Kürzlich las ich etwas in einer weiteren Stalin Biographie: Kellmann, K. 2005: Stalin. Eine Biographie. Primus Verlag, Darmstadt.
Zu meinem Erstaunen lauteten die ersten Sätze dieser Biographie wie folgt:
„Nicht nur der Vater, auch die Mutter schlug ihn. Körperliche Misshandlungen, Jähzorn und Gewalt müssen zu den ersten Wahrnehmungen im Leben jenes Menschen gehört haben, der sich später Stalin nannte.“ (Kellmann, 2005, S. 9)
Ich habe so einige Biographien über Diktatoren und politische Führer in den Händen gehalten. Alle fingen mit großen Ausschweifungen über den Geburtsort, Herkunft, Geschwister, Großeltern, Schulausbildung usw. usf an. Erst im Laufe des Textes fand ich dann ggf. hier und da vereinzelte Hinweise zur familiären Gewalt. Dass ein Biograph gleich mit der Misshandlungsgeschichte eines Diktators beginnt, ist ganz und gar außergewöhnlich! Dadurch betont er ganz klar, wie wichtig er diese Erfahrungen offensichtlich für das Leben von Stalin empfindet. Aber, jetzt kommt mein zweites Erstaunen: Im weiteren Textverlauf zur Herkunft und Kindheit von Stalin kommt kein Wort mehr zu dieser Gewalt im Elternhaus dazu. Auch keine Anmerkungen oder Gedanken, wie diese Erfahrungen Stalin geprägt haben könnten. Da reiht sich der Biograph Kellmann dann wieder ein in die Reihe der Anderen. Ganz erstaunlich, wirklich. Einen solchen krassen Widerspruch habe ich bisher in keinem anderen Text gefunden. Zumindest werde ich Kellmann im Grundlagentext über Stalin aufnehmen, da diese Biographie eine weitere Quelle für Stalins gewaltvolle Kindheit darstellt.
Samstag, 9. Oktober 2010
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