Montag, 13. Januar 2014

Ehrenpreis für Woody Allen als Zeichen für Täteridentifikation

Woody Allen wurde der diesjährige Golden-Globe-Ehrenpreis für sein Lebenswerk verliehen. Diese Nachricht ließ mich heute Morgen - als ich sie im Radio hörte – kurz zusammenzucken.

Missbrauchsvorwürfe gegen Allen gibt es schon seit Jahren. Aber gerade Ende letzten Jahres machte seine Adoptivtochter Dylan Schlagzeilen, weil sie über ihre Kindheitserinnerungen und den erlittenen Missbrauch durch ihren Stiefvater berichtete. Ebenso wurde öffentlich, dass auch weitere Kinder von Allen den Kontakt zu ihrem Vater abgebrochen haben. „Der jetzt 39-jährige Sohn Fletcher Previn (…) nahm sich sogar die Zeit, um aus jedem Familienfoto Allen mit Photoshop zu entfernen. Auch die Videos seien bearbeitet worden: `Wir können sie uns anschauen und das Gute sehen, ohne an das Böse erinnert zu werden`, erklärte er.“, berichtet die WELT.
Einen sehr deutlichen und hintergründigen Artikel findet man auch bei EMMA.

Für Allens Kinder ist es sicher nichts Neues, dass ihr Vater gesellschaftlich hoch geschätzt und geehrt wird. Der Golden-Globe-Ehrenpreis kommt zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt, kurz nach den Enthüllungen durch Dylan. Dieser Preis unterstreicht somit ganz besonders, dass sich viele Menschen lieber mit dem Aggressor identifizieren, als den Wahrheiten ins Gesicht zu schauen. Das ist etwas, was nicht nur im Fall Allen gesellschaftlich wie auch politisch relevant ist. Das „mit dem Täter identifiziert sein“ und „das Opfer nicht sehen wollen“ ist ein Grundproblem vieler Gesellschaften. Dieses Problem ist wiederum eine Folge der weit verbreiteten Gewalt gegen Kinder.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Da schüttelts mich auch. Der Beispiele sind so viele, wo nicht nur Kunst, sondern auch Künstler-Personen verehrt werden, obwohl sie sich menschlich vergangen haben. Klaus Kinski, Roman Polanski, Paul Gauguin (hatte eine 13-jährige Tahitianerin "geheiratet"), Woody Allen. Vielleicht können einzelne Kunstwerke unabhängig von ihren Autoren wertgeschätzt werden. Aber den Kult um Künstler von ihren persönlichen Handlungen zu trennen bedeutet wegschauen, verharmlosen und die Opfer zu missachten.

Sven Fuchs hat gesagt…

Ein Offener Brief seiner Tochter, der alles sagt: http://kristof.blogs.nytimes.com/2014/02/01/an-open-letter-from-dylan-farrow/?_php=true&_type=blogs&_php=true&_type=blogs&_r=1&