Ich habe die Schilderungen im Grundlagentext um die traumatische Kindheit von Francisco Franco ergänzt:
Die Kindheit von Spaniens Diktator Francisco Franco ist ebenfalls ein Lehrstück dafür, wie missachtete Kinder sich später an der Gesellschaft rächen können. Francisco Franco entstammte einer Familie mit langer militärischer Tradition, schon der Großvater war ein hochrangiger Militär. Sein Vater - Nicolás Franco – war ein Marineoffizier, der sich auch zu Hause wie „ein General aufführte“, autoritär und tyrannisch war. (vgl. Preston, 1995, S. 3ff) Seine Kinder und auch seine Frau wurden oft Opfer seiner Wutausbrüche. Seine Tochter berichtete später, dass er seine Söhne schlug, hielt sich aber über das Ausmass der Gewalt bedeckt. Zu Hause war der Vater oft abwesend, traf sich außerhalb zum Kartenspielen, für Trinkgelage und mit anderen Frauen. Besonders sein zweitgeborener Sohn Francisco war Ziel seiner Ablehnung. Der dünne, schweigsame Junge enttäuschte seit frühester Kindheit die Vorstellungen des Vaters. Auf ihn angesprochen sprach er zuerst von seinem Sohn Nicolas, manchmal auch von Ramon, Francisco war nur „mein anderer Sohn“. (ebd.)
Don Nicolas verachtete seinen zweiten Sohn auch noch, als der den Bürgerkrieg gewonnen hatte: "Paquito als Staatschef! Paquito als Caudillo! Dass ich nicht lache!" (DER SPIEGEL, 14.12.1992)
Francos Mutter war vor allem bemüht, die religiös-bürgerliche Fassade nach Außen aufrecht zu erhalten und ihr Unglück zu verdecken. Nach dem krankheitsbedingten Tod ihrer kleinen Tochter Paz im Jahr 1903 war sie zudem am Boden zerstört. (Über die Auswirkungen dieser Tragödie auf die anderen Familienmitglieder wird in den Quellen nichts beschrieben) Alle Schilderungen von dem Biografen Paul Preston und auch vom SPIEGEL deuten darauf hin, dass der kleine Francisco seine Mutter trösten und stützen musste. Er begleitete seine Mutter Pilar täglich zur Kirche, wo sie Trost im Gebet suchte. Als ihr Ehemann die Familie im Jahr 1907 – da war Francisco 14 Jahre alt – endgültig verließ, trug sie ab sofort nur noch schwarze Kleider. Es scheint so, schreibt Preston, dass dieser Aufbau eines Schutzschildes vor dem Unglück seiner Mutter auf Kosten der emotionalen Entwicklung von Francisco ging und er eine kalte, innere Leere ausbildete. (vgl. Preston, 1995, S. 4) Francisco war ein einsames, unglückliches und in sich gekehrtes Kind, das zudem älter schien, als es eigentlich war. Er war brav und folgsam.
Die Schilderungen über seine Mutterbeziehung lassen letztlich den Schluss zu, dass er emotional von dieser missbraucht und als Trostpflaster gebraucht wurde. Als Person mit eigenen Bedürfnissen scheint er nicht gesehen worden zu sein.
Die Mutter hatte ihren Kindern außerdem – trotz oder gerade wegen dieser Verhältnisse - den eisernen Willen eingepflanzt "aufzusteigen, Ruhm zu erlangen, und sei es unter höchsten Opfern und Anstrengungen", schreibt DER SPIEGEL.
Die Anerkennung seines Vaters konnte Francisco nie erreichen. Gleichzeitig idealisierte er diesen, kreierte das Bild eines Helden, bestritt später, dass es Probleme zwischen seinem Vater und seiner Mutter und auch den Kindern gegeben hatte und ließ seinen Vater nach dessen Tod prachtvoll beerdigen. (vgl. Preston, 1995, S. 5)
Vaterersatz und Selbstbestätigung suchte Francisco beim Militär, wo er mit vollem Einsatz in jungen Jahren begann. Auch hier erlebte er allerdings zunächst Demütigungen auf Grund seiner kleinen Größe und wurde auch das Ziel von grausamen Initiationsritualen durch seine Kameraden, auf die er mit Gewalt reagierte. (vgl. Preston, 1995, S. 9ff) Spott hatte er auch schon als Kind von Spielkameraden und seinen Geschwistern erfahren, die den schmächtigen, kränkelnden Jungen "cerillita" (Zündhölzchen) nannten.
Aus diesem Jungen wurde später der große General und Diktator Spaniens (El Caudillo - der „Anführer“). Im Militär hatte er sich schnell nach oben gearbeitet und nach dem Bürgerkrieg die Macht übernommen. Im Bürgerkrieg - an dem Franco maßgeblich beteiligt war - kamen von 1936 bis 1939 auf beiden Seiten mehr als 600.000 Menschen ums Leben. (vgl. SPIEGEL-Online, 01.09.2003)
Mindestens 30.000 politische Gefangene wurden unter Francos Regime zwischen 1939 und 1945 hingerichtet, schreibt DER SPIEGEL. Über eine Viertelmillion Republikaner wurde eingekerkert und gefoltert, eine halbe Million musste ins Exil fliehen. Noch 1946 befand Franco: "Es gibt keine Erlösung ohne Blut." Todesurteile unterzeichnete er, "ohne dass mir die Hand zitterte". (vgl. DER SPIEGEL, 14.12.1992)
Quellen:
DER SPIEGEL, 14.12.1992: „Spanien. Brutale Lächerlichkeit“ (http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13682558.html)
SPIEGEL-Online, 01.09.2003: "Wo Franco 5000 Opfer verscharren ließ" (http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,263915,00.html)
Preston, P. 1995: Franco. A Biography. Fontana Press, London.
Donnerstag, 25. Februar 2010
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