle auslösen. Dies würde einen rationaleren Umgang mit dem Problem Terror ermöglichen und unsinnige, unnütze Kriege in fernen Ländern erschweren.
(siehe zu dem Thema auch, wie Angela Merkel Angst verbreitet)
„Wie baue ich mir einen Feind?“ Dies scheint die zentrale Frage vor allem in den USA nach dem Zusammenbruch des Feindbildes „Ostblock“ zu sein. Dazu habe ich kürzlich einiges bzgl. des Feindbildes „Irak“ und „Saddam Hussein“ geschrieben. Nun, Saddam ist tot, hunderttausende Iraker auch…, so etwas wie „Terror“ und vor allem „al-Qaida“ bleibt als Bedrohungsszenario. (Schaut man sich beispielsweise die Daten auf wikipedia an, dann beginnen die der Terrorgruppe „al-Qaida“ zugeschriebenen Anschläge im Jahr 1993, drei Jahre nach dem Zusammenbruch des Ostblocks und zwei Jahre, nach dem zweiten Golfkrieg gegen Saddam Hussein) Denn ohne „Feind“ scheint es nicht zu gehen, droht innerer Zusammenbruch.
Al-Qaida hier al-Qaida dort, ich kann es nicht mehr hören! Ich glaube nicht an das Zentralorgan „al-Qaida“, das natürlich auch einen bösen Kopf a la Osama Bin Laden braucht. „Al-Qaida, das sind viele Organisationen. (…) Am besten beschrieben ist al-Qaida heute als ein terroristisches Franchise-Unternehmen.“, schreibt die ZEIT in einem sehr guten Artikel über das Thema. Osama bin Ladens Zeit als Gründer und Manager der ersten Generation von al-Qaida sei längst abgelaufen, schreibt die ZEIT weiter. „Die zweite (Mohammed-Atta-)Generation mag von bin Laden als Geld- und Ideengeber profitiert haben. Mittlerweile aber ist die globale Mission gegen die Ungläubigen ein Selbstläufer. (…) Für die jüngste, dritte Generation von Glaubenskämpfern, die sich vor allem aus jungen arbeitslosen Nordafrikanern speist, ist »Scheich Osama« nur noch eine Inspirationsfigur. Ihnen mag er noch Impulse geben, kontrollieren kann er sie nicht. An die Stelle der alten, vertikal organisierten al-Qaida ist ein loses, horizontales Netzwerk aus Netzen getreten.“
Trotz dieser Feststellung lässt der ZEIT-Autor allerdings nicht von dem Wort „al-Qaida“ los, sondern formuliert Sätze wie „Wird al-Qaida Deutschland verschonen? Wahrscheinlich nein.“ Genauso gut hätte er auch schreiben können „Wird es Terroranschläge in Deutschland geben? Wahrscheinlich ja. Durch welche Gruppierung, durch welchen Einzeltäter, das wird sich zeigen.“
Überall auf der Welt gibt es Anschläge (die meisten davon finden dabei nicht im Westen statt, sondern in den Entwicklungsgesellschaften) und meistens wird „al-Qaida“ dahinter vermutet. Ich übersetze für mich schon länger „al-Qaida“ mit „Hass“ oder „Hasser“. „Der „Hass“/ Die „Hasser“ war/waren verantwortlich für den jüngsten Anschlag. „, das ist meine Übersetzung von Mediennachrichten, die mir mehr Sinn zu machen scheint. Die Terroristen sind Hasser, Frauenhasser, Kinderhasser, Selbsthasser, Staatshassser, Modernehasser, Fortschrittshasser. Sie sind vor allem Produkte einer Atmosphäre von Gewalt in ihren Familien, die leider in vielen muslimischen Ländern herrscht, stärker noch als im Westen. Und in der Folge dieser Erfahrungen sind es Menschen, die mit dem aktuellen modernen Fortschritt in allen Teilen der Welt überfordert sind (siehe dazu weitere Anmerkungen hier). Wenn man diesen Hassern ein Feindbild bietet, nehmen sie es nur zu gerne an. Die globalisierte Welt bringt die Ressourcen mit, durch die sich auch der Hass globalisieren kann, der sich früher vor allem auf andere Bahnen entlud (familiäre Gewalt, Frauenunterdrückung, Bürgerkriege, regionale Warlordkämpfe usw. usf.). (Die globalisierte Welt ist aber nicht die Ursache des Hasses.)
Vor allem die USA ist dabei meisterlich darin, sich zum Feindbild zu machen. Ihre ganze Außenpolitik ist seit Jahrzehnten nicht auf echte Sicherheit bedacht, sondern auf Eskalation und darauf, dass die USA als Feindbild bereit steht, für die Hassser dieser Welt. Und wir Europäer haben uns zu einem Teil mit vor den Karren spannen lassen. Wir züchten uns den Hass selbst, lenken ihn auf uns, um dann die Hasser eifrig mit unserer überlegenen Technik zu bekämpfen. Nur echte Hasser lassen sich gut bekämpfen, denn irgendwie braucht unsere Psyche schon einen oberflächlichen „guten Grund“ dafür, dass Menschen sterben sollen. Menschen, die nicht zurückschreien, nicht mit Gewalt und Hass und Drohungen antworten, sind nämlich keine guten Feinde.
Das Wort „al-Qaida“ dient im Grunde einem großen Ziel, der Verbreitung von Angst vor einem großen, realen Feind. Das ist nicht der Verdienst von Osama bin Laden, sondern dieses Angstgebilde haben wir uns in der westlichen Welt selbst aufgebaut, weil wir Angst haben wollen, weil wir die Angst vor einem äußeren Feind brauchen. Denn ohne dieses Außen, drohen die tyrannischen Eltern aus unserer Kindheit wieder in unseren Kopf zu gelangen. Doch diese sehr realen Aggressoren dürfen nicht erkannt werden, müssen verschont bleiben. Also suchen wir uns andere, die wir bestrafen können. Wäre der Afghanistankrieg mit von uns Europäern getragen worden, wenn es so etwas wie das Angstgebilde „al-Qaida“ (das angeblich alles lenkt) nicht gegeben hätte? Wohl kaum. Das Wort „al-Qaida“ sollte entsprechend gestrichen werden. Wenn man es durch „Hasser“ austauscht, wird man näher an die Ursachen kommen und weniger Feindbildgefühle auslösen. Dies würde einen rationaleren Umgang mit dem Problem Terror ermöglichen und unsinnige, unnütze Kriege in fernen Ländern erschweren.
(siehe zu dem Thema auch, wie Angela Merkel Angst verbreitet)
Freitag, 7. Mai 2010
Meinungsbild zum Afghanistaneinsatz und Kindheit
Kurz nachdem die Luftangriffe auf Afghanistan seitens der USA Anfang Oktober 2001 begannen, hielten damals knapp 80 Prozent der Deutschen diese für gerechtfertigt. Je länger sich allerdings die Luftangriffe hin zogen, desto weniger Deutsche hielten sie für einen sinnvollen Beitrag zu Bekämpfung des Terrorismus, die Relationen waren schließlich 53 zu 47.
(http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/themen/Medien/wittich.html)
„Mitte Oktober wurde in den Medien darüber spekuliert, ob Bundeswehrtruppen bei den Kampfhandlungen in Afghanistan eingesetzt würden. Zu diesem Zeitpunkt waren nur knapp 40 Prozent der deutschen Bevölkerung für einen Bundeswehreinsatz, reichlich 60 Prozent waren dagegen. Anfang März waren diese Einsätze knapp zwei Monate im Gange. Der Nachrichtenlage nach waren dort eingesetzte Bundeswehrangehörige mit Schutz- und Sicherheitsaufgaben betraut, über Verwicklungen in Kampfhandlungen wurde nichts bekannt. Entsprechend hatte sich das Meinungsbild in der deutschen Öffentlichkeit verändert. Nunmehr stimmte 58 Prozent der Deutschen den Einsätzen der Bundeswehr in Afghanistan zu und 42 Prozent lehnten sie ab.“
(http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/themen/Medien/wittich.html)
Bei einer Forsa-Umfrage im März 2002 befürwortete eine große Mehrheit von 62 Prozent den Einsatz am Hindukusch, nur knapp ein Drittel wollte damals einen Abzug der Truppen. (http://www.stern.de/politik/deutschland/stern-umfrage-bundeswehr-soll-raus-aus-afghanistan-704985.html)
Im Jahr 2002 hielten nach einer Emnid Umfrage 55 Prozent der Befragten den Afghanistan Einsatz für richtig, 44 Prozent hielten ihn für falsch. (http://www.focus.de/politik/ausland/umfrage_aid_57018.html)
Eine Forsa Umfrage ergab im September 2005, dass nur knapp ein Drittel der Deutschen (34 Prozent) für einen Abzug aus Afghanistan plädierten. (http://www.welt.de/politik/deutschland/article7174424/62-Prozent-der-Deutschen-fuer-Afghanistan-Abzug.html)
Mitte 2007 lehnten nach einem blutigen Anschlag auf deutsche Soldaten in Kundus 68 Prozent der von Emnid Befragten den Einsatz ab. (http://www.focus.de/politik/ausland/umfrage_aid_57018.html)
Im September 2007 war (laut Forsa) eine Mehrheit von 52 Prozent für einen Rückzug, im September 2008 waren es 59 Prozent. Mit 61 Prozent lehnten im Juli 2009 die Deutschen den Einsatz ab. (http://www.stern.de/politik/deutschland/stern-umfrage-bundeswehr-soll-raus-aus-afghanistan-704985.html)
Nach dem Bombardement auf zwei Tanklastwagen im September 2009 waren laut Forsa 55 Prozent für eine Rückkehr der deutschen Truppen. (http://www.welt.de/politik/deutschland/article7174424/62-Prozent-der-Deutschen-fuer-Afghanistan-Abzug.html)
62 Prozent der Deutschen sprechen sich in einer aktuellen Forsa-Umfrage im April 2010 für einen Abzug aus Afghanistan aus. Nach einer kürzlich veröffentlichten ARD-Blitzumfrage sind 70 Prozent für einen möglichst schnellen Rückzug der deutschen Soldaten. Nur 26 Prozent sind für eine Fortsetzung des Einsatzes- im Herbst 2009 waren das noch 37 Prozent. (http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,689243,00.html)
Ein Vergleich zwischen drei repräsentativen Jugendstudien (jeweils 1992, 2002 und 2005) zeigt, dass ca. 30 % (jeweils nach Jahreszahlen 31,8 %, 29,6 % und 32 %) der Jugendlichen gewaltfrei erzogen wurden. Die große Mitte sind die „konventionell“ erzogenen, die häufig leichte körperliche Bestrafungen und andere Sanktionen erfahren haben und in deren Erziehung „weitgehend“ auf schwere körperliche Gewalt verzichtet wurde. (Zahlen jeweils in der Reihenfolge der Jahreszahlen: 36,4 %, 51,2 % und 46, 7 %). Eine gewaltbelastete Erziehung (Diese Gruppe weist bei allen Sanktionsarten – inkl. psychischer Gewalt - eine überdurchschnittlich hohe Häufigkeit auf, insbesondere auch schwere Körperstrafen.) erlebten jeweils nach Jahreszahlen 31, 8 %, 19,3 % und 21,3 %.
