Freitag, 4. November 2022

Kindheit von Xi Jinping

Xi Jinping wurde am 15. Juni 1953 in Peking geboren. Sein Vater, Xi Zhongxun, hat während der Kriege gegen Japan und gegen die Nationalisten eine steile Karriere im Militär gemacht. Während der 1950er Jahre arbeitete er im Propagandaministerium. Die Mutter war ebenfalls Teil des Parteikaders und arbeitete in der frühen Kindheit von Xi Jinping von montags bis freitags im marxistischen-leninistischen Institut. Der Vater war in dieser Zeit für das Kind zuständig (Brown 2016, S. 51). 

Aust & Geiges (2021, S. 35f.) schreiben, dass Xi Zhongxun als Guerillaführer schon im Langen Marsch an der Seite Maos kämpfte. Nach dem Sieg der Revolution wurde er stellvertretender Premierminister. Auch seine Frau Qi Xin, die Mutter von Xi Jinping, hatte an Kampfeinsätzen während des Krieges teilgenommen.
Xi Zhongxun war als Weggefährte der ersten Stunde beliebt bei Mao und gehörte wie gezeigt der Parteielite an. Sein Sohn wuchs insofern anfangs privilegiert auf und gehörte zum sogenannten „roten Adel“.

 Wohl bedingt durch eine Feindschaft mit dem Gründer der chinesischen Geheimpolizei geriet Xi Zhongxun Anfang der 1960er Jahre ins Abseits und es kam zum Bruch. Seine Karriere in der Partei war beendet und er wurde zunächst Hausmann (Brown 2016, S. 52f.). „Als Xi Jinping neun Jahre alt ist, 1962, wird sein Vater verhaftet und eingesperrt“ (Aust & Geiges 2021, S. 37). Danach wird er unter Hausarrest gestellt, was sein Leben als „Hausmann“ wie zuvor durch Brown gezeigt erklärt. 

Beide Elternteile waren deutlich auf Parteilinie und hatten durch ihre Kampfeinsätze sicherlich auch einige Rohheiten erlebt, um es vorsichtig auszudrücken. Ich gehe davon aus, dass dieser Hintergrund auch ihren Umgang mit den Kindern geprägt hat. Vor allem der Vater war auf Grund der abwesenden Mutter und dem späteren Ausschluss für die Kinder zuständig. Der Biograf und ehemalige Diplomat Kerry Brown sagte: „Es heißt, sein Vater sei ein harter Mann gewesen, der ihm kalte Bäder verordnete und sehr streng mit ihm war“ (Lepauld & Franklin 2021).
Fahrion & Giesen (2022, S. 12) fassen knapp zusammen: Xi Jinping „wurde in die abgeschirmten Quartiere der Führungselite in Peking hineingeboren, wuchs dort zunächst mit seinen Geschwistern auf. Die Eltern erzogen sie autoritär.“ Eine strenge und autoritäre Erziehung sind hier wie gezeigt die Schlüsselworte, was genau sich alles darunter verbirgt, bleibt allerdings unserer Fantasie überlassen. In den Quellen finden sich ansonsten keine weiteren Hinweise über den Erziehungsalltag. 

Der Abstieg der Familie geht weiter und spitzt sich während der Kulturrevolution noch zu. Der Vater von Xi Jinping gilt als Konterrevolutionär und wird verfolgt. Bei Massensitzungen wird er öffentlich zur Selbstkritik genötigt. Auch sein Sohn wird vom privilegierten Kind zum Verräter degradiert: Er muss bei Selbstkritiksitzungen seinen eigenen Vater denunzieren und leidet unter der Brutalität der roten Garden. „Ein Martyrium, über das die offizielle Biografie kein Wort verliert, das die Persönlichkeit des künftigen Staatspräsidenten jedoch nachhaltig prägen wird“ (Lepauld & Franklin 2021). Xi Jinping in einem Interview: „Die roten Garden sagten mir hundert Mal, dass sie mich erschießen würden. Sie drohten, mich hinzurichten, und dann musste ich von morgens bis abends Mao-Zitate vorlesen“ (Aust & Geiges 2021, S.41). Die Rotgardisten sperren den Jungen auch ein, „geben ihm tagelang nichts zu essen“ (Aust & Geiges 2021, S.41). Seine Mutter wird ebenfalls unter Druck gesetzt und von den Rotgardisten angegangen. 

Die Angriffe gegen den Vater werden immer heftiger und er wird mit Schmäh-Schildern um den Hals vorgeführt. „Er wird dabei so brutal geschlagen, dass er beinahe stirbt“ (Aust & Geiges 2021, S.42).
Ein alter Parteifreund kann schließlich bewirken, dass Xi Zhongxun für acht Jahre in Peking ins Gefängnis kommt. Es ist der einzige Weg, sein Leben zu retten. Sein Sohn wurde entsprechend lange Zeit von ihm getrennt.
Die Halbschwester von Xi Jinping konnte indes nicht gerettet werden. Sie nahm sich infolge der Demütigungen während der Kulturrevolution das Leben (Aust & Geiges 2021, S.44). 

