Der Friedensforscher Daniele Ganser spricht aktuell im FOCUS-Online-Interview („Der Kampf ums Erdöl hat schon begonnen“) „über den Erdölrausch der Nachkriegszeit und Kriege um Rohstoffe“:
„Meiner Meinung nach hat der Kampf ums Erdöl schon begonnen, obschon nicht öffentlich von „Peak Oil Kriegen“ gesprochen wird, das ist tabu. (…) nehmen Sie den Angriff auf den Irak durch die USA und Großbritannien im März 2003, das ist für mich ein klarer Erdölbeutezug. Der Irak besitzt die drittgrößten Erdölreserven der Welt. Die Produktion in den USA und Großbritannien bricht ein. Gegenüber der Öffentlichkeit hat man als Kriegsgrund von Massenvernichtungswaffen gesprochen, aber das waren alles Lügen, wie man heute weiß. (..) Als Historiker halte ich es für dringend notwendig, dass der Terror vom 11. September im Kontext von Ressourcenkriegen und Peak Oil analysiert wird.“
Überall finden sich solche Thesen und Aussagen, in Medien, Büchern, auf Homepages der Friedensbewegung und in Kommentaren. Dabei kann sich jeder, der etwas Zeit investiert, vom genauen Gegenteil überzeugen. Die Informationen sind allen im Internet frei zugänglich. Aktuell habe ich dazu ja einen Beitrag geschrieben und die These vom Krieg ums Öl widerlegt.
Wir brauchen scheinbar einen Grund für Krieg. Es wäre für uns Menschen schwer zu ertragen, wenn ein so einschneidendes Ereignis wie Krieg keinen Grund, keine Ursachen hätte. Wenn der Krieg „einfach so“ stattfindet, weil er unweigerlich zu unserer Spezies gehört, wie das Atmen von Luft. Das wäre unerträglich, übrigens auch für mich. Die Forschenden suchen nach Gründen, im Irak vor allem am Beispiel vom Öl. Dabei ist es so offensichtlich, dass es hier eben nicht um Öl ging. Doch was wäre der nächste Schritt? Was wenn die Forschenden auch zu dieser Einsicht kämen? Dann müsste nach anderen Ursachen gesucht werden. Massenvernichtungswaffen? Eine Lüge von Anfang an! Der 11. September? Da hatte der Irak schier gar nichts mit zu tun! Die Luft würde dann immer dünner. Bliebe noch eine Analyse von sicherheitspolitischen Interessen der USA. Doch der Krieg scheint die zukünftige Sicherheit der USA eher gefährdet zu haben, da spätestens jetzt wirklich jeder muslimische Fanatiker die USA als Feindbild lieb gewonnen hat.
Eine der wenigen übrig bleibenden Gründe, wäre dann die psychohistorische Sicht. Doch diese Sicht an sich birgt unheimlich viele Ängste, da man unweigerlich auch auf sich selbst zurückfallen wird. Schließlich sind nicht-misshandelte, geliebte Kinder eher die Ausnahme in dieser Welt. Darum suchen die Menschen weiter fleißig nach rationalen Erklärungen für Krieg, dabei liegt die Antwort in den Emotionen der Menschen. Die Blindheit bzgl. der Ursachen von Krieg wird am Irakkrieg fast idealtypisch rein deutlich. Wenn selbst ausgewiesene Fachleute diese These einfach so aussprechen, ohne die Fakten nachzuprüfen, dann spricht das Bände. Die These vom Krieg ums Öl ist die unbewusst gewollte Scheuklappe für viele Menschen, damit wir nicht links und rechts mögliche andere Abgründe entdecken könnten, die uns weniger lieb wären.
Freitag, 3. September 2010
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