Dienstag, 25. Mai 2021

USA. Studie über Kindheitshintergünde der sogenannten "White Supremacists"

Erneut habe ich eine Befragung gefunden, die Erkenntnisse zu Kindheitshintergründen von Rechtsextremisten bietet: 

Speckhard, A. & Ellenberg, M. (2021, 17.05.): White Supremacists Speak: Recruitment, Radicalization & Experiences of Engaging and Disengaging from Hate Groups. ICSVE Research Reports.

32 (2 weiblich) aktive oder ehemalige Extremisten/Rassisten (die meisten aus den USA, 3 kamen aus Kanada, 3 waren Deutsche, 1 war britisch und 1 aus Neuseeland ) wurden zwischen Oktober 2020 und April 2021 befragt. Sie stammten aus Gruppierungen wie Aryan Nations, Aryan Brotherhood, Christian Identity, Creativity Movement, National Socialist Movement [NSM], Proud Boys, Ku Klux Klan [KKK], various Skinhead groups, Volksfront und Unite the Right. 

Die Autorinnen fassen an einer Stelle zusammen: 

"This particular sample of white supremacists had a much higher level of adverse childhood experiences than to be expected in the general population and were as a result more vulnerable to groups that gave out the expectation of belonging or familial relations and who conferred on new members a sense of purpose and significance. If this result bears out in larger samples, it shows that addressing childhood abuse and neglect is an important measure for preventing recruitment to white supremacism" (Speckhard & Ellenberg 2021).

Auch zahlenmäßig wurde einiges erfasst:  

- 18 (56 %) wuchsen mit jemandem im Haushalt auf, der ein Suchtproblem hatte.

- 16 (50%) hatten selbst ein Drogenproblem.

 - 16 (50%) berichteten über eine dysfunktionale Familiensituation (z.B. Inhaftierung eines Elternteils, sich als Außenseiter in der Familie fühlen, sich von Elternteilen abgelehnt fühlen usw.).

 - 16 (50%) berichteten von einzelnen traumatischen Erlebnissen wie z.B. Vergewaltigung oder eine Krebserkrankung in der Jugend.

Direkte Gewalterfahrungen in der Familie wurden leider nicht zahlenmäßig erfasst, allerdings wurde Interviewauszüge als Fallbeispiele aufgeführt, die eine deutliche Sprache sprechen: 

[My stepfather] had a drug problem […] He was very angry, I see now. He was a born-again Christian. If you were bad, he would spank you“ und „Both my parents were addicted. My father was a Vietnam vet, later became a plumber. [He was] an alcoholic [and had] problems from the military. [He] drank a lot and [was] fairly abusive“ (Speckhard & Ellenberg 2021).

Sie Suche nach Zugehörigkeit und Familienersatz war eine entscheidende Motivation für den Anschluss an die extremistische Gruppe (was auch andere Befragungen immer wieder zeigten):

"The most commonly expressed motivation was the desire to belong (n = 24) alongside a sense of dignity and positive identity that comes with belonging" (Speckhard & Ellenberg 2021).

Einzelne Akteure beschreiben dies wie folgt: 

-  "I went to one of their rallies in Mississippi. They put that [arm] around me, we’ll take you in and take care of you. You had a bad life, we’ll take care of you, and they did."

 - "Growing up in [a] shit household, I needed a place to belong, that family aspect, to be better than what I was."

- "Family. There was a lot of friendship and family, you could talk with them about everything, and they were going to help you."

 Im Schlussteil fassen die Autorinnen erneut und sehr deutlich zusammen:

"The individuals in this study make clear that we cannot simply pull violent extremists from our society like weeds and expect no reappearances. This study makes clear that white supremacist recruitment in large part relies on the unmet needs of those who join and to do away with this type of violent extremism we must address the societal problems that made them vulnerable initially. Drug abuse, poverty, family dysfunction, and child maltreatment all contributed to serious vulnerabilities that left the interviewees with deep unmet needs for a sense of meaning, significance, and purpose in their lives. They felt desperate to belong, to be accepted, to be valued, to have their dignity established and to be given a sense of purpose" (Speckhard & Ellenberg 2021).


Dienstag, 18. Mai 2021

INFO an Abonnenten: RSS Feedburner soll demnächst bzgl. Emailverteiler eingestellt werden!

!Kurze Info an alle, die per Emailverteiler bzw. Feedburner über neue Blogbeiträge informiert werden!

Der Dienst wird demnächst vom Anbieter bzgl. der Emailverteilung eingestellt!!

Ich habe momentan nicht die Zeit, mich um eine technische Lösung für einen anderen Verteiler zu kümmern. 

