Freitag, 31. Januar 2020

Holocaust. "Wann sprechen wir endlich über die Täter?": Offener Brief an Filipp Piatov

Dieser Offene Brief bezieht sich auf den Kommentar von Filipp Piatov in BILD-Online vom 28.01.2020 ( "Wann sprechen wir endlich über die Täter?")

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Lieber Herr Piatov,

mit großem Interesse habe ich Ihren Artikel „Wann sprechen wir endlich über die Täter?“ gelesen.
In vielem sprechen Sie mir aus dem Herzen. Letztlich ist es aber auch so, dass sich Teile der Wissenschaft sehr wohl und ausführlich mit den NS-Tätern befassen und befassten. Nur im öffentlichen Raum und Bewusstsein kommt der Blick auf die Täter viel zu selten vor und darum ging es Ihnen wohl auch.
Nun kommt mein Anliegen bzw. meine Anregung an Sie: Ich teile wie gesagt in fett gedruckten Buchstaben Ihren Satz. „Wann sprechen wir endlich über die Täter?“. Ich persönlich bin darüber hinaus noch einen Schritt weiter. Meine Fragen lauten: „Wann sprechen wir endlich über die wesentlichen Gemeinsamkeiten der Täter? Wann sprechen wir endlich über die Kindheiten der Täter?

Und ja, dies ist ein Bereich, bei dem sich i.d.R. auch die Wissenschaft blind stellt, was erstaunt. Denn mittlerweile kann man viel zu den Kindheitshintergründen der NS-Täter finden.

Ich selbst habe 2019 ein Buch dazu veröffentlicht: „Die Kindheit ist politisch! Kriege, Terror, Extremismus, Diktaturen und Gewalt als Folge destruktiver Kindheitserfahrungen“

Darin habe ich die Kindheiten von Adolf Hitler, Rudolf Heß, Joseph Goebbels, Heinrich Himmler, Hermann Göring, Martin Bormann, Albert Speer, Julius Streicher, Karl Dönitz, Joachim von Ribbentrop, Hans Frank, Rudolf Höß, Josef Mengele, Adolf Eichmann, Alfred Filbert, Amon Göth und Reinhard Heydrich analysiert. Die Kindheits-Erfahrungen dieser Akteure reichten von Misshandlungen über Demütigungen, autoritäre Erziehung, emotionaler Kälte, Vernachlässigung, Zwängen, Gehorsamsforderungen, Miterleben von Gewalt, Außenseiterstatus, Ehekrisen der Eltern, Suchtverhalten von Elternteilen, Nahtoderfahrungen bis zu Trennung von der Familie und/oder bis zum Tod von Geschwistern und Elternteilen. Dominierend in der Kindheit der NS-Täter war eine strenge und autoritäre Erziehung. Ich habe ergänzend bisher weitere Kindheiten analysiert, z.B. von Alfred Jodl und Robert Ley. Auch dort wurde ich fündig und fand deutliche Belastungen in der Kindheit. Derzeit arbeite ich weitere Biografien von NS-Tätern durch.

Ergänzend dazu habe ich in meinem Buch das Ausmaß von körperlicher Gewalt gegen Kinder und auch von so etwas wie „elterlicher Zuwendung“ in Deutschland erfasst. Je mehr wir uns den Geburtsjahrgängen um die ca. 1930 annähern, desto mehr Gewalt und desto weniger Zuwendung erlebten nachweisbar die Kinder. Der Psychohistoriker Lloyd deMause hat zwei eindrucksvolle Texte geschrieben, die ich Ihnen – neben meinem Buch – sehr empfehle: „The Childhood Origins of World War II and the Holocaust“ und The Childhood Origins of the Holocaust. Er macht klar, dass die Mehrheits-Kindheit im Deutschen Reich um 1900 ein reiner Alptraum war.

In meinem Buch schließe ich mich seinem Schluss an, dass diese alptraumhaften Kindheiten das Fundament für die NS-Zeit und auch den Holocaust bildeten. Umgekehrt ist es so, dass weit verbreitete alptraumhafte Kindheiten nicht zwangsläufig in einer Gesellschaft zu Auswüchsen führen, die wir ab 1933 sahen. Dazu ist die Welt zu komplex, dazu sind die Einflüsse und Rahmenbedingungen zu unterschiedlich, zu umfassend und auch zu verzahnt. Aber: Die destruktiven Kindheiten bildeten das Fundament! (Nebenbei bemerkt sehen wir dies auch heute noch in Ländern wie z.B. Syrien, Afghanistan, im Irak oder sogar auch in den USA, in diesen Ländern finden wir ein enorm hohes Ausmaß von Gewalt gegen Kinder und weiteren Belastungen von Kindern.)

