Für die nachfolgend genannte Studie wurden 61 rechtsextreme, männliche Gewalttäter, die vom Landgericht Halle und Dessau vorwiegend wegen Mordes, versuchten Mordes, Totschlag oder gefährlicher Körperverletzung angeklagt worden waren, mehrstündig befragt (ergänzend wurden teils auch die Eltern im Gerichtssaal befragt):
Marneros, A., Steil, B. & Galvao, A. (2003): Der soziobiographische Hintergrund rechtsextremistischer Gewalttäter. In: Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform. Band 86, Heft 5. S. 364–372.
Zur Kindheit und Familiensituation gibt es folgende Ergebnisse:
- Bei 68,9 % (N=42) der Täter konnte eine sogenannte „Broken-home-Situation“ nachgewiesen werden. Darunter fielen: Trennung/Scheidung der Eltern, Sucht bei einem Elternteil, Wechsel der Erziehungsträger, Heimaufenthalte, aufwachsen ohne Vater, aufwachsen ohne Mutter, Tod eines Elternteils.
- Besonders auffällig fand ich vor allem die hohen Zahlen suchtkranker Eltern (34,4%) und von Heimaufenthalten (23%).
- Nur 34,4 % (N=21) der Täter gaben an, dass sie in ihrer Ursprungsfamilie keine Gewalt erlebt hatten.
- 65,6 % der Täter haben entsprechend Gewalt in unterschiedlichen Konstellationen (Mutter gegen Kinder, Eltern gegen Geschwister usw.) erlebt. Die häufigste Gewaltkonstellation war Gewalt durch den Vater gegen die Befragten (60,7%).
Aus Erfahrung weiß man, dass gerade solche Gewalttäter dazu neigen, negative Kindheitserfahrungen zu bagatellisieren oder zu verdrängen. In dieser Hinsicht haben auch die Autoren der Studie beim Thema Gewalt bzw. problematische Familienhintergründe Hinweise gegeben: Einige Befragte hätten Schwierigkeiten gehabt, ihre Antworten detailliert darzustellen. „Die Motive dafür sind unterschiedlich. So spielen Abwehr, Verleugnung oder auch Intention eine entscheidende Rolle bei der Beantwortung der Fragen“ (S. 366).
Im weiteren Bildungsverlauf zeigt die Studie klassische Ergebnisse ähnlicher Studien: 27,9 % der Befragten hatten die Schule abgebrochen und 23 % waren auf einer Sonderschule. Nur ein Befragter hatte Abitur. Bei 64 % der Befragten wurde ein sehr stark ausgeprägte Störung des Sozialverhaltens (nach Kriterien der WHO) festgestellt.
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