Für eine ungewöhnliche Bearbeitung des Themas bedarf es auch einer ungewöhnlichen Definition von "Krieg".
Wie der Psychohistoriker Lloyd deMause Krieg definiert:
Krieg ist ein Ritual der Wiederaufführung früher Traumata zum Zweck der Rache und Selbstläuterung. Kriege sind klinische emotionale Störungen, kollektiv psychotische Episoden von wahnhaft erzeugter Schlächterei, mit der Absicht, einen schweren Kollaps der Selbstachtung zur Erreichung von Gerechtigkeit in Rache zu verwandeln. Kriege sind sowohl mörderisch als auch selbstmörderisch. (vgl. deMause, 2005, S. 119)
Krieg ist ein Opferritual, dazu bestimmt, Angst vor Individuation und Verlassenwerden abzuwehren, indem unsere frühen Traumata an Sündenböcken wiederaufgeführt werden. (ebd., S. 65)
Kriege sind Wohlstandsreduzierungsrituale. Sie sind Antworten auf Wachstumspanik - Antworten auf Fortschritt und Wohlstand, nicht auf Rückgang. Was tatsächlich schwindet, wenn Nationen entscheiden, in den Krieg zu ziehen, sind nicht ökonomische, sondern emotionale Ressourcen. (ebd., S. 112)
„Wachstumspanik“ entsteht nach deMause auf Grund früher Traumatisierungen und destruktiver Erziehung (ebd., S. 72ff + 96ff) (Dazu habe ich Näheres hier ausgeführt, im etwas hinteren Teil des Kapitels))
Eine solche Definition steht natürlich im krassen Gegensatz zu einer sozialwissenschaftlichen Definition von Krieg. DeMause bringt hier sowohl moralische Wertungen als auch ursächliche Erklärungen mit ein.
Der vollkommen anderer Ansatz wird noch deutlicher, wenn man sich z.B. die sozialwissenschaftliche Definition der Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF) anschaut (siehe hier ganz Unten im Text). Diese ist vollkommen wertneutral und beobachtet bzw. kategorisiert einfach das Geschehen. Für die Sozialwissenschaft sicherlich ein berechtigter Ansatz. Für die Art und Weise, wie ich mich hier mit dem Thema Krieg auseinandersetze, ist die „emotionale“ Definition von deMause die geeignetere.
Donnerstag, 20. November 2008
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