In meinem Buch habe ich ein persönliches Nachwort geschrieben. Daraus möchte ich hier zitieren:

Mir selbst haben meine jahrelangen Recherchen und jetzt auch mein Text irgendwie Ruhe und auch Frieden gebracht. Mein Großvater väterlicherseits war ein überzeugter Nazi und bei der SS. Meine anderen Großeltern hielten einfach ihren Mund während der NS-Diktatur. Diese familiäre Geschichte und die NS-Zeit in meinem Heimatland an sich haben mich schon früh sehr aufgewühlt. Die Frage nach dem Warum tauchte auf, aber auch die Frage, ob so etwas hierzulande wieder passieren könnte. Ich selbst habe nach meinen Recherchen für mich Antworten gefunden. Ich kann heute aus meiner Sicht sagen, dass sich die NS-Zeit in dieser Form niemals hierzulande wiederholen könnte, egal wie die Rahmenbedingungen sich entwickeln. Mit der neueren Generation in Deutschland (die im Buch oben ausführlich beschrieben wurde), die weitgehend gewaltfrei, nicht-autoritär und umsorgt aufwachen durfte, wird es weder einen großen Krieg, noch einen Genozid geben. Dies wäre, davon bin ich überzeugt, unmöglich. Diese neue Generation wird ganz selbstverständlich auch später ihre eigenen Kinder ähnlich umsorgt und gewaltfrei erziehen und wahrscheinlich sogar noch weitere Verbesserungen erreichen.“

Steinmeier sagte wörtlich in seiner Rede in der Gedenkstätte Yad Vashem: „Weil ich dankbar bin für das Wunder der Versöhnung, stehe ich vor Ihnen und wünschte, sagen zu können: Unser Erinnern hat uns gegen das Böse immun gemacht. Ja, wir Deutsche erinnern uns. Aber manchmal scheint es mir, als verstünden wir die Vergangenheit besser als die Gegenwart. Die bösen Geister zeigen sich heute in neuem Gewand. Mehr noch: Sie präsentieren ihr antisemitisches, ihr völkisches, ihr autoritäres Denken als Antwort für die Zukunft, als neue Lösung für die Probleme unserer Zeit. Ich wünschte, sagen zu können: Wir Deutsche haben für immer aus der Geschichte gelernt. Aber das kann ich nicht sagen, wenn Hass und Hetze sich ausbreiten.“

Natürlich haben wir weiterhin Probleme (Rechtsextremismus, AfD, Antisemitismus usw.) in Teilen unserer Gesellschaft und die werden kurzfristig auch nicht verschwinden. Es war richtig, dass Steinmeier dies angesprochen hat. Was er übersehen und wohl auch gar nicht wirklich darüber nachgedacht hat ist, dass die emotionale Lage der heutigen Nation in Deutschland eine ganz andere ist. Viele Menschen in Deutschland sind heute nicht mehr derart „emotional bewaffnet“ wie Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Kindheiten wurden und werden immer friedlicher in unserem Land. Weitere traumatische Erfahrungen nahmen ergänzend gravierend ab (z.B. sterben Eltern und Geschwister nicht mehr so oft, wie dies um 1900 noch der Fall war; Gewalt durch Lehrer wurde verboten usw.). Und: Seit den 1980er Jahren wurde das psychotherapeutische Angebot in Deutschland stetig und massiv ausgeweitet. Wem es schlecht geht, wer Schlimmes erlebte, wer in Gefahr ist, sich selbst oder Anderen etwas anzutun, der kann auf Hilfen zurückgreifen.

All dies ist ein Modell auch für den Rest der Welt, für Frieden in der Welt. In Deutschland wird es nie wieder so etwas wie Ausschwitz geben, weil die Menschen emotional und psychisch viel weiterentwickelt sind. Und an dieser Entwicklung ist ganz wesentlich die stetige Verbesserung der Kindererziehungspraxis und Kinderfürsorge beteiligt. So etwas in Jerusalem auszusprechen, wäre ganz sicher zu viel gewesen. Es wäre auch einfach unpassend, ja sicher. Aber: Die Medien sollten dieses Thema aufgreifen und darüber debattieren. Darum schreibe ich Sie an. Mein Schreiben veröffentliche ich auch als „Offenen Brief“ in meinem Blog: www.kriegsursachen.blogspot.de.

Viele Grüße

Sven Fuchs

Freitag, 24. Januar 2020

Islamistische Radikalisierung: Religion, Milieu oder doch viel mehr die Kindheit?


Ich habe eine in doppelter Hinsicht interessante Studie zum Thema islamistischer Radikalisierung durchgearbeitet: Aslan, E.,  Akkılıç, E. E. & Hämmerle, M. (2018): Islamistische Radikalisierung: Biografische Verläufe im Kontext der religiösen Sozialisation und des radikalen Milieu (Wiener Beiträge zur Islamforschung). Springer VS, Wiesbaden. 

