Im SWR, 08.09.2016, lief die Dokumentation „Der Zorn junger Männer“ (von Uli Kick) (leider ist nur noch der Trailer online),
in der wegen schwerer Körperverletzung angeklagte junge Männer während eines
Anti-Aggressions-Trainings begleitet werden. Das Training müssen sie durchziehen, wenn
sie nicht ins Gefängnis wollen.
Ein junger Mann berichtet über das Verhältnis zu seinen
Eltern. Die Beziehung zu seiner Mutter sei „o.k.“, wie er lapidar sagt. Sein Stiefvater habe ihn mit der Faust
geschlagen. (ca. ab Minute 18 in der Doku) Diese Schläge seien „ein paar Mal“ vorgekommen. Danach stockt er und ergänzt: „Hab aufgehört zu zählen“. Der junge Mann ist
dabei gänzlich teilnahmslos, zeigt keine Emotionen.
Das Selbe gilt für den
nächsten jungen Mann, der ohne jegliche Regung aussagt, er
hätte schon manchmal von seinem Vater „eine bekommen, das ist ja völlig normal“.
Auf Nachfrage wird er dann konkreter: „Mal ne Ohrfeige oder mit dem Gürtel, ne
Schelle oder ne Faust“. Er hätte zwar Schmerzen gehabt, hätte aber nicht
geblutet oder bleibende Spuren gehabt. Er habe halt verstanden, was er falsch
gemacht hatte. Auf Nachfrage sagt er bzgl. der Häufigkeit der Schläge pro
Situation: „10 bis 15 Schläge“. Mit 11 Jahren, als er beim Rauchen erwischt
wurde, habe er so viele Schläge bekommen, dass er ab dem 15. Schlag aufgehört
habe zu zählen.
Der Pädagoge fragt: „Und das ist normal?“.
Antwort: „Ich finde es gut, dass er das gemacht hat.“
Frage des Pädagogen: „Warum?“.
Antwort: „Weil mir das gezeigt hat, dass ich einfach manche Sachen nicht mache. Ok ich rauche zwar immer noch, aber bei manchen Sachen hat es was gebracht, bei den meisten“.
Der Pädagoge fragt erneut, ob es ok sei, dass ein Vater seinen Gürtel auszieht und zuschlägt.
Antwort: „Bei uns in Russland ist das halt so, ich würde mein Kind genauso erziehen. Ich würde es gar nicht anders machen.“
Antwort: „Ich finde es gut, dass er das gemacht hat.“
Frage des Pädagogen: „Warum?“.
Antwort: „Weil mir das gezeigt hat, dass ich einfach manche Sachen nicht mache. Ok ich rauche zwar immer noch, aber bei manchen Sachen hat es was gebracht, bei den meisten“.
Der Pädagoge fragt erneut, ob es ok sei, dass ein Vater seinen Gürtel auszieht und zuschlägt.
Antwort: „Bei uns in Russland ist das halt so, ich würde mein Kind genauso erziehen. Ich würde es gar nicht anders machen.“
Diese Aussage hört man oft von als Kind schwer misshandelten
Menschen, sie ist jedes Mal erneut schwer zu ertragen. Alle diese jungen Männer
in der Doku wirken auf mich emotional erkaltet. Sogar die Gesichtszüge sind bei vielen
komplett erstarrt. Lachen tun sie nur, wenn es um blöde Sprüche geht, wenn sie über Gewalt reden oder wenn sie unsicher sind. Klassisch ist also auch, dass – sofern es konkrete Erinnerungen an
Misshandlungen gibt, was nicht selbstverständlich ist – eigene Schilderungen
über dieses Erleben teilnahmslos daherkommt. Keine Emotion. Keine Traurigkeit.
Keine Tränen. Kein Mitgefühl für das Kind, das diese Täter einst selbst waren.
Manches Mal sogar Zustimmung zu der Gewalt, wie oben beschrieben. Was alle
diese Männer haben ist allerdings ihr Hass und ihr Zorn.
Laut Doku ist die Rückfallquote nach dem Training relativ gering. Ich habe da meine Zweifel. Zunächst müssten diese jungen Männer emotional "reanimiert"werden und das dauert in Therapie sicher Monate, manchmal Jahre. Sie müssten aus der emotionalen Starre zurückgeholt werden. Dafür müssten sie sich aber auch an das verletzte Kind herantrauen, das sie einst waren. Mit all den schmerzlichen Gefühlen. Und natürlich müssen sie sich auch emotional mit ihrem Tätersein befassen. Ob diese jungen Männer dies schaffen? Ich bin mir nicht sicher....