Dienstag, 27. August 2013

Geplanter Angriff auf Syrien scheint wenig rational.

Merkwürdiges geht derzeit vor. Seit Wochen werden die USA medial an die Wand gedrückt, da ihre Spähprogramme öffentlich wurden. Am 21.08. gab es einen Giftgasangriff in Syrien, für den Assad verantwortlich gemacht wird (und es kursieren Bilder von getöteten Kindern) . Zwei Tage später veröffentlicht die UN Zahlen bzgl. syrischer Kinder, die auf der Flucht sind und zwar ganze 3 Millionen. Am 26.08. wurde nun bekannt, dass Obama einen Militärschlag gegen Syrien erwägt. Mittlerweile berichten Medien, dass nur kurze Militärschläge im Rahmen von ca. zwei Tagen geplant sind.

Erstaunlich finde ich, dass das Zögern Obamas bzgl. Syrien als Schwäche ausgelegt wird.
Seit Wochen wird Barack Obama in Washington verhöhnt. Während die einen Obama als "lahme Ente" bezeichnen, verunglimpfen ihn die anderen als neuen "Oblomow", als einen Berufszauderer, der "rote Linien" zieht, um sie – wenn sie überschritten sind – wegzuradieren und einige Hundert Meter weiter erneut einzuzeichnen.“ schreibt Jacques Schuster aktuell für die Welt in einem Artikel, auf den ich gleich noch zurückkommen werde. Im Internet findet man unzählige Kommentare die Obama als „Wimp“ (Weichei/Warmduscher) bezeichnen, weil er Assad keine militärische Lektion erteilt. Zudem finden sich unzählige Karikaturen, die sich mit Obamas „roter Linie“ befassen. (Z.B. hier, hier oder hier)

Die aktuellen militärischen Überlegungen erfüllen im Grunde hauptsächlich emotionale Zwecke: Es geht um die Abwendung von Gesichtsverlust; der Angst davor, als schwach dazustehen, weil man nicht militärisch reagiert und um das Bedürfnis, Assad zu bestrafen. Real werden Angriffe auf irgendwelche militärischen Ziele in Syrien (und wer entscheidet überhaupt, dass dort "die Richtigen" getroffen werden?) keine positiven Wendungen bewirken, schon gar nicht für die Zivilbevölkerung.

In dem o.g. Welt Artikel stellt der Autor als erste von vielen Fragen folgende auf:
Aus welchem Grund sollte Syriens Präsident Baschar al-Assad gerade in diesen Tagen Chemiewaffen einsetzen? Die meisten Sicherheitsexperten gehen seit Wochen davon aus, dass der Diktator von Damaskus im Begriff ist, den Bürgerkrieg zu gewinnen.“ Assad selbst kommentierte die Vermutung, er hätte chemische Waffen eingesetzt, damit, dass solche Äußerungen "eine Beleidigung des gesunden Menschenverstandes" und "Unsinn" seien. (welt, 26.08.2013 )
Neues Deutschland“ (die ich bisher noch nie zitiert habe) berichtete bereits am 23.08., dass nach russischen Erkenntnissen eine Giftgasrakete von syrischen Rebellen abgefeuert worden sei (selbige wären im Falle eines US-Angriffes als Strafaktion auch die Nutznießer einer solchen Aktion). Fakt scheint: Wir wissen bis heute nicht eindeutig, wer für den Giftgasanschlag verantwortlich ist.

Ich glaube, dass die Rationalität von Politik überschätzt wird. Derzeitige Militärplanungen seitens der USA. Frankreichs und Englands ( übrigens alles Ländern, in denen es kein elterliches Gewaltverbotgesetz gibt und wo hohe Gewaltraten gegen Kinder festzustellen sind.) können auch als „aus dem Bauch heraus“ gedeutet werden. Böses Verhalten gehört abgestraft, so lernten es viele bereits als Kind. In Konfliktsituationen wird auf diese einfache und wenig rationale Sicht auf die Dinge zurückgegriffen, auch in der Politik. Mir scheint, dass diese emotionalen Prozesse derzeit - vor allem in den USA - die politischen Diskussionen lenken. Deutschland erweist sich dagegen seitens der Politik als realistisch und sachlich. Man hat hierzulande erkannt, dass eine solche Militärakton in Syrien keinen Sinn macht (obwohl es auch hierzulande so einige Medienbeiträge gibt, die dies der deutschen Politik als Schwäche auslegen.)

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Die Zurückhaltung deutscher Politiker gegenüber einem Kriegseinsatz in Syrien könnte auch Wahlkampf-bedingt sein, also rational im Sinne von Machtkalkül, statt im Sinne von Vernunftgründen, die grundsätzlich gegen Gewalt sprechen.

Sven Fuchs hat gesagt…

Wenn es rein Machtkalkül wäre, sich aus dem Militäreinsatz herauszuhalten, weil man Stimmeneinbußen bei der Wahl befürchtet, spricht dies doch auch für den gesunden Verstand der Deutschen/den WählerInnen :-)

Anonym hat gesagt…

Dachte ich mir auch schon beim schreiben;) Jedenfalls klingt die heute verkündete Nachricht, die US-Regierung erwäge einen Militärschlag, um Assad zu bestrafen, wie Kasperletheater. Wenn es nicht so schlimm wäre. In einer Kurzmeldung im Radio heute kein Wort dazu, ob ein Militäreinsatz Menschenleben retten soll oder nicht. Die Opfer legitimieren die Strafe. Wozu dient die Strafe?

Sven Fuchs hat gesagt…

Interessant ist ja auch, dass die Sprache bzgl. den militärischen Planungen derzeit (wie auch bei anderen Konflikten) immer um "Schläge" geht. "Kurze, harte Schläge" zur Abschreckung, damit Assad so etwas nicht noch einmal macht...

In einem sehr guten ZEIT Kommentar (http://www.zeit.de/politik/ausland/2013-08/syrien-krieg-usa-kommentar/seite-2) schrieb der Autor kürzlich:

"Letztlich geht es Obama darum, sein Gesicht zu wahren und das Gewissen des Westens zu beruhigen. (...) Mit seiner im vorigen Herbst verkündeten"roten Linie" hat Obama so getan, als ob man ihn dennoch begrenzen könnte – in der Hoffnung, dass die Linie nie überschritten würde. Nun läuft er in die selbst gestellte Falle: Wenn die USA künftig noch als Weltmacht ernst genommen werden wollen, müssen sie in dieser Logik jetzt zuschlagen, selbst wenn die Folgen vermutlich fatal wären."

Das Thema "Gesicht wahren" nicht als "schwach erscheinen" dominiert oftmals die Lage vor Angriffen. Logik sieht man da kaum noch. Die Folgen eines US-Angriffes sind entweder wirkungslos bzgl. dem Schutz der Bevölkerung oder sie verstärlen den Konflikt und entsprechend die Opferzahlen. Aber hauptsächlich Mann fühlt sich nicht schwach und hilflos....

Anonym hat gesagt…

Hi Sven,

guck: http://www.sueddeutsche.de/politik/wandel-der-kindererziehung-in-deutschland-mehr-liebe-weniger-hiebe-1.1258028

Ute