Letzte Nacht drang bei mir plötzlich ein Gedanke ins Bewusstsein. Plötzlich tauchte bei mir die Frage auf, ob Eva Braun evtl. von ihrem Vater sexuell missbraucht wurde?
Normalerweise schlafe ich recht gut. Aber nach der Veröffentlichung meines gestrigen Beitrags über die Kindheit von Eva Braun setzte mein Gehirn Fragmente und Fragen zusammen. Im psychotherapeutischen Rahmen spricht man von „Übertragung“, wenn der Therapeut plötzlich Bilder im Kopf oder Gefühle entwickelt, die so vom Patienten gar nicht ausgesprochen, sondern unbewusst und „verdeckt“ angetragen wurden. Damit lässt sich dann therapeutisch arbeiten. Ich selbst bin nur durch das Lesen von Biografien in das Leben von Eva Braun eingetaucht, was natürlich etwas ganz anderes ist. Trotzdem hatte ich so etwas bei anderen von mir untersuchten Akteuren eigentlich noch nie, dass plötzlich solch drängende Fragen auf einen Schlag auftauchen…
Ich habe erst etwas gezögert, ob ich meine Gedanken dazu veröffentlichen soll. Das Ganze bleibt reine Spekulation! Ich möchte meine Gedankengänge trotzdem offenlegen (alleine schon, damit ich nicht wieder im Schlaf gestört werde!).
Sexueller Missbrauch ist an sich eine Art „Tabu im Tabu“. Der ganze Bereich Kindesmisshandlung ist schambeladen und oftmals tabuisiert, gerade auch, wenn die Gewalt durch Familienmitglieder ausgeht. Nimmt diese Gewalt sexuelle Formen an, ist es für Betroffene erfahrungsgemäß doppelt schwierig, darüber zu berichten oder auch nur selbst darüber zu reflektieren. Das ist das Eine.
Lambert hat berichtet, dass Eva das Lieblingskind ihrer Mutter war (Lambert 2014, S. 50). Trotzdem ließ sie Eva nach der Trennung von ihrem Mann und dem anfänglichen Aufenthalt auf dem Land bei ihren Großeltern zurück. Eva war zu der Zeit sieben Jahre alt. Warum ließ sie das Kind zurück? Dies ist absolut unverständlich. Als Sechszehnjährige wurde Eva erneut weggeschickt, diesmal auf ein klösterliches Internat. Der Plan war ursprüngliche, dass sie ganze zwei Jahre blieb.
Die Ehekrise und Trennung der Eltern werden von den Biografinnen mit großen Fragezeichen unterlegt. Eine Scheidung war damals in Deutschland quasi unbekannt, schrieb Lambert. Schwierige Ehen gab es zu Hauf, trotzdem trennte man sich nicht, gerade auch, wenn man so christlich geprägt war wie die Brauns. Lambert spekuliert über eine mögliche Affäre des Ehemannes: „If an affair (…) had come to light Fanny would have found this hard to accept” (Lambert 2014, S. 58).
Nach dem Krieg war zudem die Wirtschaftslage sehr angespannt. Eine Scheidung gerade im Jahr 1921 war nochmals eine doppelte Herausforderung und machte auch deswegen kaum Sinn.
Evas Vater war ein kriegstraumatisierter Mann, der sich in sich selbst und vor seiner Familie zurückzog. Ein Kind will selbstverständlich einen glücklichen Vater und spürt dessen Not. Die Ehe der Eltern war zudem bald nach seiner Rückkehr aus dem Krieg in einer Dauerkrise. Vermutlich galt dies auch für die sexuelle Beziehung zwischen den Eheleuten.
Eine Nichte berichtete später, dass Evas Vater ein eigenes Schlaf-/Wohnzimmer bewohnte und auch dort aß, getrennt von der Familie (Lambert 2014, S. 57).
Vor all diesen Hintergründen bildet sich bei mir ein mögliches Szenario heraus:
Könnte der Grund für die außergewöhnliche Trennung und Scheidung und das spätere Zurücklassen von der Lieblingstochter Eva (die dadurch nicht mehr auf ihren Vater traf) ihren Grund darin haben, dass Evas Mutter eine wie auch immer sich ausgestaltende sexuell übergriffige Beziehung des Vaters zu Eva wahrnahm oder dies befürchtete? Hat der Vater seine Tochter als „Trostpflaster“ missbraucht?
Die massive Suizidalität von Eva Braun und zugleich diese „kindlich“ wirkende Verspieltheit („Eingefroren sein“ in einer kindlichen Phase), die wir aus vielen Videos von ihr kennen, passen auch hier ins Bild. Bzgl. ihrer von mir im Blogbeitrag aufgezeigten Kindheitsbelastungen fehlt mir persönlich noch etwas mehr, was diese große Todessehnsucht erklären würde.
Nun, vielleicht war es auch wirklich eine außereheliche Affäre, die all dies auslöste, so wie Lambert vermutet. Fest steht, dass wir die Wahrheit nicht mehr erfahren werden.
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