2 kurzfristige Lösungen:

  1. Ihr könnt mir auf Twitter folgen. Alle neuen Blogbeiträge werden dort von mir angezeigt und  verlinkt. "Nachteil" oder "Vorteil": Ihr erhaltet auch den restlichen Infohaufen, den ich über Twitter verteile. Manche geplante Blogbeiträge kündige ich auch über Twitter an bzw. dort seht ihr, mit was ich mich aktuell befasse.
  2. Ihr schaut einfach alle 4 Wochen direkt im Blog vorbei. Im Schnitt poste ich ca. 4-5 Beiträge pro Monat (wobei ich die nächsten 2 Monate bisher nicht viel geplant habe). 

Da ich, wie schon angekündigt, eh mit dem Gedanken spiele, diesen Blog in eine eigene Homepage mit Blogfunktion überfließen zu lassen, werde ich technisch hier nicht zu viel Zeit investieren. Ich habe auch das Gefühl, dass Googel sich nicht mehr viel um die Entwicklung von blogger.com kümmert. Insofern macht eine Neuerung eh Sinn. Also schauen wir einfach, wie es weitergeht. 

Viele Grüße

Sven Fuchs

Donnerstag, 6. Mai 2021

Studie: Kindheit und Sozialisation von 20 Nazis in Norwegen

Erneut habe ich eine Studie gefunden, innerhalb der destruktive Kindheitshintergründe von Neo-Nazis deutlich werden:  

Bjørgo, T. (2005): Conflict processes between youth groups in a norwegian city: polarisation and revenge. European journal of crime, criminal law and criminal justice, Vol. 13(1), S. 44-74.  

Insgesamt wurden für diese Studie 50 Jugendliche im Alter zwischen 13 und 21 Jahren (37 männlich, 13 weiblich) Anfang 2001 in der Stadt Kristiansand in Norwegen befragt. 

16 der Befragten waren mehr oder weniger Mitglieder in Neo-Nazi Gruppen; 4 Befragte waren ehemalige Nazis. Die anderen Befragten waren Teil von Antifa-Gruppen, Hip-Hop-Gruppen und/oder Gangs. Ein besonderer Sachverhalt wurde herausgestellt: 10 von den 50 Befragten waren mal Teil dieser, mal Teil der anderen Szene (inkl. Wechsel von Nazi-Gruppen zu Antifa-Gruppen und umgekehrt, was die Forschenden sehr wunderte). 

Bzgl. der 20 Neo-Nazis (inkl. ehemalige) wurden einige wesentliche Details bzgl. Kindheitserfahrungen besprochen: 

With only a few exceptions, youth in the local Nazi scene came from an underclass background: single families characterised by low education and income, alcohol (or drug) abuse, psychiatric problems or family violence. The youth in many cases failed at school, sometimes related to problems of ADHD and dyslexia. Many of them had also been victims of bullying or other violence. Thus, they generally had a `stacking of risk factors` that together increase the risk that the child will get involved in crime and other forms of problematic behaviour“ (Bjørgo 2005, S. 50f.).

Einige der männlichen Nazis hatten Mütter, die einen Partner mit Migrationshintergrund hatten, der sowohl die Mutter, als auch manchmal die Kinder sehr schlecht behandelt hatte. 2 Jungs wurden von ihren Müttern verlassen, weil sie den entsprechenden Partner bevorzugten. 4 der weiblichen Nazis waren in der Vergangenheit mit Jungs mit Migrationshintergrund zusammen und waren von diesen geschlagen und schlecht behandelt worden (vgl. ebd., S. 59). 

Und: „The youths of the neo-Nazi scene had been highly involved with the social welfare services since their infancy“ (ebd., S. 51).

Der Autor betont, dass andere Studie über die sozialen Hintergründe von Nazis eher gezeigt hätten, dass diese aus der Arbeiter- oder sogar Mittelschicht stammen. In diesem Sample war die „Unterschicht“ dominierend. 

Die Gründe und Gefühle, die die Nazis bzgl. ihrer Mitgliedschaft in der entsprechenden Gruppe angaben, ähneln stark den Ergebnissen anderer Studien, die ich hier im Blog oder in meinem Buch besprochen habe. Zwei Nazis drückten es so aus: „I have never in my life found as many good friends (as among the Nazis) – no other group has treated me (as nicely) as they did“ und „They took care of me, physically and mentally“ (ebd., S. 56) 

Ergänzend: „The majority oft he informants emphasised that having been victimised by bullying, violence, threats and harassment was an immediate reason for joining the Nazi scene“ (ebd., S. 56f.) 

Die Gruppe gab das Gefühl von Stärke, Gemeinschaft und Sicherheit. Ein Nazi-Anführer beschreibt, dass er selbst als Kind Opfer von Mobbing war und alleine dastand. Er hatte ein gutes Gespür für Jugendliche, die ähnliches erlebt hatten und sprach diese gezielt bzw. bat Schutz an (vgl. ebd., S. 57).