Samstag, 26. März 2011

Kriegsgründe: Heutige Kriege werden moralisch ausgerechnet

Es gibt verschiedenste Aufstellungen von Kriegsursachen. Ich habe einfach einmal eine sehr objektive Auflistung herausgesucht, die von der „Bundeszentrale für politische Bildung“ (Ein Teil von „Panorama der Konflikte – Weltkonflikte“ unter http://www.bpb.de/die_bpb/ZTTVEX,0,PDFVersionen.html) veröffentlicht wurde. Folgende Kriegsursachen werden aufgelistet:

Hinweis nebenbei für neue LeserInnen: Dieser Beitrag wird mit am häufigsten durch Googel-Suchen aufgerufen. Er ist aber letztlich nur ein kleiner Gedankenbeitrag, den ich so nicht einmal in den INDEX aufgenommen habe. Für alle, die sich für die tieferen Ursachen von Kriegen interessieren, verweise ich auf den INDEX und meinen Text "Als Kind geliebte Menschen fangen keine Kriege an". 

TERRITORIALANSPRÜCHE
Konkurrenz um Grenzen und Gebiete

HERRSCHAFTSINTERESSEN
Durchsetzung politischer und ökonomischer
Interessen durch Eliten

FEHLWAHRNEHMUNG
Falsche Beurteilung der Stärke und Absichten
anderer Staaten

HERRSCHAFTSSICHERUNG
Furcht vor einer Bedrohung von außen

ABLENKUNG
Ablenkung von Konflikten innerhalb eines
Staates

MACHTKONKURRENZ
Kampf um Vormachtstellungen in der Region

ROHSTOFFBEDARF
Konkurrenz um Ressourcen

INTERNER KOLONIALISMUS
Ökonomische Ausbeutung und politische
Unterdrückung von Bevölkerungsgruppen
und Regionen

SOZIO-ÖKONOMISCHE HETEROGENITÄT
Auf krasser sozialer Ungerechtigkeit beruhende
Gesellschaftssysteme

ETHNISCH-KULTURELLE HETEROGENITÄT
Kein Interessensausgleich angesichts unterschiedlicher
Bevölkerungsgruppen, die keine „einheitliche Nation“ bilden


Diese Art von Kriegsursachenverständnis ist klassisch. Wenn man sich mit den emotionalen Ursachen (und dabei vor allem belastenden Kindheitserfahrungen) von Kriegen beschäftigt, erscheint einem diese Aufstellung allerdings doch sehr lückenhaft. Mehr noch, sie geht an den tieferen Ursachen komplett vorbei!

Einige Punkte möchte ich weiter besprechen und fange damit an, folgende zusammenzufassen (die anderen Punkte werde ich mir später vornehmen): TERRITORIALANSPRÜCHE, HERRSCHAFTSINTERESSEN, MACHTKONKURRENZ und ROHSTOFFBEDARF beinhalten letztlich alle das gleiche: Menschen bzw. Nationen (und ihre Eliten) wollen etwas haben, etwas in Besitz bringen, um sich dadurch mächtiger zu fühlen und/oder weil sie meinen, einen rechtlichen Anspruch darauf zu haben und/oder um für sich (vor allem ökonomische) Vorteile und Annehmlichkeiten zu sichern (was wiederum auch Machtzuwachs bedeutet). Für die Erreichung dieser Ziele ziehen sie in den Krieg und/oder motivieren andere dazu. Logisch und rational, oder?

Wenn man darum weiß, dass Menschen, die emotional lebendig sind und deren Mitgefühl nicht verschüttet ging, niemals (außer vielleicht in äußerster persönlicher Notwehr) einen anderen Menschen töten oder andere dazu motivieren könnten, dann erscheint dieses Ursachenverständnis weniger logisch. Macht, Geld, Land, Nahrung, Häuser usw. alles toll. Aber dafür töten? Nur Menschen, deren Emotionen erkaltet sind, können (der Macht willen) töten. Nur Menschen, deren Emotionen erkaltet sind, können hinterher irgendwie weiterleben, mit dem Wissen um ihre Taten. (Emotionen erkalten vor allem, wenn Gewalt in der Kindheit erlebt wird. Keine Lebensphase ist so bedeutend für die Entwicklung eines Menschen, wie die Kindheit. Die Regionen, in denen wir heute Kriege und Terror sehen, sind nachweisbar Regionen mit sehr hohen Raten von Kindesmisshandlung)

Zudem werden – so scheint es mir - oftmals kriegerische Konflikte zu oberflächlich betrachtet. Geht es denn wirklich immer nur um Land, Öl, Geld und Macht?

