Derzeit schaue ich mit meinen Kindern hin und wieder die Sendung „Löwenzahn“ (mit Peter Lustig). Die Sendung ist auch heute noch sehr sehenswert und hat mich (wie so viele Kinder meiner Generation, ich wurde 1977 geboren) in den 1980er Jahren sehr geprägt und begeistert.
In meiner Arbeit habe ich mich immer wieder mit den Folgen von destruktiver Erziehung und Elternschaft befasst. Ich möchte heute einen Wink in eine weitere Richtung geben. Die Väter und älteren Männer, die meine Generation (also die „Sesamstraßen- und Löwenzahngeneration“, wie ich uns bezeichne) erlebt und zum Vorbild hatten, waren meist Kriegs- oder Nachkriegskinder. Sie waren es gewohnt, sich durchzukämpfen und Schwächen abzuwehren oder zu vergraben. Mit ihren eigenen Eltern hatten sie nie echten Austausch und Lockerheit erlebt. Und dies waren auch noch Männer, die noch nah an der traditionellen Männlichkeit sozialisiert wurden (auch wenn es schon damals Stück für Stück Entwicklung und Fortschritt bzgl. der Geschlechtsrollen gab). Geduld, Schwächen oder Fehler eingestehen, Reden auf Augenhöhe mit Kindern usw. waren nicht so ihr Ding. Das Lustige ist, dass der 1937 geborene Peter Lustig so gar nicht die Männlichkeitsbilder seiner Generation erfüllte! Vielfach ist berichtet worden, dass Peter Lustig privat genau so war, wie in seiner Sendung. Aber selbst wenn dies nicht so gewesen wäre: Für mich zählt in diesem Beitrag nur, was er in der Sendung „Löwenzahn“ darstellte und den Kindern mit auf den Weg gab.
Ich bin fest davon überzeugt, dass die Kinder meiner Generation Peter Lustig nicht nur wegen der Themen und der gut konzipierten Sendung (dessen Autor Peter Lustig auch häufig war) so geliebt haben. Wir staunten auch über die Männlichkeit (und auch Väterlichkeit), die er vorlebte! Er war immer ruhig und höflich, nie auf Kampf oder Feindschaft aus. Seinen Mitmenschen (vor allem sein Nachbar), die viele Fehler machten und sich destruktiv verhielten, begegnete er mit Toleranz und zeigte ihnen durch sein Verhalten, wie es auch gehen könnte. Er wehrte weder Ideen, noch Menschen ab. Er zeigte ständig offen seine Schwächen (z.B. schmeckte der selbst gemachte Kakao einfach furchtbar), aber auch seine Lernbereitschaft aus gemachten Fehlern während seiner Entdeckungsreisen. In der Sendung sprach er stets die Kinder vor dem Fernseher direkt an und das machte er auf eine sehr zugewandte, väterliche, ernstnehmende Weise und auf Augenhöhe.
Menschen wie Peter Lustig verändern etwas in der Welt. Sie zeigen durch ihr Vorbild, wie es auch gehen kann. Sie wirken durch sich selbst. Es ist nicht zu unterschätzen, was solche Männer für Wirkungen erzielen. Ich bin sicher, dass vor allem viele Jungs aus meiner Generation ein Stück weit etwas mitgenommen haben von Peter Lustig. Etwas, das sie bestenfalls selbst in ihr eigenes Mann- und auch Vatersein einbauen konnten.
8 Kommentare:
Bei mir hat sich das Bild vom netten Großvater vor allem bei Picard aus Star Trek damals eingebrannt.
Picard hat auch viele Ansätze "neuer Männer" ;-).
Und wie siehts mit Rolf Zuckowski und Spongebob Schwammkopf aus ?
Beides gute Beispiele für alternative Männlichkeiten ;-). Ja, es gibt da viele.
Herr Fuchs,
was halten Sie persönlich von Wilhelm Busch, dem Psyschiater Heinrich Hoffmann und den Brüdern Grimm ? Meines Erachtens wurden ganze Generationen durch deren Gewaltpädagogik negativ geprägt.
Spongebob ist ein sehr interessantes Beispiel. Insbesondere weil dies weg vom Ideal des "Gefühllosen Pflichterfüllers" geht, was die deutsche Gesellschaft leider dank Kant immer als besonders Erwachsen verstand.
"was halten Sie persönlich von Wilhelm Busch, dem Psyschiater Heinrich Hoffmann und den Brüdern Grimm ? Meines Erachtens wurden ganze Generationen durch deren Gewaltpädagogik negativ geprägt."
Hoffmann kenne ich nicht.Ob die Prägung der anderen derart negativ war, kann ich nicht sagen.
Die Frage ist ja, wie eine Kindergeneration auf diese Geschichten reagiert, die selbst viel Gewalt erlitten oder mit angesehen hat? Wenn der heutigen Kindergeneration (die weit weniger Gewalt erlitten hat) diese Geschichten vorgelesen werden, verarbeiten evtl. Kinder in ihrer Fantasie auch grausame Geschichten anders. Die Hexe sieht dann in der Fantasie des Kindes vielleicht gar nicht so furchterregend aus? Die Kinder können selbst steuern, welche Bilder sie innerlich erzeugen und wie sie mit den Geschichten umgehen. Wenn Erwachsene mit dem Ziel, die Kinder zu ängstigen, solche Geschichten nutzen, wird dies natürlich auch von den kindern wahrgenommen werden. Es kommt also drauf an, meine Meinung.
Bruno Bettelheim beschrieb die Hexe quasi als "Schattenarchetyp" der Mutter. Alles, wovon sich das Kind bei der Mutter gruselt, wird dann auf die Hexe projiziert. Interessanterweise hat der Anthropologe Herman Wirth ebenfalls eine sprachliche Verwandtschaft zwischen der Idee der Mutter und der Idee der Hexe beschrieben. (Laut dem war es aber zuerst so, dass die Hexen die am Höchsten angesehenen Mitglieder in antiken germanischen Gesellschaften gewesen seien. Doch irgendwann hätten männliche Priester geputscht, die Hexen gestürzt und Horrorgeschichten über gemeine alte Hexen verbreitet.
Laut dem war die Hexe quasi symbolisch die Stammesmutter und religiöse Figuren der heiligen Mutter (siehe bei den Gnostikern die Sophia oder bei den Orthodoxen die Marienverehrung, oder das Äon der Maat bei Aleister Crowley.) basieren auf den früheren Hexenkulten.
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