Donnerstag, 11. Juni 2020

Kindheit von Hitlers Chefideologen Alfred Rosenberg


Ich habe mich mit der Kindheit von Alfred Rosenberg befasst. Meine Quelle dafür ist:
Piper, Ernst (2015): Alfred Rosenberg. Hitlers Chefideologe. Allitera Verlag, München. 
(Ergänzend habe ich das Buch Alfred Rosenberg. Der Wegbereiter des Holocaust. Eine Biographie (2016) von Volker Koop gelesen, in dem sich im Grunde fast keine Infos zur Kindheit finden. Insofern habe ich das Buch von Koop ausgeklammert.)

Sein Name ist nicht ganz so bekannt, wie die Namen anderer NS-Täter. Allerdings war Rosenberg ein Nazis der ersten Stunde, (besonders die ersten Jahre) enger Gefährte Hitlers und wurde bei den Nürnberger Prozessen gegen die Hauptkriegsverbrecher angeklagt und zum Tode verurteilt. Er war also kein unbedeutender Akteur.

Alfred Rosenberg wurde am 11.01.1893 in Estland geboren. Seine Mutter starb, als Alfred noch keine 2 Monate alt war. Sein Vater starb im Alter von 42 Jahren im Jahr 1904, Alfred muss zu der Zeit ca. 11 Jahre alt gewesen sein. Zwei Tanten väterlicherseits wurden zu Alfreds Pflegemüttern. Ein Jahr später, 1905, starb auch noch die Großmutter. 1908 wurde sein Elternhaus von den Erben verkauft. Insofern verlor Alfred (damals ca. 15 Jahre alt) auch sein vertrautes Heim (Piper 2015, S. 20).
    Alfred hatte auch einen älteren Bruder, der ebenfalls früh (im Alter von 41 Jahren) im Jahr 1929 verstarb. Was im Angesicht der ganzen Tragödien erstaunt ist, dass Alfred Rosenberg zu seinem Bruder wohl kein gutes Verhältnis hatte. Er notierte rückblickend: „Mit ihm haben mich nicht viele Gefühle verbunden“ (Piper 2015, S. 21) Er konnte auch nicht das exakte Todesjahr seines Bruders angeben und erinnerte auch einen um ein Jahr abweichenden Altersunterschied, was die fehlende Verbundenheit nochmals verdeutlicht.
    Man sollte annehmen, dass solche Todesfälle zwei Brüder zusammenschweißen, was aber offensichtlich nicht der Fall war. Dies wirft die Frage auf, ob es in der Familie schon vorher Konflikte und problematische Verbindungen gab?

Über den Erziehungsstil, Gewalterfahrungen oder Gewaltfreiheit erfährt man nichts in der verwendeten Quelle. Wie immer weise ich an dieser Stelle auf die hohe Wahrscheinlichkeit für autoritäre Erziehung und Körperstrafen gegen Kinder um das Jahr 1900 herum hin. Fest steht, dass Alfred Rosenberg traumatische Verluste in seiner Kindheit erlebte, was ihn ganz sicher geprägt haben wird. Bzgl. der von mir bisher untersuchten NS-Täter (siehe Inhaltsverzeichnis unter "NS-Täter") fällt immer wieder auf, dass sich Mehrfachbelastungen in der Kindheit finden (i.d.R. eine nachweisbar strenge-autoritäre Erziehung + z.B. Todesfälle in der Familie oder sonstige schwere Belastungen z.B. in Internaten, durch Außenseitertum usw.). Für Rosenberg konnte ich wie geschildert nichts über seine Erziehung herausfinden. Allerdings ist auch er mehrfachbelastet: Tod der Mutter und Tod des Vaters, Verlust des Elternhauses + schwieriges Verhältnis zum Bruder. Wie viel kann ein Kind ertragen, bevor es innerlich und emotional „abschaltet“? Was ist, wenn zu diesen ganzen leidvollen Erfahrungen auch noch damals übliche autoritäre Erziehungsmaßnahmen kamen? Was ist, wenn der Säugling, von dem die Mutter gestorben war, nicht warmherzig und gut versorgt wurde?  Diese Fragen werden wir wohl nicht beantworten können. Erneut bleibt mir abschließend zu unterstreichen, dass sich bei bekannten NS-Tätern i.d.R. keine unbelasteten Kindheiten finden lassen.

1 Kommentar:

Michael Thomas Kumpmann hat gesagt…

Ich weiß nicht viel über Rosenberg. Hab hauptsächlich in Texten über Herman Wirth , Infos über Rosenberg gefunden. Da wird Rosenberg meist als "intrigantes Arschloch" beschrieben. (Irgendwie sollen Wirth und Rosenberg Rivalen gewesen sein, und während Rosenberg quasi glaubte, die Germanen hätten das Patriarchat erfunden, glaubte Wirth, die Urgermanen wären Matriarchal gewesen und würden von sogenannten "Hags" regiert. Aus dem Wort Hags wäre dann das Wort Hax und dann das Wort Hex und am Schluss das Wort Hexe entstanden. Scheinbar war der auch auf irgendeine Art ein Feminist. Rosenberg soll Wirth ziemlich gehasst haben, und mitverantwortlich sein, dass Wirth am Ende beinahe im KZ gelandet war.)

Auf der anderen Seite wollte Wirth scheinbar Hitler dessen dämliche England Verehrung und dessen dämlichen Russland Feldzug ausreden. Und das finde ich bei Rosenberg gut. Dass Hitler den Russlandfeldzug begangen hat, war dessen größte strategische Idiotie überhaupt gewesen.