Ich habe erneut eine sehr interessante Studie zum Thema Kindheit und Rechtsextremismus gefunden:
Polis, Gesellschaft für Politik- und Sozialforschung (2001): Rechtsextremismus und Gewalt: Ergebnisse einer Repräsentativbefragung bei Jugendlichen. Ministerium für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf.
Im Jahr 2000 wurden 1012 Jugendliche (14 bis 25 Jahre) repräsentativ für Nordrhein-Westfalen befragt. (Die Studie zeigte – nebenbei bemerkt – einen deutlichen Rückgang von Gewalterfahrungen im Elternhaus im Vergleich zur Vorgängerstudie aus dem Jahr 1993: Ohrfeigen gingen von 45 % auf 31 % zurück; häufiges Schlagen von 13 % auf 6 %.)
Ca. 8 % der Befragten zeigten rechtsextreme Einstellungen. Auffällig sind bezogen auf diese Gruppe vor allem Unterschiede bzgl. der Kindheitserfahrungen (Seite 175-177):
So stimmten 9 % der rechtsextrem eingestellten Jugendlichen „voll und ganz“ der Aussage „Ich hatte eine glückliche Kindheit“ zu. Dagegen stimmten dieser Aussage 32 % aller Befragten zu.
Solche Unterschiede finden sich auch bei anderen Aussagen („voll und ganz“!):
„Meine Eltern haben immer zu mir gehalten“: 29 % der rechtsextrem eingestellten Jugendlichen, dagegen 47 % aller Befragten.
„Meine Eltern verstanden sich ausgesprochen gut“: 12 % der rechtsextrem eingestellten Jugendlichen, dagegen 29 % aller Befragten.
„Wenn ich Probleme hatte, waren meine Eltern für mich da“: 23 % der rechtsextrem eingestellten Jugendlichen, dagegen 47 % aller Befragten.
„Ich wurde als Kind von meinen Eltern oft gelobt“: 7 % der rechtsextrem eingestellten Jugendlichen, dagegen 22 % aller Befragten.
„Meine Eltern hatten nicht viel Zeit für mich“: 24 % der rechtsextrem eingestellten Jugendlichen, dagegen 7 % aller Befragten.
„Ich habe mich als Kind oft einsam gefühlt“: 15 % der rechtsextrem eingestellten Jugendlichen, dagegen 5 % aller Befragten.
„Wenn ich etwas angestellt habe, dann gab es schon mal Ohrfeigen“: 12 % der rechtsextrem eingestellten Jugendlichen, dagegen 6 % aller Befragten.
„Ich wurde als Kind oft geschlagen“: 6 % der rechtsextrem eingestellten Jugendlichen, dagegen 2 % aller Befragten.
„Ich wurde ziemlich streng erzogen“: 19 % der rechtsextrem eingestellten Jugendlichen, dagegen 8 % aller Befragten.
Außerdem fand die Studie diverse Unterschiede bzgl. Einstellungen/Ansichten oder persönlichen Gefühlen zwischen rechtsextrem eingestellten Jugendlichen und allen Befragten. Manche Aussagen verwundern wenig: Z.B. sagten nur 14 % der rechtsextrem eingestellten Jugendlichen, dass sie grundsätzlich gegen Gewalt seien, dagegen 53 % aller Befragten (S. 213).
Insgesamt zeigt die Studie eindrucksvoll und überdeutlich, wie Kindheit und Familie politische Einstellungen prägen können.
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