Freitag, 14. Februar 2020

NS-Täter. Die Kindheit von Wilhelm Keitel

Wilhelm Keitel brachte es im NS-Staat bis zum Generalfeldmarschall und Chef des Oberkommandos der Wehrmacht. Als letzt genannter stand nur noch Adolf Hitler in der Befehlsstruktur der Wehrmacht über ihm. Er gehörte zu den in Nürnberg angeklagten  Hauptkriegsverbrechern und wurde zum Tode verurteilt.

Über seine Kindheit hat er sehr viel in einen Memoiren berichtet:
Keitel, W. (1998): Mein Leben. Pflichterfüllung bis zum Untergang. Edition q, Berlin

Keitel wurde im Jahr 1882 geboren. „Bereits im Sommer 1888 wurde mir, damals 6jährig, zum ersten Mal bewusst, dass mein `Mütterchen` krank war. Sie sang nicht mehr! Ich wurde auch viel von ihr fern gehalten – und war doch so an ihre Zärtlichkeiten gewöhnt und als einziges Kind auch verzogen, ungeachtet der `Strenge` des Vaters“ (S. 22). Wie diese „Strenge“ des Vaters genau aussah, wird nicht beschrieben. Man kann sich in etwa vorstellen, was sich um das Jahr 1885 herum alles an autoritärem Verhalten darunter verstand.

Seine Mutter war an Tuberkulose erkrankt und sie war schwanger. Am 25.12.1888 wurde ein Junge geboren. Keitel erinnert sich, wie er am 03.02.1889 an der Hand seines Vaters zum Totenbett seiner Mutter geführt wurde (S. 22). Wilhelm war beim Tod seiner Mutter 6 Jahre alt. Die folgenden drei Jahre danach beschreibt er überhaupt nicht in seinen Memoiren. Er erwähnt nur noch, dass sich sein Vater nach dem Tod der Mutter zu einem „einsamen Sonderling“ entwickelt hätte (S. 23). Erst viel später, als älterer Jugendlicher, habe er ein engeres Verhältnis zum Vater aufbauen können (S. 33f).

Im Alter von neun Jahren wurde Wilhelm nach Göttingen in eine Schülerpension geschickt, die von einer Lehrerwitwe geleitet wurde. Er habe dort vier Spielkameraden gefunden, „vier `Leidensgefährten`, die gleichfalls ihrem Elternhaus fern sein mussten“ (S. 24). Dass er Leid in dieser Zeit erlebte, wird durch den zitierten Satz deutlich. An anderer Stelle spricht er von „Einsamkeit“ und einer „meist gedrückten Stimmung“ in dieser Zeit in der Pension (S. 27). Kein Kind geht unbeschadet durch eine jahrelange Trennung von der Familie. Nur in manchen Schulferien konnte er etwas Zeit Zuhause verbringen und dabei auch seinen Bruder erleben.

Die „Hausmutter“ in der Pension nennt Keitel übrigens stets nur abschätzig „die Alte“ (S. 24). Ein Mädchen und ein Junge aus der Pension waren ein heimliches Liebespaar. Wilhelm half oft, diese Verbindung vor der Lehrerwitwe zu verbergen, aus Angst der Beiden "vor Dresche“ (S. 24). Offensichtlich gab es also auch Prügelstrafen oder entsprechende Drohungen in dieser Pension. Später, als Wilhelm fast 12 Jahre alt war, wechselte er zumindest die Pension und war anschließend zufriedener.

Aber auch in der Schule, die Wilhelm besuchte, wurde die Prügelstrafe angewendet: „Der Schulbesuch gefiel mir gar nicht. Der Elementarlehrer Neumann, mein Klassenlehrer, hatte mich (…) innerhalb kürzester Zeit auf die vorderste Bank gesetzt, unmittelbar neben seinen Sohn Georg (…) und abwechselnd bekamen wir `Maulschellen`, weil wir nichts konnten oder nicht wussten, wovon gerade die Rede war“ (S. 24f). Als ca. 17-Jähriger zog er dann  für eine übersichtliche Zeit zu seiner Großmutter, sein Vater hatte kurz vorher erneut geheiratet. Im Alter von fast 18 Jahren meldete er sich für eine Offizierslaufbahn an und wurde zum Soldaten und Offizier ausgebildet. Der Rest ist Geschichte. „Pflichterfüllung bis zum Untergang“ lautet der Untertitel seiner Memoiren…

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