Samstag, 23. August 2014

Krisen in der Welt. Wie derzeit das Opfer in den Menschen erwacht.

Die derzeitigen Krisen in der Welt und die politischen wie auch medialen Reaktionen darauf in der westlichen Welt erscheinen vordergründig sehr komplex, so dass sie mich zunächst einmal gedanklich überfordert haben. An einigen Eckpunkten wird für mich jetzt allerdings deutlich, wie sehr emotionale Prozesse die Dinge steuern. Und gerade deshalb ist es richtig, die Dinge als das zu sehen, was sie im Grunde sind: Irrational und Wahnsinn. 

Für den Stern hat der Fotograf Dmitry Beliakov mehrere Wochen Separatisten im Osten der Ukraine begleitet. Er sagt: „Diese Leute haben nichts zu verlieren. Die meisten waren nie im Ausland, hatten nie eine Karriere, nie eine glückliche Familie. Dieser Krieg ist ihr Moment. Jetzt haben sie Waffen. Und Macht. Sie können dir dein Auto nehmen, dein haus, dein leben. Sie haben zum ersten Mal das Gefühl, etwas wert zu sein.“ (Stern, Nr. 33, 07.08.2014, „An der Front“ (von Andreas Albes), S. 40)

Mir kommt es so vor, als habe Beliakov mit dieser Passage im Grunde die eigentlichen Motivationen der Kämpfer in allen aktuellen Krisengebieten beschrieben. Ich erinnere mich, dass wir früher in der Schule über Neonazis in Deutschland deren Parole „Hasste was, bist Du was“ besprochen haben. Dies fällt mir heute wieder ein. Wenn das Leben und eigene Fühlen nur aus Leere besteht, dann neigen Menschen dazu, im Hass kurzfristig Lebendigkeit, Fühlen, Sinn und Identität zu suchen. Wenn aus dem Hass dann realer Kampf wird, kommt auch noch hinzu, dass man eigentlich sterben will oder der eigene Tod kein bedeutender Faktor ist. Wenn man innerlich bereits tot ist, dann ist der körperliche Tod nur noch Erlösung.

Um Kriege zu verhindern, müssen wir weit aus früher beginnen. Wir müssen zusehen, dass Menschen emotional am Leben bleiben. Extremes Elend und Kriegserlebnisse sind eine Sache, die Menschen innerlich abtöten können. Noch gewichtiger scheint mir der Umgang mit Kindern. Wenn Kinder in ihrer Lebendigkeit durch ihre Bezugspersonen anerkannt und gestärkt werden, wenn sie liebevoll begleitet werden, dann entwickeln sie ein starkes emotionales Gerüst, das so schnell nicht einstürzt, selbst wenn sie einmal äußeres Leid, Elend und Krisen erleben. Solche Menschen suchen dann keine Erlösung in Hass und Mord, sondern versuchen das Beste aus der Situation zu machen.

Ich bin sicher, dass wir derzeit den Aufbruch der als Kind gequälten, der als Kind seelisch ermordeten erleben. Der enorme Druck durch schnelle Veränderungen, Fortschritt, Digitalisierung, Reformen, Wirtschafswachstum, Frauenrechten usw. lässt ergänzend das Opfer in den Menschen erwachen. Dieses Opfer fordert wiederum Opfer, um sich zu erleichtern.

Mitglieder der Hamas haben aktuell ca. 18 angebliche palästinensische „Spione“ exekutiert, einige von ihnen direkt nach dem Freitagsgebet vor einer Moschee. „Das sind Verräter und Spione.“, wird ein Hamasmitglied zitiert.  „Wir müssen uns von ihnen säubern. Sie sind genauso schlimm, wie die Drohnen. Wir säubern unser Gebiet von ihnen bevor wir es von den Juden reinigen."  (Bericht von Torsten Teichmann für den Bayrischen Rundfunk vom 22.08.14)

Präsident Obama sprach bzgl. dem Kampf gegen IS (Islamischer Staat) folgendes:
Es muss eine gemeinsame Anstrengung geben, den Krebs zu entfernen, damit er sich nicht ausbreitet.“ (Handelblatt, 20.08.2014, Obama will „unnachgiebig den Krebs entfernen“)
Diese Sprache von „Säuberungen“, „Reinigungen“ oder entfernen von Krebsgeschwüren in Bezug auf Menschen verrät die eigentlichen emotionalen Motive. Menschen, die als Kind nicht geliebt wurden, denen sogar etwas angetan wurde, die fühlen sich in der Tat vergiftet. Das Gefühl an sich ist echt und begründet. Anstatt sich davon z.B. durch Psychotherapie zu lösen, werden Außen Menschen als „Giftcontainer“ missbraucht.