(vgl. Bundesministerium der Justiz (erstellt von Prof. Dr. Kai-D. Bussmann) 2007: Report über die Auswirkungen des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung. Berlin, S. 18 (http://www.bmj.de/files/-/1375/BussmannReport.pdf))
Wir haben also grob gedacht eine drei Drittel Gesellschaft, wobei es natürlich unzählige Grautöne gibt, was das Gewalterleben angeht. Und diese Drittelung wird sich je nach Geburtsjahrgang weiter verändern. Je älter die Menschen, desto verhältnismäßig mehr Gewalterfahrungen, ist hier meine These. Diese Drittelung ist mir immer wieder ins Auge gefallen, wenn es um gesellschaftliche Themen geht. Z.B. bei Alice Schwarzer, die von einer drei Drittel Mentalität bei den Männern ausgeht. „Viele Erfahrungen, Studien und Umfragen deuten zurzeit auf eine Zwei-Drittel-Männergesellschaft hin: Das erste Drittel steht der Sache der Frauen aufgeschlossen und sympathisierend gegenüber, wenn auch nicht ohne Rückfälle. Das zweite Drittel versucht, sich durchzuschlawinern. Das dritte Drittel hat verstanden und hält hart gegen. Wobei Bewusstsein und Bereitschaft zur Veränderung keineswegs immer eine Frage des Alters sind; die jungen, von emanzipierten Müttern und Schwestern geforderten Männer sind jedoch überproportional im ersten Drittel vertreten.“ (http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-17540822.html)
Diese Aufteilung findet sich jetzt auch in interessanten Zahlen bzgl. des Afghanistan Einsatzes (siehe Zahlen oben). 20 Prozent hielten spontan Luftangriffe auf Afghanistan seitens der USA kurz nach dem 11. September – wo alle Emotionen für die USA schlugen - für falsch. Ich glaube, dass diese "20 Prozent" den festen Kern der modernen, gewaltfreien Erziehung in Deutschland repräsentiert. Oder wissenschaftlicher ausgedrückt: Würde man diese 20 Prozent zu ihren Kindheitserfahrungen befragen, würde mit hoher Wahrscheinlichkeit eine große Mehrheit der Befragten eine weitgehend gewaltfreie Erziehung und mehr noch mindestens eine besonders fürsorgliche Elternfigur angeben, davon gehe ich aus. Leider finden solche Art von Befragungen fast nie statt, insofern lässt sich dies schwer überprüfen. Diese 20 % vergrößerten sich dann im Laufe der Zeit – je nach Nachrichtenlage - langsam auf ca. 30-45 Prozent wenn es um den Einsatz der Bundeswehr ging, wie oben dargestellt. Je mehr Opfer publik wurden, desto mehr stieg auch die Ablehnung dem Einsatz gegenüber, ein Zeichen für die gewachsene Empathiefähigkeit von uns Deutschen. Stück für Stück lehnt nun auch eine Mehrheit der Deutschen den Einsatz ab. Ein fester Kern von um die 30-40 % ist immer noch für den Einsatz. In dieser Gruppe der festen 30-40 % vermute ich eine verhältnismäßig große Mehrheit von Menschen, die als Kind schwerere Formen von Gewalt erfahren haben. Auch dies gilt es zu prüfen. Wir werden sehen, ob zukünftig Studien in dieser Art auftauchen werden.
(Menschen, die dies hier lesen, die selbst Gewalt erfahren haben und schon immer gegen den Krieg waren, mögen sich bitte nicht all zu sehr über meine Gedanken ärgern. Die Gedanken beschreiben ein grobes Modell, an den Rändern gibt es immer auch andere Bewegungen und als Menschen sind wir eh zu allem fähig :-).)
