Mittwoch, 17. August 2022

Neue Studie: Adverse Childhood Experiences von Linksextremisten und Rechtsextremisten

Erneut wurde eine Studie veröffentlicht, in der die destruktiven Kindheiten von Extremisten zum Vorschein kommen. Die Studie kam schon vor ca. vier Wochen raus und ich hatte sie nur fünf Stunden danach bereits entdeckt (und in meinem Twitteraccount kurz darauf hingewiesen). Dass ich sie erst jetzt im Blog bespreche, ist für mich ungewöhnlich. Normalerweise brennt es innerlich, wenn ich solche Studien finde und sie müssen sofort verarbeitet werden und raus. Nun, es ist dies die 36. Studie für meine „Sammlung“ und es scheint so zu sein, dass mich neue Studien nicht mehr sonderlich aktivieren bzw. überraschen. Für mich ist das Gesamtbild derart deutlich und das Wissen darum letztlich innerlich so klar wie das ABC, dass ich mir jetzt sogar Zeit lasse. Umfassende Reaktionen der Gesellschaft sind eh kaum so erwarten. So ist es halt. Trotzdem bleibe ich natürlich am Ball :-).

Hier nun der Hinweis auf die neue Studie: 

Logan, M. K., Windisch, S. & Simi, P. (2022). Adverse Childhood Experiences (ACE), Adolescent Misconduct, and Violent Extremism: A Comparison of Former Left-Wing and Right-Wing Extremists. Terrorism and Political Violence. https://doi.org/10.1080/09546553.2022.2098725

Verglichen wurden die belastenden Kindheitserfahrungen (Adverse Childhood Experiences, ACEs)  von zehn ehemaligen Linksextremisten und zehn ehemaligen Rechtsextremisten aus den USA. Von den Linksextremisten waren vier (40%) während ihrer extremistischen Zeit in Gewalthandlungen verstrickt, bei den Rechtsextremisten waren es sechs (60%). 50 % der Linksextremisten und 70 % der Rechtsextremisten gehören bzgl. belastenden Kindheitserfahrungen zur Hochrisikogruppe (4 ≥ ACEs), was deutlich über dem Durchschnitt der US-Bevölkerung liegt. 

Die ACEs-Werte sind wie folgt verteilt:

(Daten jeweils links die Linkextremisten (LE) und rechts die Rechtsextremisten (RE) )

körperlich misshandelt: 30 % (LE) / 50 % (RE)

emotional misshandelt: 20 % (LE) / 50 % (RE)

sexuell misshandelt: 10 % (LE) / 20 % (RE)

emotional vernachlässigt: 60 % (LE) / 50 % (RE)

körperlich vernachlässigt: 20 % (LE) / 10 % (RE)

Verlust von Elternteilen: 70 % (LE) / 70 % (RE)

Eltern suchtkrank: 50 % (LE) / 70 % (RE)

Zeuge häuslicher Gewalt: 40 % (LE) / 60 % (RE)

elterliche psychische Erkrankung: 30 % (LE) / 40 % (RE)

elterliche Inhaftierung: 20 % (LE) / 20 % (RE)

Es fällt auf, dass die Rechtsextremisten in vielen Bereichen höher belastet sind, als die Linksextremisten. Nur bei der körperlichen und emotionalen Vernachlässigung sind die Linksextremisten höher belastet. 

Beim Antwortverhalten ist grundsätzlich zu bedenken, dass es hier um hoch sensible und schambesetzte Bereiche der frühen Sozialisation geht. Die erfragten Werte bilden also die Mindestbelastungen ab und liegen vermutlich noch höher. Diese „Lücke“ gilt für alle Studien, die sich mit belastenden Kindheitserfahrungen befassen. 

Hier noch ein Beispielauszug bzgl. eines Rechtsextremisten:

Some of my earliest memories are my dad being arrested and whatnot by the police for hitting my mom and knocking her teeth out. One of the ones that sticks out to me is my dad got mad at me and threw me off the roof. (…) When that kind of stuff happened, I´d just run away” (S. 10). 

An diesem (und anderen beispielhaften Auszügen) wird deutlich, dass Misshandlungen innerhalb der Familien nicht selten besonders massiv und schwer waren. 

Anhang Diagramm (von Sven Fuchs) über die ACEs der Extremisten im Vergleich:




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