Der Staat des Bösen“ nennt der SPIEGEL aktuell (18.08.2014, Nr. 34) in seinem Titelbild den „Islamischen Staat“. Der Titel hat mich aufgeschreckt. Nachdem Russland zum neuen Bösen wurde, jetzt auch der „Islamische Staat“. Ertragen wir es immer noch nicht, ohne große Feindbilder zu leben, ohne ein Bild von einem ganz besonders Bösen? Um nicht missverstanden zu werden. Natürlich agiert Russland destruktiv, vielleicht auch mörderisch in der Ukraine und natürlich sind die IS Kämpfer grausame Mörder. Ich sehe aber eine besondere Gefahr darin, diese Entwicklungen als die Machenschaften des reinen Bösen zu betiteln. Denn dies macht blind bzgl. eigener Verstrickungen in destruktive politische Entwicklungen und es birgt die Gefahr, selbst zum Schlächter zu werden, der „das Böse“ wie einen Krebstumor bekämpft.

In diesen Tagen tat mir persönlich ein Artikel von Jokob Augstein bei SPIEGEL-Online (21.08.2014, "Deutsche Waffenlieferungen: Bekämpfen, was wir selber schaffen") sehr gut. Der Artikel ist durchzogen von Rationalität und echtem Fühlen. Etwas, das mir in den letzten Wochen oft fehlte in der öffentlichen Debatte.
Wir bekämpfen, was wir selber schaffen.“ ist sein Schlusswort. Und in der Tat hat der Westen wohl vieles dafür getan, dass die Dinge derart aus dem Ruder gelaufen sind. Wenn man darum weiß, dass als Kind durch vor allem Eltern traumatisierte Menschen oftmals einen äußeren Feind herbeisehnen, um sich von der inneren Misere zu befreien und Politiker ebenfalls Menschen sind, die einst Kinder waren, dann macht vieles Sinn, was auf den ersten Blick unsinnig und Wahnsinn ist. Z.B. war der letzte große Irakfeldzug der USA bereits das Fundament für anhaltende Konflikte und neue Feindbilder. Dieses Ziel steht auf keiner politischen Agenda. Es schleicht unbewusst in den Reihen der politischen Führer, aber auch in Teilen des Volkes und der Wirtschaft.

Mir scheint, dass Kinderschützer und PsychotherapeutInnen im Grunde diejenigen sind, die, sofern sie erfolgreich arbeiten können, die Geschicke der Nationen zukünftig am besten in Richtung Frieden lenken können. Die USA wird dies früher oder später stark verändern, da dort stetige Kinderschutzaktivitäten zu verzeichnen sind (wenn auch nicht auf West-EU Niveau). Der Nahe Osten ist derzeit mit Afrika zusammen das Gebiet, das die wohl denkbar schlechtesten Kindererziehungspraktiken aufweist. Aber auch dort sind Veränderungen möglich, wenn sie denn gewollt sind und mit Hilfe von Außen unterstützt würden.

Samstag, 9. August 2014

Kindliche Gewalterfahrungen von Sexualstraftätern (und von asiatischen Männern im Allgemeinen)

Ich habe kürzlich zwei interessante Studien gefunden, die ich nachfolgend besprechen möchte.

10.178 Männer im Alter zwischen 18 und 49 Jahren wurden für eine große Studie in den Ländern Bangladesch, China, Kambodscha, Indonesien, Papua Neuguinea und Sri Lanka repräsentativ befragt:
Jewkes, Rachel;   Fulu, Emma;  Roselli, Tim;  Garcia-Moreno, Claudia (2013): Prevalence of and factors associated with non-partner rape perpetration: findings from the UN Multi-country Cross-sectional Study on Men and Violence in Asia and the Pacific. In: The Lancet Global Health, Volume 1, Issue 4, Pages e208 - e218, doi:10.1016/S2214-109X(13)70069-X

Ziel der Studie war es vordergründig, etwas über männliche Täter speziell bzgl. dem  Sexualdelikt Vergewaltigung herauszufinden. Dies an sich ist bereits interessant und mir ist bisher keine Studie bekannt, die bzgl. der Fragestellung ähnlich ausführlich und groß gestaltet wurde. Die Studie hat allerdings weit mehr erfasst, u.a. auch Angaben zu eigenen Opfererfahrungen in der Kindheit und sonstigem destruktivem Verhalten, was sie für mich besonders interessant macht. 