Die Mitte – im Sinne wie einleitend oben beschrieben – entscheidet dabei die wesentlichen Richtungen, in die eine Gesellschaft schwenkt, so scheint es. Sie verfügt über beide Anteile, den destruktiven, der sich mit der Macht identifiziert und den konstruktiven, der diese Identifikation auflösen kann und Emphatiefähigkeit zulässt. Die gesellschaftlichen Entwicklungen und Nachrichtenlagen wirken stark auf diese Mitte. Das erste Drittel – die gewaltfrei Erzogenen – stehen grundsätzlich fester im Leben, stehen Krieg aus einem tiefen emotionalen Gefühl heraus ablehnend gegenüber. Insofern sind sie auch weniger durch äußere Einflüsse in ihrer Meinung und Sicht beeinflussbar.
All dies sind meine persönlichen Vermutungen, wie schon gesagt. Einige Zahlen und Indizien (man siehe auch viele Bereiche dieses Blogs) scheinen diese allerdings ein wenig zu bestätigen. Gezielte Studien in dieser Hinsicht wären ein Weg, Kindheitserfahrungen und politische Überzeugungen im Zusammenhang zu betrachten.
Als Schlusswort möchte ich noch loswerden, dass die Deutschen Verantwortung übernehmen müssen. Das Meinungsbild war nicht immer mehrheitlich gegen einen Einsatz der Bundeswehr. Die PolitikerInnen handelten also im Sinne des Volkes mit der Vergabe des Afghanistan Mandats. Auch jeder Wähler und jede Wählerin trägt mit eine Verantwortung dafür, dass weiterhin Menschen in Afghanistan sterben. Umso mehr freut es mich aktuell, dass eine Mehrheit der Bevölkerung mittlerweile erkannt hat, dass der Einsatz von Soldaten keinen Sinn macht.
(http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/themen/Medien/wittich.html)
„Mitte Oktober wurde in den Medien darüber spekuliert, ob Bundeswehrtruppen bei den Kampfhandlungen in Afghanistan eingesetzt würden. Zu diesem Zeitpunkt waren nur knapp 40 Prozent der deutschen Bevölkerung für einen Bundeswehreinsatz, reichlich 60 Prozent waren dagegen. Anfang März waren diese Einsätze knapp zwei Monate im Gange. Der Nachrichtenlage nach waren dort eingesetzte Bundeswehrangehörige mit Schutz- und Sicherheitsaufgaben betraut, über Verwicklungen in Kampfhandlungen wurde nichts bekannt. Entsprechend hatte sich das Meinungsbild in der deutschen Öffentlichkeit verändert. Nunmehr stimmte 58 Prozent der Deutschen den Einsätzen der Bundeswehr in Afghanistan zu und 42 Prozent lehnten sie ab.“
(http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/themen/Medien/wittich.html)
Bei einer Forsa-Umfrage im März 2002 befürwortete eine große Mehrheit von 62 Prozent den Einsatz am Hindukusch, nur knapp ein Drittel wollte damals einen Abzug der Truppen. (http://www.stern.de/politik/deutschland/stern-umfrage-bundeswehr-soll-raus-aus-afghanistan-704985.html)
Im Jahr 2002 hielten nach einer Emnid Umfrage 55 Prozent der Befragten den Afghanistan Einsatz für richtig, 44 Prozent hielten ihn für falsch. (http://www.focus.de/politik/ausland/umfrage_aid_57018.html)
Eine Forsa Umfrage ergab im September 2005, dass nur knapp ein Drittel der Deutschen (34 Prozent) für einen Abzug aus Afghanistan plädierten. (http://www.welt.de/politik/deutschland/article7174424/62-Prozent-der-Deutschen-fuer-Afghanistan-Abzug.html)
Mitte 2007 lehnten nach einem blutigen Anschlag auf deutsche Soldaten in Kundus 68 Prozent der von Emnid Befragten den Einsatz ab. (http://www.focus.de/politik/ausland/umfrage_aid_57018.html)
Im September 2007 war (laut Forsa) eine Mehrheit von 52 Prozent für einen Rückzug, im September 2008 waren es 59 Prozent. Mit 61 Prozent lehnten im Juli 2009 die Deutschen den Einsatz ab. (http://www.stern.de/politik/deutschland/stern-umfrage-bundeswehr-soll-raus-aus-afghanistan-704985.html)
Nach dem Bombardement auf zwei Tanklastwagen im September 2009 waren laut Forsa 55 Prozent für eine Rückkehr der deutschen Truppen. (http://www.welt.de/politik/deutschland/article7174424/62-Prozent-der-Deutschen-fuer-Afghanistan-Abzug.html)
62 Prozent der Deutschen sprechen sich in einer aktuellen Forsa-Umfrage im April 2010 für einen Abzug aus Afghanistan aus. Nach einer kürzlich veröffentlichten ARD-Blitzumfrage sind 70 Prozent für einen möglichst schnellen Rückzug der deutschen Soldaten. Nur 26 Prozent sind für eine Fortsetzung des Einsatzes- im Herbst 2009 waren das noch 37 Prozent. (http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,689243,00.html)
Ein Vergleich zwischen drei repräsentativen Jugendstudien (jeweils 1992, 2002 und 2005) zeigt, dass ca. 30 % (jeweils nach Jahreszahlen 31,8 %, 29,6 % und 32 %) der Jugendlichen gewaltfrei erzogen wurden. Die große Mitte sind die „konventionell“ erzogenen, die häufig leichte körperliche Bestrafungen und andere Sanktionen erfahren haben und in deren Erziehung „weitgehend“ auf schwere körperliche Gewalt verzichtet wurde. (Zahlen jeweils in der Reihenfolge der Jahreszahlen: 36,4 %, 51,2 % und 46, 7 %). Eine gewaltbelastete Erziehung (Diese Gruppe weist bei allen Sanktionsarten – inkl. psychischer Gewalt - eine überdurchschnittlich hohe Häufigkeit auf, insbesondere auch schwere Körperstrafen.) erlebten jeweils nach Jahreszahlen 31, 8 %, 19,3 % und 21,3 %.
