Über die Kindheit der Zarin Elisabeth I. fand ich nur wenige Informationen. Was ich fand, zeigt allerdings deutliche Tendenzen:
Zar Peter der Große „konnte selten mehr als einige Tage hintereinander mit seinen Töchtern zusammensein. Oft vergingen Wochen, in denen sie ihn gar nicht zu Gesicht bekamen. Ihre Kinderzeit war außergewöhnlich einsam. (…) Anfangs wurden die Kinder von zwei Pflegerinnen betreut (…)“ (Rice 1970, S. 19). Auch die Mutter sei oft abwesend gewesen.
In einer anderen Quelle wird von "zwei derben Ammen" (Olivier 1963, S. 35) gesprochen, die das Mädchen und ihre Schwester aufzogen. Später kamen eine französische Gouvernante und als Erzieher ein Mann hinzu.
Fremdbetreuung und frühe Weggabe der Kinder war üblich in diesen hohen Kreisen. Ich betone dies hier erneut (siehe meine anderen Beiträge über die Kindheiten der Zaren). Insofern wurden die Kinder systematisch von ihren Eltern entfremdet.
Die Biografin bezieht sich auf Schilderungen von Katharina II., die bzgl. Elisabeth und ihrer Schwester berichtete: „Die beiden sind – zumindest anfangs – sehr vernachlässigt worden. Ihr Vater behandelte sie zunächst als Bastarde. Die zwei Mädchen hatten in frühster Kindheit niemanden außer den finnischen Bedienerinnen und später schrulligen Deutschen, denen die Kinder einzig und allein als Spielzeug dienten“ (Rice 1970, S. 19). Die Biografin hängt dem kritisch an: „Solche Äußerungen sind anfechtbar. Es sieht so aus, als stammten Katharinas Informationen in diesem Fall von voreingenommen Höflingen“ (Rice 1970, S. 19). Da die Biografin zuvor – wie oben zitiert – auf die außergewöhnliche Einsamkeit in der Kindheit von Elisabeth hingewiesen hat, scheinen Katharinas Eindrücke zumindest ins Bild zu passen.
Auch eine andere Quelle bestätigt die frühe Vernachlässigung: „Elisabeth war 1709 geboren (…). Sie sah ihre Eltern wenig, die viel auf Reisen waren; ihre Erziehung wurde vernachlässigt (…)“ (Cronin 2008, S. 39). Olivier (1963, S. 36) schreibt: "Der Herrscher fand nicht die Zeit, die Erziehung seiner Töchter zu überwachen. Seiner Gattin wiederum fehlten die Voraussetzungen dazu (...). Die Prinzessinnen sahen (...) ihre Eltern nur selten."
Elisabeths Vater – Peter der Große – starb 1725, Elisabeth war zu der zeit fünfzehn Jahre alt. Ca. zwei Jahre später starb die Mutter Katharina I.; Elisabeth war da siebzehn Jahre alt (Rice 1970, S. 24, 35).
Über die Kindheit von Peter dem Großen habe ich hier im Blog bereits geschrieben. Seine Kindheit war hoch traumatisch und der später Erwachsene hatte eine sehr grausame Seite. Es fällt mir schwer, mir vorzustellen, dass dieser Vater ein gutes Vorbild für seine Tochter war. Ganz im Gegenteil würde ich eher vermuten, dass von ihm deutliche Belastungen ausgingen (über die erwähnte Vernachlässigung hinaus), die dann auch Elisabeth geprägt haben dürften. Dies bleibt Spekulation, wäre aber nur logisch und nachvollziehbar.
Leider fand ich in den verwendeten Quellen keine Informationen zu den verstorbenen Geschwistern von Elisabeth. Insofern muss ich mich hier auf den Wikipedia-Eintrag über Elisabeth I. beziehen. Ihre Mutter soll bis zu elf Kinder bekommen haben. Nur Elisabeth und ihre Schwester Anna erreichten das Erwachsenenalter. Die Mutter hatte demnach vor der Geburt von Elisabeths Schwester Anna bereits drei Kinder verloren. Zwischen ihrem sechsten und sechszehnten Lebensjahr verlor Elisabeth sieben Geschwister an den Tod.
Haupt-Quellen:
Cronin, V. (2008). Katharina die Große. Piper Verlag, München
Olivier, D. (1963). Elisabeth von Rußland. Die Tochter Peters des Grossen. Paul Neff Verlag, Wien / Berlin / Stuttgart.
Rice, T. T. (1970). Elisabeth von Russland. Die letzte Romanow auf dem Zarenthron. Verlag George D. W. Callwey, München.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen