Mittwoch, 24. August 2022

Nachtrag zum Beitrag über Eva Braun: Wurde sie sexuell missbraucht?

Letzte Nacht drang bei mir plötzlich ein Gedanke ins Bewusstsein. Plötzlich tauchte bei mir die Frage auf, ob Eva Braun evtl. von ihrem Vater sexuell missbraucht wurde?

Normalerweise schlafe ich recht gut. Aber nach der Veröffentlichung meines gestrigen Beitrags über die Kindheit von Eva Braun setzte mein Gehirn Fragmente und Fragen zusammen. Im psychotherapeutischen Rahmen spricht man von „Übertragung“, wenn der Therapeut plötzlich Bilder im Kopf oder Gefühle entwickelt, die so vom Patienten gar nicht ausgesprochen, sondern unbewusst und „verdeckt“ angetragen wurden. Damit lässt sich dann therapeutisch arbeiten. Ich selbst bin nur durch das Lesen von Biografien in das Leben von Eva Braun eingetaucht, was natürlich etwas ganz anderes ist. Trotzdem hatte ich so etwas bei anderen von mir untersuchten Akteuren eigentlich noch nie, dass plötzlich solch drängende Fragen auf einen Schlag auftauchen…

Ich habe erst etwas gezögert, ob ich meine Gedanken dazu veröffentlichen soll. Das Ganze bleibt reine Spekulation! Ich möchte meine Gedankengänge trotzdem offenlegen (alleine schon, damit ich nicht wieder im Schlaf gestört werde!). 

Sexueller Missbrauch ist an sich eine Art „Tabu im Tabu“. Der ganze Bereich Kindesmisshandlung ist schambeladen und oftmals tabuisiert, gerade auch, wenn die Gewalt durch Familienmitglieder ausgeht. Nimmt diese Gewalt sexuelle Formen an, ist es für Betroffene erfahrungsgemäß doppelt schwierig, darüber zu berichten oder auch nur selbst darüber zu reflektieren. Das ist das Eine. 

Lambert hat berichtet, dass Eva das Lieblingskind ihrer Mutter war (Lambert 2014, S. 50). Trotzdem ließ sie Eva nach der Trennung von ihrem Mann und dem anfänglichen Aufenthalt auf dem Land bei ihren Großeltern zurück. Eva war zu der Zeit sieben Jahre alt. Warum ließ sie das Kind zurück? Dies ist absolut unverständlich. Als Sechszehnjährige wurde Eva erneut weggeschickt, diesmal auf ein klösterliches Internat. Der Plan war ursprüngliche, dass sie ganze zwei Jahre blieb. 

Die Ehekrise und Trennung der Eltern werden von den Biografinnen mit großen Fragezeichen unterlegt. Eine Scheidung war damals in Deutschland quasi unbekannt, schrieb Lambert. Schwierige Ehen gab es zu Hauf, trotzdem trennte man sich nicht, gerade auch, wenn man so christlich geprägt war wie die Brauns. Lambert spekuliert über eine mögliche Affäre des Ehemannes: „If an affair (…) had come to light Fanny would have found this hard to accept” (Lambert 2014, S. 58). 

Nach dem Krieg war zudem die Wirtschaftslage sehr angespannt. Eine Scheidung gerade im Jahr 1921 war nochmals eine doppelte Herausforderung und machte auch deswegen kaum Sinn. 

Evas Vater war ein kriegstraumatisierter Mann, der sich in sich selbst und vor seiner Familie zurückzog. Ein Kind will selbstverständlich einen glücklichen Vater und spürt dessen Not. Die Ehe der Eltern war zudem bald nach seiner Rückkehr aus dem Krieg in einer Dauerkrise. Vermutlich galt dies auch für die sexuelle Beziehung zwischen den Eheleuten.
Eine Nichte berichtete später, dass Evas Vater ein eigenes Schlaf-/Wohnzimmer bewohnte und auch dort aß, getrennt von der Familie (Lambert 2014, S. 57). 

Vor all diesen Hintergründen bildet sich bei mir ein mögliches Szenario heraus:
Könnte der Grund für die außergewöhnliche Trennung und Scheidung und das spätere Zurücklassen von der Lieblingstochter Eva (die dadurch nicht mehr auf ihren Vater traf) ihren Grund darin haben, dass Evas Mutter eine wie auch immer sich ausgestaltende sexuell übergriffige Beziehung des Vaters zu Eva wahrnahm oder dies befürchtete? Hat der Vater seine Tochter als „Trostpflaster“ missbraucht?

Die massive Suizidalität von Eva Braun und zugleich diese „kindlich“ wirkende Verspieltheit („Eingefroren sein“ in einer kindlichen Phase), die wir aus vielen Videos von ihr kennen, passen auch hier ins Bild. Bzgl. ihrer von mir im Blogbeitrag aufgezeigten Kindheitsbelastungen fehlt mir persönlich noch etwas mehr, was diese große Todessehnsucht erklären würde.   

Nun, vielleicht war es auch wirklich eine außereheliche Affäre, die all dies auslöste, so wie Lambert vermutet. Fest steht, dass wir die Wahrheit nicht mehr erfahren werden. 


Dienstag, 23. August 2022

Die Kindheit von Eva Braun

Ich gehe grundsätzlich davon aus, dass Paarbeziehungen häufig auf Grund ähnlicher oder sich verzahnender Kindheitserfahrungen zustande kommen. Mann/Frau „erkennt sich“. Sehr deutlich nachweisbar ist dies beispielsweise bei von häuslicher Gewalt geprägten Beziehungen: Täter (meist männlich) und Opfer (meist weiblich) verbindet oftmals eine leidvolle Kindheitsbiografie, die unterschiedlich ausagiert wird. 

Eva Braun ist eine historische Figur, von der ich erwartet habe, dass auch ihre Kindheit belastet und nicht von Liebe geprägt war. Nur so ist meiner Auffassung nach ihre starke Bindung an Adolf Hitler zu erklären. Jetzt fand ich endlich einmal die Zeit, dazu zu recherchieren. 

Eva Braun wurde am 06.02.1912 als zweite Tochter der Familie geboren. Später kam noch ein drittes Mädchen hinzu.
Ihr Vater Friedrich (ein Lehrer) hatte sich 1914 freiwillig für den Krieg gemeldet. Erst im Jahr 1919 kam er zu seiner Familie zurück. In diesen Jahren lebte Franziska Braun weitgehend alleine mit ihren drei Kindern. Nach der Rückkehr ihre Mannes durchlebte das Paar eine Ehekrise, die am 03.04.1921 mit der Scheidung endete. Allerdings kamen beide auch wieder zusammen. Ende des Jahres 1922 heirateten sie erneut. Die Biografin Heike Görtemaker spekuliert, dass der erneute Zusammenschluss finanzielle Gründe hatte, denn die Wirtschaftssituation war nach dem Krieg enorm schwierig (Görtemaker 2010, S. 39f.).
Dafür spricht wohl auch, dass die Ehe problematisch blieb: „Die Ehe der Brauns scheint (…) immer noch nicht glücklich gewesen zu sein. So bezeichnete Herta Ostermeier, die beste Freundin Eva Brauns, deren damalige Familienverhältnisse in einer späteren Erklärung als `nicht sehr erfreulich`. Eva Braun habe deshalb, teilte Ostermeier mit, `fast ihre ganze Jugend in meinem Elternhaus` verlebt und auch die Ferien `mit mir auf dem Gut meiner Verwandten` verbracht. Ihre Bindung an die Eltern der Schulfreundin hätten sich dabei derart eng gestaltet, dass sie diese ebenfalls mit `Vater und Mutter` angesprochen habe“ (Görtemaker 2010, S. 41).
Evas Mutter betonte dagegen rückblickend nach dem Krieg, dass ihre Kinder in einem intakten Elternhaus aufgewachsen wären, in dem es nicht einmal einen richtigen Streit gegeben hätte. „Diese Aussage ist angesichts der Tatsache einer rechtskräftigen Scheidung offensichtlich unwahr“ (Görtemaker 2010, S. 42). Dass Eva sich eine Ersatzfamilie suchte, spricht ergänzend Bände. 