(vgl. Bundesministerium der Justiz (erstellt von Prof. Dr. Kai-D. Bussmann) 2007: Report über die Auswirkungen des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung. Berlin, S. 18 (http://www.bmj.de/files/-/1375/BussmannReport.pdf))
Wir haben also grob gedacht eine drei Drittel Gesellschaft, wobei es natürlich unzählige Grautöne gibt, was das Gewalterleben angeht. Und diese Drittelung wird sich je nach Geburtsjahrgang weiter verändern. Je älter die Menschen, desto verhältnismäßig mehr Gewalterfahrungen, ist hier meine These. Diese Drittelung ist mir immer wieder ins Auge gefallen, wenn es um gesellschaftliche Themen geht. Z.B. bei Alice Schwarzer, die von einer drei Drittel Mentalität bei den Männern ausgeht. „Viele Erfahrungen, Studien und Umfragen deuten zurzeit auf eine Zwei-Drittel-Männergesellschaft hin: Das erste Drittel steht der Sache der Frauen aufgeschlossen und sympathisierend gegenüber, wenn auch nicht ohne Rückfälle. Das zweite Drittel versucht, sich durchzuschlawinern. Das dritte Drittel hat verstanden und hält hart gegen. Wobei Bewusstsein und Bereitschaft zur Veränderung keineswegs immer eine Frage des Alters sind; die jungen, von emanzipierten Müttern und Schwestern geforderten Männer sind jedoch überproportional im ersten Drittel vertreten.“ (http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-17540822.html)
Diese Aufteilung findet sich jetzt auch in interessanten Zahlen bzgl. des Afghanistan Einsatzes (siehe Zahlen oben). 20 Prozent hielten spontan Luftangriffe auf Afghanistan seitens der USA kurz nach dem 11. September – wo alle Emotionen für die USA schlugen - für falsch. Ich glaube, dass diese "20 Prozent" den festen Kern der modernen, gewaltfreien Erziehung in Deutschland repräsentiert. Oder wissenschaftlicher ausgedrückt: Würde man diese 20 Prozent zu ihren Kindheitserfahrungen befragen, würde mit hoher Wahrscheinlichkeit eine große Mehrheit der Befragten eine weitgehend gewaltfreie Erziehung und mehr noch mindestens eine besonders fürsorgliche Elternfigur angeben, davon gehe ich aus. Leider finden solche Art von Befragungen fast nie statt, insofern lässt sich dies schwer überprüfen. Diese 20 % vergrößerten sich dann im Laufe der Zeit – je nach Nachrichtenlage - langsam auf ca. 30-45 Prozent wenn es um den Einsatz der Bundeswehr ging, wie oben dargestellt. Je mehr Opfer publik wurden, desto mehr stieg auch die Ablehnung dem Einsatz gegenüber, ein Zeichen für die gewachsene Empathiefähigkeit von uns Deutschen. Stück für Stück lehnt nun auch eine Mehrheit der Deutschen den Einsatz ab. Ein fester Kern von um die 30-40 % ist immer noch für den Einsatz. In dieser Gruppe der festen 30-40 % vermute ich eine verhältnismäßig große Mehrheit von Menschen, die als Kind schwerere Formen von Gewalt erfahren haben. Auch dies gilt es zu prüfen. Wir werden sehen, ob zukünftig Studien in dieser Art auftauchen werden.
(Menschen, die dies hier lesen, die selbst Gewalt erfahren haben und schon immer gegen den Krieg waren, mögen sich bitte nicht all zu sehr über meine Gedanken ärgern. Die Gedanken beschreiben ein grobes Modell, an den Rändern gibt es immer auch andere Bewegungen und als Menschen sind wir eh zu allem fähig :-).)
Die Mitte – im Sinne wie einleitend oben beschrieben – entscheidet dabei die wesentlichen Richtungen, in die eine Gesellschaft schwenkt, so scheint es. Sie verfügt über beide Anteile, den destruktiven, der sich mit der Macht identifiziert und den konstruktiven, der diese Identifikation auflösen kann und Emphatiefähigkeit zulässt. Die gesellschaftlichen Entwicklungen und Nachrichtenlagen wirken stark auf diese Mitte. Das erste Drittel – die gewaltfrei Erzogenen – stehen grundsätzlich fester im Leben, stehen Krieg aus einem tiefen emotionalen Gefühl heraus ablehnend gegenüber. Insofern sind sie auch weniger durch äußere Einflüsse in ihrer Meinung und Sicht beeinflussbar.
All dies sind meine persönlichen Vermutungen, wie schon gesagt. Einige Zahlen und Indizien (man siehe auch viele Bereiche dieses Blogs) scheinen diese allerdings ein wenig zu bestätigen. Gezielte Studien in dieser Hinsicht wären ein Weg, Kindheitserfahrungen und politische Überzeugungen im Zusammenhang zu betrachten.
Als Schlusswort möchte ich noch loswerden, dass die Deutschen Verantwortung übernehmen müssen. Das Meinungsbild war nicht immer mehrheitlich gegen einen Einsatz der Bundeswehr. Die PolitikerInnen handelten also im Sinne des Volkes mit der Vergabe des Afghanistan Mandats. Auch jeder Wähler und jede Wählerin trägt mit eine Verantwortung dafür, dass weiterhin Menschen in Afghanistan sterben. Umso mehr freut es mich aktuell, dass eine Mehrheit der Bevölkerung mittlerweile erkannt hat, dass der Einsatz von Soldaten keinen Sinn macht.
Montag, 3. Mai 2010
Analyse der Regierungserklärung von Angela Merkel zum Afghanistan Krieg
Ich habe mir die Rede bzw. Regierungserklärung von Angela Merkel vom 22. April 2010 noch mal genau durchgelesen (Plenarprotokoll 17/37) und möchte hier ein kleines Experiment machen. In dem Buch „Das emotionale Leben der Nationen“ von Lloyd deMause habe ich das erste mal von seiner „Fantasieanalyse“ der Reden politischer Führer gelesen. Bei dieser Technik geht es darum, versteckte emotionale Botschaften, sowie anderes verbales und nonverbales Material aus den Reden herauszustellen. Ich fand das damals beim ersten Lesen nicht wirklich bedeutend und fand einiges auch merkwürdig. DeMause hat wichtigere Dinge geschrieben, die sich wissenschaftlich auch besser nachweisen lassen. Trotzdem will ich jetzt mal Neuland betreten und habe mir die Rede von Angela Merkel, in der sie den Krieg in Afghanistan und die Beteiligung der Bundeswehr rechtfertigte, genau angesehen und dabei versucht, die Kriterien von deMause anzuwenden. Danach dachte ich, nun, ähnliche „Fantasiewörter“ bzw. Schlagwörter könnten doch sicherlich auch im ähnlichem Stil und Ausmass bei Reden von Kriegsgegner auftauchen. Wenn dem so wäre, würde die Analyse von deMause kaum Sinn machen, da Kriegsgegner sicher nicht verdeckt emotionale Botschaften für einen Krieg in ihre Rede (unbewusst) einbringen würden. Deshalb habe ich die Reden von Jürgen Trittin und Gregor Gysi (als Vergleichspersonen) auf die gleiche Weise behandelt. Beide Reden wurden am selben Tag in der gleichen Sitzung gehalten. Meine Ergebnisse finde ich recht interessant:
Angela Merkel (CDU) in ihrer Abgabe einer Regierungserklärung zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan:
Gestorben, Terror, Angst, Risiken, Gefahren, missbrauchen, schmerzhaft, missbrauchen, Gefahren, schmerzhaft, Toten, Gefecht, toten Soldaten, Bürgerkrieg, Bürgerkrieg, fürchtet, Opfer, Waffengewalt, Krieg, Gefecht, „Ich habe ihn erschossen. Er oder ich, darum ging es in diesem Fall“, Gefechts, Härte, Krieges, Kriege, Aufopferung, Waffenbrüder, Krieg, Leid, Feindeinwirkung, Leben in Afghanistan verloren, Kampf , Leben verloren, Luftschlag, Tod, Gefahr, Kampfeinsatz, missachtet, Mädchen, katastrophal, Bedrohung, Schattenseiten, Gefahren, Krieges, Terrororganisationen, Terrorangriffe, Terrorismus, Kindern, Piraten, räuberischen Attacken, Gefahr, Gefahren, Kriegen, Bedrohung, Krieges, Krieges, Chaos, Anarchie, Anschläge, Atomterrorismus, Bedrohungen, Nuklearwaffen, Bomben, gefährlich, Gefahr, Nuklearwaffen, Gewalt, Terror, Willkür, Unterdrückung, Anarchie, Chaos, Angst, getötet, Angst, Terrorismus, Leben verloren, Opfer, Terroranschlägen, Angst, verletzt, getötet, Angst, Angst.
Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Getöteten, verletzten, Eskalation, Aufstandsbekämpfung, Opfer, Aufstandsbekämpfung, Aufstandsbekämpfung, Aufstandsbekämpfung, Risiken, Risiken, Krieg, Hilflosigkeit, Gefährdung, Krieg, Krieges, tödlichen Gefahren, töten, Kriegsrhetorik, kriegerische Zustände, Kriegsrhetorik, Staatszerfall, Bürgerkriege, Staatszerfall.
Gregor Gysi (DIE LINKE):
Krieg, Fiasko, Krieg, Irakkrieg, kämpfen, Verletzte, Tote, sterben, Krieges, sterben, Aufschrei, Fiasko, Tod, Krieg, Gefährdung, geistig gestört, verletzten und toten , verletzten und toten, verletzten und toten, Krieges, toten, Krieg, Krieg, Terrorismus, Krieg Terrorismus, bekämpfen, Terroristen, Terroristen, Terrorismus, bekämpfen, Terrorismus, bekämpfen, Krieg, verfeindeten, Krieg, Hass, Terroristinnen und Terroristen, Krieg, Kriege, Kindersoldaten, Mädchen, Krieg, Terroristen, Atomwaffen, Atomwaffen, Atomwaffen, Irakkrieg, Krieg, kämpfen, Krieg.
Wie erwartet kommen auch in den Reden der Kriegsgegner häufig Worte wie „Krieg“, „Terror“, „töten“ bzw. „Toten“ etc. vor. Was allerdings fehlt sind die häufigen Angstwörter. Sie sprechen höchstens von „Gefährdung“ (jeweils einmal) und Trittin benutzt einmal das Wort „Gefahren“. Bei Merkel häufen sich dagegen die Angstwörter: „Gefahren“, „Gefahr“, „gefährlich“, „Bedrohung“ und „Angst“. Dazu kommt, dass sie während ihrer Rede sage und schreibe 22 mal das Wort „Sicherheit“ benutzt. Zusammen mit sehr emotionalen und starken Wörtern wie z.B. „schmerzhaft“ und „katastrophal“. Man muss nicht unbedingt diese Schlüsselwörter sammeln, um zu dem Ergebnis zu kommen, dass Angela Merkel in ihrer Rede mit Angst arbeitet. Durch die Herausstellung dieser Wörter wird es aber noch etwas deutlicher. Angst vor „Gefahren“ zu schüren, um den Krieg zu rechtfertigen, scheint der rote Faden ihrer Rede zu sein. Dazu kommen Wörter, die traumatische Kindheitserfahrungen ihrer ZuhörerInnen ansprechen könnten: missbrauchen, Opfer, Mädchen, schmerzhaft, missachtet, Kindern, Leid, „(Waffen)Brüder, katastrophal, verletzt, fürchtet, Willkür, Unterdrückung usw. Auch diese starken emotionalen Ausdrücke fehlen nahezu komplett bei den Kriegsgegnern.
Es hat sich aus meiner Sicht also gelohnt, die Fantasieanalyse hier mal auszuprobieren. Ich fand es recht erkenntnisreich.
Folgender Satz fiel mir in der Rede von Angela Merkel gesondert besonders auf:
„In einem Interview, das am letzten Sonntag in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung erschienen ist,
hat Hauptfeldwebel Daniel Seibert minutiös ein Gefecht beschrieben, in das er am 4. Juni des letzten Jahres geriet. Auf die Frage, ob er selbst in diesem Gefecht geschossen und einen Menschen getötet hat, antwortet er – ich zitiere –: Ich habe ihn erschossen. Er oder ich, darum ging es in diesem Fall.“ Indirekt aber deutlich verweist sie dann direkt in den Folgesätzen darauf, dass dem Soldaten und den Soldaten an sich Anerkennung und Respekt zu zollen seien, um dann anschließend Obama u.a. mit folgendem Satz zu zitieren: „Der Mut des Soldaten ist ruhmreich, ein Ausdruck der Aufopferung für sein Land, für die Sache und für seine Waffenbrüder.“
Ich finde es gruselig, wenn im deutschen Bundestag vom "Heldentod" deutscher Soldaten gesprochen wird, selbst wenn man sich hier indirekter Hinweise und einem Zitat bedient. Weiter kommentieren muss man diese Rede wohl nicht mehr.
Angela Merkel (CDU) in ihrer Abgabe einer Regierungserklärung zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan:
Gestorben, Terror, Angst, Risiken, Gefahren, missbrauchen, schmerzhaft, missbrauchen, Gefahren, schmerzhaft, Toten, Gefecht, toten Soldaten, Bürgerkrieg, Bürgerkrieg, fürchtet, Opfer, Waffengewalt, Krieg, Gefecht, „Ich habe ihn erschossen. Er oder ich, darum ging es in diesem Fall“, Gefechts, Härte, Krieges, Kriege, Aufopferung, Waffenbrüder, Krieg, Leid, Feindeinwirkung, Leben in Afghanistan verloren, Kampf , Leben verloren, Luftschlag, Tod, Gefahr, Kampfeinsatz, missachtet, Mädchen, katastrophal, Bedrohung, Schattenseiten, Gefahren, Krieges, Terrororganisationen, Terrorangriffe, Terrorismus, Kindern, Piraten, räuberischen Attacken, Gefahr, Gefahren, Kriegen, Bedrohung, Krieges, Krieges, Chaos, Anarchie, Anschläge, Atomterrorismus, Bedrohungen, Nuklearwaffen, Bomben, gefährlich, Gefahr, Nuklearwaffen, Gewalt, Terror, Willkür, Unterdrückung, Anarchie, Chaos, Angst, getötet, Angst, Terrorismus, Leben verloren, Opfer, Terroranschlägen, Angst, verletzt, getötet, Angst, Angst.
Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Getöteten, verletzten, Eskalation, Aufstandsbekämpfung, Opfer, Aufstandsbekämpfung, Aufstandsbekämpfung, Aufstandsbekämpfung, Risiken, Risiken, Krieg, Hilflosigkeit, Gefährdung, Krieg, Krieges, tödlichen Gefahren, töten, Kriegsrhetorik, kriegerische Zustände, Kriegsrhetorik, Staatszerfall, Bürgerkriege, Staatszerfall.
Gregor Gysi (DIE LINKE):
Krieg, Fiasko, Krieg, Irakkrieg, kämpfen, Verletzte, Tote, sterben, Krieges, sterben, Aufschrei, Fiasko, Tod, Krieg, Gefährdung, geistig gestört, verletzten und toten , verletzten und toten, verletzten und toten, Krieges, toten, Krieg, Krieg, Terrorismus, Krieg Terrorismus, bekämpfen, Terroristen, Terroristen, Terrorismus, bekämpfen, Terrorismus, bekämpfen, Krieg, verfeindeten, Krieg, Hass, Terroristinnen und Terroristen, Krieg, Kriege, Kindersoldaten, Mädchen, Krieg, Terroristen, Atomwaffen, Atomwaffen, Atomwaffen, Irakkrieg, Krieg, kämpfen, Krieg.
Wie erwartet kommen auch in den Reden der Kriegsgegner häufig Worte wie „Krieg“, „Terror“, „töten“ bzw. „Toten“ etc. vor. Was allerdings fehlt sind die häufigen Angstwörter. Sie sprechen höchstens von „Gefährdung“ (jeweils einmal) und Trittin benutzt einmal das Wort „Gefahren“. Bei Merkel häufen sich dagegen die Angstwörter: „Gefahren“, „Gefahr“, „gefährlich“, „Bedrohung“ und „Angst“. Dazu kommt, dass sie während ihrer Rede sage und schreibe 22 mal das Wort „Sicherheit“ benutzt. Zusammen mit sehr emotionalen und starken Wörtern wie z.B. „schmerzhaft“ und „katastrophal“. Man muss nicht unbedingt diese Schlüsselwörter sammeln, um zu dem Ergebnis zu kommen, dass Angela Merkel in ihrer Rede mit Angst arbeitet. Durch die Herausstellung dieser Wörter wird es aber noch etwas deutlicher. Angst vor „Gefahren“ zu schüren, um den Krieg zu rechtfertigen, scheint der rote Faden ihrer Rede zu sein. Dazu kommen Wörter, die traumatische Kindheitserfahrungen ihrer ZuhörerInnen ansprechen könnten: missbrauchen, Opfer, Mädchen, schmerzhaft, missachtet, Kindern, Leid, „(Waffen)Brüder, katastrophal, verletzt, fürchtet, Willkür, Unterdrückung usw. Auch diese starken emotionalen Ausdrücke fehlen nahezu komplett bei den Kriegsgegnern.
Es hat sich aus meiner Sicht also gelohnt, die Fantasieanalyse hier mal auszuprobieren. Ich fand es recht erkenntnisreich.
Folgender Satz fiel mir in der Rede von Angela Merkel gesondert besonders auf:
„In einem Interview, das am letzten Sonntag in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung erschienen ist,
hat Hauptfeldwebel Daniel Seibert minutiös ein Gefecht beschrieben, in das er am 4. Juni des letzten Jahres geriet. Auf die Frage, ob er selbst in diesem Gefecht geschossen und einen Menschen getötet hat, antwortet er – ich zitiere –: Ich habe ihn erschossen. Er oder ich, darum ging es in diesem Fall.“ Indirekt aber deutlich verweist sie dann direkt in den Folgesätzen darauf, dass dem Soldaten und den Soldaten an sich Anerkennung und Respekt zu zollen seien, um dann anschließend Obama u.a. mit folgendem Satz zu zitieren: „Der Mut des Soldaten ist ruhmreich, ein Ausdruck der Aufopferung für sein Land, für die Sache und für seine Waffenbrüder.“
Ich finde es gruselig, wenn im deutschen Bundestag vom "Heldentod" deutscher Soldaten gesprochen wird, selbst wenn man sich hier indirekter Hinweise und einem Zitat bedient. Weiter kommentieren muss man diese Rede wohl nicht mehr.