Donnerstag, 6. Mai 2021

Studie: Kindheit und Sozialisation von 20 Nazis in Norwegen

Erneut habe ich eine Studie gefunden, innerhalb der destruktive Kindheitshintergründe von Neo-Nazis deutlich werden:  

Bjørgo, T. (2005): Conflict processes between youth groups in a norwegian city: polarisation and revenge. European journal of crime, criminal law and criminal justice, Vol. 13(1), S. 44-74.  

Insgesamt wurden für diese Studie 50 Jugendliche im Alter zwischen 13 und 21 Jahren (37 männlich, 13 weiblich) Anfang 2001 in der Stadt Kristiansand in Norwegen befragt. 

16 der Befragten waren mehr oder weniger Mitglieder in Neo-Nazi Gruppen; 4 Befragte waren ehemalige Nazis. Die anderen Befragten waren Teil von Antifa-Gruppen, Hip-Hop-Gruppen und/oder Gangs. Ein besonderer Sachverhalt wurde herausgestellt: 10 von den 50 Befragten waren mal Teil dieser, mal Teil der anderen Szene (inkl. Wechsel von Nazi-Gruppen zu Antifa-Gruppen und umgekehrt, was die Forschenden sehr wunderte). 

Bzgl. der 20 Neo-Nazis (inkl. ehemalige) wurden einige wesentliche Details bzgl. Kindheitserfahrungen besprochen: 

With only a few exceptions, youth in the local Nazi scene came from an underclass background: single families characterised by low education and income, alcohol (or drug) abuse, psychiatric problems or family violence. The youth in many cases failed at school, sometimes related to problems of ADHD and dyslexia. Many of them had also been victims of bullying or other violence. Thus, they generally had a `stacking of risk factors` that together increase the risk that the child will get involved in crime and other forms of problematic behaviour“ (Bjørgo 2005, S. 50f.).

Einige der männlichen Nazis hatten Mütter, die einen Partner mit Migrationshintergrund hatten, der sowohl die Mutter, als auch manchmal die Kinder sehr schlecht behandelt hatte. 2 Jungs wurden von ihren Müttern verlassen, weil sie den entsprechenden Partner bevorzugten. 4 der weiblichen Nazis waren in der Vergangenheit mit Jungs mit Migrationshintergrund zusammen und waren von diesen geschlagen und schlecht behandelt worden (vgl. ebd., S. 59). 

Und: „The youths of the neo-Nazi scene had been highly involved with the social welfare services since their infancy“ (ebd., S. 51).

Der Autor betont, dass andere Studie über die sozialen Hintergründe von Nazis eher gezeigt hätten, dass diese aus der Arbeiter- oder sogar Mittelschicht stammen. In diesem Sample war die „Unterschicht“ dominierend. 

Die Gründe und Gefühle, die die Nazis bzgl. ihrer Mitgliedschaft in der entsprechenden Gruppe angaben, ähneln stark den Ergebnissen anderer Studien, die ich hier im Blog oder in meinem Buch besprochen habe. Zwei Nazis drückten es so aus: „I have never in my life found as many good friends (as among the Nazis) – no other group has treated me (as nicely) as they did“ und „They took care of me, physically and mentally“ (ebd., S. 56) 

Ergänzend: „The majority oft he informants emphasised that having been victimised by bullying, violence, threats and harassment was an immediate reason for joining the Nazi scene“ (ebd., S. 56f.) 

Die Gruppe gab das Gefühl von Stärke, Gemeinschaft und Sicherheit. Ein Nazi-Anführer beschreibt, dass er selbst als Kind Opfer von Mobbing war und alleine dastand. Er hatte ein gutes Gespür für Jugendliche, die ähnliches erlebt hatten und sprach diese gezielt bzw. bat Schutz an (vgl. ebd., S. 57). 


1 Kommentar:

Michael Kumpmann hat gesagt…

Zum Satz „They took care of me, physically and mentally“

Man muss sagen, die "Rechte", insbesondere im US Amerikanischen Raum (und dazu zahle ich alle Arten von Rechten. Angefangen vom CDU Mäßigen "Liberalkonservatismus" a la Jordan Peterson und Dennis Prager, über Traditionalisten bis zu irgendwelchen Biologie Thesen und Extrem Rechten) betreiben in gewisser Weise ne Art von Psychotherapie.

Sehr viel, was die Lehren ist "Du persönlich hast Lebensweisen angenommen, die schlecht für deine körperliche und seelische Gesundheit sind, und gleichzeitig Dinge ausgelassen, die gut für deine körperliche und seelische Gesundheit gewesen wären. Bevor Du in der Politik was ändern kannst, musst Du deine eigene Scheisse wieder in den Griff kriegen. Hör auf Pornos zu gucken. Gehe raus. Treibe Sport. Engagiere dich in der Gemeinschaft etc. "

Und ganz ehrlich. Aus einem Grunde ist dieses Programm auch deutlich Sinnvoller als die kognitive Mainstream Psychotherapie. Mainstream Psychotherapie versucht mitlerweile nicht mehr, die Leute zu einem besseren Leben anzuhalten, sondern den Leuten pauschal jede Form von Scham- und Schuldgefühle bei Lastern auszutreiben. Frei nach dem Motto "Nicht dein Laster ist dein Problem, sondern dein schlechtes Gewissen."

Genau in der Hinsicht könnten gewisse Leute durchaus von dem konservativen Spektrum der Gesellschaft lernen. (Und besonders beim Thema "Gewaltpornographie" haben die Konservativen vollkommen Recht. Das ist definitiv Schlecht für den eigenen Verstand.)