Es ist immer wieder erstaunlich, was für „Schätze“ sich finden lassen, wenn man lange genug „gräbt“. Nachfolgende Studie habe ich kürzlich durch einen Hinweis in einem Buch gefunden. Vorher ist mir die Studie nirgends aufgefallen, entsprechend scheint sie weitgehend in der „Schublade“ der Wissenschaft/Extremismusforschung verschwunden zu sein. Dabei bringt diese Studie (ähnlich wie die Nachfolgestudie, die ich hier im Blog bereits besprochen habe) wichtige Erkenntnisse zwischen dem Zusammenhang von Kindheitserfahrungen und rechtsextremen Einstellungen:
Utzmann-Krombholz, H. (1994). Rechtsextremismus und Gewalt: Affinitäten und Resistenzen von Mädchen und jungen Frauen. Ergebnisse einer Studie. Ministerium für die Gleichstellung von Frau und Mann des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), Düsseldorf.
Zwischen dem 25.08.1993 und dem 06.10.1993 wurden repräsentativ für Nordrhein-Westfalen 1.045 deutsche Jugendliche im Alter zwischen 14 und 24 Jahren befragt.
Erfreulich ist, dass mehr als 80 % der Befragten angaben, dass sie eine glückliche Kindheit hatten.
Ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild, verbunden mit Ausländerfeindlichkeit und Gewaltbereitschaft, fand man bei 8 bis 10 % der Jugendlichen, von diesen sind drei Viertel männlich.
Neben dem wichtigen Einflussfaktor Geschlecht fand man auch starke Zusammenhänge zwischen destruktiven Kindheitserfahrungen und rechtsextremen Einstellungen:
„Auffallend ist die überraschend stringente Beschreibung der Kindheitserfahrungen. Danach gibt es eindeutige Zusammenhänge zwischen einer strengen Erziehung, zu der auch Schläge gehöhrten, und einem rechtsextremen Einstellungsmuster. Diese Jugendlichen hatten nach ihrem Empfinden keine glückliche Kindheit, sie fühlten sich mit ihren Problemen alleine gelassen und von ihren Eltern vernachlässigt. Die Eltern verstanden sich nicht gut, hatten keine Zeit für ihre Kinder, aber man wahrte den äußeren Rahmen, in dem man sehr viel Wert auf gute Manieren legte (…). Sie sind im hohen Maße verunsichert und haben starke Gefühle von Hilflosigkeit und Ohnmacht. Über ihr Leben entscheiden andere, sie selbst haben wenig Einfluss auf die Gestaltung ihres Lebens. (…). Dieses Gefühl von Ohnmacht und Orientierungslosigkeit lässt sie nach einem festen Rahmen suchen, `Zusammenhalt` ist für sie der wichtigste Wert (…) “ (S. 34f.).
Im Anhang finden sich auch Zahlen bzgl. dem Extremwert „stimme voll und ganz zu“ (S. 111f.):
„Ich hatte eine glückliche Kindheit“: 32 % aller Befragten, 11 % der rechtsextrem Eingestellten.
„Wenn ich Probleme hatte, dann waren meine Eltern für mich da“: 35 % aller Befragten, 15 % der rechtsextrem Eingestellten.
„Meine Eltern hatten nicht viel Zeit für mich“: 10 % aller Befragten, 28 % der rechtsextrem Eingestellten.
„Meine Eltern verstanden sich ausgesprochen gut“: 23 % aller Befragten, 9 % der rechtsextrem Eingestellten.
„Ich habe mich als Kind oft einsam gefühlt“: 5 % aller Befragten, 13 % der rechtsextrem Eingestellten.
„Wenn ich etwas angestellt habe, dann gab es schon mal Ohrfeigen“: 11 % aller Befragten, 20 % der rechtsextrem Eingestellten.
„Ich wurde als Kind oft geschlagen“: 4 % aller Befragten, 10 % der rechtsextrem Eingestellten.
„Ich wurde ziemlich streng erzogen“: 9 % aller Befragten, 29 % der rechtsextrem Eingestellten.
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