In diesem Blog habe ich bzgl. des Irakkrieges festgestellt, dass es nicht um Öl ging. Viele Kriege scheinen außerdem weit höhere Kosten mit sich zu bringen, als (scheinbare) Gewinne. Kaum ein Mensch rechnet das vorher und hinterher wirklich nach. Hitler-Deutschland und der Traum vom großen zusätzlichen Lebensraum oder gar der Weltherrschaft endete im genauen Gegenteil, dem Verlust großer Teile des Landes und der Zerstörungen der Infrastruktur und Ökonomie. Kein Gewinn, nur Verlust. Auch über den Billionen-Irakkrieg hatte ich schon oftmals etwas hier geschrieben. Kriege wirken ungemein destruktiv auf alle gesellschaftlichen Bereiche. Sie behindern Innovationen und Fortschritt; binden Gelder, die in andere Bereiche investiert viel mehr einbringen würden; sie binden Personal und Führungskraft, sie schaden der eigenen Ökonomie und Gesellschaft. Trotzdem werden Kriege klassisch unter zweckrationalen (ökonomisch-politischen) Aspekten analysiert.

Zwei aktuelle Beispiele zum Israel-Palästina-Konflikt:
Am Mittwoch wurde in Israel ein Sprengstoffanschlag auf einen Bus verübt. Eine britische Touristin starb, viele andere Menschen wurden verletzt.
Am Freitag, dem 11. März 2011 wurde ein israelisches Ehepaar und ihre drei Kinder (wovon eines erst drei Monate alt war) in einem Siedlungsgebiet durch Attentäter im Schlaf erstochen. Berichten zufolge haben israelische Siedler daraufhin ab dem folgenden Samstag Steine, Molotow-Cocktails, Gewehre, Stöcke und Messer benutzt, um wahllos PalästinenserInnen in Fahrzeugen und Wohnhäusern in den Dörfern und Städten der gesamten Westbank anzugreifen…

Die meisten KriegsursachenforscherInnen würden diesen Konflikt wohl klassisch in die oben genannten Analyseebenen einordnen. Doch ist dies wirklich rein ein rationaler Kampf um Land? Und zusätzlich ein Kampf der Kulturen? Wem bringt es etwas, in diesem zweckrationalen Kampf, wenn eine britische Touristin stirbt und ein dreimonatiges Baby im Schlaf erstochen wird? Was für einen Sinn macht es, wenn israelische Siedler wahllos aus Rache irgendwelche Palästinenser angreifen?
Wenn jemand meint, einen legitimen Anspruch auf Land und Ungerechtigkeit erfahren zu haben, dann ist das eine Sache für sich. Das Töten von Menschen ist wiederum eine andere Sache, die nur oberflächig betrachtet etwas mit ersterer zu tun hat. Erstere Sache ist der Zündfunke oder das „rationale Ziel“, das die Menschen vordergründig gebrauchen, um ihren Hass und ihre Gewalt zu entemotionalisieren bzw. zu rationalisieren. Dahinter verbirgt sich die Tatsache, dass nur emotional gestörte Menschen, Menschen mit einem tiefen inneren Hass, der seinen Ausdruck sucht, zu solchen Taten fähig sind. Menschen wollen hassen und wollen Gewalt, weil sie sich dadurch emotional kurzfristig befreit fühlen, „lebendig“ fühlen, Dampf ablassen können, bevor sich der Hass zu sehr gegen sie selbst richtet und sie selbst zerstört, bevor die Erinnerungen an die frühen Demütigungen zu sehr ins Bewusstsein gelangen. Um diesen gewollten Hass bauen sie sich ein „logisches Gerüst“, das meiner Meinung nach abgerissen gehört, um den Blick auf die tieferen Ursachen freizulegen. Das „logische Gerüst“ kommt zusätzlich je nach Region auf der Welt in anderen Formen und Farben zu Geltung. Jemand der als Kind schwer misshandelt wurde und voller abgespaltener Ängste, voller Wut und Hass ist, wird in Irland andere Feindbilder suchen und vorfinden, die er aufgreifen kann, als ein Mensch mit dem selben persönlichen Hintergrund, der in Nordafrika aufwächst oder in Russland lebt etc.

(Ähnlich wie oben aufgeführt verhält es sich übrigens auch bzgl. privater Gewalt. Bei der klassischen „Beziehungstat“ – also wenn ein Mensch in einer Trennungssituation seine Partnerin/ seinen Partner umbringt, oftmals in sehr brutaler Art und Weise z.B. mit 20-30 Messerstichen - lässt sich hinterher vielleicht ein Eskalationsprozess feststellen, jahrelange Streitigkeiten um dies und das und alles, was in destruktiven Beziehungen so vor sich geht, aber erklärt das dann auch das Töten? Ist nicht die gestörte Beziehung an sich schon ein Ausdruck von gestörten Emotionen der beiden Partner? Und ist nicht erst recht das Abschlachten des Partners/der Partnerin ein Beleg dafür, dass der Täter / die Täterin ihre Emotionen abgespalten hat?)

In der heutigen Zeit erleben wir, wie Kriege durch Mitgefühl gerechtfertigt werden. Unsere emotionale Entwicklung ist fortgeschrittener, als sie noch Anfang des 19. Jahrhunderts oder auch davor war. Offiziell braucht es heutzutage eine andere Sprache der Politik, damit die Bevölkerung nicht revoltiert und den Krieg stillschweigend mitträgt. Dabei bleibt auch diese „nettere“ Sprache Heuchelei und verdeckt nur, dass Entscheidungen für einen Krieg von Menschen getroffen werden, die kein Mitgefühl kennen. Sie reden auch heute von „Moral“ und von „Mitgefühl“ für das Volk in Libyen und rechtfertigen so ihren Krieg und das Töten von Menschen. Heutige Kriege werden moralisch ausgerechnet. Wie viele Menschen müssen wir töten, damit wie viele Menschen nicht getötet werden?
Tony Blair hat z.B. eindrucksvoll in seinem Buch „Mein Weg“ (2010) auf Seite 407 klar gemacht, dass er von 100.000 – 112.000 toten Irakern ausgeht. Davon seien aber ca. 70.000 nicht durch die westlichen Koalitionstruppen umgekommen, sondern durch religiös motivierte Gewalt... Den Streit um Zahlen und Wahrheit lassen wir hier mal außen vor. Blair übernimmt durch diese Aussage quasi die Verantwortung für zumindest 30-42.000 durch westliche Truppen getötete Iraker. Auf den Seiten davor und danach kommt dann seine moralische Gegenrechnung. Wie viele Kinder und Menschen hatte Saddam Hussein getötet, wie viele wären gestorben, wäre er weiter an der Macht geblieben? Sein moralischen Rechenergebnis: Ja, der Krieg war richtig, man tötete Menschen, aber viele andere konnten so gerettet werden...
Da könnten wir jetzt – diesen Gedankengang folgend - auch (wieder) anfangen, Menschen für medizinische Versuche zu gebrauchen und ihren möglichen Tod in Kauf zu nehmen, um andere, viele andere zu retten, oder?
Dann müssen wir außerdem unseren Kindern in Schule und Familie folgerichtig beibringen: Töten ist falsch, außer manchmal, alles klar? Wie erklärt man dies Kindern, dass das Töten hier falsch ist und dort richtig?


Ich versuche hier im Blog immer einigermaßen sachlich zu sein. Aber ich muss auch mal sagen dürfen: Ich finde diese gefühlskalte, heuchlerische Rhetorik (nicht nur von PolitikerInnen, sondern auch in Medien und Diskussionsrunden) , die vordergründig Gefühle und Mitgefühl verspricht und vorspielt, zum Kotzen! Ich finde den Militäreinsatz gegen Libyen zum Kotzen. Ich finde es zum Kotzen, dass die Welt immer noch nicht verstanden hat, dass Gewalt nicht durch Gewalt zu lösen ist.

