Dienstag, 11. Januar 2022

Kindheit des Ex-Nazis Matthew Collins

Hate: My Life in the British Far Right“ heißt die Autobiografie von Matthew Collins (2011, Biteback Publishing, London). 

Sein Buch beginnt Collins mit Schilderungen über den Vater seiner Mutter, den er als „tyrannical father“ beschreibt, vor dem seine Mutter verzweifelt floh (S. 1). Auch der Großvater väterlicherseits scheint schwierig gewesen zu sein. Er blieb der Hochzeit seines Sohnes fern, da dessen zukünftige Frau, die Mutter von Matthew, eine Protestantin war. Dieser Großvater habe in seinem Hinterhof auch Hunde fast totgeschlagen. Collins ergänzt: „He hated my mother“ (S. 1). 

Entsprechend ist zu vermuten, dass die Kindheiten der Eltern von Matthew Collins belastet waren, was wiederum die Wahrscheinlichkeit stark erhöht, dass diese Eltern auch die eigenen Kinder belasten. Bzgl. seines Vaters wird Collins ziemlich deutlich: Sein Vater war Alkoholiker. Außerdem scheint der Vater kaum Bindungen innerhalb der Familie eingegangen zu sein. Obwohl der Vater bis zu Beginn der Grundschulzeit von Matthew in der Familie lebte, schreibt Collins: „Sadly, I have no recollection of my father ever living with us“ (S. 1).
Danach trennten sich die Eltern und Matthew sah seinen Vater nur noch sporadisch. Sein Vater habe bei den Treffen oft nach Schnaps gerochen (S. 2). „When I remember him back then I think he did care strange, detached way. But I always wondered why he couldn`t love us and our mum as much as he loved alcohol and why he wouldn`t just stay with us …“ (S. 3). 

Matthew buhlte um die Aufmerksamkeit seines Vaters, bekam sie aber nicht. Er fragte sich, ob er seinen Vater vielleicht langweilte und geht gedanklich in seine Kindheit zurück: „`Look at me, I can read! I´m the best in my class, read a book with me, please`, I`d beg. But he never did. I´d dump a hundred toy soldiers onto the floor und say `Let´s play!` but he never did“ (S. 3)

Die Familie war außerdem relativ arm, eine weitere Belastung für die Kinder. Das Verhältnis zu seiner Mutter beschreibt Collins nur sehr knapp, was vielleicht wiederum für sich spricht. Er deutet an, dass es oft Streit am Tisch gab (S. 4). Außerdem beschreibt er die Strenge „Regierung“ seiner Mutter: „My mother`s reign at home was tight, but never tyrannical“ (S. 8). Nun, wie oben erwähnt war der Vater der Mutter tyrannisch. Collins war es hier offenbar ein Bedürfnis, seine Mutter dahingehend abzugrenzen, indem er betont, sie sei nicht tyrannisch, sondern nur streng gewesen. Wie der Erziehungsalltag genau aussah, berichtet er leider nicht. 

Auch mit einem seiner Brüder geriet Matthew schon als Jugendlicher in Konflikt. Sein Bruder ging zur UNI und Matthew störte diese intellektuelle Entwicklung des Bruders offensichtlich. Über 20 Jahre habe er mit dem Bruder nicht mehr geredet (S. 10). Auch dies spricht für wenig emotionale Bindungen in dieser Familie. 

Als Jugendlicher entwickelte sich Matthew schnell zum „Problemschüler“. Er hatte den Ruf „the worst kind of bully“ zu sein (S. 8). Im Alter von 13 Jahren galt er bereits als Rassist. Die Nähe zu rechtem Gedankengut suchte er geradezu und fand seinen Weg in die Szene. Matthew fühlte sich vor allem unverstanden. Und er war voller Fragen und Selbstzweifel. An einer Stelle fragt er rückblickend auf seine jungen Jahre: „What was eating at me, why was I so angry?“ (S. 10). Ich glaube, dass seine Familiengeschichte sehr gut deutlich macht, woher all die Wut und der Hass kamen. 


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