Auch eine Nichte bestätigte später, dass sich die Eheleute Braun nicht verstanden und keine enge Ehe führten (Lambert 2014, S. 57f.). Eine Scheidung war zur damaligen Zeit eine höchst ungewöhnliche Sache, zumal die Familie auch noch extrem christlich geprägt war. Es bleibt unsere Fantasie überlassen, was alles zwischen den Eheleuten vorgefallen sein mag, dass es zu diesem Schritt kam (auch wenn er später wieder rückgängig gemacht wurde). Die Kinder standen dazwischen und haben sicher einiges miterlebt, was belastend war, Lambert (2014, S. 61) schreibt: „(…) at a time when separation were virtually unknown in Germany, proves that something went very wrong between husband and wife” 

Für Eva kam eine weitere, besondere Belastung hinzu. Ihre Mutter verließ nach der Trennung von ihrem Mann die gemeinsame Wohnung in München und zog mit ihren drei Kindern zu ihren Eltern aufs Land. Als dann später beschlossen wurde, dass sie wieder zurück nach München zog, ließ sie Eva einfach bei ihren Eltern. In deren Wohnort besuchte Eva mehrere Monate die dortige Volksschule. Lambert kommentiert: „Eva cannot have been happy there, not entirely happy living with her grandparents. Summer holidays in the country were one thing; being forced to leave her parents, her friends and her family routine at the age of seven was quite another” (Lambert 2014, S. 60). Warum ausgerechnet Eva zurückgelassen wurde und wie lange genau sie bei den Großeltern blieb, erschließt sich der Quelle nach nicht. 

Dies blieb aber nicht die einzige Trennung von der Familie und der vertrauten Umgebung. Als Eva sechszehn Jahre alt war, beschlossen ihre Eltern, sie auf eine Klosterschule (Internat) 120 Kilometer nordöstlich von München zu schicken. „Eva would be forced to leave home, leave her friends and her social life (…) to be incarcerated for two years with nuns. She raged and wept and sulked in her room but her parents were adamant. It´s likely that, behind the histrionics, she felt rejected“ (Lambert 2014, S. 67). Später erinnerte sich eine Nonne, dass Eva keine engen Freunde in dem Kloster hatte. In dem Kloster herrschte außerdem ein striktes Regime. Eva schaffte es aber, nach neun Monaten wieder nach Hause zu kommen. Offensichtlich hatte sie sich schulisch nicht besonders engagiert. 

Lambert (2014, S. 49f.) beschreibt, dass Friedrich nach dem Krieg launisch, unzugänglich und depressiv wurde. Ohne ihn war die Familie zuvor gut ausgekommen. Der Vater zog sich nun vom Familienleben immer mehr in einen eigenen Raum zurück. Was ansonsten an Destruktivität von dem Vater ausging, lässt sich wohl nicht mehr eindeutig ermitteln.
Lambert schließt Gewaltverhalten aus: "There`s no evidence that any of the three girls ever suffered abuse or emotional neglect, which is not to say that Eva must therefore have been happy” (Lambert 2014, S. 51). Wir wissen heute, dass die um 1900 Geborenen zu mindestens über 80% Körperstrafen in der Familie erlebt haben. Diese Gewalt muss natürlich nicht immer die Definition von Misshandlungen treffen. Ich möchte dies hier anhängen und habe meine Zweifel, ob Eva Braun wirklich keine Gewalt erlitten hat. Auch Evas Mutter gehört hier ergänzend in den Blick. 

Evas Vater wird vom Charakter und Verhalten außerdem folgendermaßen beschrieben: „(…) regid, and authoritarian, self-centred and humourless” (Lambert 2014, S. 58).  „Fritz Braun (…) remained a nineteenth-century patriarch who insisted on strict obedience and it seems that, like many disciplinarians, he seethed with inner furies. The rebellious Eva, in failing to be as docile as he required, infuriated him. (…) There was a good deal of confrontation but no suggestion that Fritz Braun beat any of his girls. Ilse Braun recalled later, `The three of us were brought up in a very Catholic atmosphere and had to obey without question. We could argue as much as we liked but in the end our father would always say, `As long as you sit at my table you`ll do what I want`“ (Lambert 2014, S. 51). 
Selbst wenn der Vater nicht handgreiflich wurde, was ich bzgl. seinem autoritären Charakter und den damaligen Sitten nach höchst unwahrscheinlich finde, so ist doch davon auszugehen, dass dieser Vater seinen Kindern häufig Angst einflößte. Außerdem verwundert, dass Lambert emotionale Vernachlässigung wie oben zitiert ausschließt. Zumindest der Vater vernachlässigte die Familie extrem! 

