Ein Bekannter hat mir einen Artikel in den Lübecker Nachrichten (eine der größten Tageszeitungen in Schleswig-Holstein) vom 24.05.2011 zukommen lassen. Auf der kompletten Seite 3 befasst sich der Artikel mit dem EHEC-Bakterium. Über dem Artikel prangt in dicker, großer Schrift: „Der Feind in unserem Essen“. In den ebenfalls dick gedruckten zwei einleitenden Sätzen liest man dann von unserm Essen, dass durch Keime „vergiftet“ wäre, die aber nie ganz „auszurotten“ seien. "Der halb enttarnte Feind EHEC. RKI warnt vor norddeutschem Gemüse" schrieben die Potsdamer Neuste Nachrichten am 26.05.11. Eine ähnlich starke Sprachwahl fand ich bisher z.B. bei Bild.de, da war heute von „Horror-Keimen“ und „Killer-Keim“ die Rede. Die Hamburger Morgenpost schrieb gar etwas von "Killer-Gurken". Nett sind auch Formulierungen wie "Darmkeim EHEC wütet aggressiv in Deutschland" in den Ruhrnachrichten oder "Ich werde wie ein Mörder behandelt, weil ich Gurken verkaufe" auf SPIEGEL-Online. Nachtrag vom 27.05.: SPIEGEL-Online schrieb bzgl. dem Ehec-Erreger einen Artikel unter dem Titel "Gift im Blut". (siehe zum Thema "Gift" u.a. auch hier) Nachtrag vom 30.05.: Am 29.05 lief zwischen 18 und 20 Uhr auf dem Radiosender NDR1 Welle Nord eine Sondersendung ("Zur Sache") zum Thema EHEC mit drei geladenen Experten. Kurz vor 20 Uhr (zur besten Sendezeit) hörte ich zufällig kurz die Schlussworte eines der Experten. In Etwa sagte er: "In ein bis zwei Wochen werden wir wissen, wo der Feind steht." Er bezog sich damit darauf, dass die genaue Quelle des Erregers noch immer unklar ist.
Siehe ergänzend unbedingt auch "Aha-Erlebnis: EHEC und „Der Feind im Essen“ die Zweite"
Die gesamte Medienlandschaft durchzieht die Angst vor den Keimen, überall ist dies derzeit Top-Thema. Es war ja auch wieder mal eine ganze Weile ruhig. Nirgends ist derzeit eine Bedrohung oder ein Feind zu finden. Terrorwarnungen sind gerade kein Thema, bin Laden ist tot, Libyen ist weit weg, die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland gut, Afghanistan schon fast vergessen…usw.
Da braucht es „Den Feind in unserem Essen“, etwas, vor dem wir mal wieder furchtbare Angst haben sollen, eine unkontrollierbare Bedrohung. Im Dezember 2009 hatte ich einen Beitrag über den „Schweinegrippewahn“ geschrieben. Da werden jetzt wieder Erinnerungen wach.
Laut o.g. LN Bericht erkrankten in den letzten Jahren jährlich ca. 830 bis zu 1180 Menschen an EHEC. Ungewöhnlich ist dieses Krankheitsbild also nicht, allerdings ist der Verlauf aktuell nach den Berichten ungewöhnlich schwer und es gibt viele Fälle in einem kurzen Zeitraum (bis heute sollen es ca. 600 Fälle sein).
Interessantes fand ich auf den Seiten des Robert Koch Institutes. Dort steht: „In den letzten Jahren ist die Zahl der nach Infektionsschutzgesetz (IfSG) meldepflichtigen Durchfallerkrankungen, hervorgerufen durch Viren, Bakterien und Protozoen, von 251.000 im Jahr 2002 auf 353.000 im Jahr 2009 gestiegen.“
Mal ehrlich, hat das jemand bisher gewusst oder sich dafür interessiert? Hat ein Mensch vor den aktuellen Nachrichten mehr Angst gehabt, eine Durchfallerkrrankung zu bekommen (immerhin sind 2009 über 40 % Fälle mehr registriert worden, als 2002) als noch vor einigen Jahren? Wohl kaum. Bisher fand ich keine Zahlen über durchschnittliche Todesopfer in Deutschland, die mit Durchfallerkrankungen zusammenhängen. Sicherlich sind Todesfälle auf Grund dieses Krankheitsbildes relativ normal.
Das Leben ist lebensgefährlich und wir müssen mit vielerlei Risiken leben. Die Wahrscheinlichkeit, an EHEC zu sterben oder scher krank zu werden ist im Vergleich zu allen anderen möglichen Gefahren relativ gering. (Im Jahr 2006 starben in Deutschland z.B. 606 Menschen durch einen Badeunfall, was zu keiner panikartigen Vermeidung von Badeausflügen führte... Allein die schwerste saisonale Grippewelle der vergangenen Jahre kostete 1995/96 in Deutschland rund 30.000 Menschen das Leben, durchschnittliche Influenzawellen verursachen 5.000 bis 8.000 Todesfälle in Deutschland pro Jahr. vgl. Ecomed Medizin) Trotzdem schieben die Medien und die Menschen jetzt Panik. Laut einem Bericht in "Medizin Aspekte" sind übrigens 64,4 % der Todesfälle in Deutschland auch auf Fehlernährung zurückzuführen. Die Menschen sterben also nicht dadurch massenhaft, dass sie Gemüse essen, sondern gerade weil sie es nicht essen und stattdessen zu Fastfood, Süßigkeiten, übermäßig Fleisch und Alkohol greifen.