Ausgewählte Ergebnisse:

Zwischen einem von fünf (ca. 20 %) und einem von acht Männern(ca. 12,5 %) hat in den befragten asiatischen Ländern jemals eine Vergewaltigung begangen. Papua Neuguinea stach dabei deutlich heraus, hier waren weit mehr Männer Täter, als vorgenannt. Fast jeder Zweite (bezogen auf alle Befragten der Stichprobe, die Vergewaltigungen eingeräumt haben) hat mehr als eine Frau vergewaltigt.
In der Studie wurden zwei Kategorien von Vergewaltigern unterschieden: Solche, die alleine Vergewaltigungen begangen haben und solche, die zusammen mit anderen Männern Vergewaltigungen (also Gruppenvergewaltigung) oder manchmal zusätzlich auch alleine begangen haben.
Ich fand an der zitierten Studie folgendes besonders interessant (Tabelle 3):

- 35,3 % der Vergewaltiger und 36,1 % der Gruppenvergewaltiger hatten Alkoholprobleme (nur 8 % der Nicht-Vergewaltiger)

- 50,9 % der Vergewaltiger und 52,9 % der Gruppenvergewaltiger übten häusliche Gewalt gegen Frauen aus (23,8 % der Nicht-Vergewaltiger)

- 64 % der Vergewaltiger und 77 % der Gruppenvergewaltiger waren Freier (30,8 % der Nicht-Vergewaltiger)

- 35,3 % der Vergewaltiger und 36,7 % der Gruppenvergewaltiger waren in Kämpfe mit Waffen außerhalb ihres Zuhauses verwickelt (9,2 % der Nicht-Vergewaltiger)

- 26,6 % der Vergewaltiger und 40,8 % der Gruppenvergewaltiger waren in Gangs verwickelt(6,1  % der Nicht-Vergewaltiger)

- 19 % der Vergewaltiger und 30 % der Gruppenvergewaltiger hatten innerhalb eines Jahres Drogen genommen (7,9 % der Nicht-Vergewaltiger)

(Ergänzend fand ich interessant, dass die Vergewaltiger deutlich häufiger von mehr freiwilligen Sexualpartnern berichteten, als die Nicht-Vergewaltiger. 68,5 % der Nicht-Vergewaltiger hatten keinen oder einen Sexualpartner, 19,7 % zwei bis drei. 11,8 % mehr als vier. Von den Vergewaltigern hatte nur ca. jeder 4. (ca. 25 %) keinen oder einen Sexualpartner; ca. jeder Dritte hatte zwei bis drei und fast 40 % der Vergewaltiger hatten vier und mehr Sexualpartner. Jedem, der sich mit sexueller Gewalt befasst, ist klar, dass sexuelle Gewalt nichts mit Sex zu tun hat. Diese Zahlen zeigen deutlich, dass Vergewaltiger meist keinen Mangel an Sex haben. Ihnen geht es offensichtlich viel mehr um Machtdemonstration und Demütigungen eines Menschen.)

Dies alles deutet darauf hin, dass man so etwas wie „Vergewaltigung“ nicht isoliert- als quasi als eine einzige destruktive Eigenschaft des entsprechenden Mannes – sehen kann. Solche Männer scheinen vielmehr von Destruktivität durchzogen zu sein. Ich finde es sehr wichtig, dass diese Feststellung einmal wissenschaftlich nachweisbar ist. Natürlich kommen viele Vergewaltiger auch aus der Mitte der Gesellschaft, sie sind Nachbarn, Verwandte, Freunde, Partner, Dorfvorsteher usw. Aber es sind – das zeigt diese Studie eindrücklich – im Grunde keine „ganz normalen Männer“ (im Sinne von psychisch gesund, nicht-selbst-schädigend, lebensbejahend und liebevoll). Ich hatte dies kürzlich auf eine andere Art in einem Beitrag bzgl. NS-Tätern und deren Verhalten im Privaten/in der Familie beschrieben, das sich offensichtlich häufig extrem destruktiv gestaltete. Im Grund ist es sehr wahrscheinlich, dass sich die o.g. Vergewaltiger auch bzgl. des Umgangs mit Kinder (sofern sie eigene haben) deutlich von den Nicht-Vergewaltigern unterscheiden. Leider wurde dieser Bereich nicht abgefragt. Es entspricht auch meiner Lebenserfahrung und Berichten über das Leben von grausamen Menschen: Destruktivität kommt selten alleine. Ab bestimmten destruktiven Verhaltensweisen (Vergewaltigung, Mord, (schwere) Misshandlung von Kindern usw.) kann mensch fast sicher sein, dass entsprechende Akteure/TäterInnen in vielerlei Hinsicht daran arbeiten, sich und/oder andere zu zerstören (auch wenn dies manchmal nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist.)