Freitag, 18. März 2011

Uno-Sicherheitsrat: Bomben, um zu zeigen, dass Bomben falsch ist

Der Uno-Sicherheitsrat hat militärische Aktionen gegen Libyen beschlossen. Soweit ich lesen konnte, ist im Grunde alles erlaubt, außer dem Einsatz von Besatzungstruppen. Die USA, Frankreich und Großbritannien rüsten sich bereits für den Angriff und wollen nun durch ihre Bombardements Gaddafi zeigen, dass das Bombardieren von Menschen falsch ist…

Bis vor einigen Monaten hatte man mit dem Gaddafi-Regime im Grunde eher weniger ein Problem. Berlusconi bezeichnete Gaddafi 2009 sogar noch als "Mann von tiefer Weisheit", zwischen den beiden herrschte offiziell sogar eine gute Männerfreundschaft. Auch Frankreich arbeitete jahrelang eng mit dem Diktator zusammen. 2007 beschloss Frankreich sogar, Gaddafi einen Atomreaktor zu liefern... Tja, das ließe sich sicherlich noch weiter ausarbeiten.

Nun hat der Westen wieder einmal einen „richtig Bösen“ gefunden, den man militärisch in die Knie zwingen will. Ich selbst halte Gaddafi für einen absolut Wahnsinnigen und die wenigen (!) Informationen, die zu uns dringen, zeigen, dass er offensichtlich rücksichtlos und brutal gegen seine Gegner und auch Zivilisten vorgeht. Mir stellen sich allerdings einige Fragen:

Rechtfertigt die aktuelle Situation jetzt einen Militärschlag? Sind die Rebellen mit ihrem Anführer Mustafa Abdel Dschalil „die Guten“, die es zu unterstützen gilt und die, wenn sie an der Macht sind, ganz tolle Demokraten werden? Und was ist mit der einfachen Putzfrau, die gerade in einer Militäranlage bei der Arbeit ist, während die westliche Allianz Bomben abwirft? Was ist mit denjenigen libyschen Soldaten, die vielleicht bisher gar nicht im Einsatz waren oder während der Einsätze keine Verbrechen begingen, darf man diese auch töten? Was ist mit den unzähligen Zivilisten, die durch fehlgeleitete westliche Bomben oder weil sie zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort waren sterben werden? Was ist mit den westlichen Soldaten, die nach Hause kommen werden, mit dem Wissen, Menschen getötet zu haben und dadurch selbst traumatisiert wurden; was ist mit ihren Kindern und ihren Ehefrauen? Was ist mit den unzähligen Zivilisten und Kindern, die nachts die Flugabwehrgeschosse und einschlagenden Bomben hören, welche traumatischen Ängste werden hier ausgelöst werden? Überhaupt: Wer hat den Tod verdient, wer nicht?

Militäreinsätze sind keine Option, sie können nur scheitern, neues Leid erzeugen und eine Eskalation herbeiführen. Man hätte mit Gaddafi schon vor Jahren politisch anders umgehen müssen. Jetzt ergibt sich für mich eher das Bild, dass man sich in Libyen einen möglichen „bösen Feind“ warm halten wollte, für den Fall, dass man mal wieder eine Militäraktion brauchen könnte, um „Gut“ und „Böse“ klar voneinander zu trennen und innere Traumata außen wiederaufzuführen. Es wäre interessant, wie sich die emotionale Lage in den USA, Großbritannien und Frankreich in den vorherigen Monaten dargestellt hat. Welche Bilder und Emotionen waren in den Medien dieser Länder vorherrschend?

Donnerstag, 17. März 2011

Konflikte und Kriege haben keinen ethnischen oder religiösen Hintergrund

...das sagt zumindest der deutsche Ethnologe Günther Schlee in einem sehr interessanten Interview.

Seine Grundthese lässt sich an Hand eines Zitats verdeutlichen:

Die These vom Kampf der Kulturen besagt: Je größer der Unterschied, desto höher das Konfliktpotential. Aber schauen Sie sich pluriethnische oder multikulturelle postkoloniale Gesellschaften mit Gruppen von Menschen afrikanischen, europäischen, asiatischen und indischen Ursprungs an. Die kulturelle Verschiedenheit korreliert nicht mit der Konflikthäufigkeit. Auf der anderen Seite finden wir häufig Konflikte gerade zwischen kulturell besonders ähnlichen Gruppen. Als grobe Faustregel kann man sagen: Zwischen Menschen mit völlig unterschiedlichen Kulturen ist die Konfliktwahrscheinlichkeit geringer.

