Zerfall, Spaltung (Focus Money titelte z.B. am 22. Juni 2011 mit einem zerbrochenen EURO.) , Streit, Bankrott, Angst, Panik, Krise, Untergang, drohender Abschwung, Krawalle…
Die Liste aktueller Schlagzeilen ist lang. Kaum gab es bzgl. der „EHEC-Krise“ einigermaßen Entwarnung, schwenkten die Medien blitzschnell um und hoben die Griechenland-Krise wieder nach oben, die aktuell Top-Thema ist.
Ich hatte erst überlegt, ob ich wieder etwas zum jetzt neuen SPIEGEL Titel schreiben soll oder ob das ganze vielleicht doch etwas zu sehr durch mich interpretiert ist. Dann hörte ich gestern im Deutschlanfunk vor 11.00 Uhr, wie ein Experte etwas von dem „Infektionsherd“ Griechenland und der "Ansteckungsgefahr" für andere Länder sagte. Auch in der Folge fiel mir in anderen Nachrichten, Hörfunk und Berichten immer häufiger das Wort „Ansteckungsgefahr“ auf. Ich halte das mittlerweile nicht mehr für einen Zufall. Über drei Wochen lang grassierte in Deutschland die (meiner Meinung nach vollkommen übertriebene) (Todes-)Angst vor der Ansteckung mit EHEC. (siehe meine letzten Beiträge) Jetzt droht die „Ansteckung“ durch das „vergiftete“ Griechenland. Die Ängste haben sich wieder auf die ökonomischen Bereiche verschoben. Gruppenfantasien und Gruppenängste scheinen manchmal zu wandern, von Angstherd zu Angstherd.
Kommen wir zurück zum aktuellen SPIEGEL Nr. 25 vom 20.06.11, der den EURO „Plötzlich und Erwartet“ zu Grabe trägt.
Getreu des letzten Blogbeitrages habe ich den SPIEGEL nach (wie ich fand) relevanten Schlagwörtern und Sätzen in den Titeln und im Dickgedruckten durchsucht. Die gefundenen Wörter unterscheiden sich zu dem, was ich in den beiden vorherigen Ausgaben fand. Angst, Kriegs- und Zerstörungswörter und Gift/Virenstichworte dominieren hier. Ich bin kein Psychoanalytiker. Mir fiel aber in dieser Ausgabe besonders der relativ lange Artikel „Aus einer Leiche geboren“ ab Seite 112 auf. Berichtet wird über eine Frau, die gehirntod im Krankenhaus lag und einige Wochen später einen gesunden Sohn gebar. Der Artikel an sich ist wirklich sehr ergreifend und berührend. Um den Artikel an sich geht es mir weniger. Ich finde nur die Symbolik interessant. Der SPIEGEL trägt den EURO im Titel zu Grabe. Im selben Heft findet sich ein Artikel, wo eine „Tote Mutter“ einen Sohn gebar. Ich wage hier keine Deutungen, möchte aber auf mögliche Zusammenhänge hinweisen.
Hier nun die Schlagwörter:
Aufstand, Sohn, Zerstörung, Anarchie, Schuld, Krieg, Verhungernde, „Angst vor der Größe“, Sterben und Töten, Sorge, Arme Kinder, Blutarme Politik, „Auf Gedeih und Verderb“, Gefahr, Krise, Krise, Flächenbrand, Krisen, Schlimmsten, „Rette sich, wer kann“, Jugend, Mütter, Kinder, „Das Tor der Tränen“, Krieg, Schreckgespenst, Angreifern, „Schwere Geschütze“, Fluchtpunkt, „Sie können nur töten und hoffen“, „Wer die Schlacht will, kann sie haben“, „Eine furchtbar nette Familie“, Kindern, Gewalt, Wut, Gegenwehr, Angriff, letzte Schlacht, vernichtet, Krieg, Bombenangriffe, gekämpft, Kriegsschauplatz, Virenjäger, Killerprogramme, Sohnes, Böses, Virus, Viren, Bedrohung, Viren, tötete, „Aus einer Leiche geboren“, Mutter, „Es regnet Gift“, „Es regnet Geld“, „Loch in der Geschichte“, „Angst treibt uns voran“, Leere, Leidensbericht.
Die Ansteckungsangst geht um in den deutschen Medien. Einige Beispiele:
„Ansteckungsgefahr für unseren Wohlstand“ (Monitor Nr. 621 vom 16.06.2011)
„Es droht Ansteckungsgefahr“ (bild.de)
„Würden die europäischen Länder schockartig Griechenland in die Pleite schicken, würde diese Schockwelle eine Ansteckungsgefahr bedeuten und auch andere Länder in große Schwierigkeiten bringen.“ (Focus, 15.06.11)
Belgien warnt in Griechenland-Krise vor Ansteckung (europeonline-magazine.eu, 19.06.11)
"Angestrebt wird eine begrenzte Beteiligung der privaten Gläubiger, die aber keine Ansteckung (anderer Länder) nach sich zieht." (web.de, 16.06.11)
"über die Angst vor der „Ansteckung“ wenn Griechenland pleiteginge“. (handelsblatt.com, 20.06.11)
"Geht Griechenland pleite, so droht eine Ansteckung der anderen Peripheriestaaten wie Irland, Portugal oder Spanien." (berlinonline.de, bereits am 30. April 11)
Infiziert der »Griechenland-Virus« jetzt auch Bulgarien (Kopp Verlag, 14.06.11)
"Wann springt das Griechenland-Virus über?" (handelsblatt.com, 16.06.11)
Wir werden sehen, wie sich die Ängste weiter entwickeln und wer zuletzt geopfert wird...
Dienstag, 21. Juni 2011
Mittwoch, 15. Juni 2011
Gruppenfantasien: Analyse der letzten beiden SPIEGEL Ausgaben.
Nachfolgenden Beitrag muss man im Zusammenhang mit den drei vorherigen Beiträgen lesen und verstehen!
Ich habe mir jetzt mal die Mühe gemacht und die beiden letzten SPIEGEL Ausgaben gründlich nach (emotionalen) Schlüsselwörtern und Wörtern wie Kind etc. durchsucht. Die nachfolgende Auflistung ist chronologisch, sprich vom Heftanfang bis zum Heftende. Die Wörter und Sätze stammen immer aus Titeln, Überschriften, Dickgedrucktem oder Untertiteln bzw. Bildunterschriften (nicht aus dem laufenden Text). Im Grunde müsste man die Ergebnisse mit zwei SPIEGEL Ausgaben aus einem anderen Jahr zum Vergleich heranziehen und schauen, ob solche Worte ganz normale Alltagssprache beim SPIEGEL sind oder eben doch Spitzen aufzeigen, die Rückschlüsse auf aktuelle emotionale Prozesse zulassen. Insofern ist mein Ergebnis natürlich fragwürdig. Trotzdem möchte ich es vorstellen, weil die gefundenen Wörter zu dem passen, was ich in den letzten drei vorherigen Blogbeiträgen ausgeführt habe.
Bei der aktuellen Ausgabe mit dem Titel „Bruder Todfeind“, die ich ja bereits in Zusammenhang mit abgespaltenen Gefühlen/Teilen und Hassliebe gebracht habe, sind mir vor allem auch in ganz anderen Artikeln Andeutungen zu etwas „Doppeltem“, Gegensätzlichen bzw. doppelte Titel wie "x oder Y" aufgefallen, die insofern zum zerrissenen Titelbild passen. Diese Teile habe ich noch einmal dickgedruckt hervorgehoben. Ansonsten fand ich die Titelstory geradezu langweilig, sie bot nichts neues oder außergewöhnliches und hatte zudem wenig mit dem Titel "Bruder Todfeind" zu tun. Vielleicht ist ja aber gerade das wiederum erhellend, dass Titel und Bilder gewählt wurden, die wenig mit dem Text und Inhalt der Story zu tun hatten...
Weiter kommentieren möchte ich meine Ergebnisse nicht. Wie immer finde ich, dass diese Art der Deutung von Medien(bildern) immer auch etwas von eigener Auslese haben kann und insofern anfällig für Fehler und übertriebene Deutungen ist. Die Leser und Leserinnen dieses Blogs mögen sich ihre eigenen Gedanken dazu machen.
DER SPIEGEL, Nr. 23, 06.06.11
Der Feind im Essen. EHEC: Die Geburt einer Seuche.
Hass auf die Deutschen, Jungfrauentest, Sterbehilfe, „Das Röcheln des Sterbenden“, Schizophrene Notwendigkeit, Tod hilft Leben, Militanz, Heer, Zickzackkurs, Stimmentief, Unberechenbar, Todsünde, Katastrophenschutz, Die Angst-Macher, „Auch der Feind hat eine Würde“, Endzeitstimmung, „Im Verdruss vereint“, „Die Stimmung wird kippen“, „Auge um Auge“, „Gefährliches Gewusel“, „Erhöhtes Risiko“, Stresstest, „Meine Mutter hat versagt“, Schweigen, Attacke, Schelte, „Wieder am Abgrund“, Waffen, „Bedeutung von Emotionen“, „Psychologischer Blickwinkel“, „Kinder einer Gedankenschule“, Angriff, Gefahr, „Er hat keinen mehr, der ihn kontrolliert“, Wirtschaftswachstum, „Wir sind sehr emotional“, Krieg oder Frieden, „Gut und Böse sind Kategorien für Kinder“, Krisenkinder, Jugend, Jungfrauen, gefährliche Verbrecherin, kämpfte, Wahnsinn, Katastrophe, „Böses reden, Gutes tun“, „ wie ein Kind, das heute sein Ritalin nicht genommen hat“, „Suche nach dem Verrückten“, lauert, Doktor Freud, Gewissenlos, „Puls der bösen Absichten“, Mozart statt Mamma“, „Neugeborene beruhigen, die aus medizinischen Gründen vorübergehend von ihrer Mutter getrennt werden“, Drogen, Anmerk. EHEC Teil Anfang: Outbreak in Deutschland“, „Infizierter Norden“, „Lauernde Gefahr“, „Ein Erreger für die Demut“, „Wir leben in einem fragilen System“, „Die Jagd wird mysteriöser“, „Entfesselter Erreger“, Anmerk. EHEC Teil Ende, Gier, Alarmzustand, Gestresste, „Verseuchtes Fleisch“, Tiefe, Schlafmittel, „Geraubte Kinder“, „Außen Ehre, innen Leere“, „Tausende Jungen und Mädchen wurden verschleppt“, „an ihrer zerbrochenen Kindheit leiden die meisten noch heute“
DER SPIEGEL, Nr. 24, 11.06.11
Hitler gegen Stalin. Bruder Todfeind
Zerwürfnis, „Leben und Leiden“, „Kunst der zwei Gesichter“, Opfer, „Verbrechen oder Heldentat?“, Verdächtige, Ziele formuliert, Zombies, „Direkt an die Front“, „Allianz des Misstrauens“, „Klima in der Regierung ist vergiftet“, Stimmungswechsel, „Bezahlen müssen wir alle“, „Gute Werte, schlechte Werte“, hasse, „Sehnsucht nach dem Ende“, Leiden, Mädchen, Tochter, Söhnen, „Hast du mich noch lieb?“, Toter Markt, „Wenn ihrem Kind etwas Schlimmes passiert“ (Werbeanzeige mit Bild von Kindern) Wunsch und Wirklichkeit, „Das Leben ist voller Höhen und Tiefen“ (Werbeanzeige), Eltern, Kind, Eltern, Schüler, Tochter, „Kind wird Junge und Mädchen“, Jugend, „Irgendwas kippt gerade“, „Wie behandeln die Deutschen Fremde?“, Verbotenen, Anmerk. jetzt folgt Hitler und Stalin Teil: Bestie, Unmensch, Gemetzel, Sohn, tobt, brüllt, grauenhafte, Kampf an mehreren Fronten, Anmerk. Ende Hitler und Stalin Teil, flüchten, bedroht, Angriff, „Kränkelnde Tochter“, gedroht, Pleite-Macher, Explosive Schlamperei, Verdächtige Millionen, Tödliche Spritze?, „Die Frau ist ein Grund zur Sorge“, „Geld und Truppen“, „Bunker und Kämpfer werden zerrissen“, „Man spürt den Wahnsinn jeden Tag“, Tiefgang, Tod, sterben, „Von Krämpfen geschüttelt, „Wir wollen keine Rache“, „Wie eine Tochter“, Verletzter, „um ihre Jungen kämpft“, „Die verlorenen Töchter“, Mädchen, Eltern, „Bedrohung für ihre Kinder“, Kind, Hauen oder stechen, Mädchen, „Rendite oder Leben“, „Das Drama im Kinderzimmer“, bedrohlich, unberechenbar, „Die Falschen und die Richtigen“, „Das wahre Gesicht der Volksrepublik zeigen“, „Angst ist spürbar“, „Gefährliches Gift“, Jugendsünden, Kindern
Ich habe mir jetzt mal die Mühe gemacht und die beiden letzten SPIEGEL Ausgaben gründlich nach (emotionalen) Schlüsselwörtern und Wörtern wie Kind etc. durchsucht. Die nachfolgende Auflistung ist chronologisch, sprich vom Heftanfang bis zum Heftende. Die Wörter und Sätze stammen immer aus Titeln, Überschriften, Dickgedrucktem oder Untertiteln bzw. Bildunterschriften (nicht aus dem laufenden Text). Im Grunde müsste man die Ergebnisse mit zwei SPIEGEL Ausgaben aus einem anderen Jahr zum Vergleich heranziehen und schauen, ob solche Worte ganz normale Alltagssprache beim SPIEGEL sind oder eben doch Spitzen aufzeigen, die Rückschlüsse auf aktuelle emotionale Prozesse zulassen. Insofern ist mein Ergebnis natürlich fragwürdig. Trotzdem möchte ich es vorstellen, weil die gefundenen Wörter zu dem passen, was ich in den letzten drei vorherigen Blogbeiträgen ausgeführt habe.
Bei der aktuellen Ausgabe mit dem Titel „Bruder Todfeind“, die ich ja bereits in Zusammenhang mit abgespaltenen Gefühlen/Teilen und Hassliebe gebracht habe, sind mir vor allem auch in ganz anderen Artikeln Andeutungen zu etwas „Doppeltem“, Gegensätzlichen bzw. doppelte Titel wie "x oder Y" aufgefallen, die insofern zum zerrissenen Titelbild passen. Diese Teile habe ich noch einmal dickgedruckt hervorgehoben. Ansonsten fand ich die Titelstory geradezu langweilig, sie bot nichts neues oder außergewöhnliches und hatte zudem wenig mit dem Titel "Bruder Todfeind" zu tun. Vielleicht ist ja aber gerade das wiederum erhellend, dass Titel und Bilder gewählt wurden, die wenig mit dem Text und Inhalt der Story zu tun hatten...
Weiter kommentieren möchte ich meine Ergebnisse nicht. Wie immer finde ich, dass diese Art der Deutung von Medien(bildern) immer auch etwas von eigener Auslese haben kann und insofern anfällig für Fehler und übertriebene Deutungen ist. Die Leser und Leserinnen dieses Blogs mögen sich ihre eigenen Gedanken dazu machen.
DER SPIEGEL, Nr. 23, 06.06.11
Der Feind im Essen. EHEC: Die Geburt einer Seuche.
Hass auf die Deutschen, Jungfrauentest, Sterbehilfe, „Das Röcheln des Sterbenden“, Schizophrene Notwendigkeit, Tod hilft Leben, Militanz, Heer, Zickzackkurs, Stimmentief, Unberechenbar, Todsünde, Katastrophenschutz, Die Angst-Macher, „Auch der Feind hat eine Würde“, Endzeitstimmung, „Im Verdruss vereint“, „Die Stimmung wird kippen“, „Auge um Auge“, „Gefährliches Gewusel“, „Erhöhtes Risiko“, Stresstest, „Meine Mutter hat versagt“, Schweigen, Attacke, Schelte, „Wieder am Abgrund“, Waffen, „Bedeutung von Emotionen“, „Psychologischer Blickwinkel“, „Kinder einer Gedankenschule“, Angriff, Gefahr, „Er hat keinen mehr, der ihn kontrolliert“, Wirtschaftswachstum, „Wir sind sehr emotional“, Krieg oder Frieden, „Gut und Böse sind Kategorien für Kinder“, Krisenkinder, Jugend, Jungfrauen, gefährliche Verbrecherin, kämpfte, Wahnsinn, Katastrophe, „Böses reden, Gutes tun“, „ wie ein Kind, das heute sein Ritalin nicht genommen hat“, „Suche nach dem Verrückten“, lauert, Doktor Freud, Gewissenlos, „Puls der bösen Absichten“, Mozart statt Mamma“, „Neugeborene beruhigen, die aus medizinischen Gründen vorübergehend von ihrer Mutter getrennt werden“, Drogen, Anmerk. EHEC Teil Anfang: Outbreak in Deutschland“, „Infizierter Norden“, „Lauernde Gefahr“, „Ein Erreger für die Demut“, „Wir leben in einem fragilen System“, „Die Jagd wird mysteriöser“, „Entfesselter Erreger“, Anmerk. EHEC Teil Ende, Gier, Alarmzustand, Gestresste, „Verseuchtes Fleisch“, Tiefe, Schlafmittel, „Geraubte Kinder“, „Außen Ehre, innen Leere“, „Tausende Jungen und Mädchen wurden verschleppt“, „an ihrer zerbrochenen Kindheit leiden die meisten noch heute“
DER SPIEGEL, Nr. 24, 11.06.11
Hitler gegen Stalin. Bruder Todfeind
Zerwürfnis, „Leben und Leiden“, „Kunst der zwei Gesichter“, Opfer, „Verbrechen oder Heldentat?“, Verdächtige, Ziele formuliert, Zombies, „Direkt an die Front“, „Allianz des Misstrauens“, „Klima in der Regierung ist vergiftet“, Stimmungswechsel, „Bezahlen müssen wir alle“, „Gute Werte, schlechte Werte“, hasse, „Sehnsucht nach dem Ende“, Leiden, Mädchen, Tochter, Söhnen, „Hast du mich noch lieb?“, Toter Markt, „Wenn ihrem Kind etwas Schlimmes passiert“ (Werbeanzeige mit Bild von Kindern) Wunsch und Wirklichkeit, „Das Leben ist voller Höhen und Tiefen“ (Werbeanzeige), Eltern, Kind, Eltern, Schüler, Tochter, „Kind wird Junge und Mädchen“, Jugend, „Irgendwas kippt gerade“, „Wie behandeln die Deutschen Fremde?“, Verbotenen, Anmerk. jetzt folgt Hitler und Stalin Teil: Bestie, Unmensch, Gemetzel, Sohn, tobt, brüllt, grauenhafte, Kampf an mehreren Fronten, Anmerk. Ende Hitler und Stalin Teil, flüchten, bedroht, Angriff, „Kränkelnde Tochter“, gedroht, Pleite-Macher, Explosive Schlamperei, Verdächtige Millionen, Tödliche Spritze?, „Die Frau ist ein Grund zur Sorge“, „Geld und Truppen“, „Bunker und Kämpfer werden zerrissen“, „Man spürt den Wahnsinn jeden Tag“, Tiefgang, Tod, sterben, „Von Krämpfen geschüttelt, „Wir wollen keine Rache“, „Wie eine Tochter“, Verletzter, „um ihre Jungen kämpft“, „Die verlorenen Töchter“, Mädchen, Eltern, „Bedrohung für ihre Kinder“, Kind, Hauen oder stechen, Mädchen, „Rendite oder Leben“, „Das Drama im Kinderzimmer“, bedrohlich, unberechenbar, „Die Falschen und die Richtigen“, „Das wahre Gesicht der Volksrepublik zeigen“, „Angst ist spürbar“, „Gefährliches Gift“, Jugendsünden, Kindern
Samstag, 11. Juni 2011
Gruppenfantasien: Nach dem Feind im Essen jetzt "Bruder Todfeind".
Fast drei Wochen lang verfielen große Teile der Nation in panische Angst vor „dem Feind im Essen“ (siehe die beiden letzten Beiträge von mir).
Die psychohistorische Forschung weist immer wieder auf (wörtliche und echte) Bilder in den Medien hin, die Rückschlüsse auf aktuelle Gruppenfantasien zulassen.
Im letzten Beitrag hatte ich bereits meine Auffassung darüber dargelegt, dass Deutschland aktuell auf der Suche nach einem Feind ist. Lloyd deMause hat in seinen Arbeiten darauf hingewiesen, dass die Feindessuche (aber auch Kriege) vor allem auch in Zeiten wirtschaftlichen Wachstums beginnt. Derzeit befinden wir uns in so einer ökonomischen Wachstumsphase. Nach deMause drohen in Zeiten von Wachstum und Wohlstand furchteinflößende (psychisch abgespaltene) Erinnerungen aus der Kindheit zurück ins Bewusstsein zu drängen. Diese Erinnerungen müssen abgewehrt werden. Z.B. durch Selbstzerstörung (auch ökonomischer Art) oder durch äußere Feinde.
Der SPIEGEL hat nach seinem letzten Titelthema „Der Feind im Essen“ mit der jetzt neuen Ausgabe noch mal in eine sehr interessante Richtung nachgelegt. „Bruder Todfeind“ lautet der Titel, womit gleich in zwei Ausgaben hintereinander das Wort „Feind“ groß im Titel zu lesen ist. Zu sehen sind die „Brüder“ Hitler und Stalin, beide Körper überlappen sich im Bild (gehören also irgendwie zusammen), allerdings stehen sie quasi Rücken an Rücken (ineinander), die Köpfe schauen jeweils in die entgegengesetzte Richtung. Solche und ähnliche Bilder gibt es immer wieder auch von einzelnen Führungspersonen, siehe z.B. ein Bild von Präsident Bush: Diese Bilder wie auch das aktuelle SPIGEL Titelbild geben Hinweise darauf, dass emotionale Prozesse in Gange sind, die etwas mit dem psychischen Phänomen der Abspaltung zu tun haben. Dass solche Bilder ihren Weg in die großen Medien finden, verwundert insofern nicht, wenn man darum weiß, dass NICHT geschlagene und vernachlässigte Kinder auch in Deutschland nicht die Regeln, sondern die Ausnahme sind. Insofern mussten die meisten heutigen Erwachsenen in ihrer Kindheit mal mehr mal weniger schwere Gewalterfahrungen und entsprechende Gefühle abspalten. Diese abgespaltenen Teile der Einzelnen können sich in bestimmten gesellschaftlichen Phasen zu einer Gruppenfantasie zusammenfinden und ihren Ausdruck auf der gesellschaftlichen Bühne finden.
Der Titel "Bruder Todfeind" hat zudem etwas mit Hassliebe zu tun. Gefühle von Hassliebe sind typisch für misshandelte Kinder, die ihre Eltern natürlich lieben wollen und auf eine Art auch lieben müssen, um psychisch zu überleben und auf der anderen Seite ihre Eltern abgrundtief für das hassen, was sie ihnen an Gewalt und Entbehrungen antun, diesen Hass aber nicht zeigen dürfen.
Ich bin davon überzeugt, dass wir aktuell eine starke Phase vorfinden, was solche Gruppenfantasien angeht. Auch in anderen Kontexten als EHEC sind die deutschen Medien seit einiger Zeit merkbar mit Angst- und Kriegswörtern überhäuft. Da Deutschland auf Grund seiner Entwicklung allerding eher unwahrscheinlich einen äußeren Feind finden und bekämpfen wird, ist mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass sich der unterdrückte Hass und die Angst wieder nach innen richten wird. Denkbar wäre z.B. ein Promineter oder ein Politiker, den man öffentlich fertig machen und opfern kann. Auch bestimmte Gruppen wie Ausländer oder sozial Schwache könnten potentielle Opfer sein. Dazu kommen Möglichkeiten, die ökonomische Entwicklung zu stoppen und ökonomische "Opfer" zu bringen. Entsprechend werde ich die Entwicklungen der nächsten Wochen und Monate aufmerksam verfolgen.
Übrigens: Wenn man auch darum weiß, dass die Kindheiten der beiden "Brüder" Stalin und Hitler erhebliche Parallelen aufweisen, ist der aktuelle SPIEGEL Titel auf eine Art in der Tiefe noch mal aufschlussreicher.
Die psychohistorische Forschung weist immer wieder auf (wörtliche und echte) Bilder in den Medien hin, die Rückschlüsse auf aktuelle Gruppenfantasien zulassen.
Im letzten Beitrag hatte ich bereits meine Auffassung darüber dargelegt, dass Deutschland aktuell auf der Suche nach einem Feind ist. Lloyd deMause hat in seinen Arbeiten darauf hingewiesen, dass die Feindessuche (aber auch Kriege) vor allem auch in Zeiten wirtschaftlichen Wachstums beginnt. Derzeit befinden wir uns in so einer ökonomischen Wachstumsphase. Nach deMause drohen in Zeiten von Wachstum und Wohlstand furchteinflößende (psychisch abgespaltene) Erinnerungen aus der Kindheit zurück ins Bewusstsein zu drängen. Diese Erinnerungen müssen abgewehrt werden. Z.B. durch Selbstzerstörung (auch ökonomischer Art) oder durch äußere Feinde.
Der SPIEGEL hat nach seinem letzten Titelthema „Der Feind im Essen“ mit der jetzt neuen Ausgabe noch mal in eine sehr interessante Richtung nachgelegt. „Bruder Todfeind“ lautet der Titel, womit gleich in zwei Ausgaben hintereinander das Wort „Feind“ groß im Titel zu lesen ist. Zu sehen sind die „Brüder“ Hitler und Stalin, beide Körper überlappen sich im Bild (gehören also irgendwie zusammen), allerdings stehen sie quasi Rücken an Rücken (ineinander), die Köpfe schauen jeweils in die entgegengesetzte Richtung. Solche und ähnliche Bilder gibt es immer wieder auch von einzelnen Führungspersonen, siehe z.B. ein Bild von Präsident Bush: Diese Bilder wie auch das aktuelle SPIGEL Titelbild geben Hinweise darauf, dass emotionale Prozesse in Gange sind, die etwas mit dem psychischen Phänomen der Abspaltung zu tun haben. Dass solche Bilder ihren Weg in die großen Medien finden, verwundert insofern nicht, wenn man darum weiß, dass NICHT geschlagene und vernachlässigte Kinder auch in Deutschland nicht die Regeln, sondern die Ausnahme sind. Insofern mussten die meisten heutigen Erwachsenen in ihrer Kindheit mal mehr mal weniger schwere Gewalterfahrungen und entsprechende Gefühle abspalten. Diese abgespaltenen Teile der Einzelnen können sich in bestimmten gesellschaftlichen Phasen zu einer Gruppenfantasie zusammenfinden und ihren Ausdruck auf der gesellschaftlichen Bühne finden.
Der Titel "Bruder Todfeind" hat zudem etwas mit Hassliebe zu tun. Gefühle von Hassliebe sind typisch für misshandelte Kinder, die ihre Eltern natürlich lieben wollen und auf eine Art auch lieben müssen, um psychisch zu überleben und auf der anderen Seite ihre Eltern abgrundtief für das hassen, was sie ihnen an Gewalt und Entbehrungen antun, diesen Hass aber nicht zeigen dürfen.
Ich bin davon überzeugt, dass wir aktuell eine starke Phase vorfinden, was solche Gruppenfantasien angeht. Auch in anderen Kontexten als EHEC sind die deutschen Medien seit einiger Zeit merkbar mit Angst- und Kriegswörtern überhäuft. Da Deutschland auf Grund seiner Entwicklung allerding eher unwahrscheinlich einen äußeren Feind finden und bekämpfen wird, ist mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass sich der unterdrückte Hass und die Angst wieder nach innen richten wird. Denkbar wäre z.B. ein Promineter oder ein Politiker, den man öffentlich fertig machen und opfern kann. Auch bestimmte Gruppen wie Ausländer oder sozial Schwache könnten potentielle Opfer sein. Dazu kommen Möglichkeiten, die ökonomische Entwicklung zu stoppen und ökonomische "Opfer" zu bringen. Entsprechend werde ich die Entwicklungen der nächsten Wochen und Monate aufmerksam verfolgen.
Übrigens: Wenn man auch darum weiß, dass die Kindheiten der beiden "Brüder" Stalin und Hitler erhebliche Parallelen aufweisen, ist der aktuelle SPIEGEL Titel auf eine Art in der Tiefe noch mal aufschlussreicher.
Sonntag, 5. Juni 2011
Aha-Erlebnis: EHEC und „Der Feind im Essen“ die Zweite
Heute hatte ich ein wirkliches AHA-Erlebnis! An der Tankstelle leuchtete mir die Titelstory des aktuellen SPIEGEL entgegen. In übermäßig großen Buchstaben steht dort nur:
„Der Feind im Essen"
Ich muss gestehen, dass ich mich für eine Sekunde richtig erschreckt habe. Mir ist es richtig in die Glieder gefahren. Ich bin zwar sehr selbstbewusst, aber weiß auch um meine Schwächen und Fehler. Mir ist klar, dass ich irren kann oder im Eifer sogar – trotz allen Hinterfragens – manchmal echten Blödsinn sagen und schreiben kann. Als ich diese Titelzeilen las, dachte ich nur: „Sven, Du hattest recht mit deinem aktuellen Beitrag und Gedanken zur EHEC Panik… ach herrje.“ Es geht wirklich um die Suche nach einem neuen Feind! Mein nächster Gedanke war: „Wie kann man als SPIEGEL Redaktion so dumm sein, den Titel „Der Feind im Essen“ zu nennen, nachdem ich doch einige Tage vorher genau bzgl. solcher und ähnlicher Titel meine Kritik geäußert hatte. Ach ja, mein Blog wird ja nicht wirklich viel gelesen“, also im Verhältnis zum SPIEGEL :-), fiel mir dann natürlich gleich wieder ein…
DER SPIEGEL und SPIEGEL-Online sind beide im Grunde DIE Medien in Deutschland, die nicht nur immer wieder aktuelle emotionale Prozesse und Gruppenfantasien manchmal geradezu in Reinform aufzeigen und abbilden, sondern diese auch in erheblichem Maße mit anschieben, da sie Leitfunktionen inne haben.
Innerhalb der Printausgabe zum Titelthema liest man dann noch weitere Über- und Unterschriften in der Art wie „Outbreak in Deutschland“, „Infizierter Norden“, „Lauernde Gefahr“, „Ein Erreger für die Demut“, „Wir leben in einem fragilen System“, „Die Jagd wird mysteriöser“, „Entfesselter Erreger“.
Unter dem Titelbild ist zudem zu lesen: "EHEC: Die Geburt einer neunen Seuche" Das Wort Geburt ist in diesem Zusammenhang sicherlich kein Zufall, es hat mit Säuglingsein, Mutter und womöglich mit dem zu tun, was Lloyd deMause "fötales Drama" nennt.
Emotional ist zur Zeit einiges los in Deutschland, parallel dazu eskaliert der NATO-Krieg in Libyen (bei dem sich Deutschland raus gehalten hat und somit auch ein mögliches, klares Feindbild aufgegeben hat ) und wird jetzt auch mit Kampfhubschraubern geführt. Die aktuellen Prozesse sind erschreckend und ich werde weiter aufmerksam beobachten, was sich tut.
Darüberhinaus möchte ich anmerken, dass es mir für die von EHEC und HUS Betroffenen wirklich leid tut. Für diese Menschen ist dieser Keim wirklich eine reale Bedrohung. (Auch bin Laden war ein realer Terrorist und eine reale Bedrohung.) Allerdings analysiere ich hier absolut übertriebene und destruktive (manchesmal sogar mörderische) Reaktionen auf Gefahren oder inszenierte Gefahren und emotionale Prozesse, die einen Faden zu destruktiven Kindheitserfahrungen spannen. Darum geht es mir hier.
Nachtrag vom 06.06.11: Auf SPIEGEL-Online ist zu lesen: "Deutschlands oberster Ehec-Manager Daniel Bahr jagt erfolglos nach dem Feind im Essen."
Nachtrag vom 07.06.11: In der Tat legen andere Medien jetzt getreu der SPIEGEL-Titelüberschrift nach: "Der Feind in der Nahrung kommt auch aus der Natur" schreibt ZEIT-Online (in einem auch inhaltlich ganz furchtbaren Artikel).
„Der Feind im Essen"
Ich muss gestehen, dass ich mich für eine Sekunde richtig erschreckt habe. Mir ist es richtig in die Glieder gefahren. Ich bin zwar sehr selbstbewusst, aber weiß auch um meine Schwächen und Fehler. Mir ist klar, dass ich irren kann oder im Eifer sogar – trotz allen Hinterfragens – manchmal echten Blödsinn sagen und schreiben kann. Als ich diese Titelzeilen las, dachte ich nur: „Sven, Du hattest recht mit deinem aktuellen Beitrag und Gedanken zur EHEC Panik… ach herrje.“ Es geht wirklich um die Suche nach einem neuen Feind! Mein nächster Gedanke war: „Wie kann man als SPIEGEL Redaktion so dumm sein, den Titel „Der Feind im Essen“ zu nennen, nachdem ich doch einige Tage vorher genau bzgl. solcher und ähnlicher Titel meine Kritik geäußert hatte. Ach ja, mein Blog wird ja nicht wirklich viel gelesen“, also im Verhältnis zum SPIEGEL :-), fiel mir dann natürlich gleich wieder ein…
DER SPIEGEL und SPIEGEL-Online sind beide im Grunde DIE Medien in Deutschland, die nicht nur immer wieder aktuelle emotionale Prozesse und Gruppenfantasien manchmal geradezu in Reinform aufzeigen und abbilden, sondern diese auch in erheblichem Maße mit anschieben, da sie Leitfunktionen inne haben.
Innerhalb der Printausgabe zum Titelthema liest man dann noch weitere Über- und Unterschriften in der Art wie „Outbreak in Deutschland“, „Infizierter Norden“, „Lauernde Gefahr“, „Ein Erreger für die Demut“, „Wir leben in einem fragilen System“, „Die Jagd wird mysteriöser“, „Entfesselter Erreger“.
Unter dem Titelbild ist zudem zu lesen: "EHEC: Die Geburt einer neunen Seuche" Das Wort Geburt ist in diesem Zusammenhang sicherlich kein Zufall, es hat mit Säuglingsein, Mutter und womöglich mit dem zu tun, was Lloyd deMause "fötales Drama" nennt.
Emotional ist zur Zeit einiges los in Deutschland, parallel dazu eskaliert der NATO-Krieg in Libyen (bei dem sich Deutschland raus gehalten hat und somit auch ein mögliches, klares Feindbild aufgegeben hat ) und wird jetzt auch mit Kampfhubschraubern geführt. Die aktuellen Prozesse sind erschreckend und ich werde weiter aufmerksam beobachten, was sich tut.
Darüberhinaus möchte ich anmerken, dass es mir für die von EHEC und HUS Betroffenen wirklich leid tut. Für diese Menschen ist dieser Keim wirklich eine reale Bedrohung. (Auch bin Laden war ein realer Terrorist und eine reale Bedrohung.) Allerdings analysiere ich hier absolut übertriebene und destruktive (manchesmal sogar mörderische) Reaktionen auf Gefahren oder inszenierte Gefahren und emotionale Prozesse, die einen Faden zu destruktiven Kindheitserfahrungen spannen. Darum geht es mir hier.
Nachtrag vom 06.06.11: Auf SPIEGEL-Online ist zu lesen: "Deutschlands oberster Ehec-Manager Daniel Bahr jagt erfolglos nach dem Feind im Essen."
Nachtrag vom 07.06.11: In der Tat legen andere Medien jetzt getreu der SPIEGEL-Titelüberschrift nach: "Der Feind in der Nahrung kommt auch aus der Natur" schreibt ZEIT-Online (in einem auch inhaltlich ganz furchtbaren Artikel).
Donnerstag, 26. Mai 2011
Der aktuelle Feind ist ein Keim namens EHEC
Ein Bekannter hat mir einen Artikel in den Lübecker Nachrichten (eine der größten Tageszeitungen in Schleswig-Holstein) vom 24.05.2011 zukommen lassen. Auf der kompletten Seite 3 befasst sich der Artikel mit dem EHEC-Bakterium. Über dem Artikel prangt in dicker, großer Schrift: „Der Feind in unserem Essen“. In den ebenfalls dick gedruckten zwei einleitenden Sätzen liest man dann von unserm Essen, dass durch Keime „vergiftet“ wäre, die aber nie ganz „auszurotten“ seien. "Der halb enttarnte Feind EHEC. RKI warnt vor norddeutschem Gemüse" schrieben die Potsdamer Neuste Nachrichten am 26.05.11. Eine ähnlich starke Sprachwahl fand ich bisher z.B. bei Bild.de, da war heute von „Horror-Keimen“ und „Killer-Keim“ die Rede. Die Hamburger Morgenpost schrieb gar etwas von "Killer-Gurken". Nett sind auch Formulierungen wie "Darmkeim EHEC wütet aggressiv in Deutschland" in den Ruhrnachrichten oder "Ich werde wie ein Mörder behandelt, weil ich Gurken verkaufe" auf SPIEGEL-Online. Nachtrag vom 27.05.: SPIEGEL-Online schrieb bzgl. dem Ehec-Erreger einen Artikel unter dem Titel "Gift im Blut". (siehe zum Thema "Gift" u.a. auch hier) Nachtrag vom 30.05.: Am 29.05 lief zwischen 18 und 20 Uhr auf dem Radiosender NDR1 Welle Nord eine Sondersendung ("Zur Sache") zum Thema EHEC mit drei geladenen Experten. Kurz vor 20 Uhr (zur besten Sendezeit) hörte ich zufällig kurz die Schlussworte eines der Experten. In Etwa sagte er: "In ein bis zwei Wochen werden wir wissen, wo der Feind steht." Er bezog sich damit darauf, dass die genaue Quelle des Erregers noch immer unklar ist.
Siehe ergänzend unbedingt auch "Aha-Erlebnis: EHEC und „Der Feind im Essen“ die Zweite"
Die gesamte Medienlandschaft durchzieht die Angst vor den Keimen, überall ist dies derzeit Top-Thema. Es war ja auch wieder mal eine ganze Weile ruhig. Nirgends ist derzeit eine Bedrohung oder ein Feind zu finden. Terrorwarnungen sind gerade kein Thema, bin Laden ist tot, Libyen ist weit weg, die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland gut, Afghanistan schon fast vergessen…usw.
Da braucht es „Den Feind in unserem Essen“, etwas, vor dem wir mal wieder furchtbare Angst haben sollen, eine unkontrollierbare Bedrohung. Im Dezember 2009 hatte ich einen Beitrag über den „Schweinegrippewahn“ geschrieben. Da werden jetzt wieder Erinnerungen wach.
Laut o.g. LN Bericht erkrankten in den letzten Jahren jährlich ca. 830 bis zu 1180 Menschen an EHEC. Ungewöhnlich ist dieses Krankheitsbild also nicht, allerdings ist der Verlauf aktuell nach den Berichten ungewöhnlich schwer und es gibt viele Fälle in einem kurzen Zeitraum (bis heute sollen es ca. 600 Fälle sein).
Interessantes fand ich auf den Seiten des Robert Koch Institutes. Dort steht: „In den letzten Jahren ist die Zahl der nach Infektionsschutzgesetz (IfSG) meldepflichtigen Durchfallerkrankungen, hervorgerufen durch Viren, Bakterien und Protozoen, von 251.000 im Jahr 2002 auf 353.000 im Jahr 2009 gestiegen.“
Mal ehrlich, hat das jemand bisher gewusst oder sich dafür interessiert? Hat ein Mensch vor den aktuellen Nachrichten mehr Angst gehabt, eine Durchfallerkrrankung zu bekommen (immerhin sind 2009 über 40 % Fälle mehr registriert worden, als 2002) als noch vor einigen Jahren? Wohl kaum. Bisher fand ich keine Zahlen über durchschnittliche Todesopfer in Deutschland, die mit Durchfallerkrankungen zusammenhängen. Sicherlich sind Todesfälle auf Grund dieses Krankheitsbildes relativ normal.
Das Leben ist lebensgefährlich und wir müssen mit vielerlei Risiken leben. Die Wahrscheinlichkeit, an EHEC zu sterben oder scher krank zu werden ist im Vergleich zu allen anderen möglichen Gefahren relativ gering. (Im Jahr 2006 starben in Deutschland z.B. 606 Menschen durch einen Badeunfall, was zu keiner panikartigen Vermeidung von Badeausflügen führte... Allein die schwerste saisonale Grippewelle der vergangenen Jahre kostete 1995/96 in Deutschland rund 30.000 Menschen das Leben, durchschnittliche Influenzawellen verursachen 5.000 bis 8.000 Todesfälle in Deutschland pro Jahr. vgl. Ecomed Medizin) Trotzdem schieben die Medien und die Menschen jetzt Panik. Laut einem Bericht in "Medizin Aspekte" sind übrigens 64,4 % der Todesfälle in Deutschland auch auf Fehlernährung zurückzuführen. Die Menschen sterben also nicht dadurch massenhaft, dass sie Gemüse essen, sondern gerade weil sie es nicht essen und stattdessen zu Fastfood, Süßigkeiten, übermäßig Fleisch und Alkohol greifen.
Die künstliche Aufregung geht so weit, dass derzeit sogar überall ganz offensichtliche Falschinformationen im Umlauf sind. Aktuell wird vor norddeutschen Tomaten gewarnt. Hallo! Wir haben Ende Mai, es gibt noch gar keine norddeutschen Tomaten! Auch vor norddeutschen Gurken wird gewarnt. Diese kommen um diese Jahreszeit allerdings noch aus Gewächshäusern. Und überhaupt, wer erklärt mir bitteschön, warum millionen Deutsche bisher nicht an EHEC erkrankt sind, obwohl sie in den letzten Tagen und Wochen millionenfach Salat und Gurken gegessen haben? Ganz nebenbei: Gülle und Mist direkt auf Gemüse auszubringen, ist mittelalterlich und unüblich.
Nein, da wird allerleih Unfug und Panik verbreitet. Aber darum geht es wohl auch, die Menschen wollen/sollen mal wieder Angst haben, vor einem „Feind“. Wenn es demnächst nicht mehr das Gemüse ist, dann vielleicht der Nachfolger von bin Laden oder sonst ein Bösewicht, den wir dann militärisch bekämpfen müssen.
Anhang:
Folgende von mir beispielhaft ausgewählte Googel-Suchbegriffe haben Leute u.a. eingegeben, die dann auf diesen Text in meinem Blog gestoßen sind...:
"EHEC, oder wie ein Volk vergiftet wird"
"Ehec auf deutschland verschüttet, von unseren feinden?"
"Sind die killergurken ein attentat?"
"Angst habe gurken gegessen"
"Gurke gegessen angst"
"EHEC sterben wir aus"
"EHEC-Infektion ODER kriegsführung"
"Werden jetz alle krank die in den letzten tagen gurken gegessen haben"
"Wahrscheinlichkeit durch ehec zu sterben"
----------------------------------------------------------------
Siehe zum Thema auch abschließend "Rückblick auf EHEC"
Siehe ergänzend unbedingt auch "Aha-Erlebnis: EHEC und „Der Feind im Essen“ die Zweite"
Die gesamte Medienlandschaft durchzieht die Angst vor den Keimen, überall ist dies derzeit Top-Thema. Es war ja auch wieder mal eine ganze Weile ruhig. Nirgends ist derzeit eine Bedrohung oder ein Feind zu finden. Terrorwarnungen sind gerade kein Thema, bin Laden ist tot, Libyen ist weit weg, die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland gut, Afghanistan schon fast vergessen…usw.
Da braucht es „Den Feind in unserem Essen“, etwas, vor dem wir mal wieder furchtbare Angst haben sollen, eine unkontrollierbare Bedrohung. Im Dezember 2009 hatte ich einen Beitrag über den „Schweinegrippewahn“ geschrieben. Da werden jetzt wieder Erinnerungen wach.
Laut o.g. LN Bericht erkrankten in den letzten Jahren jährlich ca. 830 bis zu 1180 Menschen an EHEC. Ungewöhnlich ist dieses Krankheitsbild also nicht, allerdings ist der Verlauf aktuell nach den Berichten ungewöhnlich schwer und es gibt viele Fälle in einem kurzen Zeitraum (bis heute sollen es ca. 600 Fälle sein).
Interessantes fand ich auf den Seiten des Robert Koch Institutes. Dort steht: „In den letzten Jahren ist die Zahl der nach Infektionsschutzgesetz (IfSG) meldepflichtigen Durchfallerkrankungen, hervorgerufen durch Viren, Bakterien und Protozoen, von 251.000 im Jahr 2002 auf 353.000 im Jahr 2009 gestiegen.“
Mal ehrlich, hat das jemand bisher gewusst oder sich dafür interessiert? Hat ein Mensch vor den aktuellen Nachrichten mehr Angst gehabt, eine Durchfallerkrrankung zu bekommen (immerhin sind 2009 über 40 % Fälle mehr registriert worden, als 2002) als noch vor einigen Jahren? Wohl kaum. Bisher fand ich keine Zahlen über durchschnittliche Todesopfer in Deutschland, die mit Durchfallerkrankungen zusammenhängen. Sicherlich sind Todesfälle auf Grund dieses Krankheitsbildes relativ normal.
Das Leben ist lebensgefährlich und wir müssen mit vielerlei Risiken leben. Die Wahrscheinlichkeit, an EHEC zu sterben oder scher krank zu werden ist im Vergleich zu allen anderen möglichen Gefahren relativ gering. (Im Jahr 2006 starben in Deutschland z.B. 606 Menschen durch einen Badeunfall, was zu keiner panikartigen Vermeidung von Badeausflügen führte... Allein die schwerste saisonale Grippewelle der vergangenen Jahre kostete 1995/96 in Deutschland rund 30.000 Menschen das Leben, durchschnittliche Influenzawellen verursachen 5.000 bis 8.000 Todesfälle in Deutschland pro Jahr. vgl. Ecomed Medizin) Trotzdem schieben die Medien und die Menschen jetzt Panik. Laut einem Bericht in "Medizin Aspekte" sind übrigens 64,4 % der Todesfälle in Deutschland auch auf Fehlernährung zurückzuführen. Die Menschen sterben also nicht dadurch massenhaft, dass sie Gemüse essen, sondern gerade weil sie es nicht essen und stattdessen zu Fastfood, Süßigkeiten, übermäßig Fleisch und Alkohol greifen.
Die künstliche Aufregung geht so weit, dass derzeit sogar überall ganz offensichtliche Falschinformationen im Umlauf sind. Aktuell wird vor norddeutschen Tomaten gewarnt. Hallo! Wir haben Ende Mai, es gibt noch gar keine norddeutschen Tomaten! Auch vor norddeutschen Gurken wird gewarnt. Diese kommen um diese Jahreszeit allerdings noch aus Gewächshäusern. Und überhaupt, wer erklärt mir bitteschön, warum millionen Deutsche bisher nicht an EHEC erkrankt sind, obwohl sie in den letzten Tagen und Wochen millionenfach Salat und Gurken gegessen haben? Ganz nebenbei: Gülle und Mist direkt auf Gemüse auszubringen, ist mittelalterlich und unüblich.
Nein, da wird allerleih Unfug und Panik verbreitet. Aber darum geht es wohl auch, die Menschen wollen/sollen mal wieder Angst haben, vor einem „Feind“. Wenn es demnächst nicht mehr das Gemüse ist, dann vielleicht der Nachfolger von bin Laden oder sonst ein Bösewicht, den wir dann militärisch bekämpfen müssen.
Anhang:
Folgende von mir beispielhaft ausgewählte Googel-Suchbegriffe haben Leute u.a. eingegeben, die dann auf diesen Text in meinem Blog gestoßen sind...:
"EHEC, oder wie ein Volk vergiftet wird"
"Ehec auf deutschland verschüttet, von unseren feinden?"
"Sind die killergurken ein attentat?"