Ich betone „in doppelter Hinsicht“! Denn der Umgang mit den Ergebnissen und Interviews durch die Forschenden ist auf eine Art schon ein Thema für sich. Die zentrale Forschungsfrage war, wie die Rolle der Religion im Prozess der Radikalisierung ist. Die Autoren schreiben zusammenfassend:
Die vorliegende Studie hat gezeigt, dass es sich bei dieser Form der Radikalisierung um einen aktiven Prozess der Auseinandersetzung des Individuums mit bestimmten religiösen Lehren, Normen und Wertvorstellungen handelt. Dabei radikalisieren sich Individuen nicht isoliert, sondern in direkter Auseinandersetzung mit einem sozialen Umfeld, das in dieser Studie als radikales Milieu bezeichnet wird. Dieses engere soziale Umfeld stellte sich in der Studie als einer der zentralen Punkte für den Radikalisierungsprozess der interviewten Personen dar“ (S. 265).

Nun ist es so, dass ich den Einfluss des radikalen Milieus gar nicht gering reden möchte. Ebenso wenig wie die Suche dieser Akteure nach einem Sinn oder einfach nur der Ausübung einer Religion. Die Ursachenkette ist komplex.
Was mich beim Umgang der Forschenden mit ihren Ergebnisse allerdings gewundert hat ist, dass sie die Kindheitserfahrungen nicht betont und hervorgehoben haben. In anderen Studien (die BKA-Studie „Die Sicht der Anderen“ z.B. ist den Forschenden bekannt) wurde betont, dass destruktive Kindheitserfahrungen und die Suche nach Familienersatz ganz wesentlich den Weg in das radikale Milieu (der „Ersatzfamilie“) begünstigt haben. Daraus leite ich die These ab, dass als Kind weitgehend unbelastet aufgewachsene und geliebte Menschen ein solches Milieu meiden würden, wenn sie durch Zufälle oder Begegnungen darauf stoßen.

Auch das Autorenteam Aslan et al. (2018) (die o.g. Studie) hat ganz deutlich destruktive Kindheitserfahrungen erfasst. Trotzdem wurden wesentlich (ganz im Sinne der Ausgangsforschungsfrage) nur das soziale Umfeld und die Religion hervorgehoben, was erstaunt. Die Studie von Aslan et al. reiht sich letztlich in etliche Extremismusstudien (eine Übersicht hier) ein, die ich hier im Blog oder in meinem Buch bereits besprochen habe. Der rote Faden, der sich auch hier findet, sind belastende Kindheitserfahrungen.

Kommen wir also zu den Ergebnissen der o.g. Studie: 

2016 wurden von dem Forscherteam 29 Interviews durchgeführt, davon 26 in Gefängnissen in Österreich und drei in Jugendeinrichtungen. Diese Befragten standen im Zusammenhang mit der Verübung von terroristischen Straftaten (islamistischen Charakters). Zusätzlich wurden zwei Gruppeninterviews in Gefängnissen geführt. Aus den Befragungen wurden drei Fallbeispiele (Ismail, Givi und Seyidhan) herausgefiltert, die ausführlich besprochen wurden. Am Ende wurden dem noch 11 Fallbeispiele in stark verkürzter Zusammenfassung besprochen. Insgesamt hat man also biografische Einblicke bezogen auf 14 islamistische, männliche Akteure. Für die große Mehrheit der Befragten zeigten sich Belastungen in der Kindheit. Für eine deutliche Minderheit der Fälle wurden zu wenig Angaben gemacht, Belastungen sind aber auch hier somit nicht ausgeschlossen. Der Erziehungsstil der Eltern wurde i.d.R. nicht besprochen. Auch hier bleiben also Fragezeichen. Allerdings kommen die Befragten bzw. ihre Eltern aus Regionen, in denen nachweisbar die Mehrheit der Kinder Gewalt in ihren Familien erlebt. Dies sollte man im Hinterkopf behalten.
Allerdings wird in der Studie sehr deutlich, dass nicht wenige Befragte als Kind traumatisiert wurden (vor allem durch Kriegs- und Fluchterfahrungen). Ich habe die wesentlichen Infos herausgefiltert und nachfolgend dargestellt. Vielleicht wird nach der Durchsicht deutlich, warum ich mich über die Art und Weise der Verarbeitung und die fehlende Hervorhebung von Kindheitserfahrungen durch das Forscherteam wundere:


Ismail

Ismail wurde 1998 in Tschetschenien geboren. Ca. ein Jahr darauf begann der zweite Tschetschenienkrieg. Seine Erinnerungen an diese Zeit haben weitgehend mit dem Kriegsgeschehen zu tun. „Aus seinen Erzählungen geht hervor, dass er bereits früh mit Gewalt konfrontiert wurde. So habe er die meiste Zeit in einem Keller zugebracht, in dem die Familie Schutz vor den Bombenangriffen und den Übergriffen der Kriegsparteien, wie Säuberungsaktionen und Entführungen, suchte“ (S. 98).
Als er sechs Jahre alt war, floh die Familie aus dem Land und siedelte nach Österreich über. An die Flucht kann er sich kaum mehr erinnern. Am Anfang kam die Familie in einer Flüchtlingsunterkunft unter, an die Ismail wenig positive Erinnerungen hat. Als Kind habe er auch in Österreich häufig Angst vor lauten Geräuschen und vor Flugzeugen gehabt. In seiner Kindheit und frühen Jugend sei es ihm schwer gefallen, soziale Kontakte zu knüpfen. Die meiste Zeit habe er mit Computerspielen verbracht.
Die Familie lebte in prekären Verhältnissen, was sich noch zuspitzte, als der Vater an Krebs erkrankte. Nach der dritten Klasse fing der Junge Schlägereien an und kiffte. Eine delinquente Jugenclique, mit der er oft in Parks herumhängte, bekam für ihn zusehends Bedeutung. Aus einem Konflikt mit einer anderen Gruppe heraus, verübte Ismail eine schwere Körperverletzung und wurde angezeigt. Später folgte seine erste Inhaftierung auf Grund von Raubüberfällen. Nach seiner zweiten Inhaftierung bekam er im Gefängnis durch Mitgefangene Interesse für den Islam nach radikaler Auslegung. Dies wird als Wendepunkt beschrieben. Nach seiner Gefängniszeit füllte die Religion das Vakuum, das der Bruch mit seiner delinquenten Clique hinterlassen hatte. Im Umfeld seiner Mosche traf er dann auf islamistische Anwerber und er driftete zusehends ins radikale Milieu ab. Es folgte eine erneute Inhaftierung auf Grund des Verdachts der Straftat der terroristischen Vereinigung.

Givi

Givi wurde Mitte der 1990er Jahre in einem Nachbarland Tschetscheniens geboren. Die Familie war dorthin auf Grund des ersten Tschetschenienkrieges geflohen.  Nach Kriegsende kehrte die Familie wieder in ihre Heimat zurück. Givi war zu der Zeit noch ein Säugling. Als Givi 5 Jahre alt war, verließ der Vater (der vermutlich Alkoholprobleme hatte) die Familie. Givi hat ihn nie wiedergesehen und weiß auch nicht, ob sein Vater noch lebt.
Die Familie kam bei den Großeltern unter. Über seine Großeltern sagt er viel Gutes, sie hätten ihn auch immer vor seiner Mutter „beschützt“, wenn diese „geschimpft hat oder so, ein bisschen Stress gemacht hat“ (S. 139). Was genau seine Mutter tat und was sich hinter dem „Stress“ verbirgt, den er mit ihr hatte, wird nicht klar. Vom fünften bis zum sechsten Lebensjahr erlebte er dann den zweiten Tschetschenienkrieg mit: „Als Kind erlebte er die Gewalt, das Kriegsgeschehen und die Übergriffe gegen Zivilisten waren Teil seines Alltags, und er versuchte sie zu normalisieren, obwohl der Krieg in der Familie der Mutter Opfer forderte“ (S. 140).
2011 floh er mit seiner Mutter nach Österreich. In Österreich intensivierte er dann seine Beschäftigung mit dem Islam vor allem im Rahmen der tschetschenischen Gemeinde. Später bekam er dann Kontakt zur salafistischen Szene Österreichs und radikalisierte sich. Er wurde dann inhaftiert, weil man davon ausging, dass er nach Syrien ausreisen wollte, um sich dort den Terroristen. anzuschließen.

Seyidhan

Seyidhan lebte den Großteil seiner Kindheit in einer Großstadt in der Türkei. Er hatte vier Brüder und drei Schwestern. Der Vater war LKW-Fahrer und oft abwesend. Die Mutter musste sich weitgehend alleine um die 8 Kinder kümmern. An seine frühe Kindheit hat er kaum Erinnerungen. Als Seyidhan 12 Jahre alt war, schickte ihn sein Vater in eine andere Stadt in eine von der Außenwelt weitgehend abgeschottete religiöse Einrichtung (eine Art Internat), da die Kriminalität in seinem Heimat-Viertel sehr hoch war und der Vater auch eine religiöse Ausbildung für seinen Sohn wünschte. Seyidhan konnte von da an seine Familie lange Zeit nicht mehr sehen, nur im Sommer besuchte er seine Familie Zuhause. Wie der Alltag in der religiösen Einrichtung aussah, erschließt sich nicht. Erst im Alter von ca. 19 Jahren kam er zurück in die Stadt, in der seine Familie lebte. Nach seiner Heirat zog er nach Österreich, wo die Eltern seiner Frau lebten. Seyidhan hat ein sehr fundamentalistisches Religionsverständnis, das er in dem Internat vermittelt bekommen hatte und pflegte dies auch in Österreich. Die Bildung eines „Islamischen Staates“ betrachtet er als Ideal.

Amir

Fast keine Angaben über seine Kindheit, der er schlicht als "harmonisch" bezeichnet.

Imran

Fast keine Angaben über seine Kindheit, die er als normal und vom sowjetischen System geprägt beschreibt.