Die künstliche Aufregung geht so weit, dass derzeit sogar überall ganz offensichtliche Falschinformationen im Umlauf sind. Aktuell wird vor norddeutschen Tomaten gewarnt. Hallo! Wir haben Ende Mai, es gibt noch gar keine norddeutschen Tomaten! Auch vor norddeutschen Gurken wird gewarnt. Diese kommen um diese Jahreszeit allerdings noch aus Gewächshäusern. Und überhaupt, wer erklärt mir bitteschön, warum millionen Deutsche bisher nicht an EHEC erkrankt sind, obwohl sie in den letzten Tagen und Wochen millionenfach Salat und Gurken gegessen haben? Ganz nebenbei: Gülle und Mist direkt auf Gemüse auszubringen, ist mittelalterlich und unüblich.
Nein, da wird allerleih Unfug und Panik verbreitet. Aber darum geht es wohl auch, die Menschen wollen/sollen mal wieder Angst haben, vor einem „Feind“. Wenn es demnächst nicht mehr das Gemüse ist, dann vielleicht der Nachfolger von bin Laden oder sonst ein Bösewicht, den wir dann militärisch bekämpfen müssen.
Anhang:
Folgende von mir beispielhaft ausgewählte Googel-Suchbegriffe haben Leute u.a. eingegeben, die dann auf diesen Text in meinem Blog gestoßen sind...:
"EHEC, oder wie ein Volk vergiftet wird"
"Ehec auf deutschland verschüttet, von unseren feinden?"
"Sind die killergurken ein attentat?"
"Angst habe gurken gegessen"
"Gurke gegessen angst"
"EHEC sterben wir aus"
"EHEC-Infektion ODER kriegsführung"
"Werden jetz alle krank die in den letzten tagen gurken gegessen haben"
"Wahrscheinlichkeit durch ehec zu sterben"
----------------------------------------------------------------
Siehe zum Thema auch abschließend "Rückblick auf EHEC"
Donnerstag, 26. Mai 2011
Dienstag, 24. Mai 2011
Sexualtäter, mangelnde Empathie, innere Ohnmacht und große politische Macht
Alice Schwarzer hat aktuell in ihrem Blog etwas zum Fall Dominique Strauss-Kahn geschrieben. Am Ende ihres Beitrages stellt sie die Fragen:
„Was bedeutet das eigentlich für uns, wenn Männer mit einem solchen Frauen- bzw. Menschenbild unsere Welt regieren? Was bedeutet es für ihre Motive, ihre Politik, ihre Entscheidungen? Und was heißt das, wenn Parteien und Medien das Sagen haben, die solche Männer an die Spitze hieven – und ihre ganze Energie damit verbringen, wegzusehen, zu leugnen, zu ignorieren?“
Mit diesen Fragen berührt sie einen Punkt, der mich auch umtreibt. Sollten sich die Vorwürfe (orale und anale Vergewaltigung einer jungen Frau, Versuch einer vaginal Vergewaltigung und Freiheitsberaubung) gegen Strauss-Kahn im Verlauf des Gerichtsprozesses als wahr erweisen – wofür es laut Medienberichten bereits einige sehr ernste Hinweise gibt –, dann sagt diese Tat sehr viel über seinen Grundcharakter aus. Als Chef des Internationalen Währungsfonds, aber auch in seiner vorherigen Laufbahn verfügte Strauss-Kahn über erhebliche Macht und konnte maßgeblich internationale politische und ökomische Entscheidungen mit tragen und ins Rollen bringen. Ich selbst kannte den Namen Strauss-Kahn vor den aktuellen Ereignissen nicht und habe seinen politischen Weg nicht verfolgt. Falls Strauss-Kahn ein Vergewaltiger ist, dann muss allerdings auch sein politisches Handeln destruktive Züge getragen haben. Jemand, der eine solche charakterliche Grundstruktur aufweist, wird politisch kein Friedensbringer sein können oder ökonomische Entscheidungen auch emotional bzw. emphatisch ausloten. Jemand, der vergewaltigt, kann auch mitleidlos Entscheidungen treffen, die für ärmere und schwache Regionen ggf. fatale Folgen haben, ohne sich dabei schlecht zu fühlen. Vielleicht fühlt sich so jemand sogar besonders „glücklich“, „lustvoll berührt“,„stark“ und „übermächtig“, wenn er andere Menschen durch seine Entscheidungen ökonomisch „opfern“ kann.
Der Tätertherapeut Gail Ryan hat geschrieben: „Viele Sexualtäter sind als Kinder selbst (physisch, sexuell und/oder emotional) misshandelt worden. Soweit sie Opfer sexueller Übergriffe waren, muten ihre Delikte gelegentlich wie Neuauflagen der eigenen frühen Viktimisierung an." (Ryan, G. 2002: Der Sexualtäter. In: Helfer, M. E. / Kempe, R. S. / Krugman, R. D. (Hrsg,): Das misshandelte Kind. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M., S. 491) und weiter:
„Im Laufe der Zeit ist deutlich geworden, dass Sexualtäter in allererster Linie „Miss-Braucher“ sind und dass ihr miss-brauchendes und ausnutzendes Verhalten für sie die „Lösung“ eines ihr Leben beherrschenden persönliches Dilemmas darstellt. Dieses Dilemma ist durch ein Gefühl der Hilflosigkeit gekennzeichnet, durch die Unfähigkeit, mit den Dingen zurechtzukommen, ihr Leben selbst zu steuern und sich entsprechend kompetent und sicher zu fühlen. In der Literatur werden Sexualdelikte eher mit dem Konzept der „Macht“ in Verbindung gebracht als mit der Sexualität. Dabei müssen wir uns allerdings darüber im Klaren sein, dass es nicht etwa Machtmenschen sind, die solche Handlungen begehen. Der Missbraucher ist seinerseits ein Produkt der Verletzlichkeit, genauer gesagt, ein Produkt der Machtlosigkeit.“
Menschen mögen noch so mächtige Positionen inne haben, trotzdem können sie sich dabei innerlich ganz klein, ohnmächtig und hilflos fühlen. Ich würde sogar behaupten, dass vermehrt gerade Menschen, die als Kind erhebliche Gewalt-/Ohnmachtserfahrungen gemacht haben, in Politik und Wirtschaft an die Macht drängen, um ihren inneren Konflikt zu „lösen“, sich „sicher“ zu fühlen und ihrerseits Macht zu missbrauchen.