Zurück zu den Ergebnissen der Studie:

Es wurden zudem starke Zusammenhänge bzgl. Vergewaltigern und eigenen diversen (schweren) Gewalterfahrungen in der Kindheit gefunden. Leider wurde nicht ausgewiesen, wie viel Prozent der Vergewaltiger als Kind nicht Opfer von (schwerer) Gewalt wurden. (Das ist leider ein Fehler von vielen derart angelegten Studien, kaum eine geht der Frage nach, ob Täter gänzlich ohne Gewalterfahrungen als Kind aufgewachsen sind.) Zudem wurden keine Abstufungen aufgeführt (auch dies ist ein typischer Mangel solcher Studien). Es macht einen Unterschied, ob ein Kind zwei oder drei Mal z.B. körperlich misshandelt wird oder ob dies wöchentlich oder gar täglich geschieht. Auch ein nicht unwesentlicher Teil der Nicht-Vergewaltiger hat Gewalt erfahren. Hier wäre es z.B. interessant zu vergleichen, ob es Unterschiede zu Vergewaltigern bzgl. der Häufigkeit und Intensität der Gewalt gibt, was ich stark vermute. Zudem fehlt in der Studie auch eine Aufstellung bzgl. multipler Gewaltbetroffenheit. Je mehr verschiedene Formen von Gewalt als Kind erlitten wurden, desto schwerwiegender sind die Folgen. Eine Aufgliederung bzgl. dem Anteil, der alle vier, alle drei, zwei oder nur eine Form abgefragter Gewalt erlitten hat, wäre sicher aufschlussreich gewesen. (Die selbe Kritik trifft im Übrigen auf die weiter unten besprochene Studie zu.)

Gewalterfahrungen in der Kindheit von Vergewaltigern und Nicht-Vergewaltigern im Vergleich:

- 58,7  % der Vergewaltiger und 60,5 % der Gruppenvergewaltiger hatten als Kind körperliche Misshandlungen (also schwere Gewalt gegen das Kind) erlebt  (dagegen 31,4 % der Nicht-Vergewaltiger)

- 31,3 % der Vergewaltiger und 36,6 % der Gruppenvergewaltiger  wurden als Kind sexuell missbraucht (16 % der Nicht-Vergewaltiger)

- 51,9 % der Vergewaltiger und 59,7 % der Gruppenvergewaltiger erlebten emotionale Misshandlungen oder Vernachlässigung (30 % der Nicht-Vergewaltiger)

- 9,9 % der Vergewaltiger und 18,4 % der Gruppenvergewaltiger  wurden durch einen Mann als Kind vergewaltigt  oder sexuell genötigt (3,3 % der Nicht-Vergewaltiger)


Allgemeine Gewaltbetroffenheit in der Kindheit von Männern im asiatischen Raum

Die Studie erlaubt es zusätzlich, die Daten bzgl. (schweren) Gewalterfahrungen zusammenzuzählen (also Nicht-Vergewaltiger + Vergewaltiger) und auf die gesamten befragten Männer zu beziehen. Da die Stichprobe repräsentativ war kann man also sagen, dass die Männer in den befragten asiatischen Ländern allgemein wie folgt von (schwerer) Gewalt in der Kindheit betroffen waren.

