Freitag, 4. Dezember 2020

Kindheit von Robert Mugabe

Simbabwes langjähriger Regierungschef und Diktator Robert Mugabe erfüllt einige Punkte, die mir immer wieder bei Diktatoren aufgefallen sind: 

  1. Er ist männlich, denn eine Diktatur zu führen, war und ist in patriarchalen Gesellschaften stets Männersache. Als Führer verkörperte er nach außen traditionelle Männlichkeitsvorstellungen von absoluter Stärke und Entschlossenheit, sowie Härte im Kampf gegen seine „Feinde“. 
  2. Er war hoch intelligent und verbrachte bereits als Kind die meiste Zeit damit zu lesen, anstatt mit anderen Kindern zu spielen. 
  3. Er hatte eine sehr enge (aber keine gesunde) Mutterbeziehung, die Tendenzen von emotionalem Missbrauch und einer „Muttersöhnchen-Konstellation“ aufweist (siehe dazu auch das Buch „Muttersöhne“ von Volker Elis Pilgrim, dessen These ist, dass dies die entscheidende Gemeinsamkeit von Diktatoren und Massenmördern ist. Meine Recherchen über diverse Diktatoren stützen diese These. Ich halte aber auch weitere Belastungen in der Kindheit von großer Bedeutung und ebenfalls auch die Rolle der Väter). Und: Die Mutter hatte hohe Erfolgserwartungen gegenüber ihrem Sohn. 
  4. Er war als Kind vielfachen Belastungen ausgesetzt, die sich zu einem „Gesamttraumapaket“ kumulierten. 

Alle diese 4 Punkte fand ich oftmals bezogen auf Diktatoren bestätigt (siehe u.a. in meinem Buch)! 


Kommen wir jetzt zu Mugabes Kindheit:

Meine Quelle dafür ist: Holland, Heidi (2009): Dinner With Mugabe: The untold story of a freedom fighter who became a tyrant. Penguin Books, Johannesburg (South Africa). Kindle-E-Book Version. 

Robert erlebte als Kind den Tod zwei seiner älteren Brüder. Einer davon, Michael, war der Liebling der Familie. Nach Michaels Tod verließ der Vater die Familie und heiratete später erneut. Robert war zum Zeitpunkt dieser Trennung 10 Jahre alt und entwickelte in der Folge einen tiefen Hass gegen seinen Vater. Roberts Mutter wurde nach der Trennung von ihrem Mann depressiv (wobei Holland auch eine Quelle zitiert, nach der die Mutter schon VOR der Trennung und dem Verlust von 2 Kindern psychisch angeschlagen war. An einer Stelle im Buch – Seite 5 - spekuliert sie entsprechend auch, ob Robert von seiner belasteten Mutter als Baby vernachlässigt worden sein könnte). 

Robert war ein schüchternes, sensibles Kind, das jetzt zum mütterlichen Favoriten wurde. Er stützte seine Mutter, begleitetet sie täglich zur christlichen Messe und versuchte, seine Mutter glücklich zu machen (diese Geschichte gleicht übrigens fast 1zu1 den Kindheitserlebnissen von Francisco Franco). Gleichzeitig hatte die Mutter hohe (Leistungs-)Erwartungen an ihren Sohn Robert; sie trieb ihn an, viel zu lernen. Aber sie strafte ihren Sohn auch körperlich, wie Roberts Bruder Donato berichtet:
If his mother smacked him, Robert must thank her for correcting him; that's what she believed. (…) She smacked him maybe thrice and he thanked her every time. The other children used to tease him and he became lonely“ (S. 4) Diese mütterliche Gewalt in Kombination mit dem „Bedanken“ dafür durch ihren Sohn ist schon bemerkenswert. Hier wurde offensichtlich erfolgreich die kindliche Wahrnehmung verdreht! Erlittene Schmerzen und Demütigungen wurden „dankend“ entgegengenommen, denn Mutter konnte es ja nur zum „Wohle des Kindes“ tun, damit er seine Lektionen lernt…

Nach außen beschützte seine Mutter ihren Liebling dagegen vor jedem, auch den eigenen Geschwistern. Robert war indes ein Einzelgänger, der sich oft zum Lesen zurückzog. Seine Favoritenrolle bei seiner Mutter und auch dem Geistlichen vor Ort machte ihn zur Zielscheibe von Gleichaltrigen und seinen Geschwistern, die ihn gnadenlos hänselten (vgl. S. 6). 

Auf Seite 11 schreibt die Autorin kurz, dass Robert Mugabe eine „traumatische Jugend“ hatte. Dem ist im Grunde nichts weiter hinzuzufügen. Wie so oft bleibt mir nur anzumerken, dass als Kind wirklich geliebte und umsorgt aufgewachsene Kinder später keine Diktatoren werden.

(Abschließend noch der Hinweis auf den Länderreport über Simbabwe (von der Global Initiative to End All Corporal Punishment of Children) und die dortigen Gesetze zum Thema Gewalt gegen Kinder + Studien zum aktuellen Ausmaß der Gewalt in dem Land. In dem Land sind Körperstrafen gegen Kinder u.a. in der Familie und Schule weiterhin legal!)


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