Konflikte und Kriege haben nach Schlee häufig eine ethnische oder religiöse Ausdrucksform, die eigentlichen Ursachen sieht er allerdings woanders. Insbesondere meint er, dass es um materielle Ressourcen oder auch um Machtpositionen oder Posten ginge. Die ethnische Zugehörigkeit sei nur ein wichtiges Mobilisierungselement für bestimmte Akteursgruppen (Eliten), die den Konflikt wollten und davon profitierten. Entsprechend würden sich bei Konflikten, die als ethnisch oder religiös bezeichnet werden, erst im Verlauf des Konfliktes ein entsprechendes Bewusstsein oder eine Verhärtung dieser Identitäten herausbilden.

Schlee gibt einige Beispiele:

In Darfur zum Beispiel haben große Teile der nicht arabischen Bevölkerung eine lange islamische Tradition, und zu den arabischen Reitermilizen gehören auch Schwarze. In den Medien wird das zu einfach dargestellt.

Schauen Sie sich die beklagenswerteste Gruppe der Opfer des Dritten Reiches an: Die Juden, die ja noch nicht einmal eine Konfliktpartei waren. Die Nazis mussten sie aus dem deutschen Volk herausdefinieren. Sie waren ja als Juden meist gar nicht erkennbar. Viele hatten als deutsche Soldaten im Ersten Weltkrieg gekämpft. Es kam zu einer künstlichen Abgrenzung der Mehrheit der Deutschen von einer Minderheit anderer Deutscher.

Bzgl. dem Krieg in Jugoslawien sagt Schlee, dass z.B. viele bosnische Muslime gar nicht religiös waren. Schon deshalb scheide Religion als Begründung des Konflikts aus. Viele Menschen in dieser Region hatten z.B. auch einen serbischen Vater und eine kroatische Mutter. Erst im Verlauf des Konfliktes mussten sie sich für eine Identität entscheiden.

In Nordirland, wo Katholiken und Protestanten streiten, sind sich beide Parteien so ähnlich, wie es unterscheidbare Gruppen überhaupt sein können. Selbst in ihren Paraden gleichen sie sich, so Schlee weiter.


Ich finde es wichtig und sehr spannend, wie ein genaues Hinschauen oftmals andere Ergebnisse bringen kann. Sehr schnell wird immer wieder auf den Kriegsgrund Ethnie oder Religion verwiesen. Schlee hat seine Thesen in dem Buch „Wie Feindbilder entstehen: Eine Theorie religiöser und ethnischer Konflikte“ weiter ausgeführt. Bei Zeiten werde ich mir das Buch durchlesen und sicherlich nochmal auf das Thema zurückkommen.

Ich teile seine Ansicht, dass so etwas wie Religion oder Ethnie letztlich nur die Oberfläche kriegerischer Konflikte aufzeigt. Die tieferen Ursachen liegen woanders. Meiner Meinung nach allerdings nicht im Machtstreben von Eliten oder dem Streben nach Ressourcen. Kriege bringen keinen Gewinn, dass lehrt uns die Geschichte. In den beiden Texten über das „Märchen vom Krieg ums Öl“ habe ich auch die „Krieg für Öl“ These widerlegt (Teil 1, Teil 2). (Schlee dazu bzgl. des Irak-Krieges: "Dass für alle Beteiligten Öl eine große Rolle spielte, lässt sich wohl kaum leugnen.") Ich sehe die Ursachen vor allem in den Emotionen und destruktiven Kindheiten. Selbst wenn Machtstreben von Eliten einen wichtigen Hintergrund von Kriegen darstellen würde, erklärt dies nicht, warum sich die Massen so bereitwillig diesem Machtstreben und entsprechenden Manipulationen hingeben, warum sie andere Menschen bereitwillig töten. Und auch das Machtstreben der Eliten wäre emotional zu beleuchten. Ein emotional gesunder und lebendiger Mensch, würde niemals über Leichen gehen, um für sich ökonomische Vorteile zu sichern. Nur Menschen, deren Emotionen gestört sind, können so handeln. Machtstreben (destruktiver Ziele Willens) folgt nicht rationalen Mustern, sondern vor allem emotionalen.