- 34,44 % (3425 von 9946) erlebten körperliche Misshandlung (schwere körperliche Gewalt)

- 32,71 % (3253 von 9946) erlebten emotionale Misshandlungen oder Vernachlässigung

- 17,84 % (1774 von 9946) erlebten sexuellen Missbrauch

-  4,33 % (427 von 9869) wurden durch einen Mann als Kind vergewaltigt  oder sexuell genötigt

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Deutsche Studie bzgl. inhaftierten Sexualstraf- und Gewalttätern

Ich möchte dem Beitrag hier eine weitere Studie anhängen, die ich kürzlich gefunden habe. Für die Studie wurden inhaftierte Kindesmissbraucher, allgemeine Gewaltstraftäter und  Sexualstraftäter (nur sexuelle Gewalt gegen Erwachsene) miteinander verglichen: 
Urban, Dieter &  Fiebig, Joachim (2011): Pädosexueller Missbrauch: wenn Opfer zu Tätern werden. Eine empirische Studie. In: Zeitschrift für Soziologie, Jg. 40, Heft 1, Februar 2011, S. 42–61
Ausgewählte Ergebnisse:

Sexuellen Missbrauch in der eigenen Kindheit
(bis zum Alter von 14. Jahren mit Körperkontakt) erlebten:

Kindesmissbraucher (N = 130) = 48,5 %

Sexualstraftäter - nicht gewalttätig gegen Kinder (N = 67) = 28,4 %

nicht sex. Gewalttäter (N = 157) = 15,9 %

Bzgl. der nachfolgenden Gewalterfahrungen muss erwähnt werden, dass nur solche in den Zahlen aufgenommen wurden, die häufiger bzw. erheblicher waren. Insofern geben die Zahlen nicht einen absoluten Wert sämtlicher Gewalterfahrungen wieder. (Anders beim sexuellen Missbrauch, hier wurden alle Gewalterfahrungen mit Körperkontakt erfasst.)

Erlittene körperliche Gewalt in der Kindheit (u.a. geohrfeigt, mit der Faust geschlagen)

Kindesmissbraucher (N = 130) = 50,8 %

Sexualstraftäter - nicht gewalttätig gegen Kinder (N = 67) = 40,3 %

nicht sex. Gewalttäter (N = 157) = 47,1 %

Erlittene psychische Gewalt in der Kindheit (u.a. Nichtbeachtung, Erniedrigung, Bedrohung)

Kindesmissbraucher (N = 130) = 47,7 %

Sexualstraftäter - nicht gewalttätig gegen Kinder (N = 67) = 43,3 %

nicht sex. Gewalttäter (N = 157) = 42,7 %

Beobachtete körperliche Gewalt in der Familie

Kindesmissbraucher (N = 130) = 46,2 %

Sexualstraftäter - nicht gewalttätig gegen Kinder (N = 67) = 49,3 %

nicht sex. Gewalttäter (N = 157) = 50,3 %

Die Studie konnte deutlich nachweisen, dass eigene sexuelle Opfererfahrungen deutlich das Risiko erhöhen, selbst sexuelle Gewalt gegen Kinder auszuüben (fast jeder Zweite Kindesmissbraucher ist selbst sexuell missbraucht worden.) Leider wurde auch bei dieser Studie versäumt aufzuführen, wie viel Prozent der Straftäter keine der vier abgefragten verschiedenen Opfererfahrungen in der Kindheit erlitten haben. Insgesamt zeigen die aufgeführten Zahlen eine sehr hohe Rate von Opfererfahrungen bei allen drei Straftätertypen, wobei die Kindesmissbraucher bzgl. sexueller Gewalterfahrungen überdurchschnittlich hervorstechen. Die Studie ist nicht direkt mit Gewaltstudien bzgl. der allgemeinen Bevölkerung vergleichbar, da jede Studie anders aufgebaut wird. Sie zeigt aber deutliche Tendenzen. So stellte das KFN (http://www.kfn.de/versions/kfn/assets/fob118.pdf, S. 22) in einer großen repräsentativen aktuellen Befragung fest, dass nur 1,1 % der Männer in Deutschland sexuellen Missbrauch mit Körperkontakt vor dem 14. Lebensjahr erlebt haben. Selbst wenn man Exhibitionismus (1,3 %) und „sonstige sexuelle Handlungen“ (0,3%) hinzuziehen würde, käme man nicht annähernd an die Opferraten der drei Straftätertypen! Auch von den drei  anderen  Opfererfahrungen (psychische Gewalt, beobachtete körperliche Gewalt, erlebte körperliche Gewalt) sind die Straftäter sehr häufig betroffen. Die Studie ergänzt u.a. die oben besprochene Studie bzgl. Vergewaltigern. Sexualstraftäter (aber auch nicht-sexuelle Gewalttäter) scheinen in hohem Maße von Gewalt in der Kindheit betroffen zu sein.