Islam

Erlebte beide Tschetschenienkriege mit. Als der erste Krieg begann, war er sechs Jahre alt. Mehrere Familienmitglieder wurden getötet. Sein Vater - zu dem er ein distanziertes Verhältnis hat und der weitgehend abwesend war - und auch seine Mutter seien streng und sehr traditionell gewesen. Mit 17 Jahren flüchtet er mit Verwandten nach Österreich. Im Rahmen einer Jugendclique wurde er kriminell. Zum Zeitpunkt des Interviews befindet er sich in Haft, weil im vorgeworfen wurde, dass er nach Syrien zum IS ausreisen wollte.

Jamal

Er flüchtete im Alter von 3 Jahren mit seiner Familie aus Afghanistan nach Österreich. Ansonsten keine vertiefenden Infos über seine Kindheit.

Karim

Stammt aus Ägypten. Keine Infos über seine Kindheit.

Khalid

Floh im Alter von 12 Jahren mit seiner Familie nach Österreich. Sein Vater wurde im Tschetschenienkrieg getötet. Später stieß Khalid im Internet auf ein Video, in dem zu sehen ist, wie sein Vater umgebracht wird. Ab dem Zeitpunkt habe er sich verstärkt mit dem Islam befasst.

Magomed

Im Alter von 4 Jahren flüchtete er mit seiner Familie aus Tschetschenien nach Österreich. Er erinnert sich an den Krieg, u.a. daran, wie das Haus der Familie zerstört wurde. Seine Erziehung zu Hause sei „normal“ verlauf, was auch immer dies bedeuten mag. Als Kind besuchte er den islamischen Religionsunterricht. Seine Lehrer dort seien sehr streng gewesen und hätten die Kinder geschlagen, wenn diese Fehler machten. Ab der 8. Klasse wurde er kriminell. Später im Gefängnis bekam er Kontakt zu Islamisten.

Selim

Im Alter von 3 Jahren zog er mit seiner Familie aus einer armen Region in der Türkei nach Österreich. Den konservativen Eltern war eine religiöse Ausbildung wichtig. Er wurde sowohl in den islamischen Religionsunterricht als auch in Kurse der Moschee geschickt. In diesen Institutionen wurde Gewalt als Erziehungsmethode ausgeübt und Selim machte auch Gewalterfahrungen. Später bekam er Kontakt zu Salafisten. Er wurde auch inhaftiert.

Serkan

Fast keine Infos über seine Kindheit. Im Alter von 6 Jahren zog die Familie von Istanbul nach Österreich. Sein Vater bekam Probleme mit der Polizei und wurde abgeschoben. Seine Mutter blieb mit den Kindern. Von Lehrern sei Serkan diskriminiert worden und kam auf eine Sonderschule.

Rustam

Wuchs in Tschetschenien auf. Seine Erinnerungen an diese Zeit sind von den damaligen Konflikten, die sich in dem Land abspielten, geprägt. Der Vater verließ die Familie (Zeitpunkt unklar).

Yusuf

Wurde in Tschetschenien geboren. Im Krieg verlor er mehrere Verwandte, darunter zwei Brüder. Er selbst erlitt schwere Verletzungen und war fortan invalide. 2004 flüchtete die Familie nach Österreich.

                             

Donnerstag, 23. Januar 2020

Linksextremismus: Die Kindheit von Katharina de Fries


Über die Kindheit von Katharina de Fries hatte ich schon während meiner Recherchen zu meinem Buch gelesen. Sie wurde zwar von der Bundesrepublik Deutschland als RAF-Terroristin verfolgt, allerdings kam es nie zu einem Prozess, da sie nach Frankreich floh. Ich fand keine Belege dafür, dass de Fries Mitglied der RAF war. Deswegen hatte ich sie im Rahmen meiner Fallbesprechungen von RAF-Terroristen in meinem Buch auch nicht aufgenommen.

In meiner „Terror von Links“-Reihe im Jahr 2019 habe ich hier im Blog viele Kindheiten von Linksterroristen besprochen. Auch die Kindheit von Katharina de Fries möchte ich dem nun anhängen. Ich selbst würde de Fries nach meinen Recherchen als Linksextremistin bezeichnen, die u.a. an ideologisch begründeten Raubüberfällen beteiligt war.

Meine wesentliche Quelle ist das Buch: Schmid, U. (2014): Frau mit Waffe: Zwei Geschichten aus terroristischen Zeiten. Suhrkamp Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main.