Der Junge macht während all dieser Ereignisse einen erstaunlichen Schritt. Er hegt keinen Groll gegen die Kommunisten, sondern identifiziert sich absolut mit ihnen und dem Führer Mao. Er möchte die Schande seines Vaters wiedergutmachen, indem er ein extrem guter Kommunist wird.
Der chinesische Redakteur Li Datong kommentiert. „Da sein Vater als Konterrevolutionär verurteilt wird, muss er sich noch kommunistischer und noch revolutionärer geben als die anderen, wenn er überleben will. Um zu beweisen, dass er `ein gutes Kind` Maos ist, verdoppelt er seine Anstrengungen beim Studium von Maos Werken. Er lernt seine Reden auswendig, bis Maos Erbe tief in ihm verwurzelt ist. Sobald er den Mund öffnet, spricht Mao" (Aust & Geiges 2021, S. 38). 

Als 15-Jähriger wird Xi Jinping - wie die anderen Jugendlichen aus den Städten - aufs Land geschickt. „Der Ruf seines Vaters verfolgt ihn. Er wird als Volksfeind abgestempelt. Xi Jinping wurde von seiner Familie und seinen Freunden getrennt und in ein Umfeld versetzt, wo er als Elitekind galt, das man verprügeln und ausgrenzen musste. Die Menschen waren keineswegs mitfühlend. Sie behandelten ihn fast wie einen Sklaven“ (Lepauld & Franklin 2021). Auch der Biograf Kerry Brown (2016, S. 56). berichtet von harten Bedingungen auf dem chinesischen Land für die dort hingeschickten Jugendlichen.

Einige Monate nach seiner Ankunft auf dem Land gelingt ihm die Flucht. Zurück in Peking „wird er gefasst und für ein halbes Jahr eingesperrt. Der jetzt 16-Jährige will um jeden Preis zurück zu seiner Familie. Doch inzwischen sind auch seine Mutter und seine Geschwister aus der Hauptstadt verbannt worden“ (Aust & Geiges 2021, S. 43). Tante und Onkel raten dem Jungen nach seiner Haftentlassung zur Rückkehr aufs Dorf und er folgt ihrem Rat.
Sieben Jahre blieb er dort (Aust & Geiges 2021, S. 45).
Alles, was danach kam, ist Legende. 


Quellen:

Aust, S. & Geiges, A. (2021). Xi Jinping – der mächtigste Mann der Welt. Piper Verlag, München. 

Brown, K. (2016). CEO, China: The Rise of Xi Jinping. L.B. Tauris, London / New York. 

Fahrion, G. & Giesen, C. (2022, 15. Okt.). Der Allmächtige. DER SPIEGEL, Nr. 42. 

Lepauld, S. & Franklin, R. (2021). Die neue Welt des Xi Jinping. ARTE Dokumentation. (Produziert von Arnaud Xainte) 


2 Kommentare:

Michael Kumpmann hat gesagt…

xi jinping. bei dem hab ich "gemische Gefühle". Er ist rationaler als Putin und fällt nicht so schnell auf westliche Provokation rein. Seine Wirtschaftsreformen klingen seltsam, jedoch machen die Chinesen bei Wirtschaft momentan nen deutlich besseren Job als wir. wie seine vorgänger baut er die Kulturrevolution zurück und fördert den Konfuzianismus. ähnlich wie die japaner tun die Chinesen jetzt sogar mehr, um unser deutsches kulturelles Erbe zu bewahren, als wir.

die hong kong sache ist "schwierig". auch weil westliche Geheimdienste dort mitmischen.

China hat leider extreme technokratische Elemente und die Fördern ungehemmt Dinge wie Genmanipulation.

Und die sind das Paradebeispiel der Kontrolle durch massenhaften Einsatz subtiler Manipulation, was auf "totale Kontrolle, jedoch keiner merkts wie sehr er kontrolliert wird" hinaus läuft. (Was schon Deleuze und Guattari in den 80ern als kommendes alptraumszenario beschrieben. ) Leider entwickelt sich der Westen in einigen Dingen in ähnliche Richtungen.

Anonym hat gesagt…

Guten Tag Herr Fuchs

Dieses Interview mit dem Rapper Blokkmonsta könnte Sie interessieren, es geht um Gewalt und er redet auch ein bisschen über seine Kindheit: https://www.youtube.com/watch?v=J-YqZV54dP8&t