Mangelnde Empathie und Verantwortungsbereitschaft sind laut Ryan typisch für Sexualstraftäter (so ist es weiter in seinem Text zu lesen). Große politische Macht und „mangelnde Empathie und Verantwortungsbereitschaft“…diese Kombination kann fatale Folgen haben, nicht nur für das einzelne Vergewaltigungsopfer, sondern für ganze Gruppen oder Gesellschaften, auf die das politische Verhalten des Akteurs einwirkt.
Auch Israels ehemaliger Staatspräsident Mosche Katzav war ca. 7 Jahre lang der mächtigste Mann in seinem Land. Katzav war Ende Dezember 2010 der Vergewaltigung einer Mitarbeiterin in zwei Fällen, der sexuellen Belästigung in weiteren Fällen sowie der Behinderung der Justiz für schuldig befunden worden und wurde am 22. März 2011 zu sieben Jahre Haft sowie zwei Jahre Bewährungsstrafe verurteilt. Auch dieser „Machtmann“ brauchte ganz offensichtlich Opfer, um sich „gut“ zu fühlen. Was das für seine politischen Entscheidungen bedeutete, wie viele Menschen er dadurch evtl. opferte, müsste im Rückblick genauer analysiert werden.
Abschließend bleibt mir noch anzumerken, dass es auch heute etliche westliche, demokratische Entscheidungsträger gibt, die ohne einen Hauch von Mitgefühl Entscheidungen treffen, die etlichen Menschen das Leben kosten (siehe derzeit z.B. den westlichen Einsatz in Libyen) oder die auch anderweitig fatale Folgen für das Leben von vielen Menschen haben. Diese Entscheidungsträger werden allerdings i.d.R. niemals auf einer Anklagebank landen, da ihre Handlungen als „zweckrationale Sachentscheidungen“ gewertet werden, wenn auch vielleicht mit „Irrtümern“ behaftet. Erst wenn diese Menschen direkt gegenüber Einzelpersonen handgreiflich werden und Menschen treffen, die unserer Rechtssprechung unterliegen, werden sie manchmal, oder besser gesagt ganz selten abgestraft. Als Kriegsherren können sie dagegen bedenkenlos Mord und auch Vergewaltigungen in Auftrag geben, dafür gibt es dann kein Gefängnis, sondern oftmals sogar noch Anerkennung.
„Was bedeutet das eigentlich für uns, wenn Männer mit einem solchen Frauen- bzw. Menschenbild unsere Welt regieren? Was bedeutet es für ihre Motive, ihre Politik, ihre Entscheidungen? Und was heißt das, wenn Parteien und Medien das Sagen haben, die solche Männer an die Spitze hieven – und ihre ganze Energie damit verbringen, wegzusehen, zu leugnen, zu ignorieren?“
Mit diesen Fragen berührt sie einen Punkt, der mich auch umtreibt. Sollten sich die Vorwürfe (orale und anale Vergewaltigung einer jungen Frau, Versuch einer vaginal Vergewaltigung und Freiheitsberaubung) gegen Strauss-Kahn im Verlauf des Gerichtsprozesses als wahr erweisen – wofür es laut Medienberichten bereits einige sehr ernste Hinweise gibt –, dann sagt diese Tat sehr viel über seinen Grundcharakter aus. Als Chef des Internationalen Währungsfonds, aber auch in seiner vorherigen Laufbahn verfügte Strauss-Kahn über erhebliche Macht und konnte maßgeblich internationale politische und ökomische Entscheidungen mit tragen und ins Rollen bringen. Ich selbst kannte den Namen Strauss-Kahn vor den aktuellen Ereignissen nicht und habe seinen politischen Weg nicht verfolgt. Falls Strauss-Kahn ein Vergewaltiger ist, dann muss allerdings auch sein politisches Handeln destruktive Züge getragen haben. Jemand, der eine solche charakterliche Grundstruktur aufweist, wird politisch kein Friedensbringer sein können oder ökonomische Entscheidungen auch emotional bzw. emphatisch ausloten. Jemand, der vergewaltigt, kann auch mitleidlos Entscheidungen treffen, die für ärmere und schwache Regionen ggf. fatale Folgen haben, ohne sich dabei schlecht zu fühlen. Vielleicht fühlt sich so jemand sogar besonders „glücklich“, „lustvoll berührt“,„stark“ und „übermächtig“, wenn er andere Menschen durch seine Entscheidungen ökonomisch „opfern“ kann.
Der Tätertherapeut Gail Ryan hat geschrieben: „Viele Sexualtäter sind als Kinder selbst (physisch, sexuell und/oder emotional) misshandelt worden. Soweit sie Opfer sexueller Übergriffe waren, muten ihre Delikte gelegentlich wie Neuauflagen der eigenen frühen Viktimisierung an." (Ryan, G. 2002: Der Sexualtäter. In: Helfer, M. E. / Kempe, R. S. / Krugman, R. D. (Hrsg,): Das misshandelte Kind. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M., S. 491) und weiter:
„Im Laufe der Zeit ist deutlich geworden, dass Sexualtäter in allererster Linie „Miss-Braucher“ sind und dass ihr miss-brauchendes und ausnutzendes Verhalten für sie die „Lösung“ eines ihr Leben beherrschenden persönliches Dilemmas darstellt. Dieses Dilemma ist durch ein Gefühl der Hilflosigkeit gekennzeichnet, durch die Unfähigkeit, mit den Dingen zurechtzukommen, ihr Leben selbst zu steuern und sich entsprechend kompetent und sicher zu fühlen. In der Literatur werden Sexualdelikte eher mit dem Konzept der „Macht“ in Verbindung gebracht als mit der Sexualität. Dabei müssen wir uns allerdings darüber im Klaren sein, dass es nicht etwa Machtmenschen sind, die solche Handlungen begehen. Der Missbraucher ist seinerseits ein Produkt der Verletzlichkeit, genauer gesagt, ein Produkt der Machtlosigkeit.“
Menschen mögen noch so mächtige Positionen inne haben, trotzdem können sie sich dabei innerlich ganz klein, ohnmächtig und hilflos fühlen. Ich würde sogar behaupten, dass vermehrt gerade Menschen, die als Kind erhebliche Gewalt-/Ohnmachtserfahrungen gemacht haben, in Politik und Wirtschaft an die Macht drängen, um ihren inneren Konflikt zu „lösen“, sich „sicher“ zu fühlen und ihrerseits Macht zu missbrauchen.
Mangelnde Empathie und Verantwortungsbereitschaft sind laut Ryan typisch für Sexualstraftäter (so ist es weiter in seinem Text zu lesen). Große politische Macht und „mangelnde Empathie und Verantwortungsbereitschaft“…diese Kombination kann fatale Folgen haben, nicht nur für das einzelne Vergewaltigungsopfer, sondern für ganze Gruppen oder Gesellschaften, auf die das politische Verhalten des Akteurs einwirkt.
Auch Israels ehemaliger Staatspräsident Mosche Katzav war ca. 7 Jahre lang der mächtigste Mann in seinem Land. Katzav war Ende Dezember 2010 der Vergewaltigung einer Mitarbeiterin in zwei Fällen, der sexuellen Belästigung in weiteren Fällen sowie der Behinderung der Justiz für schuldig befunden worden und wurde am 22. März 2011 zu sieben Jahre Haft sowie zwei Jahre Bewährungsstrafe verurteilt. Auch dieser „Machtmann“ brauchte ganz offensichtlich Opfer, um sich „gut“ zu fühlen. Was das für seine politischen Entscheidungen bedeutete, wie viele Menschen er dadurch evtl. opferte, müsste im Rückblick genauer analysiert werden.
Abschließend bleibt mir noch anzumerken, dass es auch heute etliche westliche, demokratische Entscheidungsträger gibt, die ohne einen Hauch von Mitgefühl Entscheidungen treffen, die etlichen Menschen das Leben kosten (siehe derzeit z.B. den westlichen Einsatz in Libyen) oder die auch anderweitig fatale Folgen für das Leben von vielen Menschen haben. Diese Entscheidungsträger werden allerdings i.d.R. niemals auf einer Anklagebank landen, da ihre Handlungen als „zweckrationale Sachentscheidungen“ gewertet werden, wenn auch vielleicht mit „Irrtümern“ behaftet. Erst wenn diese Menschen direkt gegenüber Einzelpersonen handgreiflich werden und Menschen treffen, die unserer Rechtssprechung unterliegen, werden sie manchmal, oder besser gesagt ganz selten abgestraft. Als Kriegsherren können sie dagegen bedenkenlos Mord und auch Vergewaltigungen in Auftrag geben, dafür gibt es dann kein Gefängnis, sondern oftmals sogar noch Anerkennung.
Freitag, 20. Mai 2011
Der Libyeneinsatz war bisher ein "voller Erfolg"
Die westliche „Intervention“ in Libyen war bisher ein „voller Erfolg“, wenn meine Vermutung stimmt, dass die Eskalation der Gewalt das eigentliche (unbewusste) Ziel war. Bisherige Zahlen für Libyen:
Laut UN Angaben sind fast 750.000 Menschen auf der Flucht (stern.de), bis Ende April wird mit 10.000 bis 30.000 Toten gerechnet (welt.de), außerdem sollen bisher bis zu 55.000 Menschen verletzt worden sein (sueddeutsche.de)
Die Frage ist, wie hoch wären die Opfer- und die Flüchtlingszahlen, hätten die Alleierten keine Luftangriffe durchgeführt, keine ungezählten Waffen und Know-How geliefert? Wahrscheinlich wäre die „Rebellenarmee“ sehr schnell und heillos unterlegen, die Kämpfe wären also relativ schnell beendet worden, man hätte diplomatisch voher und nachher evtl. einiges erreichen können. Stattdessen ist Gaddafi nun „vogelfrei“, fühlt sich zu Recht mit Leib und Leben bedroht und wurde weiter in die Enge getrieben, was wahnsinnige und kriegerische Aktionen nochmal weiter begünstigt, weil er quasi nichts mehr zu verlieren hat.
Bis zum 20.05.2011 hat die westliche Militärallianz über 7.000 Einsätze in Libyen durchgeführt. (SPIEGEL-Online) Das sind - seit dem Beginn des Einsatzes am 19. März - ca. 113 Einsätze pro Tag! Diese Zahl verdeutlicht das ganze Ausmaß dieser "humanitären Aktion".
Schon der Jugoslawienkrieg wurde rückblickend als Erfolg im Weltwissen des Westens verbucht: Allein in der Zeit vom 24. März bis 10. Juni 1999 flogen die NATO-Luftstreitkräfte insgesamt 37.465 Einsätze, bei denen sie 20.000 Raketen und Bomben auf das gesamte Territorium der Bundesrepublik Jugoslawien abfeuerten. Neben großen Flüchtlingsströme, ungezählten Todesopfern und der Zerstörung der Infrastruktur verursachte diese “heldenhafte“ Aktion durch das systematische Bombardement von Betrieben der chemischen und pharmazeutischen Industrie, von Öl-Raffinerien und -Depots die größte Umwelt-Schädigung in Jugoslawien und seinen Nachbarstaaten seit dem Krieg der USA gegen Vietnam. Auch hier sind im Rückblick Zweifel angebracht, was das Wort „Erfolg“ angeht. Absurd ist, dass in den Medien im Zusammenhang mit dem Libyeneinsatz manches mal u.a. gerade der Jugoslawieneinsatz als Beispiel dafür angeführt wird, dass man Krieg mit Krieg erfolgreich bekämpfen kann.
Laut UN Angaben sind fast 750.000 Menschen auf der Flucht (stern.de), bis Ende April wird mit 10.000 bis 30.000 Toten gerechnet (welt.de), außerdem sollen bisher bis zu 55.000 Menschen verletzt worden sein (sueddeutsche.de)
Die Frage ist, wie hoch wären die Opfer- und die Flüchtlingszahlen, hätten die Alleierten keine Luftangriffe durchgeführt, keine ungezählten Waffen und Know-How geliefert? Wahrscheinlich wäre die „Rebellenarmee“ sehr schnell und heillos unterlegen, die Kämpfe wären also relativ schnell beendet worden, man hätte diplomatisch voher und nachher evtl. einiges erreichen können. Stattdessen ist Gaddafi nun „vogelfrei“, fühlt sich zu Recht mit Leib und Leben bedroht und wurde weiter in die Enge getrieben, was wahnsinnige und kriegerische Aktionen nochmal weiter begünstigt, weil er quasi nichts mehr zu verlieren hat.
Bis zum 20.05.2011 hat die westliche Militärallianz über 7.000 Einsätze in Libyen durchgeführt. (SPIEGEL-Online) Das sind - seit dem Beginn des Einsatzes am 19. März - ca. 113 Einsätze pro Tag! Diese Zahl verdeutlicht das ganze Ausmaß dieser "humanitären Aktion".
Schon der Jugoslawienkrieg wurde rückblickend als Erfolg im Weltwissen des Westens verbucht: Allein in der Zeit vom 24. März bis 10. Juni 1999 flogen die NATO-Luftstreitkräfte insgesamt 37.465 Einsätze, bei denen sie 20.000 Raketen und Bomben auf das gesamte Territorium der Bundesrepublik Jugoslawien abfeuerten. Neben großen Flüchtlingsströme, ungezählten Todesopfern und der Zerstörung der Infrastruktur verursachte diese “heldenhafte“ Aktion durch das systematische Bombardement von Betrieben der chemischen und pharmazeutischen Industrie, von Öl-Raffinerien und -Depots die größte Umwelt-Schädigung in Jugoslawien und seinen Nachbarstaaten seit dem Krieg der USA gegen Vietnam. Auch hier sind im Rückblick Zweifel angebracht, was das Wort „Erfolg“ angeht. Absurd ist, dass in den Medien im Zusammenhang mit dem Libyeneinsatz manches mal u.a. gerade der Jugoslawieneinsatz als Beispiel dafür angeführt wird, dass man Krieg mit Krieg erfolgreich bekämpfen kann.
Aus einem Gefühl heraus Soldat sein
Auf Zeit-Online wurde unter dem Artikelnamen „Beruf: Töten“ ein deutscher Elitesoldat vorgestellt. Wie so oft ergeben kleine Anmerkungen einen tiefen Eindruck über die eigentlichen Ursachen von Krieg oder eben auch der Entscheidung, (Elite-)Soldat zu werden.
Die entscheidende Textstelle im Artikel ist für mich folgende:
„Je länger man mit Stefan E. spricht, im OPZ, beim Rundgang durch die Kaserne, desto stärker schimmert etwas anderes durch. Stefan E. schwärmt von der Kameradschaft, er spricht davon, wie sehr das gemeinsame Durchleben der Gefahr zusammenschweißt, wie sehr man sich in Extremsituationen selbst erfährt, wie genau man hinterher weiß, wozu man fähig ist. Nicht der Einsatzgrund oder das Ziel stiftet Sinn, so scheint es, sondern der Einsatz selbst. So erleben das die meisten.“
Es geht um ein Gefühl oder besser um ein Gefühl, das vermisst wurde und in der „Soldatenfamilie“ scheinbar gefunden wird. Kameradschaft, Zusammengehörigkeitsgefühle und Selbsterfahrung oder das Gefühl, "lebendig" zu sein, im Angesicht des Todes. Emotionen oder vermisste Emotionen sind oft genannte Gründe für Menschen, Soldat zu werden und sein zu wollen. Das genaue Hinsehen auf die emotionalen Beweggründe der Menschen, die den Krieg direkt erleben und ausführen ist ganz besonders wichtig, da wissenschaftliche Kriegsursachentheorien fast immer nur von rationalen, ökonomischen Ursachen von Kriegen ausgehen und Emotionen systematisch ausblenden. Der Soldatenberuf scheint eine emotionale Lücke zu füllen, ein emotionales Loch zu stopfen (schon der als Kind traumatisierte und ungeliebte Kaiser Wilhelm II. fand beim 1. Garderegiment in Potsdam jene "Familie", die "ich bis dahin hatte entbehren müssen".) und gleichzeitig – wie wir wissen – auch Emotionen zu töten, zu zerstören, Menschlichkeit abzubauen und Hassgefühle zu legalisieren. Menschen, die in der Kindheit Respekt erfahren haben, Zusammenhalt und Geborgenheit, brauchen später keine solche und ähnliche Berufe zu wählen (oder in Sekten zu gehen), um sich gebraucht und geborgen geschweige denn „lebendig“ zu fühlen. Der Soldatenberuf ist – so wird es mir immer deutlicher – ein Art Auffangbecken für einst ungeliebte Kinder, die auf gewisse Weise ihre Kindheit wiederaufführen (ohne dabei mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten). Die Entscheidung, Soldaten zu werden, hat dabei immer auch etwas mit Suizidabsichten und auch fehlendem Mitgefühl bzgl. anderen Menschen zu tun und somit mit gestörten Emotionen.
Welcher Sinn der Tod und das Töten für ihn habe wurde der Elitekämpfer gefragt: "Die Politiker entscheiden. Und wir machen dann unseren Job." Er habe da Vertrauen, dass die Politiker gute Gründe hätten, so zitiert ihn ZEIT-Online weiter. Auch diese Aussagen zeigen, wie wenig (scheinbar) rationale, politsche Entscheidungen im Grunde eine Rolle spielen. Kriege haben emotionale Ursachen, das belegt dieser Artikel einmal mehr.
Siehe ergänzend:
Die Soldaten: Gewalt und Gehorsamsforderung in der Familie ist das Fundament für das Militär und kriegerische Ziele
Die „offizielle“ Traumatisierung durch die militärische Ausbildung ähnelt der häuslichen Traumatisierung von Kindern
Die entscheidende Textstelle im Artikel ist für mich folgende:
„Je länger man mit Stefan E. spricht, im OPZ, beim Rundgang durch die Kaserne, desto stärker schimmert etwas anderes durch. Stefan E. schwärmt von der Kameradschaft, er spricht davon, wie sehr das gemeinsame Durchleben der Gefahr zusammenschweißt, wie sehr man sich in Extremsituationen selbst erfährt, wie genau man hinterher weiß, wozu man fähig ist. Nicht der Einsatzgrund oder das Ziel stiftet Sinn, so scheint es, sondern der Einsatz selbst. So erleben das die meisten.“
Es geht um ein Gefühl oder besser um ein Gefühl, das vermisst wurde und in der „Soldatenfamilie“ scheinbar gefunden wird. Kameradschaft, Zusammengehörigkeitsgefühle und Selbsterfahrung oder das Gefühl, "lebendig" zu sein, im Angesicht des Todes. Emotionen oder vermisste Emotionen sind oft genannte Gründe für Menschen, Soldat zu werden und sein zu wollen. Das genaue Hinsehen auf die emotionalen Beweggründe der Menschen, die den Krieg direkt erleben und ausführen ist ganz besonders wichtig, da wissenschaftliche Kriegsursachentheorien fast immer nur von rationalen, ökonomischen Ursachen von Kriegen ausgehen und Emotionen systematisch ausblenden. Der Soldatenberuf scheint eine emotionale Lücke zu füllen, ein emotionales Loch zu stopfen (schon der als Kind traumatisierte und ungeliebte Kaiser Wilhelm II. fand beim 1. Garderegiment in Potsdam jene "Familie", die "ich bis dahin hatte entbehren müssen".) und gleichzeitig – wie wir wissen – auch Emotionen zu töten, zu zerstören, Menschlichkeit abzubauen und Hassgefühle zu legalisieren. Menschen, die in der Kindheit Respekt erfahren haben, Zusammenhalt und Geborgenheit, brauchen später keine solche und ähnliche Berufe zu wählen (oder in Sekten zu gehen), um sich gebraucht und geborgen geschweige denn „lebendig“ zu fühlen. Der Soldatenberuf ist – so wird es mir immer deutlicher – ein Art Auffangbecken für einst ungeliebte Kinder, die auf gewisse Weise ihre Kindheit wiederaufführen (ohne dabei mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten). Die Entscheidung, Soldaten zu werden, hat dabei immer auch etwas mit Suizidabsichten und auch fehlendem Mitgefühl bzgl. anderen Menschen zu tun und somit mit gestörten Emotionen.
Welcher Sinn der Tod und das Töten für ihn habe wurde der Elitekämpfer gefragt: "Die Politiker entscheiden. Und wir machen dann unseren Job." Er habe da Vertrauen, dass die Politiker gute Gründe hätten, so zitiert ihn ZEIT-Online weiter. Auch diese Aussagen zeigen, wie wenig (scheinbar) rationale, politsche Entscheidungen im Grunde eine Rolle spielen. Kriege haben emotionale Ursachen, das belegt dieser Artikel einmal mehr.
Siehe ergänzend:
Die Soldaten: Gewalt und Gehorsamsforderung in der Familie ist das Fundament für das Militär und kriegerische Ziele
Die „offizielle“ Traumatisierung durch die militärische Ausbildung ähnelt der häuslichen Traumatisierung von Kindern
Mittwoch, 11. Mai 2011
Die Symbolik des Codenamens "Geronimo"
Derzeit ließt man hier und da, dass sich einige Vertreter amerikanischer Indianer über den Codenamen „Geronimo“, der für die Operation gegen Osama bin Laden gewählt wurde, empören. Geronimo war ein Häuptling der Apachen, der Ende des 19. Jahrhunderts mehrere Jahre gegen die Truppen der USA und Mexikos kämpfte, bis er sich 1886 ergab.
Der gewählte Name „Geronimo“ mag die Gefühle der heutigen Indianer zu Recht verletzen. Für mich symbolisiert diese Namenswahl allerdings noch mehr. Der echte Geronimo stand zwar für Widerstand der Indianer, dieser Widerstand war allerdings ein aussichtsloser und zum Scheitern verurteilter. Ende des 19. Jahrhunderts war die ursprüngliche Lebensart der Indianer endgültig zerstört und sie mussten ihr Leben in Reservaten dahin fristen. Die nordamerikanischen Indianer waren im Rückblick die damaligen „Giftcontainer“ der Weißen. „Wilde“, „Untermenschen“, die man jagen und töten durfte (sogar für staatlich bezahlte Kopfgelder).
Auch heute noch sind die Vereinigten Staaten von Amerika ständig auf der Suche nach „Feinden“, nach Giftcontainern, um die Erinnerungen an traumatische Kindheitserfahrungen abzuwehren bzw. diese außen wiederaufzuführen. Im letzten Irakkrieg wurden mindestens über 100.000 Zivilisten getötet. (siehe zusätzlich auch "Der Golfkrieg als emotionale Störung“) In Afghanistan sind die Zahlen bisher noch unklar. Osama bin Laden war DAS neue Feindsymbol nachdem der Ostblock zusammengebrochen war. Amerika brauchte das Symbol bin Laden, um nicht verrückt zu werden und innerlich zu zerfallen. Im 19. Jahrhundert wie heute sind Kriege Ausdruck von emotionalen Zerfall und der Suche nach Giftcontainern, um diesem Zerfall entgegenzuwirken. Damals waren die Indianer die „Feinde“ und Geronimo der letzte große feindliche Anführer. Heute ist die Situation etwas anders. Bin Ladens Tod wird den Terrorismus nicht beenden. Vielmehr stehen wir wohl eher am Anfang einer Epoche des Terrors. Der Auftrieb des Terrors ist allerdings eng verknüpft mit der Politik der USA, was jeder, der die Entwicklungen der letzten Jahre und Jahrzehnte etwas in den Medien verfolgt, leicht feststellen kann. Gleichzeitig sind die USA selbstgewählte Hauptkämpfer gegen den Terror. Wer Feinde sucht und im Grunde auch generiert, um sie dann zu bekämpfen, muss sich fragen lassen, ob das Kämpfen und Töten nicht das eigentliche Ziel des politischen Handelns ist.
Die Indianer waren die damaligen Giftcontainer, heute sind definierte Terroristen und die Bevölkerung drum herum die neuen Giftcontainer. Die Namenswahl „Geronimo“ für Osama bin Laden spricht insofern Bände und zieht eine rote Linie zu den Inianerkriegen. Dabei ist es keine Frage, dass die Person bin Laden ein realer Terrorist war. Mir geht es hier um die Symbolik, die Rückschlüsse auf emotionale Prozesse zu lässt.
Nebenbei fand ich eine Info auf wikipedia interessant. Prescott Bush, Vater von George H. W. Bush und Großvater von George W. Bush, soll im Mai 1918 den Schädel des Apachen-Häuptlings Geronimo aus dem Fort Sill bei Oklahoma eigenhändig mit fünf anderen Bonesmen aus vier Jahrgängen ausgegraben und ihn als Geschenk der Bruderschaft Skull & Bones präsentiert haben. Enkelkind George W. startete bekanntlich den Krieg gegen den Terror und befahl die Jagd auf bin Laden. Kürzlich wurde unter Obama „Geronimo“ alias bin Laden getötet. Eine erschreckende Symbolik.
Der gewählte Name „Geronimo“ mag die Gefühle der heutigen Indianer zu Recht verletzen. Für mich symbolisiert diese Namenswahl allerdings noch mehr. Der echte Geronimo stand zwar für Widerstand der Indianer, dieser Widerstand war allerdings ein aussichtsloser und zum Scheitern verurteilter. Ende des 19. Jahrhunderts war die ursprüngliche Lebensart der Indianer endgültig zerstört und sie mussten ihr Leben in Reservaten dahin fristen. Die nordamerikanischen Indianer waren im Rückblick die damaligen „Giftcontainer“ der Weißen. „Wilde“, „Untermenschen“, die man jagen und töten durfte (sogar für staatlich bezahlte Kopfgelder).
Auch heute noch sind die Vereinigten Staaten von Amerika ständig auf der Suche nach „Feinden“, nach Giftcontainern, um die Erinnerungen an traumatische Kindheitserfahrungen abzuwehren bzw. diese außen wiederaufzuführen. Im letzten Irakkrieg wurden mindestens über 100.000 Zivilisten getötet. (siehe zusätzlich auch "Der Golfkrieg als emotionale Störung“) In Afghanistan sind die Zahlen bisher noch unklar. Osama bin Laden war DAS neue Feindsymbol nachdem der Ostblock zusammengebrochen war. Amerika brauchte das Symbol bin Laden, um nicht verrückt zu werden und innerlich zu zerfallen. Im 19. Jahrhundert wie heute sind Kriege Ausdruck von emotionalen Zerfall und der Suche nach Giftcontainern, um diesem Zerfall entgegenzuwirken. Damals waren die Indianer die „Feinde“ und Geronimo der letzte große feindliche Anführer. Heute ist die Situation etwas anders. Bin Ladens Tod wird den Terrorismus nicht beenden. Vielmehr stehen wir wohl eher am Anfang einer Epoche des Terrors. Der Auftrieb des Terrors ist allerdings eng verknüpft mit der Politik der USA, was jeder, der die Entwicklungen der letzten Jahre und Jahrzehnte etwas in den Medien verfolgt, leicht feststellen kann. Gleichzeitig sind die USA selbstgewählte Hauptkämpfer gegen den Terror. Wer Feinde sucht und im Grunde auch generiert, um sie dann zu bekämpfen, muss sich fragen lassen, ob das Kämpfen und Töten nicht das eigentliche Ziel des politischen Handelns ist.
Die Indianer waren die damaligen Giftcontainer, heute sind definierte Terroristen und die Bevölkerung drum herum die neuen Giftcontainer. Die Namenswahl „Geronimo“ für Osama bin Laden spricht insofern Bände und zieht eine rote Linie zu den Inianerkriegen. Dabei ist es keine Frage, dass die Person bin Laden ein realer Terrorist war. Mir geht es hier um die Symbolik, die Rückschlüsse auf emotionale Prozesse zu lässt.
Nebenbei fand ich eine Info auf wikipedia interessant. Prescott Bush, Vater von George H. W. Bush und Großvater von George W. Bush, soll im Mai 1918 den Schädel des Apachen-Häuptlings Geronimo aus dem Fort Sill bei Oklahoma eigenhändig mit fünf anderen Bonesmen aus vier Jahrgängen ausgegraben und ihn als Geschenk der Bruderschaft Skull & Bones präsentiert haben. Enkelkind George W. startete bekanntlich den Krieg gegen den Terror und befahl die Jagd auf bin Laden. Kürzlich wurde unter Obama „Geronimo“ alias bin Laden getötet. Eine erschreckende Symbolik.
Dienstag, 3. Mai 2011
Amerikas Jubel als "zivilisatorischen Rückfall"?
Osama Bin Laden wurde getötet, wie wohl schon fast jeder weiß. Die „Partystimmung“ in den USA zeigt mir derzeit, wie sehr Feindbilder und die Feindesjagd bzw. die Suche nach einem „bösen Gegenpart“ tiefe (unbewusste) Emotionen der Menschen anspricht. Meine Zeit ist momentan etwas knapp, insofern verweise ich hiermit auf den SPIEGEL-Online Artikel „Er ist tot. Hurra?“, der meine Gedanken sehr trifft. Ein Auszug. „Es sind wohl letztlich leider nicht "die Kräfte des Friedens", die hier gesiegt haben, wie Merkel meint, sondern die Anhänger einer archaischen Blutrache-Moral. Dass sich die Spitzen unserer Regierungsparteien dieser Ideologie unterwerfen, bedeutet einen zivilisatorischen Rückfall. Die Erleichterung über den Tod Bin Ladens ist nachvollziehbar, der Applaus für seine Hinrichtung ist es nicht.“
Mir fällt in der aktuellen Berichterstattung aus den USA auf, dass sehr viele Junge Amerikaner und Amerikanerinnen jubelnd und feiernd gezeigt werden. Diese waren zur Zeit des 11. September allerdings noch Kinder und werden die Ereignisse zwar mit Schrecken mitbekommen haben, allerdings ohne diese klar einordnen zu können. Besonders erschreckend ist, dass diese neue, junge Generation so auf der Rachewelle und dem Jubeltaumel mitschwimmt und sie sogar die Medienbilder dominieren.
Amerikas derzeitiger Jubel und die mancher Europäer stellt nicht wirklich einen "zivilisatorischen Rückfall" dar, sondern zeigt den Ist-Zustand der emotionalen (Entwicklungs-)Lage auf.
Siehe ergänzend auch: "Kindheit in den USA"
Mir fällt in der aktuellen Berichterstattung aus den USA auf, dass sehr viele Junge Amerikaner und Amerikanerinnen jubelnd und feiernd gezeigt werden. Diese waren zur Zeit des 11. September allerdings noch Kinder und werden die Ereignisse zwar mit Schrecken mitbekommen haben, allerdings ohne diese klar einordnen zu können. Besonders erschreckend ist, dass diese neue, junge Generation so auf der Rachewelle und dem Jubeltaumel mitschwimmt und sie sogar die Medienbilder dominieren.
Amerikas derzeitiger Jubel und die mancher Europäer stellt nicht wirklich einen "zivilisatorischen Rückfall" dar, sondern zeigt den Ist-Zustand der emotionalen (Entwicklungs-)Lage auf.
Siehe ergänzend auch: "Kindheit in den USA"
Abonnieren
Posts (Atom)