"Angst habe gurken gegessen"
"Gurke gegessen angst"
"EHEC sterben wir aus"
"EHEC-Infektion ODER kriegsführung"
"Werden jetz alle krank die in den letzten tagen gurken gegessen haben"
"Wahrscheinlichkeit durch ehec zu sterben"
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Siehe zum Thema auch abschließend "Rückblick auf EHEC"
Dienstag, 24. Mai 2011
Sexualtäter, mangelnde Empathie, innere Ohnmacht und große politische Macht
Alice Schwarzer hat aktuell in ihrem Blog etwas zum Fall Dominique Strauss-Kahn geschrieben. Am Ende ihres Beitrages stellt sie die Fragen:
„Was bedeutet das eigentlich für uns, wenn Männer mit einem solchen Frauen- bzw. Menschenbild unsere Welt regieren? Was bedeutet es für ihre Motive, ihre Politik, ihre Entscheidungen? Und was heißt das, wenn Parteien und Medien das Sagen haben, die solche Männer an die Spitze hieven – und ihre ganze Energie damit verbringen, wegzusehen, zu leugnen, zu ignorieren?“
Mit diesen Fragen berührt sie einen Punkt, der mich auch umtreibt. Sollten sich die Vorwürfe (orale und anale Vergewaltigung einer jungen Frau, Versuch einer vaginal Vergewaltigung und Freiheitsberaubung) gegen Strauss-Kahn im Verlauf des Gerichtsprozesses als wahr erweisen – wofür es laut Medienberichten bereits einige sehr ernste Hinweise gibt –, dann sagt diese Tat sehr viel über seinen Grundcharakter aus. Als Chef des Internationalen Währungsfonds, aber auch in seiner vorherigen Laufbahn verfügte Strauss-Kahn über erhebliche Macht und konnte maßgeblich internationale politische und ökomische Entscheidungen mit tragen und ins Rollen bringen. Ich selbst kannte den Namen Strauss-Kahn vor den aktuellen Ereignissen nicht und habe seinen politischen Weg nicht verfolgt. Falls Strauss-Kahn ein Vergewaltiger ist, dann muss allerdings auch sein politisches Handeln destruktive Züge getragen haben. Jemand, der eine solche charakterliche Grundstruktur aufweist, wird politisch kein Friedensbringer sein können oder ökonomische Entscheidungen auch emotional bzw. emphatisch ausloten. Jemand, der vergewaltigt, kann auch mitleidlos Entscheidungen treffen, die für ärmere und schwache Regionen ggf. fatale Folgen haben, ohne sich dabei schlecht zu fühlen. Vielleicht fühlt sich so jemand sogar besonders „glücklich“, „lustvoll berührt“,„stark“ und „übermächtig“, wenn er andere Menschen durch seine Entscheidungen ökonomisch „opfern“ kann.
Der Tätertherapeut Gail Ryan hat geschrieben: „Viele Sexualtäter sind als Kinder selbst (physisch, sexuell und/oder emotional) misshandelt worden. Soweit sie Opfer sexueller Übergriffe waren, muten ihre Delikte gelegentlich wie Neuauflagen der eigenen frühen Viktimisierung an." (Ryan, G. 2002: Der Sexualtäter. In: Helfer, M. E. / Kempe, R. S. / Krugman, R. D. (Hrsg,): Das misshandelte Kind. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M., S. 491) und weiter:
„Im Laufe der Zeit ist deutlich geworden, dass Sexualtäter in allererster Linie „Miss-Braucher“ sind und dass ihr miss-brauchendes und ausnutzendes Verhalten für sie die „Lösung“ eines ihr Leben beherrschenden persönliches Dilemmas darstellt. Dieses Dilemma ist durch ein Gefühl der Hilflosigkeit gekennzeichnet, durch die Unfähigkeit, mit den Dingen zurechtzukommen, ihr Leben selbst zu steuern und sich entsprechend kompetent und sicher zu fühlen. In der Literatur werden Sexualdelikte eher mit dem Konzept der „Macht“ in Verbindung gebracht als mit der Sexualität. Dabei müssen wir uns allerdings darüber im Klaren sein, dass es nicht etwa Machtmenschen sind, die solche Handlungen begehen. Der Missbraucher ist seinerseits ein Produkt der Verletzlichkeit, genauer gesagt, ein Produkt der Machtlosigkeit.“
Menschen mögen noch so mächtige Positionen inne haben, trotzdem können sie sich dabei innerlich ganz klein, ohnmächtig und hilflos fühlen. Ich würde sogar behaupten, dass vermehrt gerade Menschen, die als Kind erhebliche Gewalt-/Ohnmachtserfahrungen gemacht haben, in Politik und Wirtschaft an die Macht drängen, um ihren inneren Konflikt zu „lösen“, sich „sicher“ zu fühlen und ihrerseits Macht zu missbrauchen.
Mangelnde Empathie und Verantwortungsbereitschaft sind laut Ryan typisch für Sexualstraftäter (so ist es weiter in seinem Text zu lesen). Große politische Macht und „mangelnde Empathie und Verantwortungsbereitschaft“…diese Kombination kann fatale Folgen haben, nicht nur für das einzelne Vergewaltigungsopfer, sondern für ganze Gruppen oder Gesellschaften, auf die das politische Verhalten des Akteurs einwirkt.
Auch Israels ehemaliger Staatspräsident Mosche Katzav war ca. 7 Jahre lang der mächtigste Mann in seinem Land. Katzav war Ende Dezember 2010 der Vergewaltigung einer Mitarbeiterin in zwei Fällen, der sexuellen Belästigung in weiteren Fällen sowie der Behinderung der Justiz für schuldig befunden worden und wurde am 22. März 2011 zu sieben Jahre Haft sowie zwei Jahre Bewährungsstrafe verurteilt. Auch dieser „Machtmann“ brauchte ganz offensichtlich Opfer, um sich „gut“ zu fühlen. Was das für seine politischen Entscheidungen bedeutete, wie viele Menschen er dadurch evtl. opferte, müsste im Rückblick genauer analysiert werden.
Abschließend bleibt mir noch anzumerken, dass es auch heute etliche westliche, demokratische Entscheidungsträger gibt, die ohne einen Hauch von Mitgefühl Entscheidungen treffen, die etlichen Menschen das Leben kosten (siehe derzeit z.B. den westlichen Einsatz in Libyen) oder die auch anderweitig fatale Folgen für das Leben von vielen Menschen haben. Diese Entscheidungsträger werden allerdings i.d.R. niemals auf einer Anklagebank landen, da ihre Handlungen als „zweckrationale Sachentscheidungen“ gewertet werden, wenn auch vielleicht mit „Irrtümern“ behaftet. Erst wenn diese Menschen direkt gegenüber Einzelpersonen handgreiflich werden und Menschen treffen, die unserer Rechtssprechung unterliegen, werden sie manchmal, oder besser gesagt ganz selten abgestraft. Als Kriegsherren können sie dagegen bedenkenlos Mord und auch Vergewaltigungen in Auftrag geben, dafür gibt es dann kein Gefängnis, sondern oftmals sogar noch Anerkennung.
„Was bedeutet das eigentlich für uns, wenn Männer mit einem solchen Frauen- bzw. Menschenbild unsere Welt regieren? Was bedeutet es für ihre Motive, ihre Politik, ihre Entscheidungen? Und was heißt das, wenn Parteien und Medien das Sagen haben, die solche Männer an die Spitze hieven – und ihre ganze Energie damit verbringen, wegzusehen, zu leugnen, zu ignorieren?“
Mit diesen Fragen berührt sie einen Punkt, der mich auch umtreibt. Sollten sich die Vorwürfe (orale und anale Vergewaltigung einer jungen Frau, Versuch einer vaginal Vergewaltigung und Freiheitsberaubung) gegen Strauss-Kahn im Verlauf des Gerichtsprozesses als wahr erweisen – wofür es laut Medienberichten bereits einige sehr ernste Hinweise gibt –, dann sagt diese Tat sehr viel über seinen Grundcharakter aus. Als Chef des Internationalen Währungsfonds, aber auch in seiner vorherigen Laufbahn verfügte Strauss-Kahn über erhebliche Macht und konnte maßgeblich internationale politische und ökomische Entscheidungen mit tragen und ins Rollen bringen. Ich selbst kannte den Namen Strauss-Kahn vor den aktuellen Ereignissen nicht und habe seinen politischen Weg nicht verfolgt. Falls Strauss-Kahn ein Vergewaltiger ist, dann muss allerdings auch sein politisches Handeln destruktive Züge getragen haben. Jemand, der eine solche charakterliche Grundstruktur aufweist, wird politisch kein Friedensbringer sein können oder ökonomische Entscheidungen auch emotional bzw. emphatisch ausloten. Jemand, der vergewaltigt, kann auch mitleidlos Entscheidungen treffen, die für ärmere und schwache Regionen ggf. fatale Folgen haben, ohne sich dabei schlecht zu fühlen. Vielleicht fühlt sich so jemand sogar besonders „glücklich“, „lustvoll berührt“,„stark“ und „übermächtig“, wenn er andere Menschen durch seine Entscheidungen ökonomisch „opfern“ kann.
Der Tätertherapeut Gail Ryan hat geschrieben: „Viele Sexualtäter sind als Kinder selbst (physisch, sexuell und/oder emotional) misshandelt worden. Soweit sie Opfer sexueller Übergriffe waren, muten ihre Delikte gelegentlich wie Neuauflagen der eigenen frühen Viktimisierung an." (Ryan, G. 2002: Der Sexualtäter. In: Helfer, M. E. / Kempe, R. S. / Krugman, R. D. (Hrsg,): Das misshandelte Kind. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M., S. 491) und weiter:
„Im Laufe der Zeit ist deutlich geworden, dass Sexualtäter in allererster Linie „Miss-Braucher“ sind und dass ihr miss-brauchendes und ausnutzendes Verhalten für sie die „Lösung“ eines ihr Leben beherrschenden persönliches Dilemmas darstellt. Dieses Dilemma ist durch ein Gefühl der Hilflosigkeit gekennzeichnet, durch die Unfähigkeit, mit den Dingen zurechtzukommen, ihr Leben selbst zu steuern und sich entsprechend kompetent und sicher zu fühlen. In der Literatur werden Sexualdelikte eher mit dem Konzept der „Macht“ in Verbindung gebracht als mit der Sexualität. Dabei müssen wir uns allerdings darüber im Klaren sein, dass es nicht etwa Machtmenschen sind, die solche Handlungen begehen. Der Missbraucher ist seinerseits ein Produkt der Verletzlichkeit, genauer gesagt, ein Produkt der Machtlosigkeit.“
Menschen mögen noch so mächtige Positionen inne haben, trotzdem können sie sich dabei innerlich ganz klein, ohnmächtig und hilflos fühlen. Ich würde sogar behaupten, dass vermehrt gerade Menschen, die als Kind erhebliche Gewalt-/Ohnmachtserfahrungen gemacht haben, in Politik und Wirtschaft an die Macht drängen, um ihren inneren Konflikt zu „lösen“, sich „sicher“ zu fühlen und ihrerseits Macht zu missbrauchen.
Mangelnde Empathie und Verantwortungsbereitschaft sind laut Ryan typisch für Sexualstraftäter (so ist es weiter in seinem Text zu lesen). Große politische Macht und „mangelnde Empathie und Verantwortungsbereitschaft“…diese Kombination kann fatale Folgen haben, nicht nur für das einzelne Vergewaltigungsopfer, sondern für ganze Gruppen oder Gesellschaften, auf die das politische Verhalten des Akteurs einwirkt.
Auch Israels ehemaliger Staatspräsident Mosche Katzav war ca. 7 Jahre lang der mächtigste Mann in seinem Land. Katzav war Ende Dezember 2010 der Vergewaltigung einer Mitarbeiterin in zwei Fällen, der sexuellen Belästigung in weiteren Fällen sowie der Behinderung der Justiz für schuldig befunden worden und wurde am 22. März 2011 zu sieben Jahre Haft sowie zwei Jahre Bewährungsstrafe verurteilt. Auch dieser „Machtmann“ brauchte ganz offensichtlich Opfer, um sich „gut“ zu fühlen. Was das für seine politischen Entscheidungen bedeutete, wie viele Menschen er dadurch evtl. opferte, müsste im Rückblick genauer analysiert werden.
Abschließend bleibt mir noch anzumerken, dass es auch heute etliche westliche, demokratische Entscheidungsträger gibt, die ohne einen Hauch von Mitgefühl Entscheidungen treffen, die etlichen Menschen das Leben kosten (siehe derzeit z.B. den westlichen Einsatz in Libyen) oder die auch anderweitig fatale Folgen für das Leben von vielen Menschen haben. Diese Entscheidungsträger werden allerdings i.d.R. niemals auf einer Anklagebank landen, da ihre Handlungen als „zweckrationale Sachentscheidungen“ gewertet werden, wenn auch vielleicht mit „Irrtümern“ behaftet. Erst wenn diese Menschen direkt gegenüber Einzelpersonen handgreiflich werden und Menschen treffen, die unserer Rechtssprechung unterliegen, werden sie manchmal, oder besser gesagt ganz selten abgestraft. Als Kriegsherren können sie dagegen bedenkenlos Mord und auch Vergewaltigungen in Auftrag geben, dafür gibt es dann kein Gefängnis, sondern oftmals sogar noch Anerkennung.
Freitag, 20. Mai 2011
Der Libyeneinsatz war bisher ein "voller Erfolg"
Die westliche „Intervention“ in Libyen war bisher ein „voller Erfolg“, wenn meine Vermutung stimmt, dass die Eskalation der Gewalt das eigentliche (unbewusste) Ziel war. Bisherige Zahlen für Libyen:
Laut UN Angaben sind fast 750.000 Menschen auf der Flucht (stern.de), bis Ende April wird mit 10.000 bis 30.000 Toten gerechnet (welt.de), außerdem sollen bisher bis zu 55.000 Menschen verletzt worden sein (sueddeutsche.de)
Die Frage ist, wie hoch wären die Opfer- und die Flüchtlingszahlen, hätten die Alleierten keine Luftangriffe durchgeführt, keine ungezählten Waffen und Know-How geliefert? Wahrscheinlich wäre die „Rebellenarmee“ sehr schnell und heillos unterlegen, die Kämpfe wären also relativ schnell beendet worden, man hätte diplomatisch voher und nachher evtl. einiges erreichen können. Stattdessen ist Gaddafi nun „vogelfrei“, fühlt sich zu Recht mit Leib und Leben bedroht und wurde weiter in die Enge getrieben, was wahnsinnige und kriegerische Aktionen nochmal weiter begünstigt, weil er quasi nichts mehr zu verlieren hat.
Bis zum 20.05.2011 hat die westliche Militärallianz über 7.000 Einsätze in Libyen durchgeführt. (SPIEGEL-Online) Das sind - seit dem Beginn des Einsatzes am 19. März - ca. 113 Einsätze pro Tag! Diese Zahl verdeutlicht das ganze Ausmaß dieser "humanitären Aktion".
Schon der Jugoslawienkrieg wurde rückblickend als Erfolg im Weltwissen des Westens verbucht: Allein in der Zeit vom 24. März bis 10. Juni 1999 flogen die NATO-Luftstreitkräfte insgesamt 37.465 Einsätze, bei denen sie 20.000 Raketen und Bomben auf das gesamte Territorium der Bundesrepublik Jugoslawien abfeuerten. Neben großen Flüchtlingsströme, ungezählten Todesopfern und der Zerstörung der Infrastruktur verursachte diese “heldenhafte“ Aktion durch das systematische Bombardement von Betrieben der chemischen und pharmazeutischen Industrie, von Öl-Raffinerien und -Depots die größte Umwelt-Schädigung in Jugoslawien und seinen Nachbarstaaten seit dem Krieg der USA gegen Vietnam. Auch hier sind im Rückblick Zweifel angebracht, was das Wort „Erfolg“ angeht. Absurd ist, dass in den Medien im Zusammenhang mit dem Libyeneinsatz manches mal u.a. gerade der Jugoslawieneinsatz als Beispiel dafür angeführt wird, dass man Krieg mit Krieg erfolgreich bekämpfen kann.
Laut UN Angaben sind fast 750.000 Menschen auf der Flucht (stern.de), bis Ende April wird mit 10.000 bis 30.000 Toten gerechnet (welt.de), außerdem sollen bisher bis zu 55.000 Menschen verletzt worden sein (sueddeutsche.de)
Die Frage ist, wie hoch wären die Opfer- und die Flüchtlingszahlen, hätten die Alleierten keine Luftangriffe durchgeführt, keine ungezählten Waffen und Know-How geliefert? Wahrscheinlich wäre die „Rebellenarmee“ sehr schnell und heillos unterlegen, die Kämpfe wären also relativ schnell beendet worden, man hätte diplomatisch voher und nachher evtl. einiges erreichen können. Stattdessen ist Gaddafi nun „vogelfrei“, fühlt sich zu Recht mit Leib und Leben bedroht und wurde weiter in die Enge getrieben, was wahnsinnige und kriegerische Aktionen nochmal weiter begünstigt, weil er quasi nichts mehr zu verlieren hat.
Bis zum 20.05.2011 hat die westliche Militärallianz über 7.000 Einsätze in Libyen durchgeführt. (SPIEGEL-Online) Das sind - seit dem Beginn des Einsatzes am 19. März - ca. 113 Einsätze pro Tag! Diese Zahl verdeutlicht das ganze Ausmaß dieser "humanitären Aktion".
Schon der Jugoslawienkrieg wurde rückblickend als Erfolg im Weltwissen des Westens verbucht: Allein in der Zeit vom 24. März bis 10. Juni 1999 flogen die NATO-Luftstreitkräfte insgesamt 37.465 Einsätze, bei denen sie 20.000 Raketen und Bomben auf das gesamte Territorium der Bundesrepublik Jugoslawien abfeuerten. Neben großen Flüchtlingsströme, ungezählten Todesopfern und der Zerstörung der Infrastruktur verursachte diese “heldenhafte“ Aktion durch das systematische Bombardement von Betrieben der chemischen und pharmazeutischen Industrie, von Öl-Raffinerien und -Depots die größte Umwelt-Schädigung in Jugoslawien und seinen Nachbarstaaten seit dem Krieg der USA gegen Vietnam. Auch hier sind im Rückblick Zweifel angebracht, was das Wort „Erfolg“ angeht. Absurd ist, dass in den Medien im Zusammenhang mit dem Libyeneinsatz manches mal u.a. gerade der Jugoslawieneinsatz als Beispiel dafür angeführt wird, dass man Krieg mit Krieg erfolgreich bekämpfen kann.
Aus einem Gefühl heraus Soldat sein
Auf Zeit-Online wurde unter dem Artikelnamen „Beruf: Töten“ ein deutscher Elitesoldat vorgestellt. Wie so oft ergeben kleine Anmerkungen einen tiefen Eindruck über die eigentlichen Ursachen von Krieg oder eben auch der Entscheidung, (Elite-)Soldat zu werden.
Die entscheidende Textstelle im Artikel ist für mich folgende:
„Je länger man mit Stefan E. spricht, im OPZ, beim Rundgang durch die Kaserne, desto stärker schimmert etwas anderes durch. Stefan E. schwärmt von der Kameradschaft, er spricht davon, wie sehr das gemeinsame Durchleben der Gefahr zusammenschweißt, wie sehr man sich in Extremsituationen selbst erfährt, wie genau man hinterher weiß, wozu man fähig ist. Nicht der Einsatzgrund oder das Ziel stiftet Sinn, so scheint es, sondern der Einsatz selbst. So erleben das die meisten.“
Es geht um ein Gefühl oder besser um ein Gefühl, das vermisst wurde und in der „Soldatenfamilie“ scheinbar gefunden wird. Kameradschaft, Zusammengehörigkeitsgefühle und Selbsterfahrung oder das Gefühl, "lebendig" zu sein, im Angesicht des Todes. Emotionen oder vermisste Emotionen sind oft genannte Gründe für Menschen, Soldat zu werden und sein zu wollen. Das genaue Hinsehen auf die emotionalen Beweggründe der Menschen, die den Krieg direkt erleben und ausführen ist ganz besonders wichtig, da wissenschaftliche Kriegsursachentheorien fast immer nur von rationalen, ökonomischen Ursachen von Kriegen ausgehen und Emotionen systematisch ausblenden. Der Soldatenberuf scheint eine emotionale Lücke zu füllen, ein emotionales Loch zu stopfen (schon der als Kind traumatisierte und ungeliebte Kaiser Wilhelm II. fand beim 1. Garderegiment in Potsdam jene "Familie", die "ich bis dahin hatte entbehren müssen".) und gleichzeitig – wie wir wissen – auch Emotionen zu töten, zu zerstören, Menschlichkeit abzubauen und Hassgefühle zu legalisieren. Menschen, die in der Kindheit Respekt erfahren haben, Zusammenhalt und Geborgenheit, brauchen später keine solche und ähnliche Berufe zu wählen (oder in Sekten zu gehen), um sich gebraucht und geborgen geschweige denn „lebendig“ zu fühlen. Der Soldatenberuf ist – so wird es mir immer deutlicher – ein Art Auffangbecken für einst ungeliebte Kinder, die auf gewisse Weise ihre Kindheit wiederaufführen (ohne dabei mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten). Die Entscheidung, Soldaten zu werden, hat dabei immer auch etwas mit Suizidabsichten und auch fehlendem Mitgefühl bzgl. anderen Menschen zu tun und somit mit gestörten Emotionen.
Welcher Sinn der Tod und das Töten für ihn habe wurde der Elitekämpfer gefragt: "Die Politiker entscheiden. Und wir machen dann unseren Job." Er habe da Vertrauen, dass die Politiker gute Gründe hätten, so zitiert ihn ZEIT-Online weiter. Auch diese Aussagen zeigen, wie wenig (scheinbar) rationale, politsche Entscheidungen im Grunde eine Rolle spielen. Kriege haben emotionale Ursachen, das belegt dieser Artikel einmal mehr.
Siehe ergänzend:
Die Soldaten: Gewalt und Gehorsamsforderung in der Familie ist das Fundament für das Militär und kriegerische Ziele
Die „offizielle“ Traumatisierung durch die militärische Ausbildung ähnelt der häuslichen Traumatisierung von Kindern
Die entscheidende Textstelle im Artikel ist für mich folgende:
„Je länger man mit Stefan E. spricht, im OPZ, beim Rundgang durch die Kaserne, desto stärker schimmert etwas anderes durch. Stefan E. schwärmt von der Kameradschaft, er spricht davon, wie sehr das gemeinsame Durchleben der Gefahr zusammenschweißt, wie sehr man sich in Extremsituationen selbst erfährt, wie genau man hinterher weiß, wozu man fähig ist. Nicht der Einsatzgrund oder das Ziel stiftet Sinn, so scheint es, sondern der Einsatz selbst. So erleben das die meisten.“
Es geht um ein Gefühl oder besser um ein Gefühl, das vermisst wurde und in der „Soldatenfamilie“ scheinbar gefunden wird. Kameradschaft, Zusammengehörigkeitsgefühle und Selbsterfahrung oder das Gefühl, "lebendig" zu sein, im Angesicht des Todes. Emotionen oder vermisste Emotionen sind oft genannte Gründe für Menschen, Soldat zu werden und sein zu wollen. Das genaue Hinsehen auf die emotionalen Beweggründe der Menschen, die den Krieg direkt erleben und ausführen ist ganz besonders wichtig, da wissenschaftliche Kriegsursachentheorien fast immer nur von rationalen, ökonomischen Ursachen von Kriegen ausgehen und Emotionen systematisch ausblenden. Der Soldatenberuf scheint eine emotionale Lücke zu füllen, ein emotionales Loch zu stopfen (schon der als Kind traumatisierte und ungeliebte Kaiser Wilhelm II. fand beim 1. Garderegiment in Potsdam jene "Familie", die "ich bis dahin hatte entbehren müssen".) und gleichzeitig – wie wir wissen – auch Emotionen zu töten, zu zerstören, Menschlichkeit abzubauen und Hassgefühle zu legalisieren. Menschen, die in der Kindheit Respekt erfahren haben, Zusammenhalt und Geborgenheit, brauchen später keine solche und ähnliche Berufe zu wählen (oder in Sekten zu gehen), um sich gebraucht und geborgen geschweige denn „lebendig“ zu fühlen. Der Soldatenberuf ist – so wird es mir immer deutlicher – ein Art Auffangbecken für einst ungeliebte Kinder, die auf gewisse Weise ihre Kindheit wiederaufführen (ohne dabei mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten). Die Entscheidung, Soldaten zu werden, hat dabei immer auch etwas mit Suizidabsichten und auch fehlendem Mitgefühl bzgl. anderen Menschen zu tun und somit mit gestörten Emotionen.
