Sonntag, 12. März 2023

Kindheit des NS-Täters Franz Murer

Meine Quelle für die Kindheit des NS-Täters Franz Murer ist:

Sachslehner, J. (2017). "Rosen für den Mörder": Die zwei Leben des SS-Mannes Franz Murer. Molden Verlag, Wien – Graz – Klagenfurt. 

Aus der Inhaltsbeschreibung: „Der steirische Bauernsohn Franz Murer, ausgebildet auf der NS-Ordensburg Krössinsee, errichtet im Ghetto von Wilna eine wahre Herrschaft des Schreckens. Seine Brutalität und sein Sadismus sind gefürchtet, Frauen und Kinder bevorzugte Opfer.“

Murer war sehr aktiv. Er brauchte Blut. Er musste Menschen morden. Das war ihm eine Art Bedürfnis. Ein Unmensch“ (Augenzeugin Mascha Rolnikaite) (S. 7). 

Franz Murer wurde im Januar 1912 als siebtes Kind seiner Eltern geboren. Eine solche große Geschwisterzahl war damals keine Seltenheit. Trotzdem kommentiere ich diesen Sachverhalt stets gerne damit, dass diese Anzahl von Kindern auch wenig Zeit der Eltern für das einzelne Kind bedeutet haben wird und – damalige Lebensverhältnisse zu Grunde legend – auch Kindesvernachlässigung deutlich wahrscheinlicher macht. Die Familie hatte zudem einen Hof zu bewirtschaften und ständig mussten die Eltern arbeiten. Der Biograf schreibt mit Blick auf die Geburt von Franz: „Maria Murer bleibt nur eine kurze Zeit der Erholung – die Arbeit am Hof ruft, auch jetzt im Winter“ (S. 14). Bereits 1913 kommt noch ein weiteres Kind hinzu: Georg. Insgesamt wird Maria Murer ihrem Mann dreizehn Kinder gebären und dies war in der Tat eine außergewöhnlich hohe Zahl, selbst zur damaligen Zeit! Ein Mädchen namens Katharina starb allerdings wenige Wochen nach der Geburt. Ob die anderen Kinder alle überlebten, erschließt sich in der Quelle nicht. 

Über den Erziehungsstil der Eltern erfährt man nichts in der verwendeten Quelle. Allerdings gab es einen großen Wendepunkt und Einschnitt im Leben des Jungen. Seine Eltern schickten den damals elfjährigen Franz für einige Jahre in einen über 50 Kilometer entfernten Ort in die Schule. Ein Postunterbeamter sorgte nun als „verantwortlicher Aufseher“ für den Jungen (S. 17).

Als Vierzehnjähriger wechselt Franz zunächst auf eine Schule in Neumarkt. Zwei Jahre später geht es weiter nach Grottenhof bei Graz. Auf Grund der Entfernung zu dem elterlichen Hof gehe ich davon aus, dass er weiterhin nicht bei seiner Familie lebte (der Biograf führt dies leider nicht im Detail aus), sonst wäre der Weg zur Schule nicht schaffbar gewesen. Somit verlor dieser Junge ab dem elften Lebensjahr gänzlich sein Familienleben und war abhängig vom Wohlwollen fremder Menschen. Wie er dies erlebte und empfand und welche Art von Belastungen er in dieser Zeit erlebte, scheint nicht überliefert zu sein. Man braucht allerdings nicht viel Fantasie dafür, um sich vorzustellen, dass dieser Junge im Grunde tief vereinsamt aufgewachsen ist und sich durchschlagen musste. 




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