Man kann sich vorstellen, dass Eva Braun in der Beziehung zu Adolf Hitler einiges von dem wiederfand, was sie von Zuhause aus kannte: Die (väterliche) Kälte, das väterliche Trauma aus dem Krieg, ständige Abwesenheit, Humorlosigkeit und Gehorsamsforderungen. 

Laut Lloyd deMause war Adolf Hitler sein Leben lang suizidal. Die Berichte über den Vater von Eva Braun lassen den Schluss zu, dass dieser ebenfalls zu einer gewissen Lebensmüdigkeit neigte. Depressionen wurden wie oben zitiert beschrieben. Auch Eva Braun war stark suizidal. 
1932 versuchte sich Eva mit der Schusswaffe ihres Vaters das Leben zu nehmen, konnte aber gerettet werden. Viele HistorikerInnen betrachten diesen Suizidversuch als kalkulierten Akt, um Hitler - der die damals Zwanzigjährige häufig alleine ließ - für sich einzunehmen (Görtemaker 2010, S. 59-63). Nun, mit einer Waffe auf sich selbst zu schießen bleibt aber ein Akt, der das Risiko einer Lebensgefährdung einschließt. Ein zweiter Suizidversuch folgte 1935, diesmal durch eine Überdosis Schlaftabletten (Görtemaker 2010, S. 111). 

Auch während des Kriegsverlaufs scheint Eva Braun ein mögliches Ziel vor Augen gehabt zu haben: Den gemeinsamen Untergang mit Adolf Hitler. Hitler befürchtete Attentatsversuche gegen ihn und gab Anweisungen, was im Falle seines Todes zu tun sei. Goebbels notierte im Sommer 1944, dass Eva Braun für den Fall von Hitlers Tod gesagt hätte, dass ihr dann nur eines blieb "nämlich selbst auch den Tod zu suchen" (Görtemaker 2010, S. 256). "Eva Braun scheint ihr Leben frühzeitig und sehr bewusst auf Gedeih und Verderb mit demjenigen Hitlers verbunden zu haben. Schon mehrfach hatte sie ihm bewiesen, dass sie im Hinblick auf seine Person zum Äußersten bereit war. Er wiederum schätzte offenbar diese Art der Treuebezeugung (...). Insgesamt verdeutlicht die Episode, dass der gemeinsame Selbstmord neun Monate später kein Zufall war. Die Rollen für den letzten Akt waren seither festgelegt. Möglicherweise hatte es sogar eine gemeinsame Absprache gegeben" (Görtemaker 2010, S. 256).

Eine große Review und Meta-Analyse (n = 253.719; 37 international Studien, die meisten davon aus den USA) zeigte, dass die größten Effekte von belastenden Kindheitserfahrungen (Adverse Childhood Experiences, ACEs) bzgl. Suizidversuchen zu finden sind. Menschen mit Mehrfachbelastungen (vier oder mehr ACEs) unternehmen dreißig mal so häufig einen Selbstmordversuch wie Menschen, die überhaupt keine belastenden Kindheitserfahrungen erlebt haben (Hughes et al. 2017). Bzgl. Hitler sind etliche ACEs nachweisbar, bzgl. Eva Braun weniger, aber auch hier deuten sich diverse Belastungen in Kindheit und Jugend an. Mann/Frau „erkennt sich“, schrieb ich einleitend. Gewiss traf dies auf diese dunkle Beziehung zu! Sehr wahrscheinlich galt dies auch für die "Meta-Beziehung" zwischen Führer und Volk, letzteres erkannte in Hitler die eigenen dunklen Väter...


siehe ergänzend auch: Nachtrag zum Beitrag über Eva Braun: Wurde sie sexuell missbraucht?


Quellen: 

Görtemaker, H. B. (2010). Eva Braun. Leben mit Hitler. C. H. Beck, München.

Hughes, K., Bellis, M.A., Hardcastle, K.A., Sethi, D., Butchart, A., Mikton, C., Jones, L. & Dunne, M. P. (2017). The effect of multiple adverse childhood experiences on health: a systematic review and meta-analysis. Lancet Public Health, Vol. 2, e356–66.

Lambert, A, (2014). The Lost Life of Eva Braun. St. Martins Press, New York. Kindle-eBook Version. 