Welcher Sinn der Tod und das Töten für ihn habe wurde der Elitekämpfer gefragt: "Die Politiker entscheiden. Und wir machen dann unseren Job." Er habe da Vertrauen, dass die Politiker gute Gründe hätten, so zitiert ihn ZEIT-Online weiter. Auch diese Aussagen zeigen, wie wenig (scheinbar) rationale, politsche Entscheidungen im Grunde eine Rolle spielen. Kriege haben emotionale Ursachen, das belegt dieser Artikel einmal mehr.
Siehe ergänzend:
Die Soldaten: Gewalt und Gehorsamsforderung in der Familie ist das Fundament für das Militär und kriegerische Ziele
Die „offizielle“ Traumatisierung durch die militärische Ausbildung ähnelt der häuslichen Traumatisierung von Kindern
Mittwoch, 11. Mai 2011
Die Symbolik des Codenamens "Geronimo"
Derzeit ließt man hier und da, dass sich einige Vertreter amerikanischer Indianer über den Codenamen „Geronimo“, der für die Operation gegen Osama bin Laden gewählt wurde, empören. Geronimo war ein Häuptling der Apachen, der Ende des 19. Jahrhunderts mehrere Jahre gegen die Truppen der USA und Mexikos kämpfte, bis er sich 1886 ergab.
Der gewählte Name „Geronimo“ mag die Gefühle der heutigen Indianer zu Recht verletzen. Für mich symbolisiert diese Namenswahl allerdings noch mehr. Der echte Geronimo stand zwar für Widerstand der Indianer, dieser Widerstand war allerdings ein aussichtsloser und zum Scheitern verurteilter. Ende des 19. Jahrhunderts war die ursprüngliche Lebensart der Indianer endgültig zerstört und sie mussten ihr Leben in Reservaten dahin fristen. Die nordamerikanischen Indianer waren im Rückblick die damaligen „Giftcontainer“ der Weißen. „Wilde“, „Untermenschen“, die man jagen und töten durfte (sogar für staatlich bezahlte Kopfgelder).
Auch heute noch sind die Vereinigten Staaten von Amerika ständig auf der Suche nach „Feinden“, nach Giftcontainern, um die Erinnerungen an traumatische Kindheitserfahrungen abzuwehren bzw. diese außen wiederaufzuführen. Im letzten Irakkrieg wurden mindestens über 100.000 Zivilisten getötet. (siehe zusätzlich auch "Der Golfkrieg als emotionale Störung“) In Afghanistan sind die Zahlen bisher noch unklar. Osama bin Laden war DAS neue Feindsymbol nachdem der Ostblock zusammengebrochen war. Amerika brauchte das Symbol bin Laden, um nicht verrückt zu werden und innerlich zu zerfallen. Im 19. Jahrhundert wie heute sind Kriege Ausdruck von emotionalen Zerfall und der Suche nach Giftcontainern, um diesem Zerfall entgegenzuwirken. Damals waren die Indianer die „Feinde“ und Geronimo der letzte große feindliche Anführer. Heute ist die Situation etwas anders. Bin Ladens Tod wird den Terrorismus nicht beenden. Vielmehr stehen wir wohl eher am Anfang einer Epoche des Terrors. Der Auftrieb des Terrors ist allerdings eng verknüpft mit der Politik der USA, was jeder, der die Entwicklungen der letzten Jahre und Jahrzehnte etwas in den Medien verfolgt, leicht feststellen kann. Gleichzeitig sind die USA selbstgewählte Hauptkämpfer gegen den Terror. Wer Feinde sucht und im Grunde auch generiert, um sie dann zu bekämpfen, muss sich fragen lassen, ob das Kämpfen und Töten nicht das eigentliche Ziel des politischen Handelns ist.
Die Indianer waren die damaligen Giftcontainer, heute sind definierte Terroristen und die Bevölkerung drum herum die neuen Giftcontainer. Die Namenswahl „Geronimo“ für Osama bin Laden spricht insofern Bände und zieht eine rote Linie zu den Inianerkriegen. Dabei ist es keine Frage, dass die Person bin Laden ein realer Terrorist war. Mir geht es hier um die Symbolik, die Rückschlüsse auf emotionale Prozesse zu lässt.
Nebenbei fand ich eine Info auf wikipedia interessant. Prescott Bush, Vater von George H. W. Bush und Großvater von George W. Bush, soll im Mai 1918 den Schädel des Apachen-Häuptlings Geronimo aus dem Fort Sill bei Oklahoma eigenhändig mit fünf anderen Bonesmen aus vier Jahrgängen ausgegraben und ihn als Geschenk der Bruderschaft Skull & Bones präsentiert haben. Enkelkind George W. startete bekanntlich den Krieg gegen den Terror und befahl die Jagd auf bin Laden. Kürzlich wurde unter Obama „Geronimo“ alias bin Laden getötet. Eine erschreckende Symbolik.
Der gewählte Name „Geronimo“ mag die Gefühle der heutigen Indianer zu Recht verletzen. Für mich symbolisiert diese Namenswahl allerdings noch mehr. Der echte Geronimo stand zwar für Widerstand der Indianer, dieser Widerstand war allerdings ein aussichtsloser und zum Scheitern verurteilter. Ende des 19. Jahrhunderts war die ursprüngliche Lebensart der Indianer endgültig zerstört und sie mussten ihr Leben in Reservaten dahin fristen. Die nordamerikanischen Indianer waren im Rückblick die damaligen „Giftcontainer“ der Weißen. „Wilde“, „Untermenschen“, die man jagen und töten durfte (sogar für staatlich bezahlte Kopfgelder).
Auch heute noch sind die Vereinigten Staaten von Amerika ständig auf der Suche nach „Feinden“, nach Giftcontainern, um die Erinnerungen an traumatische Kindheitserfahrungen abzuwehren bzw. diese außen wiederaufzuführen. Im letzten Irakkrieg wurden mindestens über 100.000 Zivilisten getötet. (siehe zusätzlich auch "Der Golfkrieg als emotionale Störung“) In Afghanistan sind die Zahlen bisher noch unklar. Osama bin Laden war DAS neue Feindsymbol nachdem der Ostblock zusammengebrochen war. Amerika brauchte das Symbol bin Laden, um nicht verrückt zu werden und innerlich zu zerfallen. Im 19. Jahrhundert wie heute sind Kriege Ausdruck von emotionalen Zerfall und der Suche nach Giftcontainern, um diesem Zerfall entgegenzuwirken. Damals waren die Indianer die „Feinde“ und Geronimo der letzte große feindliche Anführer. Heute ist die Situation etwas anders. Bin Ladens Tod wird den Terrorismus nicht beenden. Vielmehr stehen wir wohl eher am Anfang einer Epoche des Terrors. Der Auftrieb des Terrors ist allerdings eng verknüpft mit der Politik der USA, was jeder, der die Entwicklungen der letzten Jahre und Jahrzehnte etwas in den Medien verfolgt, leicht feststellen kann. Gleichzeitig sind die USA selbstgewählte Hauptkämpfer gegen den Terror. Wer Feinde sucht und im Grunde auch generiert, um sie dann zu bekämpfen, muss sich fragen lassen, ob das Kämpfen und Töten nicht das eigentliche Ziel des politischen Handelns ist.
Die Indianer waren die damaligen Giftcontainer, heute sind definierte Terroristen und die Bevölkerung drum herum die neuen Giftcontainer. Die Namenswahl „Geronimo“ für Osama bin Laden spricht insofern Bände und zieht eine rote Linie zu den Inianerkriegen. Dabei ist es keine Frage, dass die Person bin Laden ein realer Terrorist war. Mir geht es hier um die Symbolik, die Rückschlüsse auf emotionale Prozesse zu lässt.
Nebenbei fand ich eine Info auf wikipedia interessant. Prescott Bush, Vater von George H. W. Bush und Großvater von George W. Bush, soll im Mai 1918 den Schädel des Apachen-Häuptlings Geronimo aus dem Fort Sill bei Oklahoma eigenhändig mit fünf anderen Bonesmen aus vier Jahrgängen ausgegraben und ihn als Geschenk der Bruderschaft Skull & Bones präsentiert haben. Enkelkind George W. startete bekanntlich den Krieg gegen den Terror und befahl die Jagd auf bin Laden. Kürzlich wurde unter Obama „Geronimo“ alias bin Laden getötet. Eine erschreckende Symbolik.
Dienstag, 3. Mai 2011
Amerikas Jubel als "zivilisatorischen Rückfall"?
Osama Bin Laden wurde getötet, wie wohl schon fast jeder weiß. Die „Partystimmung“ in den USA zeigt mir derzeit, wie sehr Feindbilder und die Feindesjagd bzw. die Suche nach einem „bösen Gegenpart“ tiefe (unbewusste) Emotionen der Menschen anspricht. Meine Zeit ist momentan etwas knapp, insofern verweise ich hiermit auf den SPIEGEL-Online Artikel „Er ist tot. Hurra?“, der meine Gedanken sehr trifft. Ein Auszug. „Es sind wohl letztlich leider nicht "die Kräfte des Friedens", die hier gesiegt haben, wie Merkel meint, sondern die Anhänger einer archaischen Blutrache-Moral. Dass sich die Spitzen unserer Regierungsparteien dieser Ideologie unterwerfen, bedeutet einen zivilisatorischen Rückfall. Die Erleichterung über den Tod Bin Ladens ist nachvollziehbar, der Applaus für seine Hinrichtung ist es nicht.“
Mir fällt in der aktuellen Berichterstattung aus den USA auf, dass sehr viele Junge Amerikaner und Amerikanerinnen jubelnd und feiernd gezeigt werden. Diese waren zur Zeit des 11. September allerdings noch Kinder und werden die Ereignisse zwar mit Schrecken mitbekommen haben, allerdings ohne diese klar einordnen zu können. Besonders erschreckend ist, dass diese neue, junge Generation so auf der Rachewelle und dem Jubeltaumel mitschwimmt und sie sogar die Medienbilder dominieren.
Amerikas derzeitiger Jubel und die mancher Europäer stellt nicht wirklich einen "zivilisatorischen Rückfall" dar, sondern zeigt den Ist-Zustand der emotionalen (Entwicklungs-)Lage auf.
Siehe ergänzend auch: "Kindheit in den USA"
Mir fällt in der aktuellen Berichterstattung aus den USA auf, dass sehr viele Junge Amerikaner und Amerikanerinnen jubelnd und feiernd gezeigt werden. Diese waren zur Zeit des 11. September allerdings noch Kinder und werden die Ereignisse zwar mit Schrecken mitbekommen haben, allerdings ohne diese klar einordnen zu können. Besonders erschreckend ist, dass diese neue, junge Generation so auf der Rachewelle und dem Jubeltaumel mitschwimmt und sie sogar die Medienbilder dominieren.
Amerikas derzeitiger Jubel und die mancher Europäer stellt nicht wirklich einen "zivilisatorischen Rückfall" dar, sondern zeigt den Ist-Zustand der emotionalen (Entwicklungs-)Lage auf.
Siehe ergänzend auch: "Kindheit in den USA"
Dienstag, 26. April 2011
Urvölker: Das falsche Ideal
Kürzlich bin ich auf den interessanten Artikel „Das Märchen vom edlen Wilden“ auf Sueddeutsche-Online gestoßen.
Bzgl. einiger Stämme unter den Ureinwohnern Nordamerikas, scheinen Belege dafür gefunden worden zu sein, dass diese Wälder abholzten und Wildbestände dezimierten, zum Nachteil des Ökosystems und der eigenen Lebensgrundlage. Des Weiteren verursachte Intensive Landnutzung z.B. häufige und starke Überflutungen und andere Nachteile für die Umwelt (was auch für Stämme aus Südamerika belegt ist). „Wenn es irgendwo keine Umweltzerstörung gegeben hat, liegt das daran, dass dort nur wenige Menschen gelebt haben, die nur über eine primitive Technik verfügt haben.“ wird Raymond Hames, Anthropologe an der University of Nebraska, zitiert.
„Das Märchen vom Indianer, der in tiefer spiritueller Verbundenheit mit der Natur lebt, verrät viel über die romantische Sehnsucht der Europäer und nichts über die indigene Bevölkerung Amerikas.“ schreibt die Sueddeutsche. Aufschlussreich und für mich neu ist auch, dass die bekannte Weissagung der Cree "Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann." gar nicht von den Indianern stammte, sondern eine Erfindung des Filmregisseurs Ted Perry war.
Ohne Frage sind die heutigen Menschen weit aus größere Umweltverschmutzer als die damaligen Indianer, eben weil die Techniken und Möglichkeiten wesentlich weiterentwickelt sind. Hier geht es um etwas anderes. Wer diesen Blog genau liest, wird wahrgenommen haben, dass ich den Thesen von Lloyd deMause bzgl. der psychischen Evolution von Menschen und Gesellschaften ausgelöst durch sich verändernde Kindererziehungspraktiken zustimme. Wir werden in der Geschichte kein Ideal finden, was unsere Probleme lösen kann. Emotional sind viele heutige Menschen weiter entwickelt, als alle Generationen vor ihnen. Über Emotionen und Mitgefühl lassen sich auch Umweltprobleme besser in den Griff bekommen, wie ich meine. Aber das ist wieder ein Thema für sich.
Eigentlich möchte ich hier (erneut) festhalten, dass man sich vor einer Idealisierung von Urvölkern und Stämmen hüten sollte! Dies gilt insbesondere auch für die dort vorherrschenden Kindererziehungspraktiken, aber auch bzgl. aller möglichen anderen destruktiven Verhaltensweisen.
Weiterführendes zu dem Thema hier:
Hexenjagd in Papua-Neuguinea
Aborigines. Gewalt und Missbrauch. Entzauberung eines Urvolkes?
Historische Kindererziehungspraktiken und Persönlichkeiten
Bzgl. einiger Stämme unter den Ureinwohnern Nordamerikas, scheinen Belege dafür gefunden worden zu sein, dass diese Wälder abholzten und Wildbestände dezimierten, zum Nachteil des Ökosystems und der eigenen Lebensgrundlage. Des Weiteren verursachte Intensive Landnutzung z.B. häufige und starke Überflutungen und andere Nachteile für die Umwelt (was auch für Stämme aus Südamerika belegt ist). „Wenn es irgendwo keine Umweltzerstörung gegeben hat, liegt das daran, dass dort nur wenige Menschen gelebt haben, die nur über eine primitive Technik verfügt haben.“ wird Raymond Hames, Anthropologe an der University of Nebraska, zitiert.
„Das Märchen vom Indianer, der in tiefer spiritueller Verbundenheit mit der Natur lebt, verrät viel über die romantische Sehnsucht der Europäer und nichts über die indigene Bevölkerung Amerikas.“ schreibt die Sueddeutsche. Aufschlussreich und für mich neu ist auch, dass die bekannte Weissagung der Cree "Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann." gar nicht von den Indianern stammte, sondern eine Erfindung des Filmregisseurs Ted Perry war.
Ohne Frage sind die heutigen Menschen weit aus größere Umweltverschmutzer als die damaligen Indianer, eben weil die Techniken und Möglichkeiten wesentlich weiterentwickelt sind. Hier geht es um etwas anderes. Wer diesen Blog genau liest, wird wahrgenommen haben, dass ich den Thesen von Lloyd deMause bzgl. der psychischen Evolution von Menschen und Gesellschaften ausgelöst durch sich verändernde Kindererziehungspraktiken zustimme. Wir werden in der Geschichte kein Ideal finden, was unsere Probleme lösen kann. Emotional sind viele heutige Menschen weiter entwickelt, als alle Generationen vor ihnen. Über Emotionen und Mitgefühl lassen sich auch Umweltprobleme besser in den Griff bekommen, wie ich meine. Aber das ist wieder ein Thema für sich.
Eigentlich möchte ich hier (erneut) festhalten, dass man sich vor einer Idealisierung von Urvölkern und Stämmen hüten sollte! Dies gilt insbesondere auch für die dort vorherrschenden Kindererziehungspraktiken, aber auch bzgl. aller möglichen anderen destruktiven Verhaltensweisen.
Weiterführendes zu dem Thema hier:
Hexenjagd in Papua-Neuguinea
Aborigines. Gewalt und Missbrauch. Entzauberung eines Urvolkes?
Historische Kindererziehungspraktiken und Persönlichkeiten
Sonntag, 10. April 2011
Vom Porno-Star über Milgram zu Hitler
In der Winterausgabe der EMMA berichtete „Kim“ im Artikel „Der Traum vom Porno-Star“ über ihre Zeit als Pornodarstellerin. Ihre Schilderungen sind sehr schockierend und zeigen die menschenunwürdigen Bedingungen, die in dieser Branche herrschen. (Kim über ihre Pornoerfahrungen: „Scheiße wird besser behandelt, die wird das Klo runtergespült. Die ist dann weg. Aber man selbst liegt noch da.“) Der EMMA Text ist unbedingt lesenswert und darüberhinaus Pflicht, wenn dieser Beitrag von mir hier richtig verstanden werden soll. Denn mir geht es hier jetzt um etwas anderes, als die Pornoszene.
Kim ist ganz offensichtlich in ihrer Kindheit und ihrer Familie schwer traumatisiert worden. Sie deutet dies direkt an: „Ich hab mich schlecht gefühlt, aber es kam so viel Anerkennung von wildfremden Menschen, das hatte ich in meiner eigenen Familie so noch nicht gehabt. (…) Wenn ich zu den Sets gefahren bin, habe ich aber immer stärker nach dieser Anerkennung gelechzt.“ An anderer Stelle wird sie noch deutlicher, bezieht ihre Aussagen allerdings nur auf Dritte (ich vermute allerdings sehr stark, dass sie damit auch sich selbst meint): „Und alle diese Mädchen (…) alle, alle, alle hatten eine schlimme Erfahrung gemacht. Oder mehrere. Ob es der Missbrauch durch den Vater war, die drogenabhängige Mutter oder Heimkinder. Und eigene Drogenerfahrungen, die ja auch irgendwoher gerührt haben. Es waren alles Mädchen mit einer Geschichte dahinter. (…) Viele kamen auf der Suche nach Anerkennung und Bestätigung (…)“
An einigen Stellen des Berichtes fielen mir auch mögliche Verbindungen zu traumatischen Erfahrungen auf. So z.B. als Kim berichtet, wie sie während der „Sets“ aus ihrem Körper rausgeht und woanders ist (etwas, dass in ähnlicher Weise sehr oft als Kind sexuell missbrauchte Menschen berichten.). Oder auch grundsätzlich, in der Art, wie sie sich selbst gar nicht als eigenständige Person wahrnimmt, sondern als jemanden, mit dem mann macht, der nicht entscheiden kann, der den Dingen hilflos ausgeliefert ist. Ein Beispiel dazu: Kim wurde von einem „Klaus“ das erste mal für einen Porno-Dreh vermittelt. Sie berichtet: „Er kam einen Abend vorher zu mir und hat prompt auch bei mir geschlafen und mir „schon mal ein paar Sachen gezeigt“. Ich wär’ ne ganz Tolle, hat er dann gesagt. Ich hätte ein ganz enges Loch, das würde ganz viel Spaß bringen mit mir.“ Wo ist hier der Mensch „Kim“, der sich und seine Würde verteidigt? „Klaus“ wertet über sie, er trifft die Entscheidungen. Der Mensch Kim ist…tja..irgendwo anders. Dieses Gefühl, nicht Herr bzw. Frau im eigenen Haus zu sein, mit sich Dinge geschehen zu lassen, Eigenverantwortung abzugeben, anderen absolute Macht über sich zu geben, ist typisch für Menschen, die als Kind kein eigenes Selbst aufbauen durften und schon früh massiv in ihrer Würde verletzt wurden. (Studien über Prostituierte - vgl. Zumbeck, 2001 - zeigen, dass diese sehr oft als Kind misshandelt und/oder sexuell missbraucht wurden. Ähnliche Ergebnisse würde man sicherlich auch bei PornodarstellerInnen vorfinden.)
Das Milgram-Experiment: Um mir große Erläuterungen dazu zu ersparen, verweise ich an diese Stelle auf den entsprechenden Wiki-Beitrag, der das ganze gut erklärt. Das Experiment zeigte, das Testpersonen („ganz normale Menschen“) unter bestimmten Bedingungen bereit sind, Befehle ggf. bedingungslos zu befolgen. Im Kernexperiment wurde eine vermeintliche andere Testperson (die eigentlich Schauspieler war) in einem Nebenraum durch die eigentliche Testperson auf Befehl des Experimentleiters (z.B. als Arzt aufgemacht) mit Stromstößen bestraft, wenn auf eine Frage falsche Antwort gegeben wurde. Die Mehrheit der Testpersonen waren bereit, Stromschläge bis zum Maximum (450 Volt) zu verabreichen, was den fiktiven Tod oder schwerste Verletzungen der anderen Testperson bedeutete. Keine Testperson blieb unter der 300-Volt-Grenze, vor dieser Phase (bei 200 Volt) waren noch schlimme Schreie des „Schauspielers“ zu hören. Ich selbst habe als Student an meiner Uni eine deutsche Variante dieses Experiments auf Video gesehen. Wenn man den Ablauf bildlich sieht und die Schreie hört, ist das Experiment und sein Ergebnis um so erschütternder.
Nur ganz ganz wenige Forscher wie Arno Gruen oder Lloyd deMause haben dieses Experiment mit traumatischen, von Gewalt geprägten Kindheitserfahrungen in Verbindung gebracht. Der Grundtenor all der anderen Forschenden lässt sich in etwa so zusammenfassen: Unter bestimmten Rahmenbedingungen scheinen fast alle ganz normalen Menschen zu grausamen Verhalten in der Lage zu sein.
Ich meine, dass es Menschen wie z.B. Kim sind, die in solchen Versuchen alle Verantwortung abgeben und blind dem Befehl von Autoritäten folgen. Viele Testpersonen im Milgram-Experiment zeigten dabei starke körperliche Reaktionen, Zeichen von großer Anspannung und Nervosität usw.
Ein Wiki-Zitat: „Ich beobachtete einen reifen und anfänglich selbstsicher auftretenden Geschäftsmann, der das Labor lächelnd und voller Selbstvertrauen betrat. Innerhalb von 20 Minuten war aus ihm ein zuckendes, stotterndes Wrack geworden, das sich rasch einem Nervenzusammenbruch näherte. Er zupfte dauernd an seinem Ohrläppchen herum und rang die Hände. An einem Punkt schlug er sich mit der Faust gegen die Stirn und murmelte: ‚Oh Gott lass uns aufhören‘. Und doch reagierte er weiterhin auf jedes Wort des Versuchsleiters und gehorchte bis zum Schluss.“ Im Grunde zeigt dies, dass sie sich auf der einen Seite darüber im Klaren waren, etwas falsches, gar Verbrecherisches zu tun. Trotzdem machten sie weiter. Warum ist das so?
Der Versuchsaufbau stellte – obwohl von den Experimentleitern wahrscheinlich gar nicht bewusst gewollt – die Kindheitserlebnisse vieler Menschen wieder her. Übermächtige Eltern bestraften ihre Kinder bei Vergehen oder aus Spaß. Bedingungsloser Gehorsam wurde von den Kindern verlangt, absolute Ohnmacht erlebt. (Man bedenke auch: Das Experiment wurde in den 60er Jahren durchgeführt. Die Kindheit der VersuchsteilnehmerInnen lag entsprechend in der Zeit der „schwarzen Pädagogik“.) Eigene Empfindungen, Sicht und Empathie wurden dadurch schon früh als etwas fremdes psychisch abgespalten. (Ich habe diesen Prozess sehr ausführlich auch hier beschrieben) Die alte Ohnmacht aus der Kindheit taucht unter den Bedingungen des Experimentes wieder auf. Ohnmächtig wird das getan, was die Autorität verlangt. Diese Seite, diese Folgen von Kindesmisshandlung und –missbrauch sind meiner Meinung nach sehr bedeutsam für die Gewaltursachenforschung. Trotz innerer Widerstände waren die VersuchsteilnehmerInnen nicht in der Lage, eigenständige, verantwortliche, auf Mitgefühl bauende Entscheidungen zu treffen oder besser gesagt einfach „Nein!“ zu sagen, “ Nein! Das mache ich nicht mit“. Auch Kim konnte dies (sehr lange) nicht, konnte nicht „Nein! Das will ich nicht, das mache ich nicht mehr mit!“ sagen, obwohl sie nicht zu den Pornodrehs gezwungen worden war, sondern Verträge unterschrieben hatte, die sie jederzeit hätte auflösen können. Auch die VersuchsteilnehmerInnen hätten den Versuch jederzeit abbrechen können. Viele taten dies nicht. Das Milgram-Experiment wird klassisch dazu herangezogen, Hitler-Deutschland zu erklären. Das ist auf eine Art meiner Meinung nach auch richtig. Allerdings sind es weniger die Umstände, die die Menschen lenken, als deren gewaltvolle Kindheitserfahrungen. Leider wird das auch heute noch immer nicht wirklich erkannt.
Heute würde das Milgram Experiment aus ethischen Prinzipien der Zeit nicht mehr durchgeführt werden. Allerdings bin ich sicher: Heute würde das Experiment etwas andere Ergebnisse bringen, da sich die Kindererziehungspraxis in den letzten Jahrzehnten enorm verbessert hat.
Kim ist ganz offensichtlich in ihrer Kindheit und ihrer Familie schwer traumatisiert worden. Sie deutet dies direkt an: „Ich hab mich schlecht gefühlt, aber es kam so viel Anerkennung von wildfremden Menschen, das hatte ich in meiner eigenen Familie so noch nicht gehabt. (…) Wenn ich zu den Sets gefahren bin, habe ich aber immer stärker nach dieser Anerkennung gelechzt.“ An anderer Stelle wird sie noch deutlicher, bezieht ihre Aussagen allerdings nur auf Dritte (ich vermute allerdings sehr stark, dass sie damit auch sich selbst meint): „Und alle diese Mädchen (…) alle, alle, alle hatten eine schlimme Erfahrung gemacht. Oder mehrere. Ob es der Missbrauch durch den Vater war, die drogenabhängige Mutter oder Heimkinder. Und eigene Drogenerfahrungen, die ja auch irgendwoher gerührt haben. Es waren alles Mädchen mit einer Geschichte dahinter. (…) Viele kamen auf der Suche nach Anerkennung und Bestätigung (…)“
An einigen Stellen des Berichtes fielen mir auch mögliche Verbindungen zu traumatischen Erfahrungen auf. So z.B. als Kim berichtet, wie sie während der „Sets“ aus ihrem Körper rausgeht und woanders ist (etwas, dass in ähnlicher Weise sehr oft als Kind sexuell missbrauchte Menschen berichten.). Oder auch grundsätzlich, in der Art, wie sie sich selbst gar nicht als eigenständige Person wahrnimmt, sondern als jemanden, mit dem mann macht, der nicht entscheiden kann, der den Dingen hilflos ausgeliefert ist. Ein Beispiel dazu: Kim wurde von einem „Klaus“ das erste mal für einen Porno-Dreh vermittelt. Sie berichtet: „Er kam einen Abend vorher zu mir und hat prompt auch bei mir geschlafen und mir „schon mal ein paar Sachen gezeigt“. Ich wär’ ne ganz Tolle, hat er dann gesagt. Ich hätte ein ganz enges Loch, das würde ganz viel Spaß bringen mit mir.“ Wo ist hier der Mensch „Kim“, der sich und seine Würde verteidigt? „Klaus“ wertet über sie, er trifft die Entscheidungen. Der Mensch Kim ist…tja..irgendwo anders. Dieses Gefühl, nicht Herr bzw. Frau im eigenen Haus zu sein, mit sich Dinge geschehen zu lassen, Eigenverantwortung abzugeben, anderen absolute Macht über sich zu geben, ist typisch für Menschen, die als Kind kein eigenes Selbst aufbauen durften und schon früh massiv in ihrer Würde verletzt wurden. (Studien über Prostituierte - vgl. Zumbeck, 2001 - zeigen, dass diese sehr oft als Kind misshandelt und/oder sexuell missbraucht wurden. Ähnliche Ergebnisse würde man sicherlich auch bei PornodarstellerInnen vorfinden.)
Das Milgram-Experiment: Um mir große Erläuterungen dazu zu ersparen, verweise ich an diese Stelle auf den entsprechenden Wiki-Beitrag, der das ganze gut erklärt. Das Experiment zeigte, das Testpersonen („ganz normale Menschen“) unter bestimmten Bedingungen bereit sind, Befehle ggf. bedingungslos zu befolgen. Im Kernexperiment wurde eine vermeintliche andere Testperson (die eigentlich Schauspieler war) in einem Nebenraum durch die eigentliche Testperson auf Befehl des Experimentleiters (z.B. als Arzt aufgemacht) mit Stromstößen bestraft, wenn auf eine Frage falsche Antwort gegeben wurde. Die Mehrheit der Testpersonen waren bereit, Stromschläge bis zum Maximum (450 Volt) zu verabreichen, was den fiktiven Tod oder schwerste Verletzungen der anderen Testperson bedeutete. Keine Testperson blieb unter der 300-Volt-Grenze, vor dieser Phase (bei 200 Volt) waren noch schlimme Schreie des „Schauspielers“ zu hören. Ich selbst habe als Student an meiner Uni eine deutsche Variante dieses Experiments auf Video gesehen. Wenn man den Ablauf bildlich sieht und die Schreie hört, ist das Experiment und sein Ergebnis um so erschütternder.
Nur ganz ganz wenige Forscher wie Arno Gruen oder Lloyd deMause haben dieses Experiment mit traumatischen, von Gewalt geprägten Kindheitserfahrungen in Verbindung gebracht. Der Grundtenor all der anderen Forschenden lässt sich in etwa so zusammenfassen: Unter bestimmten Rahmenbedingungen scheinen fast alle ganz normalen Menschen zu grausamen Verhalten in der Lage zu sein.
Ich meine, dass es Menschen wie z.B. Kim sind, die in solchen Versuchen alle Verantwortung abgeben und blind dem Befehl von Autoritäten folgen. Viele Testpersonen im Milgram-Experiment zeigten dabei starke körperliche Reaktionen, Zeichen von großer Anspannung und Nervosität usw.
Ein Wiki-Zitat: „Ich beobachtete einen reifen und anfänglich selbstsicher auftretenden Geschäftsmann, der das Labor lächelnd und voller Selbstvertrauen betrat. Innerhalb von 20 Minuten war aus ihm ein zuckendes, stotterndes Wrack geworden, das sich rasch einem Nervenzusammenbruch näherte. Er zupfte dauernd an seinem Ohrläppchen herum und rang die Hände. An einem Punkt schlug er sich mit der Faust gegen die Stirn und murmelte: ‚Oh Gott lass uns aufhören‘. Und doch reagierte er weiterhin auf jedes Wort des Versuchsleiters und gehorchte bis zum Schluss.“ Im Grunde zeigt dies, dass sie sich auf der einen Seite darüber im Klaren waren, etwas falsches, gar Verbrecherisches zu tun. Trotzdem machten sie weiter. Warum ist das so?
Der Versuchsaufbau stellte – obwohl von den Experimentleitern wahrscheinlich gar nicht bewusst gewollt – die Kindheitserlebnisse vieler Menschen wieder her. Übermächtige Eltern bestraften ihre Kinder bei Vergehen oder aus Spaß. Bedingungsloser Gehorsam wurde von den Kindern verlangt, absolute Ohnmacht erlebt. (Man bedenke auch: Das Experiment wurde in den 60er Jahren durchgeführt. Die Kindheit der VersuchsteilnehmerInnen lag entsprechend in der Zeit der „schwarzen Pädagogik“.) Eigene Empfindungen, Sicht und Empathie wurden dadurch schon früh als etwas fremdes psychisch abgespalten. (Ich habe diesen Prozess sehr ausführlich auch hier beschrieben) Die alte Ohnmacht aus der Kindheit taucht unter den Bedingungen des Experimentes wieder auf. Ohnmächtig wird das getan, was die Autorität verlangt. Diese Seite, diese Folgen von Kindesmisshandlung und –missbrauch sind meiner Meinung nach sehr bedeutsam für die Gewaltursachenforschung. Trotz innerer Widerstände waren die VersuchsteilnehmerInnen nicht in der Lage, eigenständige, verantwortliche, auf Mitgefühl bauende Entscheidungen zu treffen oder besser gesagt einfach „Nein!“ zu sagen, “ Nein! Das mache ich nicht mit“. Auch Kim konnte dies (sehr lange) nicht, konnte nicht „Nein! Das will ich nicht, das mache ich nicht mehr mit!“ sagen, obwohl sie nicht zu den Pornodrehs gezwungen worden war, sondern Verträge unterschrieben hatte, die sie jederzeit hätte auflösen können. Auch die VersuchsteilnehmerInnen hätten den Versuch jederzeit abbrechen können. Viele taten dies nicht. Das Milgram-Experiment wird klassisch dazu herangezogen, Hitler-Deutschland zu erklären. Das ist auf eine Art meiner Meinung nach auch richtig. Allerdings sind es weniger die Umstände, die die Menschen lenken, als deren gewaltvolle Kindheitserfahrungen. Leider wird das auch heute noch immer nicht wirklich erkannt.
Heute würde das Milgram Experiment aus ethischen Prinzipien der Zeit nicht mehr durchgeführt werden. Allerdings bin ich sicher: Heute würde das Experiment etwas andere Ergebnisse bringen, da sich die Kindererziehungspraxis in den letzten Jahrzehnten enorm verbessert hat.
Sonntag, 3. April 2011
Kindererziehungspraxis in Afrika (Ghana) - Bilder von "bösen Mamis"
Afrika ist ein Kontinent, über dessen Kindererziehungspraxis ich bisher sehr wenig gefunden habe. Bzgl. Nordafrika gibt es einige erschreckende Zahlen was Kindesmisshandlung angeht. In Südafrika liegen vor allem Zahlen bzgl. der sehr weit verbreiteten sexuellen Gewalt gegen Kinder und Frauen vor. Dazu kommen Berichte über die weit verbreitete Genitalienverstümmelung an Mädchen (teils auch an Jungen) und grausame Initiationsriten. Wirklich repräsentative Studien bzgl. Gewalt in der Familie für diverse afrikanische Länder habe ich bisher nicht gefunden. Mir scheinen hier aussagekräftige Zahlen zu fehlen.
In der Süddeutschen Zeitung wurde aktuell über eine Ausstellung ("Deadly and Brutal - Filmplakate aus Ghana" Die neue Sammlung - The International Design Museum Munich. Pinakothek der Moderne) berichtet, in der 70 Filmplakate (aus den 80er Jahren) aus Ghana gezeigt werden. (Artikel dazu: "Kunst der naiven Grausamkeit") Die online gestellten Bilder zeigen eine deutliche Symbolik: misshandelnde und missbrauchende „böse“ Mütter. Man sieht z.B. auf Bild 1 "Mami Water" - ein afrikanischer Wassergeist –, diese „Mami“ hat einen Schlangenkörper und ist von Schlangen umgeben (ein Bild, dass in ähnlicher Art und Weise vor allem Lloyd deMause in allen Regionen der Welt gefunden hat und in Zusammenhang mit leidvollen Kindheitsgeschichten bringt.). Auf Bild 2 schlägt die übergroße „Mami“ mit einem Knüppel auf ihre „Tochter“ ein. Bild 3 zeigt den Film „Bad Woman“, aus deren monströsen Gesicht bzw. Mund eine riesige Schlangenzunge schnellt, während der Kopf eines jungen Mannes in einem Topf voller Blut zu sehen ist. Unter dem Titel „I hate my village“ (Ich hasse mein Dorf) sind zwei Kannibalen zu sehen, die Menschenteile verzehren. Unter dem Titel „The God to serve“ sind auf Bild 10 drei Frauen zu sehen, aus deren Augen „böse“ Blitze schießen. Vor ihnen befindet sich ein großer Topf voller Blut. Eine der Frauen trägt dabei zwei Babys im Arm. Auch andere Bilder zeigen Spiele mit Leichenteilen.
Mir fällt an dieser Stelle wieder ein Zitat ein. Die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Barbara Diepold (1998, S. 136) beschrieb bildlich und wahrlich erschreckend die innere Welt schwer traumatisierter Kinder. „Die innere Welt traumatisierter Kinder ist so, wie Hieronymus Bosch sie gemalt und Dante sie in seinem „Inferno“ beschrieben hat, oder der Mythos der Medusa sie erzählt: Gespenster und Geister, brennendes Feuer, Eiseskälte, Leichenstarre, von Kopf bis Fuss gespaltene Menschen, deren Fragmente sich zu ganzen Menschen zusammensetzen, Menschenleere und Einsamkeit, Spiele mit Leichenteilen, Unfälle und mörderische Aggressivität.“ (ebd., S. 136) Diese inneren Bilder finden sich in den oben aufgeführten Kinoplakaten deutlich wieder.
„Wegen der verzerrten Perspektive und falschen Größenverhältnissen, wirken die knallbunten Motive trotz aller Blutrünstigkeit naiv - fast so, als wären sie von Kindern selbst gemalt worden“, schreibt der Autor der Süddeutschen unter ein Bild. Und er spricht damit einen sehr wahren Kern an (ohne ihn richtig zu deuten): Die Bilder scheinen aus der leidvollen Kindheitsgeschichte ihrer Maler zu stammen und wirken insofern kindlich. Offensichtlich erfreuten sich diese Darstellungen in Ghana großer Beliebtheit. Es liegt auf der Hand, hier zu vermuten, dass in Ghana Gewalt und Missbrauch von Müttern ausgehend gegenüber ihren Babys und Kindern vor den 80er Jahren (heute?) weit verbreitet war.
Leider ist Afrika eine „Black Box“ was Studien über Gewalt in der Familie angeht. Der Auftrag an die Forschung wäre hier, etwas mehr Licht in diese Region zu bringen. Da in Afrika vor allem Frauen für die Kindererziehung zuständig sind, sollte hier vor allem auch ohne Scheuklappen geforscht werden. Vielen Menschen ist gar nicht bewusst und bekannt, dass Frauengewalt (neben der Männergewalt) gegen Kinder sehr weit verbreitet ist . Erst wenn dies überhaupt bekannt ist, kann auch ein genaueres Hinsehen folgen. Sehr wahrscheinlich würden wir dann auf die tieferen Ursachen der oftmals gewaltvollen Konflikte in dieser Region stoßen. Spannend wäre hier, mögliche Unterschiede in der Kindererziehungspraxis zwischen afrikanischen Ländern herauszuarbeiten, die in der Vergangenheit oder auch aktuell blutige Konflikte und Diktaturen erlebt haben/erleben und den Ländern, die weniger oder keine blutigen Unruhen erlebt haben.
In der Süddeutschen Zeitung wurde aktuell über eine Ausstellung ("Deadly and Brutal - Filmplakate aus Ghana" Die neue Sammlung - The International Design Museum Munich. Pinakothek der Moderne) berichtet, in der 70 Filmplakate (aus den 80er Jahren) aus Ghana gezeigt werden. (Artikel dazu: "Kunst der naiven Grausamkeit") Die online gestellten Bilder zeigen eine deutliche Symbolik: misshandelnde und missbrauchende „böse“ Mütter. Man sieht z.B. auf Bild 1 "Mami Water" - ein afrikanischer Wassergeist –, diese „Mami“ hat einen Schlangenkörper und ist von Schlangen umgeben (ein Bild, dass in ähnlicher Art und Weise vor allem Lloyd deMause in allen Regionen der Welt gefunden hat und in Zusammenhang mit leidvollen Kindheitsgeschichten bringt.). Auf Bild 2 schlägt die übergroße „Mami“ mit einem Knüppel auf ihre „Tochter“ ein. Bild 3 zeigt den Film „Bad Woman“, aus deren monströsen Gesicht bzw. Mund eine riesige Schlangenzunge schnellt, während der Kopf eines jungen Mannes in einem Topf voller Blut zu sehen ist. Unter dem Titel „I hate my village“ (Ich hasse mein Dorf) sind zwei Kannibalen zu sehen, die Menschenteile verzehren. Unter dem Titel „The God to serve“ sind auf Bild 10 drei Frauen zu sehen, aus deren Augen „böse“ Blitze schießen. Vor ihnen befindet sich ein großer Topf voller Blut. Eine der Frauen trägt dabei zwei Babys im Arm. Auch andere Bilder zeigen Spiele mit Leichenteilen.
Mir fällt an dieser Stelle wieder ein Zitat ein. Die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Barbara Diepold (1998, S. 136) beschrieb bildlich und wahrlich erschreckend die innere Welt schwer traumatisierter Kinder. „Die innere Welt traumatisierter Kinder ist so, wie Hieronymus Bosch sie gemalt und Dante sie in seinem „Inferno“ beschrieben hat, oder der Mythos der Medusa sie erzählt: Gespenster und Geister, brennendes Feuer, Eiseskälte, Leichenstarre, von Kopf bis Fuss gespaltene Menschen, deren Fragmente sich zu ganzen Menschen zusammensetzen, Menschenleere und Einsamkeit, Spiele mit Leichenteilen, Unfälle und mörderische Aggressivität.“ (ebd., S. 136) Diese inneren Bilder finden sich in den oben aufgeführten Kinoplakaten deutlich wieder.
„Wegen der verzerrten Perspektive und falschen Größenverhältnissen, wirken die knallbunten Motive trotz aller Blutrünstigkeit naiv - fast so, als wären sie von Kindern selbst gemalt worden“, schreibt der Autor der Süddeutschen unter ein Bild. Und er spricht damit einen sehr wahren Kern an (ohne ihn richtig zu deuten): Die Bilder scheinen aus der leidvollen Kindheitsgeschichte ihrer Maler zu stammen und wirken insofern kindlich. Offensichtlich erfreuten sich diese Darstellungen in Ghana großer Beliebtheit. Es liegt auf der Hand, hier zu vermuten, dass in Ghana Gewalt und Missbrauch von Müttern ausgehend gegenüber ihren Babys und Kindern vor den 80er Jahren (heute?) weit verbreitet war.
Leider ist Afrika eine „Black Box“ was Studien über Gewalt in der Familie angeht. Der Auftrag an die Forschung wäre hier, etwas mehr Licht in diese Region zu bringen. Da in Afrika vor allem Frauen für die Kindererziehung zuständig sind, sollte hier vor allem auch ohne Scheuklappen geforscht werden. Vielen Menschen ist gar nicht bewusst und bekannt, dass Frauengewalt (neben der Männergewalt) gegen Kinder sehr weit verbreitet ist . Erst wenn dies überhaupt bekannt ist, kann auch ein genaueres Hinsehen folgen. Sehr wahrscheinlich würden wir dann auf die tieferen Ursachen der oftmals gewaltvollen Konflikte in dieser Region stoßen. Spannend wäre hier, mögliche Unterschiede in der Kindererziehungspraxis zwischen afrikanischen Ländern herauszuarbeiten, die in der Vergangenheit oder auch aktuell blutige Konflikte und Diktaturen erlebt haben/erleben und den Ländern, die weniger oder keine blutigen Unruhen erlebt haben.
Freitag, 1. April 2011
Libyen und die Eskalationsstrategie des Westens
Die These, die ich in diesem Blog schon oft vertreten habe, ist, dass die eigentlichen Ziele von Kriegen eben deren Folgen sind und das sind vor allem Opfer, Menschenopfer. Es geht darum, Menschen zu töten und Zerstörungen und Leid über eine Region zu bringen, parallel dazu geht es immer auch um Selbstzerstörung . Dieses eigentliche Kriegsziel entstammt aus tiefen, abgespaltenen Emotionen (aus der Kindheit) und ist insofern nicht wirklich greifbar zu machen. Dies gilt gerade in der heutigen Zeit, wo wir Demokraten eine „nettere“ Sprache brauchen, wie ich bereits ausführte. Das ganze Gerede um den „humanitären“ Kampfeinsatz in Libyen zeigt dies sehr deutlich.
Man muss sich jetzt einfach den Verlauf der Dinge anschauen. Vieles spricht dafür, dass die Kämpfe in Libyen längst beendet wären, hätte die westliche Allianz nicht interveniert. Die „Rebellen“ wären heillos unterlegen. Natürlich wären viele von Ihnen getötet worden. Doch alle Logik sagt mir, dass wochen- und monatelange andauernde Kämpfe nun mal mehr Menschenleben kosten, als ein Ende der Kämpfe mit Schrecken. Die Rebellen erobern mal diese mal jene Stadt, dann schlagen Regierungstruppen wieder zurück usw. Dabei sterben Menschen auf beiden Seiten. Und was ist eigentlich mit der Bevölkerung vor Ort? Diese ist immer zwischen den Fronten. Andauernde Kämpfe bedeuten also auch mehr zivile Opfer, mehr Traumatisierungen - gerade auch von Kindern, die die Kämpfe miterleben - oder auch Flüchtlinge. Vor allem letztere zeigen Medienberichte immer mehr.
Dass die Rebellenarmee ein Haufen von Fragezeichen aufwirft, zeigen aktuelle Berichte außerdem. So einige von ihnen könnten ehemalige „Gotteskrieger“ sein, die einst im Irak oder auch anderswo kämpften und die jetzt von der westlichen Allianz unterstützt werden. Ernsthaft wird derzeit darüber diskutiert, diese „Rebellenarmee“ mit Waffen aufzurüsten. Es ist schon absurd. Jahrelang wird Libyen und dessen Diktator vom Westen mit Waffen versorgt. Dann geht der Diktator mit diesen (westlichen) Waffen gegen Aufständische und sein Volk vor. Und jetzt soll die Gegenpartei wiederum mit westlichen Waffen versorgt werden… Das Ergebnis dieser Politik: Tod und Leid auf allen Seiten.
Für die Angriffe auf Libyen haben übrigens allein die USA bereits mehr als 550 Millionen Dollar ausgegeben hat! (vgl. sueddeutsche.de, 01.04.2011, "Rebellen wollen Waffenstillstand - und mehr Waffen") Da bekommt man eine Vorstellung davon, wie viele Bomben und Raketen abgefeuert wurden...
Die Entwicklungen der letzten Tage und Wochen zeigen immer mehr einen Weg in Richtung Eskalation. In Libyen herrscht Krieg. Nur sehr sehr wenig erfahren wir hier im Westen davon, was das an Leid für die Bevölkerung vor Ort bedeutet. Die Nachrichten konzentrieren sich auf „Rebellen“, „bösen Diktator“ und die „guten“ Luftschläge der Alleierten. Die Zukunft wird zeigen, was wiederum für Gräueltaten diese Rebellenarmee mit Unterstützung des Westens ausführen wird (oder bereits ausgeführt hat).
Nochmal: Die destruktiven Folgen von Kriegen sind deren eigentlichen Ziele. Mit dieser Denkweise im Gepäck ergibt sich ein ganz anderer Blick auf die Entwicklungen. Man schaut mehr auf die Ergebnisse der politischen Entscheidungen, als auf die verbal erklärten Ziele. Gesagt wird: Wir wollen Menschenleben schützen. Wenn das Ergebnis dann ist, dass weit mehr Menschen sterben, dann kann das erklärte Ziel nicht das eigentliche Ziel sein. Im Rückblick dürften die meisten Kriege einen solchen Verlauf aufzeigen. Beispielsweise denke ich an Vietnam oder auch den Irakkrieg. „Wir werden helfen, befreien, schützen“, das wird am Anfang gesagt. Am Ende finden sich nur noch Leichenberge.
Man muss sich jetzt einfach den Verlauf der Dinge anschauen. Vieles spricht dafür, dass die Kämpfe in Libyen längst beendet wären, hätte die westliche Allianz nicht interveniert. Die „Rebellen“ wären heillos unterlegen. Natürlich wären viele von Ihnen getötet worden. Doch alle Logik sagt mir, dass wochen- und monatelange andauernde Kämpfe nun mal mehr Menschenleben kosten, als ein Ende der Kämpfe mit Schrecken. Die Rebellen erobern mal diese mal jene Stadt, dann schlagen Regierungstruppen wieder zurück usw. Dabei sterben Menschen auf beiden Seiten. Und was ist eigentlich mit der Bevölkerung vor Ort? Diese ist immer zwischen den Fronten. Andauernde Kämpfe bedeuten also auch mehr zivile Opfer, mehr Traumatisierungen - gerade auch von Kindern, die die Kämpfe miterleben - oder auch Flüchtlinge. Vor allem letztere zeigen Medienberichte immer mehr.
Dass die Rebellenarmee ein Haufen von Fragezeichen aufwirft, zeigen aktuelle Berichte außerdem. So einige von ihnen könnten ehemalige „Gotteskrieger“ sein, die einst im Irak oder auch anderswo kämpften und die jetzt von der westlichen Allianz unterstützt werden. Ernsthaft wird derzeit darüber diskutiert, diese „Rebellenarmee“ mit Waffen aufzurüsten. Es ist schon absurd. Jahrelang wird Libyen und dessen Diktator vom Westen mit Waffen versorgt. Dann geht der Diktator mit diesen (westlichen) Waffen gegen Aufständische und sein Volk vor. Und jetzt soll die Gegenpartei wiederum mit westlichen Waffen versorgt werden… Das Ergebnis dieser Politik: Tod und Leid auf allen Seiten.
Für die Angriffe auf Libyen haben übrigens allein die USA bereits mehr als 550 Millionen Dollar ausgegeben hat! (vgl. sueddeutsche.de, 01.04.2011, "Rebellen wollen Waffenstillstand - und mehr Waffen") Da bekommt man eine Vorstellung davon, wie viele Bomben und Raketen abgefeuert wurden...
Die Entwicklungen der letzten Tage und Wochen zeigen immer mehr einen Weg in Richtung Eskalation. In Libyen herrscht Krieg. Nur sehr sehr wenig erfahren wir hier im Westen davon, was das an Leid für die Bevölkerung vor Ort bedeutet. Die Nachrichten konzentrieren sich auf „Rebellen“, „bösen Diktator“ und die „guten“ Luftschläge der Alleierten. Die Zukunft wird zeigen, was wiederum für Gräueltaten diese Rebellenarmee mit Unterstützung des Westens ausführen wird (oder bereits ausgeführt hat).
Nochmal: Die destruktiven Folgen von Kriegen sind deren eigentlichen Ziele. Mit dieser Denkweise im Gepäck ergibt sich ein ganz anderer Blick auf die Entwicklungen. Man schaut mehr auf die Ergebnisse der politischen Entscheidungen, als auf die verbal erklärten Ziele. Gesagt wird: Wir wollen Menschenleben schützen. Wenn das Ergebnis dann ist, dass weit mehr Menschen sterben, dann kann das erklärte Ziel nicht das eigentliche Ziel sein. Im Rückblick dürften die meisten Kriege einen solchen Verlauf aufzeigen. Beispielsweise denke ich an Vietnam oder auch den Irakkrieg. „Wir werden helfen, befreien, schützen“, das wird am Anfang gesagt. Am Ende finden sich nur noch Leichenberge.
Samstag, 26. März 2011
Kriegsgründe: Heutige Kriege werden moralisch ausgerechnet
Es gibt verschiedenste Aufstellungen von Kriegsursachen. Ich habe einfach einmal eine sehr objektive Auflistung herausgesucht, die von der „Bundeszentrale für politische Bildung“ (Ein Teil von „Panorama der Konflikte – Weltkonflikte“ unter http://www.bpb.de/die_bpb/ZTTVEX,0,PDFVersionen.html) veröffentlicht wurde. Folgende Kriegsursachen werden aufgelistet:
Hinweis nebenbei für neue LeserInnen: Dieser Beitrag wird mit am häufigsten durch Googel-Suchen aufgerufen. Er ist aber letztlich nur ein kleiner Gedankenbeitrag, den ich so nicht einmal in den INDEX aufgenommen habe. Für alle, die sich für die tieferen Ursachen von Kriegen interessieren, verweise ich auf den INDEX und meinen Text "Als Kind geliebte Menschen fangen keine Kriege an".
TERRITORIALANSPRÜCHE
Konkurrenz um Grenzen und Gebiete
HERRSCHAFTSINTERESSEN
Durchsetzung politischer und ökonomischer
Interessen durch Eliten
FEHLWAHRNEHMUNG
Falsche Beurteilung der Stärke und Absichten
anderer Staaten
HERRSCHAFTSSICHERUNG
Furcht vor einer Bedrohung von außen
ABLENKUNG
Ablenkung von Konflikten innerhalb eines
Staates
MACHTKONKURRENZ
Kampf um Vormachtstellungen in der Region
ROHSTOFFBEDARF
Konkurrenz um Ressourcen
INTERNER KOLONIALISMUS
Ökonomische Ausbeutung und politische
Unterdrückung von Bevölkerungsgruppen
und Regionen
SOZIO-ÖKONOMISCHE HETEROGENITÄT
Auf krasser sozialer Ungerechtigkeit beruhende
Gesellschaftssysteme
ETHNISCH-KULTURELLE HETEROGENITÄT
Kein Interessensausgleich angesichts unterschiedlicher
Bevölkerungsgruppen, die keine „einheitliche Nation“ bilden
Diese Art von Kriegsursachenverständnis ist klassisch. Wenn man sich mit den emotionalen Ursachen (und dabei vor allem belastenden Kindheitserfahrungen) von Kriegen beschäftigt, erscheint einem diese Aufstellung allerdings doch sehr lückenhaft. Mehr noch, sie geht an den tieferen Ursachen komplett vorbei!
Einige Punkte möchte ich weiter besprechen und fange damit an, folgende zusammenzufassen (die anderen Punkte werde ich mir später vornehmen): TERRITORIALANSPRÜCHE, HERRSCHAFTSINTERESSEN, MACHTKONKURRENZ und ROHSTOFFBEDARF beinhalten letztlich alle das gleiche: Menschen bzw. Nationen (und ihre Eliten) wollen etwas haben, etwas in Besitz bringen, um sich dadurch mächtiger zu fühlen und/oder weil sie meinen, einen rechtlichen Anspruch darauf zu haben und/oder um für sich (vor allem ökonomische) Vorteile und Annehmlichkeiten zu sichern (was wiederum auch Machtzuwachs bedeutet). Für die Erreichung dieser Ziele ziehen sie in den Krieg und/oder motivieren andere dazu. Logisch und rational, oder?
Wenn man darum weiß, dass Menschen, die emotional lebendig sind und deren Mitgefühl nicht verschüttet ging, niemals (außer vielleicht in äußerster persönlicher Notwehr) einen anderen Menschen töten oder andere dazu motivieren könnten, dann erscheint dieses Ursachenverständnis weniger logisch. Macht, Geld, Land, Nahrung, Häuser usw. alles toll. Aber dafür töten? Nur Menschen, deren Emotionen erkaltet sind, können (der Macht willen) töten. Nur Menschen, deren Emotionen erkaltet sind, können hinterher irgendwie weiterleben, mit dem Wissen um ihre Taten. (Emotionen erkalten vor allem, wenn Gewalt in der Kindheit erlebt wird. Keine Lebensphase ist so bedeutend für die Entwicklung eines Menschen, wie die Kindheit. Die Regionen, in denen wir heute Kriege und Terror sehen, sind nachweisbar Regionen mit sehr hohen Raten von Kindesmisshandlung)
Zudem werden – so scheint es mir - oftmals kriegerische Konflikte zu oberflächlich betrachtet. Geht es denn wirklich immer nur um Land, Öl, Geld und Macht?
In diesem Blog habe ich bzgl. des Irakkrieges festgestellt, dass es nicht um Öl ging. Viele Kriege scheinen außerdem weit höhere Kosten mit sich zu bringen, als (scheinbare) Gewinne. Kaum ein Mensch rechnet das vorher und hinterher wirklich nach. Hitler-Deutschland und der Traum vom großen zusätzlichen Lebensraum oder gar der Weltherrschaft endete im genauen Gegenteil, dem Verlust großer Teile des Landes und der Zerstörungen der Infrastruktur und Ökonomie. Kein Gewinn, nur Verlust. Auch über den Billionen-Irakkrieg hatte ich schon oftmals etwas hier geschrieben. Kriege wirken ungemein destruktiv auf alle gesellschaftlichen Bereiche. Sie behindern Innovationen und Fortschritt; binden Gelder, die in andere Bereiche investiert viel mehr einbringen würden; sie binden Personal und Führungskraft, sie schaden der eigenen Ökonomie und Gesellschaft. Trotzdem werden Kriege klassisch unter zweckrationalen (ökonomisch-politischen) Aspekten analysiert.
Zwei aktuelle Beispiele zum Israel-Palästina-Konflikt:
Am Mittwoch wurde in Israel ein Sprengstoffanschlag auf einen Bus verübt. Eine britische Touristin starb, viele andere Menschen wurden verletzt.
Am Freitag, dem 11. März 2011 wurde ein israelisches Ehepaar und ihre drei Kinder (wovon eines erst drei Monate alt war) in einem Siedlungsgebiet durch Attentäter im Schlaf erstochen. Berichten zufolge haben israelische Siedler daraufhin ab dem folgenden Samstag Steine, Molotow-Cocktails, Gewehre, Stöcke und Messer benutzt, um wahllos PalästinenserInnen in Fahrzeugen und Wohnhäusern in den Dörfern und Städten der gesamten Westbank anzugreifen…
Die meisten KriegsursachenforscherInnen würden diesen Konflikt wohl klassisch in die oben genannten Analyseebenen einordnen. Doch ist dies wirklich rein ein rationaler Kampf um Land? Und zusätzlich ein Kampf der Kulturen? Wem bringt es etwas, in diesem zweckrationalen Kampf, wenn eine britische Touristin stirbt und ein dreimonatiges Baby im Schlaf erstochen wird? Was für einen Sinn macht es, wenn israelische Siedler wahllos aus Rache irgendwelche Palästinenser angreifen?
Wenn jemand meint, einen legitimen Anspruch auf Land und Ungerechtigkeit erfahren zu haben, dann ist das eine Sache für sich. Das Töten von Menschen ist wiederum eine andere Sache, die nur oberflächig betrachtet etwas mit ersterer zu tun hat. Erstere Sache ist der Zündfunke oder das „rationale Ziel“, das die Menschen vordergründig gebrauchen, um ihren Hass und ihre Gewalt zu entemotionalisieren bzw. zu rationalisieren. Dahinter verbirgt sich die Tatsache, dass nur emotional gestörte Menschen, Menschen mit einem tiefen inneren Hass, der seinen Ausdruck sucht, zu solchen Taten fähig sind. Menschen wollen hassen und wollen Gewalt, weil sie sich dadurch emotional kurzfristig befreit fühlen, „lebendig“ fühlen, Dampf ablassen können, bevor sich der Hass zu sehr gegen sie selbst richtet und sie selbst zerstört, bevor die Erinnerungen an die frühen Demütigungen zu sehr ins Bewusstsein gelangen. Um diesen gewollten Hass bauen sie sich ein „logisches Gerüst“, das meiner Meinung nach abgerissen gehört, um den Blick auf die tieferen Ursachen freizulegen. Das „logische Gerüst“ kommt zusätzlich je nach Region auf der Welt in anderen Formen und Farben zu Geltung. Jemand der als Kind schwer misshandelt wurde und voller abgespaltener Ängste, voller Wut und Hass ist, wird in Irland andere Feindbilder suchen und vorfinden, die er aufgreifen kann, als ein Mensch mit dem selben persönlichen Hintergrund, der in Nordafrika aufwächst oder in Russland lebt etc.
(Ähnlich wie oben aufgeführt verhält es sich übrigens auch bzgl. privater Gewalt. Bei der klassischen „Beziehungstat“ – also wenn ein Mensch in einer Trennungssituation seine Partnerin/ seinen Partner umbringt, oftmals in sehr brutaler Art und Weise z.B. mit 20-30 Messerstichen - lässt sich hinterher vielleicht ein Eskalationsprozess feststellen, jahrelange Streitigkeiten um dies und das und alles, was in destruktiven Beziehungen so vor sich geht, aber erklärt das dann auch das Töten? Ist nicht die gestörte Beziehung an sich schon ein Ausdruck von gestörten Emotionen der beiden Partner? Und ist nicht erst recht das Abschlachten des Partners/der Partnerin ein Beleg dafür, dass der Täter / die Täterin ihre Emotionen abgespalten hat?)
In der heutigen Zeit erleben wir, wie Kriege durch Mitgefühl gerechtfertigt werden. Unsere emotionale Entwicklung ist fortgeschrittener, als sie noch Anfang des 19. Jahrhunderts oder auch davor war. Offiziell braucht es heutzutage eine andere Sprache der Politik, damit die Bevölkerung nicht revoltiert und den Krieg stillschweigend mitträgt. Dabei bleibt auch diese „nettere“ Sprache Heuchelei und verdeckt nur, dass Entscheidungen für einen Krieg von Menschen getroffen werden, die kein Mitgefühl kennen. Sie reden auch heute von „Moral“ und von „Mitgefühl“ für das Volk in Libyen und rechtfertigen so ihren Krieg und das Töten von Menschen. Heutige Kriege werden moralisch ausgerechnet. Wie viele Menschen müssen wir töten, damit wie viele Menschen nicht getötet werden?
Tony Blair hat z.B. eindrucksvoll in seinem Buch „Mein Weg“ (2010) auf Seite 407 klar gemacht, dass er von 100.000 – 112.000 toten Irakern ausgeht. Davon seien aber ca. 70.000 nicht durch die westlichen Koalitionstruppen umgekommen, sondern durch religiös motivierte Gewalt... Den Streit um Zahlen und Wahrheit lassen wir hier mal außen vor. Blair übernimmt durch diese Aussage quasi die Verantwortung für zumindest 30-42.000 durch westliche Truppen getötete Iraker. Auf den Seiten davor und danach kommt dann seine moralische Gegenrechnung. Wie viele Kinder und Menschen hatte Saddam Hussein getötet, wie viele wären gestorben, wäre er weiter an der Macht geblieben? Sein moralischen Rechenergebnis: Ja, der Krieg war richtig, man tötete Menschen, aber viele andere konnten so gerettet werden...
Da könnten wir jetzt – diesen Gedankengang folgend - auch (wieder) anfangen, Menschen für medizinische Versuche zu gebrauchen und ihren möglichen Tod in Kauf zu nehmen, um andere, viele andere zu retten, oder?
Dann müssen wir außerdem unseren Kindern in Schule und Familie folgerichtig beibringen: Töten ist falsch, außer manchmal, alles klar? Wie erklärt man dies Kindern, dass das Töten hier falsch ist und dort richtig?
Ich versuche hier im Blog immer einigermaßen sachlich zu sein. Aber ich muss auch mal sagen dürfen: Ich finde diese gefühlskalte, heuchlerische Rhetorik (nicht nur von PolitikerInnen, sondern auch in Medien und Diskussionsrunden) , die vordergründig Gefühle und Mitgefühl verspricht und vorspielt, zum Kotzen! Ich finde den Militäreinsatz gegen Libyen zum Kotzen. Ich finde es zum Kotzen, dass die Welt immer noch nicht verstanden hat, dass Gewalt nicht durch Gewalt zu lösen ist.
Hinweis nebenbei für neue LeserInnen: Dieser Beitrag wird mit am häufigsten durch Googel-Suchen aufgerufen. Er ist aber letztlich nur ein kleiner Gedankenbeitrag, den ich so nicht einmal in den INDEX aufgenommen habe. Für alle, die sich für die tieferen Ursachen von Kriegen interessieren, verweise ich auf den INDEX und meinen Text "Als Kind geliebte Menschen fangen keine Kriege an".
TERRITORIALANSPRÜCHE
Konkurrenz um Grenzen und Gebiete
HERRSCHAFTSINTERESSEN
Durchsetzung politischer und ökonomischer
Interessen durch Eliten
FEHLWAHRNEHMUNG
Falsche Beurteilung der Stärke und Absichten
anderer Staaten
HERRSCHAFTSSICHERUNG
Furcht vor einer Bedrohung von außen
ABLENKUNG
Ablenkung von Konflikten innerhalb eines
Staates
MACHTKONKURRENZ
Kampf um Vormachtstellungen in der Region
ROHSTOFFBEDARF
Konkurrenz um Ressourcen
INTERNER KOLONIALISMUS
Ökonomische Ausbeutung und politische
Unterdrückung von Bevölkerungsgruppen
und Regionen
SOZIO-ÖKONOMISCHE HETEROGENITÄT
Auf krasser sozialer Ungerechtigkeit beruhende
Gesellschaftssysteme
ETHNISCH-KULTURELLE HETEROGENITÄT
Kein Interessensausgleich angesichts unterschiedlicher
Bevölkerungsgruppen, die keine „einheitliche Nation“ bilden
Diese Art von Kriegsursachenverständnis ist klassisch. Wenn man sich mit den emotionalen Ursachen (und dabei vor allem belastenden Kindheitserfahrungen) von Kriegen beschäftigt, erscheint einem diese Aufstellung allerdings doch sehr lückenhaft. Mehr noch, sie geht an den tieferen Ursachen komplett vorbei!
Einige Punkte möchte ich weiter besprechen und fange damit an, folgende zusammenzufassen (die anderen Punkte werde ich mir später vornehmen): TERRITORIALANSPRÜCHE, HERRSCHAFTSINTERESSEN, MACHTKONKURRENZ und ROHSTOFFBEDARF beinhalten letztlich alle das gleiche: Menschen bzw. Nationen (und ihre Eliten) wollen etwas haben, etwas in Besitz bringen, um sich dadurch mächtiger zu fühlen und/oder weil sie meinen, einen rechtlichen Anspruch darauf zu haben und/oder um für sich (vor allem ökonomische) Vorteile und Annehmlichkeiten zu sichern (was wiederum auch Machtzuwachs bedeutet). Für die Erreichung dieser Ziele ziehen sie in den Krieg und/oder motivieren andere dazu. Logisch und rational, oder?
Wenn man darum weiß, dass Menschen, die emotional lebendig sind und deren Mitgefühl nicht verschüttet ging, niemals (außer vielleicht in äußerster persönlicher Notwehr) einen anderen Menschen töten oder andere dazu motivieren könnten, dann erscheint dieses Ursachenverständnis weniger logisch. Macht, Geld, Land, Nahrung, Häuser usw. alles toll. Aber dafür töten? Nur Menschen, deren Emotionen erkaltet sind, können (der Macht willen) töten. Nur Menschen, deren Emotionen erkaltet sind, können hinterher irgendwie weiterleben, mit dem Wissen um ihre Taten. (Emotionen erkalten vor allem, wenn Gewalt in der Kindheit erlebt wird. Keine Lebensphase ist so bedeutend für die Entwicklung eines Menschen, wie die Kindheit. Die Regionen, in denen wir heute Kriege und Terror sehen, sind nachweisbar Regionen mit sehr hohen Raten von Kindesmisshandlung)
Zudem werden – so scheint es mir - oftmals kriegerische Konflikte zu oberflächlich betrachtet. Geht es denn wirklich immer nur um Land, Öl, Geld und Macht?
In diesem Blog habe ich bzgl. des Irakkrieges festgestellt, dass es nicht um Öl ging. Viele Kriege scheinen außerdem weit höhere Kosten mit sich zu bringen, als (scheinbare) Gewinne. Kaum ein Mensch rechnet das vorher und hinterher wirklich nach. Hitler-Deutschland und der Traum vom großen zusätzlichen Lebensraum oder gar der Weltherrschaft endete im genauen Gegenteil, dem Verlust großer Teile des Landes und der Zerstörungen der Infrastruktur und Ökonomie. Kein Gewinn, nur Verlust. Auch über den Billionen-Irakkrieg hatte ich schon oftmals etwas hier geschrieben. Kriege wirken ungemein destruktiv auf alle gesellschaftlichen Bereiche. Sie behindern Innovationen und Fortschritt; binden Gelder, die in andere Bereiche investiert viel mehr einbringen würden; sie binden Personal und Führungskraft, sie schaden der eigenen Ökonomie und Gesellschaft. Trotzdem werden Kriege klassisch unter zweckrationalen (ökonomisch-politischen) Aspekten analysiert.
Zwei aktuelle Beispiele zum Israel-Palästina-Konflikt:
Am Mittwoch wurde in Israel ein Sprengstoffanschlag auf einen Bus verübt. Eine britische Touristin starb, viele andere Menschen wurden verletzt.
Am Freitag, dem 11. März 2011 wurde ein israelisches Ehepaar und ihre drei Kinder (wovon eines erst drei Monate alt war) in einem Siedlungsgebiet durch Attentäter im Schlaf erstochen. Berichten zufolge haben israelische Siedler daraufhin ab dem folgenden Samstag Steine, Molotow-Cocktails, Gewehre, Stöcke und Messer benutzt, um wahllos PalästinenserInnen in Fahrzeugen und Wohnhäusern in den Dörfern und Städten der gesamten Westbank anzugreifen…
Die meisten KriegsursachenforscherInnen würden diesen Konflikt wohl klassisch in die oben genannten Analyseebenen einordnen. Doch ist dies wirklich rein ein rationaler Kampf um Land? Und zusätzlich ein Kampf der Kulturen? Wem bringt es etwas, in diesem zweckrationalen Kampf, wenn eine britische Touristin stirbt und ein dreimonatiges Baby im Schlaf erstochen wird? Was für einen Sinn macht es, wenn israelische Siedler wahllos aus Rache irgendwelche Palästinenser angreifen?
Wenn jemand meint, einen legitimen Anspruch auf Land und Ungerechtigkeit erfahren zu haben, dann ist das eine Sache für sich. Das Töten von Menschen ist wiederum eine andere Sache, die nur oberflächig betrachtet etwas mit ersterer zu tun hat. Erstere Sache ist der Zündfunke oder das „rationale Ziel“, das die Menschen vordergründig gebrauchen, um ihren Hass und ihre Gewalt zu entemotionalisieren bzw. zu rationalisieren. Dahinter verbirgt sich die Tatsache, dass nur emotional gestörte Menschen, Menschen mit einem tiefen inneren Hass, der seinen Ausdruck sucht, zu solchen Taten fähig sind. Menschen wollen hassen und wollen Gewalt, weil sie sich dadurch emotional kurzfristig befreit fühlen, „lebendig“ fühlen, Dampf ablassen können, bevor sich der Hass zu sehr gegen sie selbst richtet und sie selbst zerstört, bevor die Erinnerungen an die frühen Demütigungen zu sehr ins Bewusstsein gelangen. Um diesen gewollten Hass bauen sie sich ein „logisches Gerüst“, das meiner Meinung nach abgerissen gehört, um den Blick auf die tieferen Ursachen freizulegen. Das „logische Gerüst“ kommt zusätzlich je nach Region auf der Welt in anderen Formen und Farben zu Geltung. Jemand der als Kind schwer misshandelt wurde und voller abgespaltener Ängste, voller Wut und Hass ist, wird in Irland andere Feindbilder suchen und vorfinden, die er aufgreifen kann, als ein Mensch mit dem selben persönlichen Hintergrund, der in Nordafrika aufwächst oder in Russland lebt etc.
(Ähnlich wie oben aufgeführt verhält es sich übrigens auch bzgl. privater Gewalt. Bei der klassischen „Beziehungstat“ – also wenn ein Mensch in einer Trennungssituation seine Partnerin/ seinen Partner umbringt, oftmals in sehr brutaler Art und Weise z.B. mit 20-30 Messerstichen - lässt sich hinterher vielleicht ein Eskalationsprozess feststellen, jahrelange Streitigkeiten um dies und das und alles, was in destruktiven Beziehungen so vor sich geht, aber erklärt das dann auch das Töten? Ist nicht die gestörte Beziehung an sich schon ein Ausdruck von gestörten Emotionen der beiden Partner? Und ist nicht erst recht das Abschlachten des Partners/der Partnerin ein Beleg dafür, dass der Täter / die Täterin ihre Emotionen abgespalten hat?)
In der heutigen Zeit erleben wir, wie Kriege durch Mitgefühl gerechtfertigt werden. Unsere emotionale Entwicklung ist fortgeschrittener, als sie noch Anfang des 19. Jahrhunderts oder auch davor war. Offiziell braucht es heutzutage eine andere Sprache der Politik, damit die Bevölkerung nicht revoltiert und den Krieg stillschweigend mitträgt. Dabei bleibt auch diese „nettere“ Sprache Heuchelei und verdeckt nur, dass Entscheidungen für einen Krieg von Menschen getroffen werden, die kein Mitgefühl kennen. Sie reden auch heute von „Moral“ und von „Mitgefühl“ für das Volk in Libyen und rechtfertigen so ihren Krieg und das Töten von Menschen. Heutige Kriege werden moralisch ausgerechnet. Wie viele Menschen müssen wir töten, damit wie viele Menschen nicht getötet werden?
Tony Blair hat z.B. eindrucksvoll in seinem Buch „Mein Weg“ (2010) auf Seite 407 klar gemacht, dass er von 100.000 – 112.000 toten Irakern ausgeht. Davon seien aber ca. 70.000 nicht durch die westlichen Koalitionstruppen umgekommen, sondern durch religiös motivierte Gewalt... Den Streit um Zahlen und Wahrheit lassen wir hier mal außen vor. Blair übernimmt durch diese Aussage quasi die Verantwortung für zumindest 30-42.000 durch westliche Truppen getötete Iraker. Auf den Seiten davor und danach kommt dann seine moralische Gegenrechnung. Wie viele Kinder und Menschen hatte Saddam Hussein getötet, wie viele wären gestorben, wäre er weiter an der Macht geblieben? Sein moralischen Rechenergebnis: Ja, der Krieg war richtig, man tötete Menschen, aber viele andere konnten so gerettet werden...
Da könnten wir jetzt – diesen Gedankengang folgend - auch (wieder) anfangen, Menschen für medizinische Versuche zu gebrauchen und ihren möglichen Tod in Kauf zu nehmen, um andere, viele andere zu retten, oder?
Dann müssen wir außerdem unseren Kindern in Schule und Familie folgerichtig beibringen: Töten ist falsch, außer manchmal, alles klar? Wie erklärt man dies Kindern, dass das Töten hier falsch ist und dort richtig?
Ich versuche hier im Blog immer einigermaßen sachlich zu sein. Aber ich muss auch mal sagen dürfen: Ich finde diese gefühlskalte, heuchlerische Rhetorik (nicht nur von PolitikerInnen, sondern auch in Medien und Diskussionsrunden) , die vordergründig Gefühle und Mitgefühl verspricht und vorspielt, zum Kotzen! Ich finde den Militäreinsatz gegen Libyen zum Kotzen. Ich finde es zum Kotzen, dass die Welt immer noch nicht verstanden hat, dass Gewalt nicht durch Gewalt zu lösen ist.
Freitag, 18. März 2011
Uno-Sicherheitsrat: Bomben, um zu zeigen, dass Bomben falsch ist
Der Uno-Sicherheitsrat hat militärische Aktionen gegen Libyen beschlossen. Soweit ich lesen konnte, ist im Grunde alles erlaubt, außer dem Einsatz von Besatzungstruppen. Die USA, Frankreich und Großbritannien rüsten sich bereits für den Angriff und wollen nun durch ihre Bombardements Gaddafi zeigen, dass das Bombardieren von Menschen falsch ist…
Bis vor einigen Monaten hatte man mit dem Gaddafi-Regime im Grunde eher weniger ein Problem. Berlusconi bezeichnete Gaddafi 2009 sogar noch als "Mann von tiefer Weisheit", zwischen den beiden herrschte offiziell sogar eine gute Männerfreundschaft. Auch Frankreich arbeitete jahrelang eng mit dem Diktator zusammen. 2007 beschloss Frankreich sogar, Gaddafi einen Atomreaktor zu liefern... Tja, das ließe sich sicherlich noch weiter ausarbeiten.
Nun hat der Westen wieder einmal einen „richtig Bösen“ gefunden, den man militärisch in die Knie zwingen will. Ich selbst halte Gaddafi für einen absolut Wahnsinnigen und die wenigen (!) Informationen, die zu uns dringen, zeigen, dass er offensichtlich rücksichtlos und brutal gegen seine Gegner und auch Zivilisten vorgeht. Mir stellen sich allerdings einige Fragen:
Rechtfertigt die aktuelle Situation jetzt einen Militärschlag? Sind die Rebellen mit ihrem Anführer Mustafa Abdel Dschalil „die Guten“, die es zu unterstützen gilt und die, wenn sie an der Macht sind, ganz tolle Demokraten werden? Und was ist mit der einfachen Putzfrau, die gerade in einer Militäranlage bei der Arbeit ist, während die westliche Allianz Bomben abwirft? Was ist mit denjenigen libyschen Soldaten, die vielleicht bisher gar nicht im Einsatz waren oder während der Einsätze keine Verbrechen begingen, darf man diese auch töten? Was ist mit den unzähligen Zivilisten, die durch fehlgeleitete westliche Bomben oder weil sie zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort waren sterben werden? Was ist mit den westlichen Soldaten, die nach Hause kommen werden, mit dem Wissen, Menschen getötet zu haben und dadurch selbst traumatisiert wurden; was ist mit ihren Kindern und ihren Ehefrauen? Was ist mit den unzähligen Zivilisten und Kindern, die nachts die Flugabwehrgeschosse und einschlagenden Bomben hören, welche traumatischen Ängste werden hier ausgelöst werden? Überhaupt: Wer hat den Tod verdient, wer nicht?
Militäreinsätze sind keine Option, sie können nur scheitern, neues Leid erzeugen und eine Eskalation herbeiführen. Man hätte mit Gaddafi schon vor Jahren politisch anders umgehen müssen. Jetzt ergibt sich für mich eher das Bild, dass man sich in Libyen einen möglichen „bösen Feind“ warm halten wollte, für den Fall, dass man mal wieder eine Militäraktion brauchen könnte, um „Gut“ und „Böse“ klar voneinander zu trennen und innere Traumata außen wiederaufzuführen. Es wäre interessant, wie sich die emotionale Lage in den USA, Großbritannien und Frankreich in den vorherigen Monaten dargestellt hat. Welche Bilder und Emotionen waren in den Medien dieser Länder vorherrschend?
Bis vor einigen Monaten hatte man mit dem Gaddafi-Regime im Grunde eher weniger ein Problem. Berlusconi bezeichnete Gaddafi 2009 sogar noch als "Mann von tiefer Weisheit", zwischen den beiden herrschte offiziell sogar eine gute Männerfreundschaft. Auch Frankreich arbeitete jahrelang eng mit dem Diktator zusammen. 2007 beschloss Frankreich sogar, Gaddafi einen Atomreaktor zu liefern... Tja, das ließe sich sicherlich noch weiter ausarbeiten.
Nun hat der Westen wieder einmal einen „richtig Bösen“ gefunden, den man militärisch in die Knie zwingen will. Ich selbst halte Gaddafi für einen absolut Wahnsinnigen und die wenigen (!) Informationen, die zu uns dringen, zeigen, dass er offensichtlich rücksichtlos und brutal gegen seine Gegner und auch Zivilisten vorgeht. Mir stellen sich allerdings einige Fragen:
Rechtfertigt die aktuelle Situation jetzt einen Militärschlag? Sind die Rebellen mit ihrem Anführer Mustafa Abdel Dschalil „die Guten“, die es zu unterstützen gilt und die, wenn sie an der Macht sind, ganz tolle Demokraten werden? Und was ist mit der einfachen Putzfrau, die gerade in einer Militäranlage bei der Arbeit ist, während die westliche Allianz Bomben abwirft? Was ist mit denjenigen libyschen Soldaten, die vielleicht bisher gar nicht im Einsatz waren oder während der Einsätze keine Verbrechen begingen, darf man diese auch töten? Was ist mit den unzähligen Zivilisten, die durch fehlgeleitete westliche Bomben oder weil sie zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort waren sterben werden? Was ist mit den westlichen Soldaten, die nach Hause kommen werden, mit dem Wissen, Menschen getötet zu haben und dadurch selbst traumatisiert wurden; was ist mit ihren Kindern und ihren Ehefrauen? Was ist mit den unzähligen Zivilisten und Kindern, die nachts die Flugabwehrgeschosse und einschlagenden Bomben hören, welche traumatischen Ängste werden hier ausgelöst werden? Überhaupt: Wer hat den Tod verdient, wer nicht?
Militäreinsätze sind keine Option, sie können nur scheitern, neues Leid erzeugen und eine Eskalation herbeiführen. Man hätte mit Gaddafi schon vor Jahren politisch anders umgehen müssen. Jetzt ergibt sich für mich eher das Bild, dass man sich in Libyen einen möglichen „bösen Feind“ warm halten wollte, für den Fall, dass man mal wieder eine Militäraktion brauchen könnte, um „Gut“ und „Böse“ klar voneinander zu trennen und innere Traumata außen wiederaufzuführen. Es wäre interessant, wie sich die emotionale Lage in den USA, Großbritannien und Frankreich in den vorherigen Monaten dargestellt hat. Welche Bilder und Emotionen waren in den Medien dieser Länder vorherrschend?
Donnerstag, 17. März 2011
Konflikte und Kriege haben keinen ethnischen oder religiösen Hintergrund
...das sagt zumindest der deutsche Ethnologe Günther Schlee in einem sehr interessanten Interview.
Seine Grundthese lässt sich an Hand eines Zitats verdeutlichen:
„Die These vom Kampf der Kulturen besagt: Je größer der Unterschied, desto höher das Konfliktpotential. Aber schauen Sie sich pluriethnische oder multikulturelle postkoloniale Gesellschaften mit Gruppen von Menschen afrikanischen, europäischen, asiatischen und indischen Ursprungs an. Die kulturelle Verschiedenheit korreliert nicht mit der Konflikthäufigkeit. Auf der anderen Seite finden wir häufig Konflikte gerade zwischen kulturell besonders ähnlichen Gruppen. Als grobe Faustregel kann man sagen: Zwischen Menschen mit völlig unterschiedlichen Kulturen ist die Konfliktwahrscheinlichkeit geringer.“
Konflikte und Kriege haben nach Schlee häufig eine ethnische oder religiöse Ausdrucksform, die eigentlichen Ursachen sieht er allerdings woanders. Insbesondere meint er, dass es um materielle Ressourcen oder auch um Machtpositionen oder Posten ginge. Die ethnische Zugehörigkeit sei nur ein wichtiges Mobilisierungselement für bestimmte Akteursgruppen (Eliten), die den Konflikt wollten und davon profitierten. Entsprechend würden sich bei Konflikten, die als ethnisch oder religiös bezeichnet werden, erst im Verlauf des Konfliktes ein entsprechendes Bewusstsein oder eine Verhärtung dieser Identitäten herausbilden.
Schlee gibt einige Beispiele:
„In Darfur zum Beispiel haben große Teile der nicht arabischen Bevölkerung eine lange islamische Tradition, und zu den arabischen Reitermilizen gehören auch Schwarze. In den Medien wird das zu einfach dargestellt.“
„Schauen Sie sich die beklagenswerteste Gruppe der Opfer des Dritten Reiches an: Die Juden, die ja noch nicht einmal eine Konfliktpartei waren. Die Nazis mussten sie aus dem deutschen Volk herausdefinieren. Sie waren ja als Juden meist gar nicht erkennbar. Viele hatten als deutsche Soldaten im Ersten Weltkrieg gekämpft. Es kam zu einer künstlichen Abgrenzung der Mehrheit der Deutschen von einer Minderheit anderer Deutscher.“
Bzgl. dem Krieg in Jugoslawien sagt Schlee, dass z.B. viele bosnische Muslime gar nicht religiös waren. Schon deshalb scheide Religion als Begründung des Konflikts aus. Viele Menschen in dieser Region hatten z.B. auch einen serbischen Vater und eine kroatische Mutter. Erst im Verlauf des Konfliktes mussten sie sich für eine Identität entscheiden.
In Nordirland, wo Katholiken und Protestanten streiten, sind sich beide Parteien so ähnlich, wie es unterscheidbare Gruppen überhaupt sein können. Selbst in ihren Paraden gleichen sie sich, so Schlee weiter.
Ich finde es wichtig und sehr spannend, wie ein genaues Hinschauen oftmals andere Ergebnisse bringen kann. Sehr schnell wird immer wieder auf den Kriegsgrund Ethnie oder Religion verwiesen. Schlee hat seine Thesen in dem Buch „Wie Feindbilder entstehen: Eine Theorie religiöser und ethnischer Konflikte“ weiter ausgeführt. Bei Zeiten werde ich mir das Buch durchlesen und sicherlich nochmal auf das Thema zurückkommen.
Ich teile seine Ansicht, dass so etwas wie Religion oder Ethnie letztlich nur die Oberfläche kriegerischer Konflikte aufzeigt. Die tieferen Ursachen liegen woanders. Meiner Meinung nach allerdings nicht im Machtstreben von Eliten oder dem Streben nach Ressourcen. Kriege bringen keinen Gewinn, dass lehrt uns die Geschichte. In den beiden Texten über das „Märchen vom Krieg ums Öl“ habe ich auch die „Krieg für Öl“ These widerlegt (Teil 1, Teil 2). (Schlee dazu bzgl. des Irak-Krieges: "Dass für alle Beteiligten Öl eine große Rolle spielte, lässt sich wohl kaum leugnen.") Ich sehe die Ursachen vor allem in den Emotionen und destruktiven Kindheiten. Selbst wenn Machtstreben von Eliten einen wichtigen Hintergrund von Kriegen darstellen würde, erklärt dies nicht, warum sich die Massen so bereitwillig diesem Machtstreben und entsprechenden Manipulationen hingeben, warum sie andere Menschen bereitwillig töten. Und auch das Machtstreben der Eliten wäre emotional zu beleuchten. Ein emotional gesunder und lebendiger Mensch, würde niemals über Leichen gehen, um für sich ökonomische Vorteile zu sichern. Nur Menschen, deren Emotionen gestört sind, können so handeln. Machtstreben (destruktiver Ziele Willens) folgt nicht rationalen Mustern, sondern vor allem emotionalen.
Seine Grundthese lässt sich an Hand eines Zitats verdeutlichen:
„Die These vom Kampf der Kulturen besagt: Je größer der Unterschied, desto höher das Konfliktpotential. Aber schauen Sie sich pluriethnische oder multikulturelle postkoloniale Gesellschaften mit Gruppen von Menschen afrikanischen, europäischen, asiatischen und indischen Ursprungs an. Die kulturelle Verschiedenheit korreliert nicht mit der Konflikthäufigkeit. Auf der anderen Seite finden wir häufig Konflikte gerade zwischen kulturell besonders ähnlichen Gruppen. Als grobe Faustregel kann man sagen: Zwischen Menschen mit völlig unterschiedlichen Kulturen ist die Konfliktwahrscheinlichkeit geringer.“
Konflikte und Kriege haben nach Schlee häufig eine ethnische oder religiöse Ausdrucksform, die eigentlichen Ursachen sieht er allerdings woanders. Insbesondere meint er, dass es um materielle Ressourcen oder auch um Machtpositionen oder Posten ginge. Die ethnische Zugehörigkeit sei nur ein wichtiges Mobilisierungselement für bestimmte Akteursgruppen (Eliten), die den Konflikt wollten und davon profitierten. Entsprechend würden sich bei Konflikten, die als ethnisch oder religiös bezeichnet werden, erst im Verlauf des Konfliktes ein entsprechendes Bewusstsein oder eine Verhärtung dieser Identitäten herausbilden.
Schlee gibt einige Beispiele:
„In Darfur zum Beispiel haben große Teile der nicht arabischen Bevölkerung eine lange islamische Tradition, und zu den arabischen Reitermilizen gehören auch Schwarze. In den Medien wird das zu einfach dargestellt.“
„Schauen Sie sich die beklagenswerteste Gruppe der Opfer des Dritten Reiches an: Die Juden, die ja noch nicht einmal eine Konfliktpartei waren. Die Nazis mussten sie aus dem deutschen Volk herausdefinieren. Sie waren ja als Juden meist gar nicht erkennbar. Viele hatten als deutsche Soldaten im Ersten Weltkrieg gekämpft. Es kam zu einer künstlichen Abgrenzung der Mehrheit der Deutschen von einer Minderheit anderer Deutscher.“
Bzgl. dem Krieg in Jugoslawien sagt Schlee, dass z.B. viele bosnische Muslime gar nicht religiös waren. Schon deshalb scheide Religion als Begründung des Konflikts aus. Viele Menschen in dieser Region hatten z.B. auch einen serbischen Vater und eine kroatische Mutter. Erst im Verlauf des Konfliktes mussten sie sich für eine Identität entscheiden.
In Nordirland, wo Katholiken und Protestanten streiten, sind sich beide Parteien so ähnlich, wie es unterscheidbare Gruppen überhaupt sein können. Selbst in ihren Paraden gleichen sie sich, so Schlee weiter.
Ich finde es wichtig und sehr spannend, wie ein genaues Hinschauen oftmals andere Ergebnisse bringen kann. Sehr schnell wird immer wieder auf den Kriegsgrund Ethnie oder Religion verwiesen. Schlee hat seine Thesen in dem Buch „Wie Feindbilder entstehen: Eine Theorie religiöser und ethnischer Konflikte“ weiter ausgeführt. Bei Zeiten werde ich mir das Buch durchlesen und sicherlich nochmal auf das Thema zurückkommen.
Ich teile seine Ansicht, dass so etwas wie Religion oder Ethnie letztlich nur die Oberfläche kriegerischer Konflikte aufzeigt. Die tieferen Ursachen liegen woanders. Meiner Meinung nach allerdings nicht im Machtstreben von Eliten oder dem Streben nach Ressourcen. Kriege bringen keinen Gewinn, dass lehrt uns die Geschichte. In den beiden Texten über das „Märchen vom Krieg ums Öl“ habe ich auch die „Krieg für Öl“ These widerlegt (Teil 1, Teil 2). (Schlee dazu bzgl. des Irak-Krieges: "Dass für alle Beteiligten Öl eine große Rolle spielte, lässt sich wohl kaum leugnen.") Ich sehe die Ursachen vor allem in den Emotionen und destruktiven Kindheiten. Selbst wenn Machtstreben von Eliten einen wichtigen Hintergrund von Kriegen darstellen würde, erklärt dies nicht, warum sich die Massen so bereitwillig diesem Machtstreben und entsprechenden Manipulationen hingeben, warum sie andere Menschen bereitwillig töten. Und auch das Machtstreben der Eliten wäre emotional zu beleuchten. Ein emotional gesunder und lebendiger Mensch, würde niemals über Leichen gehen, um für sich ökonomische Vorteile zu sichern. Nur Menschen, deren Emotionen gestört sind, können so handeln. Machtstreben (destruktiver Ziele Willens) folgt nicht rationalen Mustern, sondern vor allem emotionalen.
Freitag, 25. Februar 2011
Kurze Anmerkung zu Verteidigungsminister Guttenberg
Wer einmal bei Googel Bilder „guttenberg“ + „afghanistan“ eingibt, wird auf etliche Bilder stoßen, die den Verteidigungsminister zusammen mit Soldaten und/oder im Einsatzgebiet der Bundeswehr in Afghanistan zeigen. Guttenberg ist da mal mit Kampfhelm und Sonnenbrille, mal mit Bundewehrshirt und schusssicherer Weste, mal im Kampfhubschrauber hinter einem Soldaten am Bordmaschinengewehrs usw. zu sehen. Bilder sprechen manchmal eine deutlichere Sprache, als das, was gesagt wird. Guttenberg scheint der Job als Befehlshaber einer sich im Krieg befindenden Bundeswehr zu gefallen, das sagen die Bilder. Guttenberg war schon als junger Mann bei der Bundeswehr und absolvierte einen Unteroffizierslehrgang. Die Bundeswehr liegt ihm also.
Der aktuelle Skandal um seine Doktorarbeit ist ein Thema für sich. Für mich noch erschreckender ist, dass ein deutscher Verteidigungsminister Guttenberg, der sich mit seiner ihm unterstellten Armee in einem Krieg befindet und diesen auch richtig findet, lange Zeit beliebtester Politiker in Deutschland war, laut manchen Medienberichten sogar auch jetzt noch ist.
Der aktuelle Skandal um seine Doktorarbeit ist ein Thema für sich. Für mich noch erschreckender ist, dass ein deutscher Verteidigungsminister Guttenberg, der sich mit seiner ihm unterstellten Armee in einem Krieg befindet und diesen auch richtig findet, lange Zeit beliebtester Politiker in Deutschland war, laut manchen Medienberichten sogar auch jetzt noch ist.
Mittwoch, 23. Februar 2011
"Bruder Gaddafi" und seine "Familie"
"Gaddafi schreit sein Volk nieder", schreibt der SPIEGEL über die aktuelle Fernsehrede des Diktators. "Während das Land im Chaos versinkt, die Luftwaffe auf Demonstranten schießt und mehrere Städte des Landes schon in den Händen der Opposition sein sollen, gerierte sich Gaddafi wie eine Mischung aus realitätsfernem Exzentriker und wutentbranntem Vater, dem die Kinder davonrennen. Emotionale, endlose und stellenweise wirre Reden sind die Libyer von ihrem Diktator gewohnt - aber dieser Auftritt war zu diesem Zeitpunkt eine Kampfansage an das eigene Volk.“
Mir fällt immer wieder auf, dass Führer autoritärer Staaten oder Diktatoren - aber auch andere politische Führer - eine Familienrolle einnehmen; meist die des Vaters, der über sein Volk wacht, alles weiß, allmächtig ist und ggf. Strafen verhängt, wenn es Fehlverhalten in seinem Hause gibt. Ebenfalls gibt es Beispiele dafür, wie Saaten nach Familienrollen aufgeteilt waren (z.B. der „große Bruder Russland“ und die angehängten Länder der UDSSR oder das ehemalige Jugoslawien, in dem sich laut Alenka Puhar das „Familien-Zadruga-System“ der Region in der dortigen Staatenaufteilung und in den entsprechenden Verhaltensweisen widerfand.) Gaddafis aktuelle Rede im Staatsfernsehen kam auch mir wie die eines wutentbranntem, autoritären Vaters vor, dem die Kontrolle über die Kinder verloren zu gehen droht. Gaddafi selbst ließ sich in der Vergangenheit gerne als „Bruder Gaddafi“, „Bruder Führer“, „Bruder Oberst“ oder „Bruder Revolutionsführer“ ansprechen. Auch hier findet sich wieder die Verbindung zur Familie in Sprache und Geste. Ein Anführer des „Clan der Warfala“ (mit rund einer Million Angehörigen) hat jetzt gesagt, Gaddafi sei kein Bruder mehr. Die „Familienbande“ wurde aufgelöst, so scheint es. Gaddafi wird nicht länger als oberstes „Familienoberhaupt“ akzeptiert, sondern bekämpft.
Wie konnte es überhaupt dazu kommen, dass ein offensichtlich Wahnsinniger 40 Jahre lang ein Volk regieren und unterdrücken konnte? Ich bin der festen Überzeugung, dass „Familienmitglieder“, die in der Kindheit Respekt, Geborgenheit und Liebe erfahren durften, nicht plötzlich einen „neuen Vater“ oder „Bruder“ akzeptieren würden, der brutal und autoritär vorgeht. Eben, weil sie es anderes kannten, weil ihr ganzes Denken und Fühlen von Freiheit, Vertrauen, Respekt und innerer Sicherheit geprägt wurde. Wenn dann einer wie Gaddafi käme und die Macht übernehmen möchte, würden sie ihn relativ schnell aus ihrer „Familie“ schmeißen. Wenn aber die Kindheit schon von Anfang an von Gewalt und Demütigungen geprägt war, dann ist auch ein „Vater“ oder „Bruder“ Gaddafi eben etwas, was man gewohnt ist, was man nicht hinterfragt, dem man sich beugt, dessen Anweisungen befolgt werden usw.
In der islamischen Welt ist Gewalt in vielfältiger Form gegen Kinder sehr weit verbreitet. Diese familiäre Gewalt bildet das Fundament für Unrechtsstaaten und destruktive Führer. Würde das Volk zu einem großen Teil aus geliebten Kindern bestehen, hätten Diktatoren keine Chance.
Interessant wäre es allerdings zu untersuchen, in wie weit sich in den letzten drei Jahrzenten die Kindererziehungspraxis in dieser Region ggf. weiterentwickelt und verbessert hat. Wenn sich da eine kontinuierliche Verbesserung feststellen ließe, wäre dies vielleicht eine mögliche Erklärung für den jetzigen Aufruhr. Wie sich Slowenien - das sich bzgl. der Kindererziehungspraxis wesentlich besser entwickelt hatte, als die anderen Balkanstaaten - Anfang der 80er Jahre immer mehr wie eine „befreite Adoleszente“ (siehe Alenka Puhar) zu verhalten begann und gegen den autoritären "Bruder Serbien" aufbegehrte, könnte auch in der islamischen Welt ein ähnlicher Prozess in Gang sein. Allerdings nicht zwischen Staaten, sondern innerhalb der Nationen. Ob die dortigen Staaten sich weiter zu einer „erwachsenen“ Demokratie entwickeln, bleibt abzuwarten. Ähnliche kriegerische Konflikte wie im ehemaligen Jugoslawien bleiben uns hoffentlich erspart.
Mir fällt immer wieder auf, dass Führer autoritärer Staaten oder Diktatoren - aber auch andere politische Führer - eine Familienrolle einnehmen; meist die des Vaters, der über sein Volk wacht, alles weiß, allmächtig ist und ggf. Strafen verhängt, wenn es Fehlverhalten in seinem Hause gibt. Ebenfalls gibt es Beispiele dafür, wie Saaten nach Familienrollen aufgeteilt waren (z.B. der „große Bruder Russland“ und die angehängten Länder der UDSSR oder das ehemalige Jugoslawien, in dem sich laut Alenka Puhar das „Familien-Zadruga-System“ der Region in der dortigen Staatenaufteilung und in den entsprechenden Verhaltensweisen widerfand.) Gaddafis aktuelle Rede im Staatsfernsehen kam auch mir wie die eines wutentbranntem, autoritären Vaters vor, dem die Kontrolle über die Kinder verloren zu gehen droht. Gaddafi selbst ließ sich in der Vergangenheit gerne als „Bruder Gaddafi“, „Bruder Führer“, „Bruder Oberst“ oder „Bruder Revolutionsführer“ ansprechen. Auch hier findet sich wieder die Verbindung zur Familie in Sprache und Geste. Ein Anführer des „Clan der Warfala“ (mit rund einer Million Angehörigen) hat jetzt gesagt, Gaddafi sei kein Bruder mehr. Die „Familienbande“ wurde aufgelöst, so scheint es. Gaddafi wird nicht länger als oberstes „Familienoberhaupt“ akzeptiert, sondern bekämpft.
Wie konnte es überhaupt dazu kommen, dass ein offensichtlich Wahnsinniger 40 Jahre lang ein Volk regieren und unterdrücken konnte? Ich bin der festen Überzeugung, dass „Familienmitglieder“, die in der Kindheit Respekt, Geborgenheit und Liebe erfahren durften, nicht plötzlich einen „neuen Vater“ oder „Bruder“ akzeptieren würden, der brutal und autoritär vorgeht. Eben, weil sie es anderes kannten, weil ihr ganzes Denken und Fühlen von Freiheit, Vertrauen, Respekt und innerer Sicherheit geprägt wurde. Wenn dann einer wie Gaddafi käme und die Macht übernehmen möchte, würden sie ihn relativ schnell aus ihrer „Familie“ schmeißen. Wenn aber die Kindheit schon von Anfang an von Gewalt und Demütigungen geprägt war, dann ist auch ein „Vater“ oder „Bruder“ Gaddafi eben etwas, was man gewohnt ist, was man nicht hinterfragt, dem man sich beugt, dessen Anweisungen befolgt werden usw.
In der islamischen Welt ist Gewalt in vielfältiger Form gegen Kinder sehr weit verbreitet. Diese familiäre Gewalt bildet das Fundament für Unrechtsstaaten und destruktive Führer. Würde das Volk zu einem großen Teil aus geliebten Kindern bestehen, hätten Diktatoren keine Chance.
Interessant wäre es allerdings zu untersuchen, in wie weit sich in den letzten drei Jahrzenten die Kindererziehungspraxis in dieser Region ggf. weiterentwickelt und verbessert hat. Wenn sich da eine kontinuierliche Verbesserung feststellen ließe, wäre dies vielleicht eine mögliche Erklärung für den jetzigen Aufruhr. Wie sich Slowenien - das sich bzgl. der Kindererziehungspraxis wesentlich besser entwickelt hatte, als die anderen Balkanstaaten - Anfang der 80er Jahre immer mehr wie eine „befreite Adoleszente“ (siehe Alenka Puhar) zu verhalten begann und gegen den autoritären "Bruder Serbien" aufbegehrte, könnte auch in der islamischen Welt ein ähnlicher Prozess in Gang sein. Allerdings nicht zwischen Staaten, sondern innerhalb der Nationen. Ob die dortigen Staaten sich weiter zu einer „erwachsenen“ Demokratie entwickeln, bleibt abzuwarten. Ähnliche kriegerische Konflikte wie im ehemaligen Jugoslawien bleiben uns hoffentlich erspart.
Montag, 21. Februar 2011
Wikipedia Analyse über die Darstellungen der Kindheiten von Diktatoren und destruktiven Politikern
Derzeit befasse ich mich - wie im vorherigen Beitrag erwähnt - damit, wie weit psychohistorische Thesen online verbreitet sind. Dazu gehört für mich auch die Sicht auf die jeweilige Kindheitsanalyse von Diktatoren und destruktive Politiker. Wer einen Namen wie „Adolf Hitler“ oder „Stalin“ bei Googel eingibt, erhält als erste Treffer meist die Darstellung der Person bei Wikipedia. Jeder, der sich für diese Person interessiert, erhält erste Informationen also über dieses Webportal. Zudem sind die Texte Gemeinschaftsprojekte und geben somit ein Bild davon ab, wie weit bestimmte Dinge allgemein bekannt sind oder sich auf den Wiki-Seiten überhaupt durchsetzen lassen oder ggf. auf Widerstand stoßen und wieder gelöscht werden. Für mich macht es also Sinn, mal nachzuschauen, wie viel dort über die Kindheit und die entsprechenden Gewalterfahrungen inkl. möglicher Folgen über die Personen berichtet wird, die ich hier in meinem Blog bereits analysiert habe (siehe Grundlagentext und extra Bill Clinton und Tony Blair). Denn nur, wenn die gewaltvollen Kindheiten dieser Personen überhaupt bekannt sind, werden auch psychohistorische Thesen mehr von Interesse.
Von 17 Diktatoren/politischen Führern, bei denen ich erhebliche Gewaltverhältnisse/Vernachlässigung in der Kindheit nachgewiesen habe, wird bei Wikipedia nur bei 6 von ihnen auf die destruktive Kindheit hingewiesen oder diese angedeutet. Von diesen 6 beinhaltet wiederum nur die Wiki-Darstellung von Adolf Hitler auch eine direkte Verknüpfung zu den psychischen Folgeschäden seiner Kindheit und somit auch zu seinem späteren politischen Handeln. Bei den anderen 5 wurden Gewalterfahrungen nur kurz mit einem Satz oder einzelnen Wörtern erwähnt, ohne auf mögliche Auswirkungen einzugehen.
Personen, bei denen Gewalterfahrungen/destruktive Kindheitserfahrungen erwähnt wurden:
Adolf Hitler:
Relativ viel über Herkunft und Familie. Erwähnung der Gewalt durch den Vater: „In Mein Kampf schildert Hitler den Vater als streng, autoritär, mitunter auch jähzornig und gewalttätig.“ Besonders auffällig ist ein relativ langer Absatz über Arno Gruens Analyse der destruktiven Eltern-Kind-Beziehung Hitlers und Thesen über die psychischen Folgeschäden. Diese Darstellungen sind meiner Erinnerung nach relativ neu, auf Wikipedia, noch vor über einem Jahr fand ich dort keine Erwähnung von Gruens Thesen. Diese Wikipedia Darstellung eines Diktators/politischen Führers ist somit die einzige, bezogen auf die hier analysierten Personen, in der direkt auf die Folgen der erlebten Gewalt hingewiesen wird und somit auch ein direkter Bezug zum späteren politischen Handeln hergestellt wird.
Stalin:
Kurzer Bericht über gewalttätigen Vater und dessen Alkoholismus. Kein Bericht über Gewalt durch die Mutter.
Wilhelm II.:
Andeutungen, dass seine Mutter ihn nicht akzeptierte; erwähnt werden kurz und beispielhaft die Maßnahmen, zur Behandlung seines Armes; Erwähnung, dass er seine Kindheit als „unglücklich“ empfand.
Ludwig XIII.:
Einziges Wiki-Zitat: „Das empfindsame Kind litt unter der strengen, durch Schläge geprägten Erziehung und der Trennung vom vergötterten Vater.“
Friedrich II. (Preußen):
Bericht über „strenge, autoritär und religiös geprägte Erziehung“ und über „Brutale körperliche und seelische Züchtigungen“, außerdem extra Kapitel über Konflikte mit dem Vater. Insofern ist diese Darstellung im Vergleich zu den anderen schon etwas herausragend.
Bill Clinton:
Einziges Wiki-Zitat: „Mit 14 Jahren nahm Clinton den Namen seines Stiefvaters an, den er selbst als Spieler und Alkoholiker bezeichnete und dem er überdies unterstellte, regelmäßig seine Mutter und gelegentlich auch seinen Bruder misshandelt zu haben“, kein Hinweis darauf, dass auch Clinton Opfer dieser Gewalt wurde.
Kein Bericht über Gewalterfahrungen und nichts oder fast nichts über Kindheit fand ich bei folgenden Personen:
Benito Mussolini
Francisco Franco
Nicolae Ceaușescu
Napoleon Bonaparte
Mao Zedong
Slobodan Milošević (außer vom Selbstmord des Vaters und Mutter erfährt man nichts über die Kindheit und Gewalt.)
Saddam Hussein (Erwähnung der versuchten Abtreibung durch seine Mutter, ansonsten kein Bericht über Gewalt und fast nichts über Kindheit.)
George W. Bush
George H. W. Bush
Ronald Reagan
Tony Blair
Von 17 Diktatoren/politischen Führern, bei denen ich erhebliche Gewaltverhältnisse/Vernachlässigung in der Kindheit nachgewiesen habe, wird bei Wikipedia nur bei 6 von ihnen auf die destruktive Kindheit hingewiesen oder diese angedeutet. Von diesen 6 beinhaltet wiederum nur die Wiki-Darstellung von Adolf Hitler auch eine direkte Verknüpfung zu den psychischen Folgeschäden seiner Kindheit und somit auch zu seinem späteren politischen Handeln. Bei den anderen 5 wurden Gewalterfahrungen nur kurz mit einem Satz oder einzelnen Wörtern erwähnt, ohne auf mögliche Auswirkungen einzugehen.
Personen, bei denen Gewalterfahrungen/destruktive Kindheitserfahrungen erwähnt wurden:
Adolf Hitler:
Relativ viel über Herkunft und Familie. Erwähnung der Gewalt durch den Vater: „In Mein Kampf schildert Hitler den Vater als streng, autoritär, mitunter auch jähzornig und gewalttätig.“ Besonders auffällig ist ein relativ langer Absatz über Arno Gruens Analyse der destruktiven Eltern-Kind-Beziehung Hitlers und Thesen über die psychischen Folgeschäden. Diese Darstellungen sind meiner Erinnerung nach relativ neu, auf Wikipedia, noch vor über einem Jahr fand ich dort keine Erwähnung von Gruens Thesen. Diese Wikipedia Darstellung eines Diktators/politischen Führers ist somit die einzige, bezogen auf die hier analysierten Personen, in der direkt auf die Folgen der erlebten Gewalt hingewiesen wird und somit auch ein direkter Bezug zum späteren politischen Handeln hergestellt wird.
Stalin:
Kurzer Bericht über gewalttätigen Vater und dessen Alkoholismus. Kein Bericht über Gewalt durch die Mutter.
Wilhelm II.:
Andeutungen, dass seine Mutter ihn nicht akzeptierte; erwähnt werden kurz und beispielhaft die Maßnahmen, zur Behandlung seines Armes; Erwähnung, dass er seine Kindheit als „unglücklich“ empfand.
Ludwig XIII.:
Einziges Wiki-Zitat: „Das empfindsame Kind litt unter der strengen, durch Schläge geprägten Erziehung und der Trennung vom vergötterten Vater.“
Friedrich II. (Preußen):
Bericht über „strenge, autoritär und religiös geprägte Erziehung“ und über „Brutale körperliche und seelische Züchtigungen“, außerdem extra Kapitel über Konflikte mit dem Vater. Insofern ist diese Darstellung im Vergleich zu den anderen schon etwas herausragend.
Bill Clinton:
Einziges Wiki-Zitat: „Mit 14 Jahren nahm Clinton den Namen seines Stiefvaters an, den er selbst als Spieler und Alkoholiker bezeichnete und dem er überdies unterstellte, regelmäßig seine Mutter und gelegentlich auch seinen Bruder misshandelt zu haben“, kein Hinweis darauf, dass auch Clinton Opfer dieser Gewalt wurde.
Kein Bericht über Gewalterfahrungen und nichts oder fast nichts über Kindheit fand ich bei folgenden Personen:
Benito Mussolini
Francisco Franco
Nicolae Ceaușescu
Napoleon Bonaparte
Mao Zedong
Slobodan Milošević (außer vom Selbstmord des Vaters und Mutter erfährt man nichts über die Kindheit und Gewalt.)
Saddam Hussein (Erwähnung der versuchten Abtreibung durch seine Mutter, ansonsten kein Bericht über Gewalt und fast nichts über Kindheit.)
George W. Bush
George H. W. Bush
Ronald Reagan
Tony Blair
Freitag, 18. Februar 2011
Die Kindheits-Ursprünge des Krieges in Jugoslawien werden nicht gesehen
Aktuell treibt mich intensiv die Frage um, warum Thesen, wie sie in diesem Blog vertreten werden (und wie sie durch BestsellerautorInnnen wie Gruen, Miller und deMause in etlichen Büchern nachvollziehbar ausgearbeitet worden sind), im Allgemeinen und in Fachkreisen und Medien im Besonderen i.d.R. gemieden werden wie die Pest. Genauer, eigentlich treibt mich mehr die Frage um, wie man diese Thesen weiter in die Öffentlichkeit bekommt.
Ein Beispiel: Die Slowenin Alenka Puhar hat zwei erschütternde aber sehr klare Beiträge veröffentlicht, die eindrucksvoll und gründlich die „Die Kindheits-Ursprünge des Krieges in Jugoslawien“ und die „Kindheitsalpträume und Rachephantasien“ auf dem Balkan analysieren. Bei aller Gründlichkeit und Nachvollziehbarkeit dieser Beiträge sollte man doch meinen, dass zumindest hier und da diese Texte zitiert oder besprochen wurden (gerade auch, weil die Texte zudem schon seit ein paar Jahren online für alle Interessierten kostenlos zu lesen sind). Vielleicht sogar ein Interview in einer Zeitung mit Puhar zu diesem Thema zu finden ist.
Wenn ich bei Googel "Die Kindheits-Ursprünge des Krieges in Jugoslawien" eingebe, erhalte ich heute ganze 39 Treffer. Für die Suchbegriffe "Alenka Puhar" + Krieg + Jugoslawien erscheinen 89 Treffer. Gibt man "Alenka Puhar" +Kindheit + Jugoslawien ein, erhält man ganze 30 Treffer. Die einzigen paar brauchbaren Treffer, die wirklich in Teilen auf die Texte und Thesen von Puhar eingehen, sind wiederum psychohistorische Texte, vor allem von Winfried Kurt. Natürlich erscheint auch mein Blog in der Trefferliste. Ansonsten erhält man weitegehend Treffer der Personensuchmaschine „yasni“ und ähnliche Registerseiten oder zwei, drei Links auf die Texte. Das war es! Keine einzige deutsche Zeitung scheint – zumindest laut Onlineabfrage – auf diese tieferen Ursachen des Krieges aufmerksam geworden zu sein. Der einzige – außerpsychohistorische – wissenschaftliche Beitrag, der sich kurz und eher in einem Nebensatz auf Puhar bezieht, ist der von Mišković unter dem Titel „Rezension zu Holm Sundhaussen: Geschichte Serbiens. 19.-20. Jahrhundert“.
Gebe ich dagegen als Suchworte „Ursachen + Krieg + Jugoslawien“ ein, dann erhalte ich enorme 297.000 Googel-Treffer. Die Ursachen des Krieges im ehemaligen Jugoslawien waren und sind also von Interesse. Dass die psychohistorische Analyse im Grunde gar keine Aufmerksamkeit bekommt, ist niederschmetternd, leider aber nun mal Realität. Insofern hoffe ich, dass ich durch meinen Blog zukünftig etwas mehr Menschen dazu anrege, sich mit den Texten von Alenka Puhar zu befassen.
Ein Beispiel: Die Slowenin Alenka Puhar hat zwei erschütternde aber sehr klare Beiträge veröffentlicht, die eindrucksvoll und gründlich die „Die Kindheits-Ursprünge des Krieges in Jugoslawien“ und die „Kindheitsalpträume und Rachephantasien“ auf dem Balkan analysieren. Bei aller Gründlichkeit und Nachvollziehbarkeit dieser Beiträge sollte man doch meinen, dass zumindest hier und da diese Texte zitiert oder besprochen wurden (gerade auch, weil die Texte zudem schon seit ein paar Jahren online für alle Interessierten kostenlos zu lesen sind). Vielleicht sogar ein Interview in einer Zeitung mit Puhar zu diesem Thema zu finden ist.
Wenn ich bei Googel "Die Kindheits-Ursprünge des Krieges in Jugoslawien" eingebe, erhalte ich heute ganze 39 Treffer. Für die Suchbegriffe "Alenka Puhar" + Krieg + Jugoslawien erscheinen 89 Treffer. Gibt man "Alenka Puhar" +Kindheit + Jugoslawien ein, erhält man ganze 30 Treffer. Die einzigen paar brauchbaren Treffer, die wirklich in Teilen auf die Texte und Thesen von Puhar eingehen, sind wiederum psychohistorische Texte, vor allem von Winfried Kurt. Natürlich erscheint auch mein Blog in der Trefferliste. Ansonsten erhält man weitegehend Treffer der Personensuchmaschine „yasni“ und ähnliche Registerseiten oder zwei, drei Links auf die Texte. Das war es! Keine einzige deutsche Zeitung scheint – zumindest laut Onlineabfrage – auf diese tieferen Ursachen des Krieges aufmerksam geworden zu sein. Der einzige – außerpsychohistorische – wissenschaftliche Beitrag, der sich kurz und eher in einem Nebensatz auf Puhar bezieht, ist der von Mišković unter dem Titel „Rezension zu Holm Sundhaussen: Geschichte Serbiens. 19.-20. Jahrhundert“.
Gebe ich dagegen als Suchworte „Ursachen + Krieg + Jugoslawien“ ein, dann erhalte ich enorme 297.000 Googel-Treffer. Die Ursachen des Krieges im ehemaligen Jugoslawien waren und sind also von Interesse. Dass die psychohistorische Analyse im Grunde gar keine Aufmerksamkeit bekommt, ist niederschmetternd, leider aber nun mal Realität. Insofern hoffe ich, dass ich durch meinen Blog zukünftig etwas mehr Menschen dazu anrege, sich mit den Texten von Alenka Puhar zu befassen.
Samstag, 5. Februar 2011
Nicht vergessen: Deutschland ist im Krieg!
Fünf deutsche Soldaten berichten, wie sie in Afghanistan verletzt wurden, wie Kameraden starben und wie „Taliban“ getötet wurden: „Die Narben des Krieges“
Dienstag, 1. Februar 2011
Kindheit und Volksaufstand in Ägypten
Erst ein Volksaufstand in Tunesien jetzt auch in Ägypten. Es ist einiges los in Nordafrika, einer Region, die mir nicht wirklich bekannt ist und über die ich politisch wenig beitragen kann. Wir werden sehen, wie sich diese Länder weiter entwickeln.
Mir fällt aktuell allerdings eine Studie ein. In Ägypten sagten bei einer Umfrage 37 % der Kinder, dass sie von ihren Eltern misshandelt oder gefesselt würden. 26 % berichteten über Knochenbrüche, Bewusstlosigkeit oder eine bleibende Behinderung aufgrund der Misshandlungen. (vgl. WHO, 2002, S. 62) Diese Zahlen sind heftig und erschreckend, vor allem auch bzgl. der schwerwiegenden Folgen der Gewalt, die hier berichtet wurden. Die Original Studie heißt: Youssef RM, Attia MS, Kamel MI. 1998: Children experiencing violence: parental use of corporal punishment. Child Abuse & Neglect , 22:959–973. Sie ist also aus dem Jahr 1998. Über 13 Jahre sind seitdem vergangen und diejenigen, die damals Kind waren, sind heute junge Männer und Frauen und viele von ihnen werden heute auf den Straßen sein, ob nun als Demonstrant, Polizist oder Militär. Die ältere Generation, die zukünftig Machtpositionen einnehmen wird, wird vermutlich sogar noch mehr und noch härter von elterlicher Gewalt betroffen sein.
Vor diesem Hintergrund wird es vermutlich ein schwerer Weg für eine echte Demokratiebewegung werden. Heute haben die Ägypter ein gemeinsames Ziel und einen realen Feind: Das autoritäre Regime Mubarak. Doch was kommt danach? Kann eine Nation, die zu über einem Drittel als Kind schwer misshandelt wurde, eine friedliche Revolution schaffen und eine echte Demokratie aufbauen? Grundsätzlich will ich hier nicht Nein sagen. Alles ist möglich. Die dortigen Entwicklungen bleiben spannend und schon jetzt wird deutlich, dass der Sturz autoritärer Regime in islamischen Ländern auch von den Menschen selbst geschafft werden kann. Man braucht dazu keine US-Invasion…
Mir fällt aktuell allerdings eine Studie ein. In Ägypten sagten bei einer Umfrage 37 % der Kinder, dass sie von ihren Eltern misshandelt oder gefesselt würden. 26 % berichteten über Knochenbrüche, Bewusstlosigkeit oder eine bleibende Behinderung aufgrund der Misshandlungen. (vgl. WHO, 2002, S. 62) Diese Zahlen sind heftig und erschreckend, vor allem auch bzgl. der schwerwiegenden Folgen der Gewalt, die hier berichtet wurden. Die Original Studie heißt: Youssef RM, Attia MS, Kamel MI. 1998: Children experiencing violence: parental use of corporal punishment. Child Abuse & Neglect , 22:959–973. Sie ist also aus dem Jahr 1998. Über 13 Jahre sind seitdem vergangen und diejenigen, die damals Kind waren, sind heute junge Männer und Frauen und viele von ihnen werden heute auf den Straßen sein, ob nun als Demonstrant, Polizist oder Militär. Die ältere Generation, die zukünftig Machtpositionen einnehmen wird, wird vermutlich sogar noch mehr und noch härter von elterlicher Gewalt betroffen sein.
Vor diesem Hintergrund wird es vermutlich ein schwerer Weg für eine echte Demokratiebewegung werden. Heute haben die Ägypter ein gemeinsames Ziel und einen realen Feind: Das autoritäre Regime Mubarak. Doch was kommt danach? Kann eine Nation, die zu über einem Drittel als Kind schwer misshandelt wurde, eine friedliche Revolution schaffen und eine echte Demokratie aufbauen? Grundsätzlich will ich hier nicht Nein sagen. Alles ist möglich. Die dortigen Entwicklungen bleiben spannend und schon jetzt wird deutlich, dass der Sturz autoritärer Regime in islamischen Ländern auch von den Menschen selbst geschafft werden kann. Man braucht dazu keine US-Invasion…
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