Ulrike Edschmid hat wochenlange Gespräche mit de Fries (und auch Astrid Proll, deren Kindheit ich in meinem Buch besprochen habe) geführt und draus eine biografische Erzählung gemacht.
So weit ich es aus dem Bericht herausfiltern konnte, war de Fries in den 1970er und 1980er Jahren stark in die militant-linke Szene Berlins eingebunden. In dem Bericht wird u.a. erwähnt, dass sie mit Georg von Rauch befreundet war (Edschmid 2014, S. 56). Oder sie spricht davon, wie „ihre Freunde von Tod und Gefängnis sprachen und sich des Risikos bewusst waren“ (S. 62). Wer diese „Freunde“ alles waren und was diese angestellt haben, lies sie offen.
Ging es an dieser Stelle um Tod oder Gefängnis (und wohl um entsprechend schwere Straftaten ihrer Freunde), so berichtet sie an anderer Stelle vorher im Buch folgendes: „Nachts schlich sie mit ihren Freunden durch die Stadt, sie hinterließ ihre Zeichen. In der einen Hand den Hammer, in der anderen den Brandsatz, auf der Schulter die Leiter, näherten sie sich den Fenstern der Herrschenden und scheiterten am Panzerglas. Es waren Zeichen eines anarchistischen Gerechtigkeitssinns, wobei Gewalt gegen Sachen und Gewalt gegen Menschen strikt unterschieden wurden“ (S. 48).

Schmid schreibt an einer Stelle: „Es war kein Zufall, dass die marxistisch-leninistischen Organisationen und die Rote Armee Fraktion gleichzeitig entstanden. Nicht die illegale Aktion hielt sie davon ab, sich ihr anzuschließen, sondern das Leben in der Illegalität, das die Trennung von den Kindern, von den Menschen, die sie liebte, vom Leben bedeutet hätte. Dazu war sie niemals bereit. (…) In tiefster Seele stellte sie sich den bewaffneten Kampf als eine Abenteuerexistenz vor, mit mutigen Frauen und Männern und warmherzigen Familien, die für die Kinder sorgten“ (S. 54). Sie erkannte wohl aber auch die Realitäten, die sich hinter dem Leben der Terroristen verbargen. Und auch dies scheint sie im Rückblick abgeschreckt zu haben. Ich betone hier „im Rückblick“. An den zitierten Zeilen wird auch deutlich, wie schmal der Grat war und wie leicht auch de Fries zur Terroristin im Untergrund hätte werden können.

Kommen wir nach diesem kleinen Überblick zu ihrer Kindheit:

Katharina wurde 1934 geboren und verlebte entsprechend eine Kriegskindheit. Drei Mal sei sie aus einem zerbombten Haus herausgezogen worden. Außerdem wird von dem Heulen der Bomben, den Schreien der Menschen und ihrem Zusammenbrechen berichtet (S. 63).
Aber schon vor dem Krieg begannen massive Probleme. Als Katharina drei Jahre alt war, gingen ihre Eltern fort. Ihr Vater schloss sich in Spanien den Anarchisten an, die Mutter ging zu den Kommunisten. Mit ihrer älteren Schwester wurde sie bei den Großeltern untergebracht. 1938 kamen beide Eltern zurück. Später (der genaue Zeitpunkt erschließt sich nicht) trennten sich die Eltern. Die Mutter verschwand auf Jahre aus dem Leben von Katharina. Der Vater brachte die Kinder erneut zu den Großeltern und scheint ansonsten oft abwesend gewesen zu sein (S. 13f).

Ihr Vater holte eine neue Frau an seine Seite. „Die Stiefmutter war eine harte Frau“, die die jüngere Schwester schlug, „bis das Blut aus der Nase lief“ (S. 17). 1944 wurde der Vater von der Gestapo abgeholt und kam dann in ein Strafbataillon. Später kam er in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Eines Tages tauchte er plötzlich wieder Zuhause auf. Zuhause scheiterte er beruflich und musste die Kinder erneut bei den Großeltern unterbringen. Während der gesamten Zeit scheint das Verhältnis von Katharina zur Stiefmutter weiter und extrem eskaliert zu sein:
Nach dieser letzten Rückkehr zu den Großeltern beschloss sie, ihre Stiefmutter umzubringen. Sie war elf Jahre alt, und die Auseinandersetzungen waren ausweglos geworden. Auch die Großeltern hassten die Stiefmutter, alle hassten sie. Der Vater stand dazwischen. Die kleine Schwester machte das Bett naß und wurde dafür von der Stiefmutter geschlagen. Wochenlang lief sie mit Rattengift in der Tasche herum. Im Keller probierte sie es aus. Als sie eine Ratte mit offenem Mund und hochgezogener Lippe fand, schämte sie sich, dass sie das Tier umgebracht hatte“ (S. 22).
Eine Zeit danach wusste sie keinen Ausweg und wollte sich und ihre Schwester in einem Fluss umbringen, was misslang. „Der Hass auf ihre Mutter prägte ihr Verhältnis zu sich selbst. Von Kindheit an hatte sie sich nur dann lieben können, wenn sie sich aus ihrem eigenen Willen heraus bewegen konnte, losgelöst war von dem Schicksal, Frau zu sein“ (S. 24).
Zu den ganzen Umständen kam noch der Hunger dazu. Es gab nichts zu essen. Die Kinder zogen oft los, um irgendwo Nahrung aufzutun.

Zusammenfassend betrachtet ist Katharina de Fries als Kind komplex und schwer traumatisiert worden.

Dienstag, 14. Januar 2020

Jungenbeschneidung in den USA und das "Traumagesamtpaket"


Dank einer kritischen Stimme bin ich auf das Thema Jungenbeschneidung in den USA aufmerksam geworden. Thematisch habe ich das Thema bisher hin und wieder gestreift, mich aber nicht vertiefend damit befasst. Und in meinem Blog habe ich bisher auch nichts dazu geschrieben. Meine Einstellung zur - medizinisch nicht notwendigen - Jugenbeschneidung war und ist ganz klar: Sie verstößt gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit!

Ich werde auch in diesem Beitrag nicht vertiefend auf das Thema eingehen können, weil ich mich immer noch zu wenig mit der Materie befasst habe. Mir geht es hier um folgendes: Die kritische Stimme, die mich kürzlich angeschrieben hat, stellte die These auf, dass die Jungenbeschneidung auch politische Folgen haben kann. Außerdem verwies Sie auf den aktuell hohen Anteil von als Kind beschnitten Männern in den USA (und historisch auch etwas weiter zurückgeblickt in Großbritannien). Für den muslimischen und auch afrikanischen Raum und die jüdischen Lebenswelten war mir natürlich bewusst, dass die Jungen dort entsprechend belastet werden. Mein erster Reflex auf das Anschreiben war, dass ich das Ausmaß in den USA anzweifelte. Keinesfalls konnte ich glauben, dass in diesem westlichen Land die Mehrheit der Männer - ohne religiöse Begründung - als Kind beschnitten wurden.

Nun, ich wurde eines Besseren belehrt.

Zwei seriöse Medienberichte haben das Ausmaß der Jungenbeschneidung in den USA thematisiert.

Der erste von mir gefundene Artikel ( DIE ZEIT, 19.11.1998: "Mit Geduld und Stahl") wurde Ende 1998 verfasst. Darin heißt es, dass an sechs von zehn männlichen Neugeborenen (also 60%) in den USA dieser operative Eingriff durchgeführt wurde. Dies betrifft also die heutige Erwachsenengeneration in den USA ab dem 22. Lebensjahr aufwärts. Ursprünglich, so im Artikel weiter, waren christliche Prediger Ende des 19. Jahrhunderts für die Verbreitung der Praxis in den USA verantwortlich. Moralapostel des Viktorianischen Zeitalters begrüßten damals die Jungenbeschneidung als "Präventivmaßnahme gegen Masturbation"...
In dem Artikel wird ergänzend auch folgendes geschrieben: „In einer im Juli veröffentlichten Studie der Healthpartners Medical Group in Minneapolis gaben 55 Prozent von 1769 befragten Ärzten an, bei diesem Eingriff keine Schmerzmittel zu benutzen.“ Neben den Belastungen, die eine Beschneidung an sich schon für den Säugling oder das Kind bedeuten, kommt also noch in ca. der Hälfte der Fälle ein massives Trauma durch den betäubungsmittelfreien Eingriff dazu.

In einem Artikel im Tagesspiegel wurde geschrieben, dass die Weltgesundheitsorganisation für die USA von einer Beschneidungsrate von Jungen und Männern von rund 70 % ausgeht (Tagesspiegel, 28.06.2012: "Beschneidung. In den USA ist es Routine").

Ich muss gestehen, dass diese Zahlen mich wirklich erstaunt haben. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass in den USA die Mehrheit der Jungen beschnitten werden. Dazu oftmals noch ohne Betäubung.

Dieser Sachverhalt sollte gedanklich zum bekannten Ausmaß der Gewalt gegen Kinder in den USA hinzuaddiert werden. Bzgl. der Analyse einer Gesellschaft geht es immer darum, das "Traumagesamtpaket" zu erfassen. Kinder können Verletzungen oft gut verarbeiten, wenn sie in einem gesunden Umfeld aufwachsen. Wenn sich Verletzungen allerdings anhäufen und zu einem "Traumapaket" kumulieren, dann wird es kritisch. Die Jungenbeschneidung in den USA muss hier ebenso in den Blick genommen werden, wie all die anderen Belastungen, die Kinder in diesem Land erleben. Nur mit Blick auf das Gesamtpaket wird ersichtlich, warum diese Nation so häufig durch politische Destruktivität und Irrationalitäten auffällt.



Montag, 6. Januar 2020

Islamistische Radikalisierung: Kindheit von Oliver N.


Oliver N. konvertierte als Jugendlicher zum Islam und hatte sich dann in relativ kurzer Zeit der Terrorgruppe „Islamischen Staat“ angeschlossen. Es existiert u.a. ein Video, in dem Oliver N. in der syrischen Stadt Rakka sagte: "Ich lade alle ein, hierherzukommen, um die Ungläubigen zu schlachten wie die Schafe“.
Später stellte er sich und kehrte zurück nach Österreich. Dort wurde er zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Über seine Erlebnisse hat er ein Buch veröffentlicht:
N., Oliver & Christ, Sebastian (2017): Meine falschen Brüder: Wie ich mich als 16-Jähriger dem Islamischen Staat anschloss. Kiepenheuer & Witsch, Köln.

Zudem gab es kürzlich eine sehr interessante Doku über ihn und sein Leben:
Panorama - die Reporter (2019, 03. Dez.): „Der IS-Rückkehrer“

In der Doku sagte er an zwei Stellen etwas, das ich hier unbedingt zitieren muss:
Als ich 16 Jahre alt war, bin ich zum Islam konvertiert, durch einen Schulfreund. Das Gefühl, das ich dann erlebt habe, das war unglaublich schön. Ich war da ein Teil einer Gemeinschaft, die so eng miteinander verbunden waren (…). Warum ich mich dem so leicht hingegeben habe? Ich war einfach verloren. Familie, das hat mir gefehlt. Und danach habe ich gesucht. Und wäre da damals eine rechtsradikale Gruppe zu mir gekommen, die mir genau das geboten hätte, dann wäre ich Nazi geworden.“
Und: „Aus meiner Ideologie, aus meiner kranken Ideologie heraus habe ich mir nur gedacht, ich töte ja nur die bösen Menschen: Die Unterdrücker, die Vergewaltiger, die Mörder (…). Du rechtfertigst es mit dem Gedanken, dass sie das Selbe mit Deiner Familie gemacht haben. Ab dem Zeitpunkt, wo ich Muslim wurde, wurde mir beigebracht, dass jeder Mann im Islam mein Bruder ist und jede Frau im Islam meine Schwester ist. Also war es ganz egal, wo die Person ist. Wenn ihr geschadet wird, dann ist das meine Familie, der geschadet wird.“

Wie sehr seine destruktive Kindheit, seine Suche nach Halt und Familie seinen Weg hin zum Terror bedingt haben, wird durch die zitierten Zeilen deutlich. Ebenfalls wird deutlich, wie zufällig und austauschbar die Gruppe und Ideologie im Grunde ist. Das verlorene Opfer von einst fand plötzlich eine „Pseudofamilie“, die ihn „pseudowärmte“, die ihm "eine Bedeutung" gab und die vorgab, angegriffen zu werden und viele Opfer zu beklagen. Seine neue „Familie“ galt es zu schützen und das ging – der kranken Ideologie folgend – nur im IS in Syrien.

Über seine Kindheit spricht Oliver N. nicht gerne. Trotzdem sind einige Eckdaten öffentlich geworden. 

Seine Eltern trennen sich, als er 5 Jahre alt ist, er bleibt zunächst bei der Mutter  (N. & Christ 2017, S. 12) „Ich kam zu meiner Mutter. Es entbrannte ein hässlicher Kleinkrieg zwischen ihr und meinem Vater. Eines Tages standen dann Angestellte des Amts bei uns auf der Matte, meiner Mutter wurde das Sorgerecht entzogen. Mein Vater beantragte das Sorgerecht, doch meine Mutter manipulierte mich so, dass ich nicht zu meinem Vater zurückwollte, und ich war von diesem Tag an ein Heimkind. Später, als ich älter war, tingelte ich von einer Wohngruppe des Jugendamtes zur nächsten“ (N. & Christ 2017, S. 12).

In dem o.g. Panorama Beitrag wurde ergänzend folgendes über seine Kindheit berichtet:
- Im Alter von 6 Jahren kommt er in ein Kinderheim
- Er ist 11 Jahre alt, als sich sein Bruder erhängt

In einem ZEIT-Artikel fand ich ergänzend die Info, dass seine Mutter Alkoholikerin war.

In vielerlei Hinsicht ist der Fall Oliver N. ein Paradebeispiel dafür, was das Fundament für Terror und Extremismus bildet. Aus seinem Fall können wir auch Präventionsmaßnahmen ablesen:

1. Natürlich und zu aller erst Kinderschutz und Elternförderung

2. Es braucht gerade für solche „verlorenen Kinder“ konstruktive Gruppenangebote, in denen sie sich Zuhause fühlen können und in denen sie wirklich Verbundenheit und Anerkennung finden. Wenn sie einmal fest verbunden sind, werden sie – trotz ihrer destruktiven Kindheit – nicht so leicht auf Anwerber destruktiver (politischer oder religiöser) Gruppen hereinfallen.

3. Psychotherapeutische Angebote müssen nicht nur gefördert werden und gut aufgestellt sein, sondern es muss auch mehr "Werbung" dafür geben. Sprich: Jeder Jugendliche, der in Deutschland das Schulsystem durchläuft, sollte innerhalb einen allgemeinen Bildungsplans darüber aufgeklärt werden, dass es psychotherapeutische Angebote gibt und diese besonders von den Menschen angelaufen werden sollten, die in ihrer Kindheit viel Destruktivität erlitten haben. Psychotherapien sind - neben vielen anderen Vorteilen - Extremismusprävention!