Mittwoch, 17. August 2022

Neue Studie: Adverse Childhood Experiences von Linksextremisten und Rechtsextremisten

Erneut wurde eine Studie veröffentlicht, in der die destruktiven Kindheiten von Extremisten zum Vorschein kommen. Die Studie kam schon vor ca. vier Wochen raus und ich hatte sie nur fünf Stunden danach bereits entdeckt (und in meinem Twitteraccount kurz darauf hingewiesen). Dass ich sie erst jetzt im Blog bespreche, ist für mich ungewöhnlich. Normalerweise brennt es innerlich, wenn ich solche Studien finde und sie müssen sofort verarbeitet werden und raus. Nun, es ist dies die 36. Studie für meine „Sammlung“ und es scheint so zu sein, dass mich neue Studien nicht mehr sonderlich aktivieren bzw. überraschen. Für mich ist das Gesamtbild derart deutlich und das Wissen darum letztlich innerlich so klar wie das ABC, dass ich mir jetzt sogar Zeit lasse. Umfassende Reaktionen der Gesellschaft sind eh kaum so erwarten. So ist es halt. Trotzdem bleibe ich natürlich am Ball :-).

Hier nun der Hinweis auf die neue Studie: 

Logan, M. K., Windisch, S. & Simi, P. (2022). Adverse Childhood Experiences (ACE), Adolescent Misconduct, and Violent Extremism: A Comparison of Former Left-Wing and Right-Wing Extremists. Terrorism and Political Violence. https://doi.org/10.1080/09546553.2022.2098725

Verglichen wurden die belastenden Kindheitserfahrungen (Adverse Childhood Experiences, ACEs)  von zehn ehemaligen Linksextremisten und zehn ehemaligen Rechtsextremisten aus den USA. Von den Linksextremisten waren vier (40%) während ihrer extremistischen Zeit in Gewalthandlungen verstrickt, bei den Rechtsextremisten waren es sechs (60%). 50 % der Linksextremisten und 70 % der Rechtsextremisten gehören bzgl. belastenden Kindheitserfahrungen zur Hochrisikogruppe (4 ≥ ACEs), was deutlich über dem Durchschnitt der US-Bevölkerung liegt. 

Die ACEs-Werte sind wie folgt verteilt:

(Daten jeweils links die Linkextremisten (LE) und rechts die Rechtsextremisten (RE) )

körperlich misshandelt: 30 % (LE) / 50 % (RE)

emotional misshandelt: 20 % (LE) / 50 % (RE)

sexuell misshandelt: 10 % (LE) / 20 % (RE)

emotional vernachlässigt: 60 % (LE) / 50 % (RE)

körperlich vernachlässigt: 20 % (LE) / 10 % (RE)

Verlust von Elternteilen: 70 % (LE) / 70 % (RE)

Eltern suchtkrank: 50 % (LE) / 70 % (RE)

Zeuge häuslicher Gewalt: 40 % (LE) / 60 % (RE)

elterliche psychische Erkrankung: 30 % (LE) / 40 % (RE)

elterliche Inhaftierung: 20 % (LE) / 20 % (RE)

Es fällt auf, dass die Rechtsextremisten in vielen Bereichen höher belastet sind, als die Linksextremisten. Nur bei der körperlichen und emotionalen Vernachlässigung sind die Linksextremisten höher belastet. 

Beim Antwortverhalten ist grundsätzlich zu bedenken, dass es hier um hoch sensible und schambesetzte Bereiche der frühen Sozialisation geht. Die erfragten Werte bilden also die Mindestbelastungen ab und liegen vermutlich noch höher. Diese „Lücke“ gilt für alle Studien, die sich mit belastenden Kindheitserfahrungen befassen. 

Hier noch ein Beispielauszug bzgl. eines Rechtsextremisten:

Some of my earliest memories are my dad being arrested and whatnot by the police for hitting my mom and knocking her teeth out. One of the ones that sticks out to me is my dad got mad at me and threw me off the roof. (…) When that kind of stuff happened, I´d just run away” (S. 10). 

An diesem (und anderen beispielhaften Auszügen) wird deutlich, dass Misshandlungen innerhalb der Familien nicht selten besonders massiv und schwer waren. 

Anhang Diagramm (von Sven Fuchs) über die ACEs der Extremisten im Vergleich: