Dienstag, 14. September 2021

Studie Nr. 31: Kindheiten von Rechtsextremisten

Erneute habe ich eine Studie gefunden, für die ehemalige Rechtsextremisten befragt wurden:

Sigl, J. (2018): Biografische Wandlungen ehemals organisierter Rechtsextremer: Eine biografieanalytische und geschlechterreflektierende Untersuchung. Springer VS, Wiesbaden. 

Dies ist somit die 31. Studie über Kindheitshintergründe von Rechtsextremisten, die ich bis heute finden konnte. Das Bild, das Johanna Sigl hier zeichnet, gleicht dem der anderen Studien: Die Kindheiten der Befragten waren deutlich destruktiv und schwer belastet. 

Insgesamt wurden 7 ehemaligen Rechtsextremisten befragt (5 männlich, 2 weiblich), von denen ich die Kindheitsbiografien von vier Akteuren zusammenfasse (die anderen Biografien gehen alle in ähnliche Richtungen): 

Jonathan Schmied (S. 135-184):
Eltern trennten sich kurz nach der Geburt, Leben bei der Mutter (Anita); Mutter war politisch stark rechts eingestellt;  keinen Kontakt zum Vater und dessen Familie; als J. 1 ½ Jahre alt war, trat ein neuer Partner ins Leben seiner Mutter; ein Kind ging au der Beziehung hervor, Jonathan fühlte sich zurückgesetzt/ausgeschlossen und meint, der Stiefvater und auch die eigene Mutter hätten das Geschwisterkind deutlich bevorzugt; Jonathan habe keine positive Zuwendung erfahren; autoritäre Strukturen in der Familie; vom Stiefvater sei er häufig körperlich misshandelt worden; gleichzeitig hielt die Mutter J. in starker emotionaler Abhängigkeit; Bindungsbeziehung zwischen Mutter und Sohn sei unsicher-vermeidend; J. habe gerne viel Zeit bei den Großeltern verbracht, wobei der Großvater alkoholkrank gewesen sei; Mutter drohte gegenüber J., ihn ins Kinderheim zu bringen; als J. 5 war, trennte sich die Mutter von ihrem neuen Mann; Mutter lernte neuen Mann kennen und heiratetet schnell erneut und wurde schwanger; Umzug an einen neuen Ort; später erneute Trennung von dem neuen Mann; in der Schule hatte J. Probleme, Freundschaften einzugehen; als Jugendlicher viele Konflikte mit der Mutter; im Rückblick beschreibt J., dass seine Mutter für ihn gestorben sei. 

Alexander Reimer (S. 184-194):
Großvater war ein Nazi; keine Informationen über biologischen Vater; ab dem 1. Lebensjahr hat A. viel Zeit bei den Großeltern verbracht, die eigene Mutter sah er am Anfang nur, wenn sie zu Besuch bei den Großeltern war; seine Mutter sei eher wie eine große Schwester für ihn; zwischen Mutter und Großeltern habe es während der Schwangerschaft einen „Deal“ gegeben: Eine Abtreibung stand im Raum. Die Großeltern versprachen viel Hilfe, was das Leben von A. ermöglichte; nach der Einschulung verbrachte A. die Wochentage bei seiner Mutter und die Wochenenden bei den Großeltern; A. sei häufig traurig gewesen, wenn er seine Großeltern am Wochenende verlassen musste; emotionale Beziehung zur Mutter schwierig und schemenhaft; Großvater vermittelte A. von Klein auf NS-Ideale, dies ging so weit, dass A. als Kind den Eintritt in die Hitlerjugend imaginierte; als Erwachsener hatte A. jahrelang keinen Kontakt zu seiner Mutter. 

Christian Goebel (S. 214-232):
im Alter von 5 J. Trennung der Eltern erlebt; Leben beim Vater, Trennung auch von der großen Schwester; kein Kontakt zur Mutter; einzige berichtete Erinnerung an die Mutter ist, wie sein Vater sich in C.s Kinderzimmer mit ihm einschloss und die Mutter die Glastür eintrat; jahrelang Gewalt (auch in schweren Formen) gegen C. durch den Vater; autoritäre Erziehung; C. sei ein „Schlüsselkind“ und viel allein gewesen. 

Claudia Bremer (S. 263-274:
als sie 4 Jahre alt war, Trennung der Eltern erlebt; Aufwachsen bei der Mutter, jahrelange Trennung vom Vater; neuer Stiefvater trat in ihr Leben, unsichere Beziehung auch zu ihm; C. hat keine sicheren, familiären Bindungen erlebt; sobald es um die eigenen Eltern ging, wich C. aus und hatte kaum Erinnerungen; keine Schilderungen über positives Erleben mit den Eltern. 


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